Fahrradverleihsystem rückt in weite Ferne
Ein Dienstleister wäre gefunden, doch dessen Angebot für ein Fahrradverleihsystem ist der Koalition zu teuer. Die endgültige politische Entscheidung steht aber nach wie vor aus.
Die Befürchtungen der Grünen (unser Bericht von Anfang Juli) scheinen sich zu bestätigen: Ein Fahrradverleihsystem für Regensburg wird es wohl auf absehbare Zeit nicht geben. Die Stadtwerk GmbH, städtische Tochter, war mit der Durchführung eines entsprechenden Vergabeverfahrens betraut worden. Das ist zwar mittlerweile abgeschlossen – ein Anbieter ist gefunden. Aber, so drückt es Sprecher Martin Gottschalk diplomatisch aus, es gebe noch „politischen Abstimmungsbedarf“. „Inwieweit dieser letztlich Einfluss auf die erfolgte Beauftragung hat, können wir aber nicht sagen.“
Angebot „aus unserer Sicht inakzeptabel“
Derweil haben die Exponenten der Rathaus-Koalition bereits vor Monaten recht deutlich zu verstehen gegeben, dass das seit 2015 beschlossene Verleihsystem vorerst wohl nicht kommen wird. CSU-Fraktionschef Jürgen Eberwein hatte das derzeit vorliegende Angebot gegenüber unserer Redaktion bereits Ende August als „aus unserer Sicht inakzeptabel“ bezeichnet. „Ein Fahrradverleihsystem ist zwar auch in der Koalitionsvereinbarung enthalten, aber natürlich nicht um jeden Preis.“ Mit dieser Haltung ist er in der Rathaus-Koalition nicht allein.
In der heutigen Ausgabe der „Regensburger Zeitung“ gehen auch SPD-Fraktionschef Thomas Burger, Host Meierhofer (FDP) und Christian Janele (CSB) auf Distanz zu einer zeitnahen Umsetzung des 2015 beschlossenen Verleihsystems. Der Anbieter liege mit seinen Preisvorstellungen deutlich über der „Schmerzgrenze“ von fünf Millionen Euro. Zurück geht diese Schmerzgrenze auf ein Angebot, das zunächst den Zuschlag erhalten hatte. Allerdings hatte ein Mitbewerber gegen diese Vergabe geklagt und recht bekommen. Es musste neu vergeben werden.
Wann entscheidet der Stadtrat?
Anfang Juli lag dann ein Angebot auf dem Tisch, das für denselben Leistungsumfang dem Vernehmen nach noch Kosten von acht bis neun Millionen innerhalb der ersten fünf Jahre veranschlagte hatte. Mittlerweile habe der Anbieter den Preis zwar auf die erwähnten fünf Millionen gesenkt, heißt es aus der Koalition. Allerdings nur dank deutlicher Abstriche beim Angebot. Das ist weder innerhalb der Koalition noch im Stadtrat mehrheitsfähig.
Eine politische Entscheidung steht allerdings nach wie vor aus. Nimmt man die aktuellen Aussagen von Koalitionären bedeuten diese in letzter Konsequenz die vom Stadtwerk erfolgte Beauftragung aufzuheben.
Vernehmbarer Gegenwind im Stadtrat kommt hier bislang lediglich von Linken-Stadträtin Irmgard Freihoffer und von den Grünen, die sich bereits im Juli mit einem Offenen Brief zu dem Thema an Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gewandt haben – allerdings ohne nennenswerte Resonanz, geschweige denn eine klare Aussage.
Mr. T.
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Bis jetzt habe ich immer gedacht, die Verleiher bewerben sich bei der Stadt, um Räder verleihen zu dürfen und zahlen dafür Gebühren. War das nicht bei den E-Rollern so?
Aber wie es scheint, muss die Stadt hier zahlen, dass jemand Räder verleiht. Das war mir komplett neu. So lernt man jeden Tag dazu …
Hmmm, was würde mir die Stadt zahlen, wenn ich ihr einen Knackersemmelverleih betreibe?
Piedro
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@Mr. T.
In Münster, D-Lands “Fahrradhauptstadt”, kosten die Zuschüsse 3 Mio/Jahr. Anfangsinvestition ca. 10 Mio. Dafür handelt es sich um hochwertige, gut gewartete Räder.
Es stünde der Stadt natürlich frei, in einen eigenen Radlfuhrpark zu investieren und selbst ein Verleihsystem zu betreiben, das käme allerdings wesentlich teurer.
Im Gegensatz zu den E-Scootern, die ebenfalls zur Verfügung stehen, liegen und stehen die Fahrräder nicht überall rum, und sie werden nicht von unterbezahlten Menschen (“Vertragspartner”) eingesammelt und geladen, so sie nicht in irgendwelchen Büschen verrotten.
Es gibt auch ein E-Bike-Verleihsystem eines anderen, ebenfalls subventionierten Anbieters, das städteübergreifend in der Region funktioniert. Was das kostet ließ sich allerdings nicht auf die Schnelle herausfinden.
Christian
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Es gibt ja auch Städte, die ihren Bürger*innen die Räder einfach kostenlos zur Verfügung stellen und in Kleve kann man sogar E-Lastenräder kostenlos leihen https://rp-online.de/nrw/staedte/kleve/verkehrswende-in-kleve-stadt-verleiht-kostenlos-e-lastenraeder_aid-62706069 – schade, dass es in Regensburg dann nicht mal für ein zu bezahlendes Leihsystem reicht. Auf den geplanten Flächen könnten dann ja wenigstens (überdachte) Fahrradständer aufgestellt werden. Wäre ja auch schon mal was.
Charlotte
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In Zeiten knapper Finanzen sollte mit spitzem Bleistift gerechnet werden, da hat die regierende Koalition völlig recht. Und wenn überhaupt, kann ja ein privater Anbieter mit Abstellregeln ein System installieren. Meist geht das aber schief. Mal abgesehen davon, dass man sich in einer kleinen Großstadt wie Regensburg auch wunderbar zu Fuß oder mit dem eigenen Rad bewegen kann. Was gar nicht gebraucht wird, sind Elektrofahrräder. Und auch die Lastenfahrräder sind doch auch wieder nur ein Marketing-Gag. Wieder ein zusätzliches Gerät, das nicht dazu beiträgt, Autos einzusparen. Neueste Studien belegen das auch bei den E-Scootern. Und sind wir doch mal ehrlich: Elektrofahrräder sind die neuen ‚SUV’s auf 2 Räder’! Völlig überdimensioniert und durch den Akku und Stromverbrauch nicht wirklich ökologisch. Wir sind ja bei Gott nicht im Gebirge und städtische Strecken schafft doch wirklich jeder ohne Motor. Den schon stattgefundenen (!) Fahrradboom können wir übrigens täglich in der Altstadt bewundern: die eh schon wenigen freien Flächen sind inzwischen mit ausgearteten Freisitzflächen der Gastronomie oder mit wild abgestellten Fahrrädern belegt. Einen Mangel an Rädern kann ich beileibe nicht erkennen. Wichtiger wäre, schnellstmöglich vorhandenen Systeme wie den ÖPNV kostengünstig zu gestalten und mit besseren Fahrplänen auszubauen. Und erstmal beispielsweise alle schon vorhandenen Parkhäuser oder große Parkplätze mit professionellen Fahrrad-Abstellmöglichkeiten auszustatten. Und das kostet erstmal ganz wenig.
Bruckmandlsepp
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Ich würde mich freuen wenn man versucht, sich- im Rahmen der Möglichkeiten – am Verleihsystem in Hamburg ein Beispiel zu nehmen. Der Schwerpunkt bei normalen Rädern ohne Schnickschnack mit Stationen im Großteil des Stadtgebietes sodass man auch einfach nur von A nach B fahren kann, ohne das Rad wieder zurückbringen zu müssen. Das i-Tüpfelchen: In Hamburg kosten die ersten 30 Minuten Ausleihe nichts. In Regensburg wären schon 10 Minuten eine gute Sache. Das wäre in meinen Augen ein Anreiz.
Für e-Lastenräder je ein Gerät an ausgewählten (entsprechend frequentierten) Stationen, mehr braucht es einfach nicht.
Ansonsten wären überdachte Stellplätze für Räder dringend nötig. Auch um so ggf. vor Ort den Parkdruck rauszunehmen.
Herrman
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rd hat bereits vor Jahren hingewiesen, dass in R zuviel Fahrräder rumstehen.
https://www.regensburg-digital.de/in-regensburg-steht-nicht-nur-ein-fahrrad-herum/12082015/
Es gibt mittlerweile bereits mehr Fahrräder wie Einwohner.
Warum glauben manche, es müssen neben den elektr. Kinderroller auch noch zusätzliche Bikes rumgammeln?
Robert Fischer ÖDP
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@Herrman: In Ihrem verlinkten Artikel ist doch die Lösung. Man unterstützt Transition Town und Freiwillige bei einem kostenlosen Radverleih für alle und spart sich ein paar Mio Euro, die vermutlich eh nur an Shareholder fließen.
Oder verschenkt die hergerichteten Fahrräder an alle, die sich keins leisten können. Käme sicher auch noch günstiger.