Verpennt oder zu wenig Personal? Stadtradeln Regensburg fällt heuer flach
Seit 2011 nimmt Regensburg an der Aktion Stadtradeln teil, bei stetig wachsendem Zuspruch und für kleines Geld. Heuer wird darauf verzichtet – weil es für den Bereich Radverkehr und Nahverkehrsmobilität zu wenig Personal gebe, wie es verwaltungsintern heißt.
„Wirklich toll.“ „Schön.“ „Das bringt die Menschen zusammen.“ Das sind nur ein paar der vielen lobenden Worte, die Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer im vergangenen Jahr über die Klimaschutzaktion Stadtradeln verloren hat.
Seit 2011 nimmt die Stadt Regensburg regelmäßig daran teil. Das Prinzip: über verschiedene Teams, seien es Unternehmen, Vereine oder Schulklassen, kann man sich bei der Aktion anmelden, privat oder beruflich Kilometer per Rad zurücklegen, die in einer App registriert werden, und zum Schluss gibt es Preise für die aktivsten Radler.
Stadtradeln: erfolgreiche Aktion, geringe Kosten
Voraussetzung: ein Ansprechpartner bei der Stadt, die etwas mehr als 3.000 Euro für die Teilnahme hinlegen muss. Dafür wird vom veranstaltenden „Klima Bündnis“, ein Netzwerk aus europäischen Städten, Gemeinden und Landkreisen, die gesamte IT-Infrastruktur zur Verfügung gestellt und gepflegt. Es gibt die App, Login-Bereich für die Radlerinnen, Werbematerial und, und, und. Für die Stadt fallen nebenbei noch Daten zum Radverkehr ab.
Im letzten Jahr hat Regensburg mit 891.020 geradelten Kilometern „mehr Kilometer denn je“ geschafft, wie die OB anlässlich der Preisverleihung im Juli verkündete. Ähnlich geht es dem Stadtradeln-Bündnis, an dem sich zum Start 2008 etwa 500 Kommunen beteiligten, aus denen mittlerweile fast 2.800 geworden sind – Tendenz durchgängig steigend.
Heuer kein Stadtradeln: Stadt liefert keinerlei Begründung
Trotzdem ist Regensburg heuer nicht dabei – und eine Begründung bleibt die städtische Pressestelle schuldig. „Das Stadtradeln findet dieses Jahr nicht statt“, heißt es lediglich auf Nachfrage. Diesen Sommer werde ein Schwerpunkt auf die Kampagne „Respekt bewegt“ gelegt.
Diese Aktion, die für ein vernünftiges Miteinander von Radlern und Passanten in der Fußgängerzone wirbt und vor allem Radler zu einer rücksichtsvolleren Fahrweise bewegen soll, ließ die Stadt bereits seit geraumer Zeit schleifen.
Außerdem erwähnt die Pressestelle die „Regensburg mobil“, wo es kürzlich auch Fahrräder (so wie schon seit längerem) neben den Autos auf dem Neupfarrplatz zu sehen gab. Zudem gebe es die „Nachhaltigkeitsmeile“ im Juni, wo wohl auch Fahrräder herumstehen, und eine für Oktober geplante „Cargo-Bike-Roadshow“.
Interne Stimmen bemängeln angespannte Personalsituation beim Thema Nahmobilität
Eine Erklärung oder gar Begründung, warum man auf die Teilnahme an einer jahrelang erfolgreichen, kostengünstigen und bei der Bevölkerung äußerst beliebten Aktion verzichtet, ist all das freilich nicht. Es wirkt wie eine Ausflucht oder ein (kaum überzeugendes) Ablenkungsmanöver der offiziellen städtischen Kommunikation.
Glaubt man Stimmen aus dem Umfeld der Stadtverwaltung, dann hat man die Anmeldung zum Stadtradeln heuer auch nicht verpennt, wie manchen glauben, sondern sich bewusst dafür entschieden, sich nicht zu beteiligen. Im Bereich der sogenannten Nahmobilitätskoordination – im Wesentlichen die Organisation und Verbesserung des Radverkehrs – herrsche nämlich Personalknappheit. Trotz zunehmender Aufgaben und allseitiger Betonung, wie wichtig der Radverkehr denn sei.
Kampagne für Rücksicht: „Respekt bewegt(e)“ sich schon lange nicht mehr
So lag die Kampagne „Respekt bewegt“ schon mehrere Jahre weitgehend brach. Die letzte Veröffentlichung auf der städtischen Internetseite stammt aus dem Jahr 2020. Die damals eingerichtete Kampagneseite führt mittlerweile zu einer damit beauftragten Agentur und zeigt noch Fotos von der Freigabe der Fußgängerzone für Radler 2015 mit dem damaligen OB Wolbergs.
Das alles, obwohl durch Fußgängerzone mittlerweile nicht nur Fahrräder fahren, sondern auch E-Scooter und eine solche Kampagne notwendiger wäre denn je.
Die Umsetzung des 2020 per übernommenen Bürgerentscheid versprochenen und 2022 vollmundig vorgestellten Hauptroutennetzes für Fahrräder kommt nur schleppend voran.
Abstellflächen für E-Roller dauern
Ähnlich läuft es bei den festen Abstellflächen für E-Scooter, die dem behindernden Abstellen von Miet-E-Rollern mitten auf Geh- und Fahrradwegen oder vor Einfahrten Einhalt gebieten sollen. Ein „konkreter Tatnachweis für ein behinderndes Abstellen ist leider nicht zuverlässig führen“, so die Stadt Regensburg.
Unter anderem deshalb beantragte die Brücke-Fraktion im März 2023 die Erarbeitung eines Abstellkonzepts mit den Verleihern, im September 2023 erfolgte ein ähnlicher Beschluss. Und dessen Umsetzung lässt ebenfalls auf sich warten. Er soll nun im Sommer erfolgen – sofern die personellen Kapazitäten bei der Nahmobilitätskoordination es hergeben, an denen heuer wohl sogar das Stadtradeln gescheitert ist.
Reg
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Wir haben also Personal um eine Stadtbahn zu planen, bei der sich die Stadt bis a den Anschlag und darüber hinaus verschuldet, aber wir haben kein Geld und kein Personal um die Mobilitätswende jetzt voranzutreiben?!
Wird allerhöchste Zeit, dass am 09.06. das Stadtbahnprojekt beendet wird….
Wuzzi
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Wo bleibt der Aufschrei von VCD und AFCD?
da_Moartl
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Da bleibt einem nur noch ein Kommentar übrig: “Schnarch-Nasen”! Da lässt man doch lieber eine Straßenbahn (o sorry “Stadtbahn”), von der wir zumindest schon mal die Farbe der Sitzpolster diskutieren durften, mitten durch die Martin-Luther-Straße rumpeln und durch die Wöhrdstraßenkurve quietschen, anstatt das Radnetz mal so auszubauen, dass mindestens gleich schnelle E-Bikes flott durch die Stadt kommen.
Informant
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Eventuell hat man auch bemerkt, dass ein höherer Radverkehrsanteil auch zu mehr Beschwerden führt über die, für Radfahrer teils katastrophale, Verkehrsinfrastruktur.
Wobei der Radverkehrsanteil wohl eher wegen der Elektrifizierung so stark angestiegen ist und nicht wegen solcher Alibi-Aktionen. An mir ist diese Aktion spurlos und meist unbemerkt vorbei gegangen, ich vermisse sie nicht. Ich vermisse ein ernsthaften Willen, dem Radverkehr mehr Platz im Verkehr einzuräumen. In der Praxis passiert die 70ger-Jahre Diskriminierung, siehe z.B. “fahr-doch-bitte-in-die-Autotüren-und-stirb”-Ladehofstraße – aber auch anderswo.
Regine Wörle
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Radwegausbau und Hauptradroutennetz, Stadtradeln, Brücken für Rad- und Fußverkehr, aber auch MIV-Verkehrsberuhigte Altstadt, grünere Stadt mit Wasserläufen, sinnvolles Parkkonzept, Umbau vom Arnulfsplatz, Umgestaltung vom Alten Kornmarkt, Busreduzierung in der Kepler-/Thundorferstraße, usw. usf.
Die Liste all der Maßnahmen die für eine lebenswertere, ökologischere und vor allem zukunftsfähigere Stadt schon diskutiert und geplant wurden ist lang und ist auch noch viel länger.
Nichts davon wird in Regensburg umgesetzt. Meistens mit der Begründung “Personalmangel” oder “fehlende Finanzen”. Aber zuvor wurden Bürgerbeteiligungsverfahren durchgezogen (man hat die Bürger beschäftigt und ihnen das Gefühl gegeben, sie könnten sich einbringen und etwas bewirken), es wurden Planungsbüros beauftragt und beschäftigt. Es wurde viel Geld ausgegeben für viele Themen.
Und dann? — Passiert nix.
Mein Eindruck ist, dass die bunte Rathauskoalition nicht mag. Einzelne Stadträte vielleicht schon, aber die Mehrheit eben nicht. Denen ist es recht, wenn es so bleibt, wie es ist. Keine Veränderung gibt (manchen) Menschen Sicherheit und deren Wählerstimmen mag man nicht verlieren.
Damit in Regensburg überfällige notwendige Veränderungen geschehen, müssen die Wähler erstmal so wählen, dass nicht die ewigen Verhinderer die Mehrheit haben.
Wenn dieses Jahr kein Stadtradeln stattfindet, dann ist das nur ein recht kleines Thema, das die gesamte Miesere deutlich macht.
Verwalter
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Man könnte es einen Vorboten nennen für das, was es nur ansatzweise bedeuten wird, wenn diese Stadt die nächsten Jahre zunehmend Stellen nicht mehr besetzen kann und Personalmangel nicht kzmr wie jetzt bereits schon an verschiedensten Stellen bemerkbar wird, sondern an der einen oder anderen Stelle auch gut und gerne einfach gar nichts mehr gehen wird. Die Personalpolitik der Stadt ist fatal, Regensburg scheint den Fachkräftemangel schon einmal vorwegnehmend für sich simulieren zu wollen.
Marpoe
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Wenn schon JETZT bei Kleinigkeiten Geld und Personal fehlt, wie sollen dann künftig anstehende Großprojekte wie die energetische Sanierung oder das geplante Millionengrab Stadtbahn gestimmt werden?
Die rotgrüne Finanzpolitik des GelddurchdenKaminblasens sollte schleunigst beendet werden.
Wuzzi
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@Verwalter und Marpoe
Von wegen Personal Angel bei der Stadt:
Erst letztes Jahr wurde Regensburg vom Rechnungshof gerügt, dass es eigentlich zuviel Personal habe. Personal ist genug da, aber anscheinend keine Fachleute, die auch mal Verantwortung übernehmen. Drum wird viel an Externe vergeben, damit man hinterher sagen kann: Das warn ja die anderen, die das gemacht haben.
da_Moartl
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@RegineWörle: Ihre Analyse ist richtig; man gibt lieber teures Geld für Untersuchungen, Analysen und Machbarkeitsstudien aus, statt dass Stadtplanungsamt oder Stadtentwicklung (wofür sind diese Ämter eigentlich da???) schlicht Ihre Arbeit machen. Ihre Analyse geht leider nicht tief genug. Es ist völlig egal, welche Koalition gerade regiert oder welche Person gerade OB ist – die Stadtverwaltung macht einfach was sie will. Und das heißt in der Regel “des woar scho immer so” oder “des hot´s no nie net gebn”. Die Tatsache, dass nicht nur alle Busse sich nach wie vor mitten durch die Altstadt quetschen, sondern nun auch noch die Stadtbahn über die praktisch innerstädtische Route geplant wird, über die man schon seit der Zeit der Nationalsozialisten eine Stadtautobahn in die Stadt “sprengen” wollte, dokumentiert eindrücklich die hoffnungslos rückwärts gewandte Herangehensweise der Stadtplanung.
Jakob Friedl
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Zum Thema Hauptradroutennetz: Drei Viertel der für den Zeitraum 2022-2024 vorgesehenen relativ einfach realisierbaren ersten Maßnahmen wurden noch nicht umgesetzt. Das Ziel erste zusammenhängende Radrouten zu schaffen wird 2024 nicht erreicht…
Vgl.: https://ribisl.org/fragen-zur-umsetzung-des-hauptradroutennetzes/
schlauchkatze
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Die übliche Vorgehensweise bei der SVR. Oh, wir haben ein Problem. Hm. Da schaffen wir EINE Stelle. Problem gelöst. Die eingestellte Person bekommt zwar KEINEN Telefonanschluß, KEIN Mitspracherecht, KEINE Mittel und KEINE Befugnisse, aber wir können schöne Bilder mit dieser Person in’s Internet stellen.
Alle Möglichkeiten ausgeschöpft.
Beim Thema Stadtbahn: oh, wir kriegen’s nicht auf die Reihe. Kein Geld, kein’ Plan und eigentlich auch Keine Lust. Da müssten wir ja was arbeiten. Hm, was machen wir? Wir lassen den Bürger entscheiden, dann können wir immer sagen: wir wollten ja, aber der böse, dumme Bürger war dagegen.
Wenn ein PRO Stadtbahn rauskommt, dann säuft das ganze Baureferat ab.
Egentlich sollten gerade deshalb alle dafür stimmen…
Christa
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@Jakob: Danke für Deine Arbeit und ständige Nachbohren! Das mit den Radwegen ist wirklich erbärmlich und die dazugehörigen Ausreden lassen tief blicken. So tief will man gar nicht rein sehen….Du hast an der oben Herrn Artinger geschrieben? Wer ist das? Was macht der? Irgendwas mit „Umwelt“?
JS
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Ich finde es sehr schade, da die Aktion Stadtradln schon immer sehr viele Kollegen motiviert hatte öfter das Rad in die Sebeit zu nehmen. Zumindest entlang der geplanten Stadtbahntrassen sollen die Radwege ja ertüchtigt und neu geplant werden (hoffentlich auch das Wärmenetz usw.). Die Umsetzung des Radentscheids geht leider viel zu langsam. Ich denke es wäre gut, wenn sich in der Stadtverwaltung einer direkt um Rad- und Fußverkehr kümmern würde.
Informant
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Nachtrag zu @Jakob: Hier macht sich übrigens jemand sehr viel Mühe, den aktuellen (Still-)Stand zu dokumentieren – mit OpenstreetMap-Karte!
https://radmonitor-regensburg.de/
Birgit
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Anmeldung fürs Stadtradeln wäre sogar noch möglich, bis September…Will man nicht ?