„Es muss aufrichtig sein, wie und was man spielt!“
Sie war mal Heiligenfigurenabstauberin, er machte den Bart zum Verlag und das Sammelsurium zum Buch: Die Homöopathin Ulrike Dirschl und der Grafiker Philipp Starzinger sind beste Freunde, Musiker vom gleichen Schlag – und verheiratet. Ein Porträt über die Diamond Dogs.
Von Dike Attenbrunner
Die Tiki Beat Bar am Arnulfsplatz ist bis zum Anschlag gefüllt. Es ist gerade Popkulturfestival in Regensburg und auf der Bühne stehen Sängerin Ulrike Dirschl mit ihrem Kontrabass und Philipp Starzinger mit seiner E-Gitarre. Reicht? Reicht! Die Diamond Dogs brauchen für ihren satten tiefgründigen Sound weder Schlagzeug noch Keyboard – und erst recht keine anderen Musiker.
Es gibt einfach solche Paare, die trifft man und will sie beschreiben – nur um anschließend stundenlang darüber nachzugrübeln, wie man ihrer Beziehung sprachlich überhaupt gerecht werden soll. Mit gewichtigen Ausdrücken wie „Die große Liebe“ oder „Ein Herz und eine Seele“ landet man irgendwie zwangsläufig im Rosamunde-Pilcher-Duktus.
Wahlverwandte, die das Gleiche wollen
Die Musiker sind eher, um es mit Goethe zu sagen, „Wahlverwandte“: Zwei Menschen, die sich im Wesen ähneln und im Kern das Gleiche wollen. Das erkennt schon, wer einen ihrer Auftritte verfolgt: Da verschmelzen Kontrabass, Gesang und E-Gitarre zu einer klangvollen Einheit – und reicht die Anwesenheit des jeweils anderen, um auf und vor der Bühne eine melancholisch verträumte Atmosphäre entstehen zu lassen.
“Regensburg hat eine tolle Musiker-Community, finden die zwei. Überhaupt sei im Bereich der Popkultur in den letzten paar Jahren wahnsinnig viel passiert, sagt Uli. „Vorher kam mir Regensburg wie eine Diaspora vor! Und jetzt ist da so eine kleine Oase aufgeploppt, da bastelt ein richtig buntes Völkchen an der Kultur: Regensburger Kulturpflaster, H5, Contemporary, das Freiluftkino Cinema Paradiso, der Kunstverein Graz, Extreme Life Wasting oder das Hardline-Festival, um nur einige zu nennen.“
Die Wege der beiden kreuzten sich vor über zwanzig Jahren, als sie mit ihren damaligen Bands im gleichen Proberaum landeten. Philipp spielte Gitarre in einer Grunge-Gruppe, Uli trat als Sängerin mit einem Geiger und einem Gitarristen auf. Als sich die Bands auflösten, stieg Philipp bei einer neuen Band ein, „vom Stil her eine Mischung aus Sisters of Mercy und The Cure“, erzählt Philipp, „und die suchten auch noch nach einem Sänger. Und da ich Uli schon mal singen gehört hatte, und das super fand, habe ich sie gefragt, ob sie sich das mal anschauen will.“ Aus Mitleid sei sie dann mitgefahren, schiebt der 38-Jährige hinterher.
„Nein! Nicht aus Mitleid!“, protestiert Uli, „ich war einfach zu schüchtern.“ Sie habe sich nicht getraut, abzusagen und sei höflichkeitshalber mitgefahren. „Ach so, und nach dem ersten Treffen wärst du dann einfach nicht mehr ans Telefon gegangen, oder wie?“, wirft Philipp lachend ein. „Das wäre der Plan gewesen!“, erwidert die 39-Jährige. Wider Erwarten gefiel ihr die Grufti-Mucke jedoch und unter dem Namen „Sold Out Souls“ sahnte die Nachwuchsband einen Preis nach dem anderen ab.
Nur beruflich gingen sie getrennte Wege…
20 Jahre gemeinsames musikalisches Schaffen folgten, die Diamantenhunde spielten bei Bands wie „Zurück zur Utopie“, „Coco Forell“ oder „Dirschl und Starzinger“. Nur beruflich gingen sie getrennte Wege: Uli studierte Deutsch und Geschichte und fing dann an bei einem religionspädagogischen Verlag zu arbeiten. Zuvor besserte sie unter anderem als Heiligenfigurenabstauberin ihr Einkommen auf. Nach dem Studium kam sie auf Umwegen zur Homöopathie und hat seit einigen Jahren ihre eigene Praxis.
Eigentlich war Uli früher diejenige gewesen, die in einem Verlag arbeiten wollte. Nun hat sich Philipp seinen eigenen geschaffen: BART-Verlag heißt der. Der selbständige Grafiker hat ein Faible für alte Bücher und unnützes Wissen über Gott und die Welt. Er gründete kurzerhand einen Eigenverlag und veröffentlichte Ende 2011 erst das Regensburg Sammelsurium und, weil das erste Buch mit über 4.000 Stück recht erfolgreich über die Ladentische ging, vor kurzem das Bayern Sammelsurium. Mit dem Fahrrad brachte er anfangs alle Ausgaben eigenhändig zu den Buchhändlern, mit der gleichen Liebe zu seinem Buch gestaltete er Layout, Bilder und Texte. Herausgekommen sind dabei humoristische Büchlein, die nicht nur in ihrer grafischen Darbietung, sondern auch mit Witz und Detailgenauigkeit überzeugen. „Eins meiner Bücher ist sogar in Amerika gelandet, bei einer Frau, die in der Wöhrdstraße geboren wurde“, erzählt Philipp.
„Und dann ist der Song plötzlich fertig.”
Bei aller beruflichen Selbstverwirklichung blieb jedoch immer Zeit für die Musik: „Das ist schon ziemlich intensiv, wie wir miteinander zu neuen Stücken finden“, beschreibt Philipp, „wir besuchen uns oft gegenseitig in unseren Zimmern, um dem anderen eine neue Idee vorzuspielen, der steigt dann mit ein und wir spielen zusammen. Das läuft fast immer ohne irgendein Gespräch ab. Und dann ist der Song plötzlich fertig.”
Die Lieder der Diamond Dogs sind melancholisch und groovig zugleich. Country Noir nennt sich das. Und das, was sie auf der Bühne bringen, ist authentisch. „Es ist wichtig, dass die Musik, die man macht, aus dem Herzen kommt“, sagt Uli. „Alles, was von tief drinnen kommt und echt ist, interessiert uns – und wie wir gemerkt haben, auch das Publikum.“
„The world is a lonesome place“ heißt eine ihrer neuesten Nummern. Wenn man den Diamond Dogs so zuhört, mag man das in ihrem Falle nicht recht glauben…
Milan
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Freut mich zu sehen, dass es bei den beiden in letzter Zeit so gut läuft. Die Musik gefällt mir auch richtig gut, genau wie Philipps Regensburg Buch. Wünsche den zweien weiterhin alles gute!
Dieter
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Musikalisch durchaus ansprechend und in der Besetzung für Regensburg durchaus ungewöhnlich.
Ob man dadurch automatisch aufrichtiger ist als jeder Chartsmusiker lasse ich mal dahingestellt. Letztendlich fällt scheinbar beides unter die Bezeichnung Popkultur.
Aber vielleicht sind ja auch Underground und Subkultur der neue Pop…