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Ein Heiligenbildchen als Erinnerung

Seit 2006 gibt es unter dem Dach von pax christi das Projekt Medizinische Hilfe für NS-Opfer auf der Krim. In Zusammenarbeit mit Hana Pfalzova, die das Projekt federführend betreut, veröffentlicht unsere Redaktion in loser Folge Porträts ehemaliger NS-Zwangsarbeiterinnen.
Marija als junges Mädchen (rechts) in Pirkensee.Maria Romanovna Pronina wuchs zusammen mit ihrem Bruder Sergej in einer Bauernfamilie in der nördlichen Krim auf. Sergej wurde in den ersten Kriegstagen zur Armee einbezogen. Er kehrte nie wieder zurück. An einem Herbsttag 1942 wurden alle Jugendlichen aus dem Dorf aufgefordert, sich an einem Sammelplatz einzufinden. Marija war 19 Jahre alt, als sie nach einem zweiwöchigen Transport im Viehwaggon in Neumarkt ankam und in ein Verteilungslager geschickt wurde. Dort wurde sie ein paar Tage später von ihren zwei Nachbarinnen getrennt, die sie nie wieder sehen sollte. Marija kam nach Pirkensee in der Oberpfalz und hatte Glück mit der Bauernfamilie, der sie zugeteilt wurde. „Jeden Tag hat man miteinander gearbeitet und an einem Tisch gegessen, und Weihnachten habe ich immer ein Geschenk bekommen”, sagt sie. Marija lacht, wenn sie sich an einen heimlichen Kinobesuch in Regensburg erinnert. „Meine Bäuerin hat mir sogar Geld gegeben dafür.“ Heute lebt sie in einem kleinem Dorf in der Steppe, das nur dreimal in der Woche von einem Bus angefahren wird. Sie hält sich ein paar Puten, für die sie liebevoll sorgt, und täglich frisches Gras holt. Ihr einziger Sohn wohnt in Simferopol, die Enkelkinder in Kiew. Marija besuchte ich an ihrem Geburtstag, sie freute sich riesig über die Grüße aus Regensburg, über ein warmes Unterhemd, das sie in ihrem Häuschen ohne Zentralheizung gut gebrauchen kann. In dem einfach eingerichteten Zimmer, dem einzigen, das im ganzen Haus beheizt wird, beugt sich der Tisch unter liebevoll zubereiteten Putengerichten, Kartoffelbrei und Kuchen. Nach dem Essen erlaubt sie ein Interview. Sie erzählt detailliert und zusammen hängend von ihren jungen Jahren in Pirkensee, darüber, wie ihr die Bäuerin Deutsch beibrachte und Marija dafür eine paar Brocken Russisch, darüber, wie alle am Hof miteinander arbeiteten und dass sie nicht die schlechtesten Arbeiten verrichten musste, wie ihre Freundinnen, die woanders in der Landwirtschaft eingesetzt waren. Bis heute hat sie ein Heiligenbildchen aufgehoben, welches sie von der Bäuerin in Pirkensee bekommen hat. Nach unseren Recherchen lebt die Familie aus Pirkensee nicht mehr.

Info: „Medizinische Hilfe für NS-Opfer auf der Krim“ Das Projekt Medizinische Hilfe wurde im April 2006 von pax christi Regensburg gestartet. Initiiert wurde es 2003 von der „Arbeitsgemeinschaft für ehemalige ZwangsarbeiterInnen im Evangelischen Bildungswerk e.V.“. Mittlerweile besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Opferverband in Simferopol, über den 180 ehemalige Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge unterstützt werden. 108 Personen sind älter als 75 Jahre. Alle drei Monate erhalten sie Pakete mit haltbaren Lebensmitteln. Seit 2003 wurden 22.000 Euro verteilt, vor allem für Medikamente und medizinische Behandlung. Das Geld stammt zum übergroßen Teil aus Spenden (Spendenkonto: pax christi, Liga Bank Regensburg, BLZ 75090300, Kontonummer 101167464, Betreff: Medizinische Hilfe – Krim).

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