„Ehrlichster Mensch der Welt“ muss 8.100 Euro zahlen
Im Prozess um systematische Schwarzarbeit in einer Regensburger Pizzeria verurteilte das Amtsgericht beide Angeklagten zu Geldstrafen. Einer der beiden Geschäftsführer erhielt zudem eine zur Bewährung ausgesetzte Haftstrafe.
Zuletzt bezeichnete er sich noch als den „ehrlichsten Menschen der Welt“. Doch auch das hat den 59-jährigen Geschäftsführer eines Pizza-Lieferdienstes im Stadtosten von Regensburg nicht vor einer Verurteilung bewahrt. Im Prozess um systematische Schwarzarbeit hat das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Thomas Schug die beiden Angeklagten zu Geldstrafen von 7.500 (150 Tagessätze) bzw. 8.100 Euro (180 Tagessätze) verurteilt. Einer der beiden erhält zudem eine Haftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wird.
Systematischen Schwarzarbeit seit 2016
Wie mehrfach berichtet, griffen die Verantwortlichen des Lieferdienstes nach Erkenntnissen der Ermittler seit Beginn er Geschäftstätigkeit 2016 durchweg auf illegale Beschäftigung zurück. Vor allem Männer aus Indien und Pakistan arbeiteten demnach in der Küche und als Fahrer – und waren entweder überhaupt nicht oder mit viel zu wenig Stunden angemeldet. Zum Teil schliefen sie auch vor Ort in einem Zimmer mit mehreren Betten – gegen Lohnabzug.
Auf die Spur kamen die Ermittler dem Ganzen durch Hinweise früherer Beschäftigter, die sich um ihren Lohn geprellt sahen. Es gab zwei Razzien durch den Zoll 2019 und 2020, die die beiden verbliebenen Geschäftsführer, 38 und 59 Jahre alt, schließlich vor Gericht brachten. Eine dritte Geschäftsführerin tauchte nach der ersten Razzia ab – und konnte von den Behörden nicht gefunden werden.
Schaden für Sozialkassen: Mindestens 80.000 Euro
Das Gericht sieht die Hauptverantwortung bei dem 38-Jährigen. Dieser sei seit 2016 in die Geschäfte involviert und seitdem maßgeblich an dem systematischen „Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“ beteiligt gewesen. Ihm werden 34 Fälle und ein Schaden von mindestens 60.000 Euro zugerechnet.
Bei seinem Kollegen und engem Freund aus Ingolstadt, der Ende 2019 ins Geschäft einstieg, sieht das Gericht 19 Fälle als erwiesen an – geschätzter Schaden für die Sozialkassen: 20.000 Euro.
Bis zuletzt hatten die beiden Angeklagten über ihre Verteidiger erklärt, dass der Zoll die notwendige Zahl von Stunden und Beschäftigten zur Aufrechterhaltung des Betriebs bei Pizzeria und Lieferdienst zu hoch angesetzt habe. Dem folgte das Gericht am Ende nicht.
Der Zoll habe sogar noch konservativ geschätzt, so Amtsrichter Thomas Schug. Folge man den Aussagen mancher Zeugen, könne man zu weitaus höheren Zahlen kommen.
Gericht schenkt Zeugen Glauben
Dabei schenkt das Gericht insbesondere einem Zeugen Glauben, der auch dem Zoll einen entscheidenden Tipp gab. Dieser hat vor Gericht nicht nur vorgerechnet, wie viele Personen zur Arbeit in der Pizzeria notwendig waren, sondern zudem erklärt, dass er im Vorfeld des Prozesses bedroht worden sei.
Zwei Mal seien Leute bei ihm zuhause vorbei gekommen, die ihm geraten hätten, die Sache auf sich beruhen zu lassen und vor Gericht nichts zu sagen. Am Ende aber redete er doch.
Zugute hält das Gericht den beiden Angeklagten zwar, dass sie vor den Razzien nicht vorbestraft waren. Gegen sie aber spreche das systematische Vorgehen über einen längeren Zeitraum. Strafverschärfend kommt für den 38-Jährigen hinzu, dass er auch nach der ersten Razzia einfach ungebrochen mit seiner illegalen Praxis fortgefahren ist.
Mr. T.
| #
Den Staat um Zehntausende von Euro beschissen und nicht mal Zehntausend Euro Strafe bekommen. Abgesehen von dem Ärger und der damit verplemperten Zeit hat es sich wenigstens finanziell rentiert.
Mr. B.
| #
Können die beiden “ehrenwerten Herren”(Ausbeuter) die Steuerschuld nachzahlen?
Bepp
| #
Kann gut sein, dass die Sozialkassen da nochmal auf die Typen zukommen und Nachforderungen stellen. Oder ist sowas durch solch ein Urteil aus der Welt? Bin kein Jurist…
Mr. B.
| #
Zu Bepp
1. Februar 2023 um 09:50 | #
Ja vielleicht, aber nur wenn noch was da ist!
Daniela
| #
Danke für die Berichterstattung.
Ich persönlich bin der Meinung, es gibt eigentlich nur einen Gewinner bei solchen Dingen und Vorgängen, die Chefs, die sich das Geld in die Tasche schieben, dass sie nicht an Sozial- und Steuerabgaben für Ihre Angestellten leisten. Selbst Ihre Angestellten werden, um Rentenansprüche geprellt, auch, wenn sie ‘schwarz ‘ die Arbeitszeit aus zahlen.
Eigentlich ein zu ‘mildes’ Urteil, wenn man betrachtet, dass die ‘Allgemeinheit’ dadurch mannigfaltig um Einnahmen gebracht wurden.
Luck
| #
Die Urteile betreffen nur das Strafrecht.
Diese sind dann aber eine gute Basis für sozialrechtliche und evtl. zivilrechtliche Ahndungen.
Den großen Reibach dürfte aber niemand gemacht haben, was schon an der Höhe der Tagessätze ersichtlich ist.
Mit “zulässigen” Werkvertrags-Konstruktionen sind woanders schon ganz andere Summen verdient worden.
Dabei dürften in den vorliegenden Fällen bei so manchen “schwarz” Beschäftigten Zweifel am Aufenthaltsstatus durchaus vorgelegen haben.
Solchen Leuten geht es dann vor allem darum, möglichst schnell an Geld zu gelangen.
Davon profitieren dann letztendlich auch Kunden durch dementsprechend niedrige Preise.
Im Milieu der “Drecksarbeiten” sieht es meist nicht rosig aus und geht es auch entsprechend zu.
Die Segnungen des Marktes erstrecken sich eben nicht auf Alle.
Da kann man einen Ludwig Erhard noch so oft mit seiner Parole zitieren, dass der Markt sozial sei und Wohlstand für Alle deshalb notgedrungen und unwidersehlich eintreten wird.
Was der Markt aber anscheinend nicht lösen kann, könnte administrativ durchaus verbessert werden. Aber das habe ich ja bereits woanders angesprochen.