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Bemerkenswerte Begründung

DNA-Test abgeblasen: Staatsanwaltschaft Regensburg stellt Ermittlungen wegen Anti-AfD-Graffiti ein

Mit einer bemerkenswerten Begründung hat die Staatsanwaltschaft Regensburg das Verfahren gegen eine 22-Jährige wegen Sachbeschädigung eingestellt. Wegen eines Anti-AfD-Schriftzugs mit Sprühkreide war zunächst ein DNA-Test angeordnet worden.

An der Steinernen Brücke, aber auch beim Hinterausgang des Sorat-Hotels fand sich der wasserlösliche Schriftzug. Foto: as

Positiv betrachtet, hat die Regensburger Staatsanwaltschaft eine salomonische Entscheidung getroffen. Mit Verfügung vom 5. März wurde das Ermittlungsverfahren gegen eine 22-Jährige wegen Sachbeschädigung eingestellt – „mangels zu führenden Tatnachweises“.

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Wie berichtet, wurde die junge Frau in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar nach einer kurzen Verfolgungsjagd von einer Polizeistreife gestellt. Eine weitere Person konnte entkommen. Der Verdacht: Sie soll an der Steinernen Brücke mit oranger Farbe den Schriftzug „AfD-Verbot. de“ angebracht haben – eine Protestaktion im Vorfeld der AfD-Klausur im Sorat-Insel-Hotel.

Farbspritzer und „Tatwerkzeuge“ sichergestellt

Die Beamten entdeckten orange Farbspritzer auf dem Poncho, der Jogginghose und den Schuhen der 22-Jährigen. In unmittelbarer Nähe fanden sie weitere Schriftzüge, eine Spraydose, eine Schablone und einen Aufkleber.

Um ganz sicher zu gehen, beantragte die Polizei beim Amtsgericht Regensburg einen DNA-Abgleich. Einen solchen ordnete der zuständige Ermittlungsrichter auch prompt an.

Ohne vorherige Anhörung verfügte der Richter, dass bei der jungen Frau ein Mundhöhlenabstrich vorgenommen werden darf – und im Falle der Weigerung die Entnahme einer Blutprobe. Ebenso ordnete er an, dass ihre Wohnung „zum Zweck der Entnahme von Körperzellen“ durchsucht werden darf. Dies stehe „in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Tat“, hieß es im Beschluss.

DNA-Probe angeordnet – ohne Straftat?

Die Verdächtige selbst sprach hingegen von „wirrer Repression durch die Polizei“. Zumal es sich bei der gesprühten Farbe um abwaschbare Sprühkreide gehandelt habe, also dasselbe Material, mit dem Kinder Straßen bemalen, und es sich schon allein deshalb um keine Sachbeschädigung handeln könne.

Diese Einschätzung deckt sich mit zahlreichen Gerichtsurteilen, die sich mit Graffiti aus Sprühkreide befassen, sowie mit der Position der Justizministerien mehrerer Bundesländer – auch in Bayern. In dem Beschluss des Ermittlungsrichters, der sich auf die Angaben der Polizei stützte, findet sich das Wort Sprühkreide hingegen nicht.

Die Betroffene legte Beschwerde ein – mit Erfolg. Allerdings nicht wegen der Sprühkreide. In ihrer Einstellungsverfügung umging die Staatsanwaltschaft Regensburg dieses Thema und eine entsprechende Klarstellung zur Frage der Strafbarkeit gekonnt.

Trotz Farbspritzern – „Tatnachweis nicht mit erforderlicher Sicherheit zu führen“

Die Beschuldigte sei zwar „in Tatortnähe mit Farbspritzern an ihren Schuhen und Kleidung“ aufgegriffen worden, erklärt die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage unserer Redaktion. Allerdings lasse sich „aufgrund der Anwesenheit einer weiteren (unbekannten) Person, die ebenfalls als Täter in Betracht komme, ein Tatnachweis nicht mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit führen“. Deshalb habe man das Verfahren eingestellt.

Ob es sich bei der verwendeten Farbe um Sprühkreide gehandelt hat, also gar kein Schaden verursacht wurde, sei daher „nicht entscheidungserheblich“ gewesen.

Unklar bleibt, ob die bemerkenswert begründete Einstellung der Ermittlungen mit einer Anfrage der SPD-Bundestagsabgeordneten Carolin Wagner Ende Februar beim bayerischen Justizminister Georg Eisenreich zusammenhängt. Wagner wollte wissen, ob es bei der bisherigen Haltung der bayerischen Staatsregierung bleibt, dass das Verwenden von Sprühkreide „keine Sachbeschädigung“ darstellt und ob die Staatsanwaltschaften darüber informiert wurden.

Staatsregierung stellt schon 2019 klar: Sprühkreide ist nicht strafbar

Anlass für diese Klarstellung war 2019 übrigens eine Anfrage der AfD im Zusammenhang mit einer Demonstration von Fridays for Future in Ingolstadt (hier als PDF).

Eine Antwort hat Wagner bislang nicht erhalten. Gegenüber unserer Redaktion zeigt sie sich jedoch erfreut über die Einstellung des Verfahrens gegen die 22-Jährige. „Ihr kann ja im Grunde egal sein, wie sich die Einstellung des Ermittlungsverfahrens begründet.“

Will eine Klarstellung durch die Staatsregierung: Carolin Wagner. Foto: Archiv/as

Sie werde aber nochmals bei der Staatsregierung nachhaken, um sich die „Nicht-Strafbarkeit von politischen Meinungsbekundungen mittels Sprühkreide“ bestätigen zu lassen. „Gerade jetzt gilt es, der Zivilgesellschaft den Rücken zu stärken und sie nicht unnötig zu verängstigen.“

Vor Ermittlungsmaßnahmen wie einem DNA-Abgleich müsse man sich auch darauf verlassen können, „dass mit der erforderlichen Sicherheit tatsächlich eine Straftat vorliegt“. In diesem Zusammenhang könne man auch auf die strafbaren Ausnahmen, etwa bei saugendem Untergrund, hinweisen. „Regensburg ist ja mit seiner mittelalterlichen Bausubstanz nicht ganz unverdächtig.“

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Kommentare (17)

  • Mr. T.

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    So richtig die Einstellung, so lächerlich die hingedrehte Begründung. Man will ja weiter den Fuß für kommende Repressionen kritischer linksgrün-versiffter Personen in der Wohnungstür haben.

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  • Dieter

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    Wegen sowas eine Wohnungsdurchsuchung und DNA-Untersuchung ist absolut absurd. Man sollte hier Ross und Reiter und in diesem Fall den Namen des Richters nennen, der hier wohl kein Maß mehr kennt.

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  • Max

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    Wäre es ein Anti – Grünen – Graffiti gewesen, wäre das Ganze wohl nicht eingestellt worden …….

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  • König

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    @Max: Verfolgungswahn? Haben dir die Grünen mal ein Zehnerleis weggenommen oder wollten sie nicht mit dir spielen?

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  • Manfred Martin

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    Eigentlich sollte jeder, der gegen rechtsextreme Parteien und Gruppen mit demokratischen Mittel kämpft und damit unsere Demokratie und Verfassung schützt und verteidigt, einen Orden und eine Kleien Anerkennung in Euro bekommen!
    Die Bundesrepublik sollte eigentlich die Exekutive und Judikative und vor allem der Verfassungsschutz verteidigen. Leider merkt man davon aber sehr wenig, sonst wären diese Gruppen und Parteien und vor allem deren kriminelles Gedankengut schon lange vernichtet.
    Ich erinnere da hauptsächlich an den Artikel 18 GG!
    Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
    Art 18
    Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Abs. 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Abs. 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht

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  • Daniela

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    Ich finde die Anfrage von der Frau Bundestagsabgeordneten Claudia Wagner zielführend, um künftig derart Strafverfolgungsabsicht genauer klassifizieren zu können.
    Allerdings bin ich nach wie vor der Auffassung, dass die Affinität seine Meinung überall hinsprühen zu müssen, sicher durch andere Möglichkeiten der Veröffentlichung gegeben ist. Warum bedarf es dieser Nacht- und Nebelaktionen mit Sprühkreide?

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  • Max Kreitmair

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    Na dann, auf in den Baumarkt und Sprühkreide beschaffen. Die weißen Tesla warten gerade dazu, mit politischen Sprüchen besprüht zu werden

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  • Mac

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    @ König
    Wieso ? Nur weil ich für eine Gleichbehandlung im Sinne des GG bin ?

    @max kreitmair
    Kleiner Hinweis: Sachbeschädigung ist eine Straftat, ebenso der Aufruf zu einer Straftat ! Und ja Sorühkreide auf Lack ist Sachbeschädigung, einfach mal die Rückseite der Sprayflasche lesen, die Inhaltsstoffe schädigen Autolack.
    Es ist übrigens auch nicht sehr hilfreich für den Betreiber dieses Kommentarforums. Da ich den Betreiber dieser Website schätze, bitte ich das zu berücksichtigen.

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  • Christoph

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    Dieses Drecks-Bayern – juristisch gesehen! Nicht nur auf dem rechten Auge blind, sondern da ist gar keins mehr.
    Was ist eigentlich aus der Unabhängigkeit der Justiz geworden.

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  • Harry

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    Da sieht man mal wieder welchen Einfluss die SPD hat.

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  • Günther Herzig

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    Es wäre nicht schlecht einmal darüber nachzudenken, ob es einen Unterschied bedeutet gegen den Willen der Eigentümer oder Besitzer deren Fahrzeuge zu beschmieren oder ob die Erklärung aus dem Justizministerium sich nur beziehen kann auf den öffentlichen Raum.
    Noch besser wäre es, wenn Eltern ihren Kindern beibrächten fremde Sachen überhaupt nicht zu beschmieren. Daran fehlt es nach meiner Meinung überwiegend. Der eine oder andere Beitrag hier lässt vermuten, dass Erziehung in dieser Richtung fehlgeschlagen ist oder sogar versäumt wurde. Übrigens, sogar AfD-Mitglieder, deren Anhänger oder Sympathisanten des Herrn Musk genießen in diesem Land Rechte, die nicht durch das Geschrei der lautesten Gegner auszuhebeln sind. Man könnte das Geschrei auch ersetzen durch Überzeugungsarbeit bei den “Fehlgeleiteten”. Die Gebrauchsanweisung dafür findet man im Grundgesetz und nicht bei TikTok. Da mehr und mehr Junge nicht schreiben können, wie die Statistiken aus dem Schulbetrieb (Berlin) behaupten, gibt es in unserem Land noch ganz andere Baustellen als die schlechte Laune von Wutbürgern.

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  • Max

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    Als nächstes kommen Eltern ins Gefängnis, da ihre Kinder die Gehwege mit Kreide bemalt haben.

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  • Max D.

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    @Max

    Das ist doch Unsinn, das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie besäßen ein Haus in der Altstadt. Und dann würde jemand mit Sprühkreide einen Spruch wie „AfD ist super“ anbringen. Oder mit Sprühlack „AfD ist Schei..“. Ich bin überzeugt, Sie würden sich über beides mächtig freuen. Herr Herzig liegt richtig: Narrenhände beschmieren Tisch und Wände.

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  • tom lehner

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    Weiß jemand was aus der Besudelung der Stolpersteine wurde? Gibt es da was neues?

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  • Daniela

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    @Max D.
    25. März 2025 um 11:40 | #

    @Günther Herzig
    25. März 2025 um 08:18 | #

    Es ist gut, dass dies einmal konkret ausgesprochen wird.

    Ich ergänze, auch der öffentliche Raum hat es nicht verdient mit Sprühkreide bemalt zu werden. Gibt es nicht genügend andere geeignete Flächen, Plakate, Stoffbahner, T-Shirt…., aber das gibt scheinbar nicht genug Adrenalinspiegel und Kick und dann erst die Gaudi mit Farbspritzern an der Kleidung vor der Polizei davon … bei Nacht und Nebel.

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  • Mr. B.

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    Zu Max D.
    25. März 2025 um 11:40 | #

    Ihr letzter Satz gefällt mir besonders gut.

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  • Mike Wald

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    WTF?!? Wegen Sprühkreide, ein DNA Test? Bayern ist sowas von lost..

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