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Glosse

Die Tolerantel: Und wenn morgen die Welt unterginge, ich würde heute noch einen Gummibaum pflanzen

Toleranz ist eine löbliche Eigenschaft, die den meisten Menschen aber erst mühsam eingeprügelt werden muss. Wenn’s um mehr Grün in der Stadt geht, ist Regensburg wieder einmal Vorreiter in Sachen Bürgernähe.

Pflanzen gegen die Hitzestadt: Regensburg macht’s! Foto: Stein

Haben Sie das gelesen? Regensburg ist die heißeste Stadt Bayerns, und damit ist nicht die Discofox-Fortgeschrittenenklasse der VHS 2019 gemeint. Gut, damals war ich auch noch weniger fett. Egal: das Klima ist gemeint! Regensburg hält bayernweit die Hitzerekorde!

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Weil wir zu wenig Grün haben und zu viel Grau, sagt die Deutsche Umwelthilfe. Na ja. Deutsche Umwelthilfe. Das sind die Feinstaub-Fetischisten, diese alten Säcke, die auch ohne Kleber problemlos auf jeder Kreuzung pappen bleiben würden, weil sie ohne fremde Hilfe eh nicht wieder in die Höhe kämen.

Damit der Apfel vom Baum der Ertragsmaximierung nicht wurmstichig wird

Andererseits wurd’s ja tatsächlich ein bisschen warm in den letzten Jahren, und so sehr für mich Regensburg das Paradies ist, ein irdischer Abglanz jenseitiger Wonnen, so sehr muss man eben auch aufpassen, dass der Apfel vom Baum der Ertragsmaximierung nicht wurmstichig wird, bevor man überhaupt hineingebissen hat.

Vergessen wir eines nicht: der Wohlstand dieser Stadt beruht auf einer behutsamen Pflege der Vergangenheit, auf einer klugen industriellen Umlandsstragie, und, im Kern, auf der Finanzkraft von Schiffstouristen, für die der Begriff „Lebensherbst“ bereits ein Euphemismus darstellt. Wenn nun wieder eine Schar vom Schiff wankt und wie aus „The Walking Dead“ durch die Stadt zockelt, dann wird die Hitze zum Problem, und bis man schaut, war’s das mit Walking.

Manches Gestaltungsprinzip in dieser Stadt versteh nicht mal ich, obwohl ich seit jeher vom göttlichen Ratschluss unserer Stadtregierungen überzeugt war.

Wer gibt freiwillig Geld für so ein Pflaster aus?

Der Neupfarrplatz und die Steinerne Brücke, auch die Maxstraße, gut, das sind ja Punkte, die ich immer mal wieder anspreche, als anteilnehmender Bürger im Sinne einer konstruktiven Diskussionskultur. Über die Maximilianstraße habe ich vor Jahren schon gesagt, dass es mich wundert, wie man das Eingangstor, quasi die Visitenkarte einer Stadt, so gestalten kann, als wollte man da jederzeit eine Parade nordkoreanischer Kampfpanzer abhalten können.

Und der Neupfarrplatz? Ich mag es ja immer noch nicht glauben, dass tatsächlich jemand freiwillig Geld für so ein Pflaster ausgibt, Stil sibirische Bodengabione.

Man verarbeitet sowas, weil man es noch von irgendwas anderem übrig hat, und weil es einem zuviel Platz in der Garage wegnimmt, so wie früher mein Nachbar, der Innstaler Günter, den gotischen Taufstein, den er irgendwie beim Graben im Garten gefunden hat, dann gleich im Fundament vom neuen Carport mit verbaut hat, bevor der Denkmalschutz gekommen wär.

Inklusiver Bodenbelag

Und grad der Neupfarrplatz hat ja eine große Tradition in der architektonischen Resteverwertung; man braucht sich ja bloß den Sockel der Neupfarrkirche anschauen, der aus den Trümmern von so einer Konkurrenzreligion zusammengemörtelt worden ist. Da hatte ich immer gedacht, dass auch der Belag vom Neupfarrplatz irgendein Rest gewesen ist, der auf irgendeinem Bauhof rumgelegen ist, vermutlich schon seit dem zweiten Weltkrieg. Rein von der Optik hätte ich auf Albert Speer getippt, vielleicht schon damals mit dem Plan für einen gigantischen Führer-Lokus. Spätere Toilettenbauten in Regensburg versuchen ja ganz offensichtlich, diesem Ideal nachzueifern.

Man muss mal bedenken, dass die Neugestaltung des Platzes schon vor so 30 Jahren angegangen worden ist, und trotzdem schaut das Pflaster auch heute noch aus wie frisch hingeschissen. Und weil dann immer noch nicht alle Steine vom alten Naziklo verbaut waren, hat man damit auch gleich noch die Steinerne gepflastert.

Vielleicht ist das aber auch eine Art inklusiver Bodenbelag gewesen, damit sich zum Beispiel Gäste aus Berlin Marzahn ein bisschen heimischer fühlen. Emphatisch.

Schatten für die Senioren der Zukunft

Jetzt ist es auf jeden Fall zu heiß, und das ist nicht toll, sagen viele, obwohl ich auch schon die IKEA-Proseccogläser erklingen höre, gefolgt von einem „Hööööö … Erster! So groß wie Manhattan, so heiß wie Kalkutta!“

Damit aber die Donauschiffe wieder annähernd vollzählig abfahren können, wird die Stadt jetzt aktiv. So kenne ich meine Heimat! Regensburg, die rechtsdrehende Milchsäure unter den Städten!

Man pflanzt Bäume. Wobei an sich weder „Pflanzen“ noch „Bäume“ den Sachverhalt so richtig treffen. Es werden eher übergroße Blumenkübel mit untergroßen Bäumchen aufgestellt, und so kriegen die Alten ihren Schatten nur, wenn sie bereits sehr gebückt gehen.

Andererseits denkt die Stadt wieder einmal vorbildlich in die Zukunft: schließlich wird es in der Zukunft, wenn das Kübelgestrüpp eine nennenswerte Größe erreicht haben könnte, noch viel mehr Alte geben wie heute! Da wär’s ja direkt übertrieben, jetzt schon die Stadt zuzugrünen. Warm wird mir nicht nur in der Wohnung, sondern ums Herz, wenn ich all die kleinen Kinderlein sehe, die sich in kaum 70 Jahren in deren Schatten laben können!

Schatten oder Wasserklosett, man kann nicht alles haben

Wer gegenwärtig schon zu sehr unter der Hitze leidet, der darf ja gerne nach Landshut rüberschauen; die sind laut Umwelthilfe irgendwie hitzemäßig besser aufgestellt. Ausgerechnet Landshut! Landshut ist vielleicht schön kühl, aber eine Stadt ist das halt auch nur nach den Maßstäben des 30jährigen Krieges samt allen zugehörigen Pest-Epidemien. Mit der Weltmetropole Regensburg braucht es sich jedenfalls nicht zu vergleichen. In Zwiesel schwitzt man auch nicht arg.

Es gibt halt in Regensburg wenig Bäume, weil die Römer oder Ritter – oder wer auch immer damals verantwortlich war – in einer so dermaßen unerträglich grünen Welt gelebt haben, dass sie in der Stadt gefälligst davon verschont bleiben wollten. Und in die engen Gässchen passt ja auch zugegebenermaßen nicht leicht ein Baum hinein, das ist auch klar.

Auf den breiteren Straßen und Plätzen hingegen konnte man, laut Obrigkeit, keine Bäume pflanzen, weil darunter wichtige Leitungen verlaufen, an die man dann nicht mehr herankäme – weshalb es offensichtlich in anderen Städten entweder keine Bäume oder aber keine Leitungen gibt. Da muss man sich eben entscheiden; Schatten oder Wasserklosett, man kann nicht alles haben.

Private Begrünungsinitiativen fördern

Und deshalb betreibt die Stadt Regensburg eben eine Begrünung im Topfpflanzenformat. Und das ist schön! Vor allem ist es eine Einladung zum Mitmachen! Gelebte Bürgernähe, da kann jeder dabei sein. Niederschwelliger Einsatz für Natur und Umwelt, genau das hat uns doch gefehlt, das muss man mal sagen dürfen, nicht immer dieses radikale Landebahnbesetzerei. So, wie Regensburg die Begrünung vorantreibt, können wir uns alle abgeholt fühlen.

Deshalb erreicht die Veränderung nun über den Haushalt auch die Haushalte: es ist nun ein Posten vorgesehen, um private Begrünungsinitiativen zu fördern.

Jeder kann mithelfen

Im neuen Haushalt wird der Kauf eines Buschwindröschens oder einer vergleichbaren Nutz – oder auch Zierpflanze als aktiver Beitrag zur Stadtbegrünung mit bis zu 70 Prozent des Anschaffungspreises subventioniert – sofern das Gewächs auf dem Balkon oder zumindest auf dem Fensterbankerl steht. Die CSU wollte auch gefriergetrocknete Küchenkräuter anteilig anrechnen lassen, aber da haben sich erwartungsgemäß mal wieder die Grünen quergestellt. Dafür werden aber Christbäume, die man nach Heiligdreikönig auf die Straße stellt, als aktive Aufforstung bewertet und auf Wunsch auch mit CO2-Zertifikaten belohnt.

Ich bin begeistert, ich lasse mich mitreissen, ich bin dabei! Mit einem Basilikum, und zwar mit keinem billigen vom Netto, sondern mit einem richtig guten vom Markt! Weil das Klima zu wichtig ist, um da knickrig zu werden. Wenn ich also dann künftig ein paar Blättchen für meine Caprese pflücke, dann erfüllt es mich mit Glück, dass der Rest der Pflanze der Stadt Schatten und Hoffnung gibt.

Für eine lebenswerte Zukunft, für uns – und für die Senioren von morgen!

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Kommentare (3)

  • Klaus

    |

    Was Regensburg braucht ist Innovation!
    Lernen von den Besten der Besten!
    Einen großen Sonnenschirm: https://youtu.be/L3LbxDZRgA4?t=42

  • El

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    Vor den Fenstern des Reichstags blühen die Geranien & in der Altstadt kleine Bäumchen in diversen Pötten — besonders schmuck sind die runden – , die mit dieser gelackten roten Folie aufgehübscht sind.
    Da kann eine:R sehen, dass die Hausfrau einen grünen Daumen hat und sich wirklich Mühe gibt.

  • Daniela

    |

    Hallo Herr Stein, ich bin begeisterte Leserin, danke für diesen Genuss und ein breites Grinsen.

    Ansonsten würde ich meinen, wenns halt schee macht…, natürlich würde der eine oder andere meinen, so ein paar Quadratmeter hier und da hätte man schon auch den Boden entsiegeln können, zwecks der Bodenhaftung der Bäume. Aber gut, dann hätts halt die schönen bunten Kübel nimmer. Und nur Baum ist ja nun auch nur normal, aber eben nicht hipp. Da muss Regensburg schon was haben, was andere gar nicht erst brauchen.
    Und natürlich geht das Einpflanzen der Bäume direkt in den Boden schon gleich gar nicht, wo doch wirklich jeder Quadratzentimeter mit Leitungskram versehen ist.
    Und überhaupt ist ja fraglich, was man überhaupt noch pflanzen kann, wo es doch es doch immer heißer in Regensburg wird. Vielleicht empfiehlt sich ja neben hochwertigen Basilikum, Feigenbaum oder Oliven, Zitronen oder gar Orangen?
    Was für eine Wertsteigerung für RegensburgerInnen, stellts euch vor, Zitronen für den Sonntagskuchen direkt vor der Haustür zum pflücken und ständig frische Oliven für den Salat. Paradiesisch!

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