Stiefvater entpuppte sich als Sittenstrolch
Seit vier Jahren ist der heute 41jährige Anton K. (Name geändert) aus Furth im Wald arbeitslos, inzwischen auch Frührentner. Zu verdanken hat er dies in erster Linie seinem „guten Freund“ – dem Alkohol. Auch seine Ehefrau griff viel zu gern und viel zu oft zur Flasche. Gestern musste sich der Mann vor der Großen Jugendkammer des Landgerichts Regensburg als Jugendschutzkammer wegen „schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen in vier Fälllen“ verantworten.
Der Anklageschrift zufolge kam es im Jahr 2004 gegenüber seiner damals 12jährigen Stieftochter zu insgesamt drei Übergriffen im Kinderzimmer und im Keller des Miethauses. Diese reichten vom Streicheln unter dem Schlafanzug, Fingern im Intimbereich bis hin zum versuchten Geschlechtsverkehr. Geschehen sind diese Vorfälle ausgerechnet in der Zeit, in der seine Ehefrau in einem Krankenhaus ein Kind von ihm erwartete. In besonders dreister Weise erzählte der Angeklagte schon vor drei Jahren völlig entrüstet, als man mit einer befreundeten Familie beim Kartenspiel zusammen saß, dass seine Stieftochter ihm „so etwas andichte“. Nachdem das Mädel zur Rede gestellt worden war, marschierten Mama und Tochter zur Polizei.
Mutter und Tochter erstatteten also Anzeige bei der Polizei in Roding. Doch eine sich anschließende Auseinandersetzung in den eigenen vier Wänden brachte eine Kehrtwende. Bereits ein paar Stunden später erschienen sie wieder bei den Ermittlern und nahmen die Anzeige zurück. Die Gründe hierfür waren zwar eher fadenscheinig und rational nicht nachvollziehbar, aber das Verfahren wurde im Sommer 2005 durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.
Knapp ein halbes Jahr später kam es erneut zu einem gleich massiven Übergriff. Diesmal vertraute sich das Kind ihrem leiblichen Vater – bei dem es inzwischen lebt – an. Dieser erstattete daraufhin erneut Strafanzeige, die schließlich zur Anklage führte.
Wie schon bei den Vorermittlungen bestritt auch gestern der Angeklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe. Zwei Stunden lang ließen die Richter ihn reden. Dabei war viel wirres Zeug von ihm zu hören, aber auch, dass seine Stieftochter eine notorische Lügnerin sei, die bereits früher die wildesten Märchen erfunden haben soll. Doch das eingeholte, vorläufige Glaubwürdigkeitsgutachten einer Psychologin und Aussagen von Nachbarn sprachen eine andere Sprache. Grund genug für den Gerichtsvorsitzenden, Richter Karl Iglhaut, dem Angeklagten deutlich vor Augen zu führen, welche – weitaus massivere – Strafe ihn erwarte, wenn die Jugendkammer der inzwischen 16jährigen mehr Glauben schenkt als seinen Räuberpistolen. Auch könne – so Iglhaut – dann sehr schnell aus dem angeklagten „schweren sexuellen Missbrauch“ eine „versuchte Vergewaltigung“ werden. Dann allerdings liege die Mindeststrafe für jeden der Übergriffe bei zwei Jahren.
Was folgte, war eine Unterbrechung, damit sich der Angeklagte und sein Verteidiger beraten konnten – und danach ein umfassendes Geständnis. Gerade noch rechtzeitig vor der Vernehmung des jugendlichen Opfers. Die Strafkammer honorierte diese „späte Einsicht“ mit moderaten zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe.
Die ebenfalls anwesende Ehefrau und Mutter glaubt allerdings heute noch an seine „Unschuld“, verkündete sie doch – nach ein paar aufmunternden und tröstenden Bussi in der Verhandlungspause – lautstark im Flur des Gerichtsgebäudes und vor den Ohren ihrer Tochter: „Die ist für mich gestorben“.