Entführung aus Regensburger Schutzhaus Michlstift: Mistol fordert Aufklärung von Heimaufsicht
Mit einer Anfrage an die Staatsregierung will der Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol erfahren, was die Heimaufsicht über die Sicherheitssituation im Michlstift wusste und ob ihr bekannt war, dass es weder Security noch Pförtner gab.
Nun muss sich die bayerische Staatsregierung mit der Entführung eines Kindes aus dem Schutzhaus Michlstift beschäftigen, die durch Recherchen von regensburg-digital am 12. August öffentlich bekannt wurde. Der Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol (Grüne) hat eine entsprechende Anfrage gestellt, um zu erfahren, was die Heimaufsicht wusste und ob die Reduzierung des Sicherheitskonzepts von ihr tatsächlich genehmigt wurde.
Wie berichtet, hatte ein Mann Anfang des Jahres ein Kind, das sich in dem Schutzhaus in der Obhut der Stadt Regensburg, einfach mitgenommen. Angeblich soll es sich um einen Onkel handeln. Später konnte die Polizei ihn und das Kind in Tschechien aufgreifen. Es laufen Ermittlungen.
Wurde die Reduzierung des Sicherheitsdienstes genehmigt?
Erleichtert wurde dem Täter die Entführung dadurch, dass das Gebäude tagsüber problemlos für Unbefugte zugänglich ist. Einen Pförtner gibt es bislang nicht. Trotz entsprechender Forderungen der Beschäftigten im Michlstift, wurde dies aus Spargründen mehrfach zurückgestellt. Wachpersonal, bis Ende 2023 war dort immer eine Person vor Ort, wurde seit 2024 nicht mehr engagiert, ebenfalls „aufgrund der Haushaltslage“, wie die Stadt Regensburg auf Anfrage unserer Redaktion mitteilte. Und: „Die Situation ist verantwortbar und durch die Heimaufsicht genehmigt.“
Ob dies tatsächlich so ist, will Mistol nun über seine Anfrage erfahren, die 15 Punkte umfasst. Unter anderem fragt er, wann die Heimaufsicht über die Entführung informiert wurde, wie sie deren Umstände bewertet und welche Konsequenzen gezogen wurden. Auch fordert der Abgeordnete Auskunft darüber, ob das Sicherheitskonzept und die spätere Reduzierung des Sicherheitsdienstes genehmigt wurde.
„Offensichtlich löchriges Sicherheitskonzept ist ein Skandal.“
„Darüber, dass das entführte Kind gerettet werden konnte, bin ich sehr froh“, sagt Mistol. „Allerdings hätte es erst gar nicht so weit kommen dürfen.“ Dass das Sicherheitskonzept für die Einrichtung, in der in Obhut genommene und damit besonders schutzbedürftige Kinder und Jugendliche leben, seit Beginn des Jahres „offensichtlich löchrig“ sei, bezeichnet Mistol als „Skandal“.
Die Stadt Regensburg hat sich zu Fragen nach den konkret Verantwortlichen für die Reduzierung des Sicherheitsdiensts und die mehrfache Zurückstellung für die Einstellung eines Pförtners bislang weitgehend bedeckt gehalten. Es seien „verschiedene städtische Stellen“ daran beteiligt gewesen, heißt es bislang lediglich. Bei der Entscheidung, den Sicherheitsdienst zu reduzieren habe beispielsweise eine Rolle gespielt, „dass tagsüber etwa 50 Menschen im Bürgerstift St. Michael arbeiten und wachsam gegenüber sensiblen Situationen sind“.
Wer trägt die Verantwortung?
Die Stadtratsfraktion der Grünen hat Ende letzter Woche Bürgermeisterin Astrid Freudenstein in die Pflicht genommen, deren Direktorium unter anderem die Fachämter für Jugend und Familie sowie für kommunale Jugendarbeit unterstehen. Stadträtin Theresa Eberlein bezeichnete es in einer Pressemitteilung als „verantwortungslos, den Rotstift bei der Sicherheit der Angestellten und Kinder und Jugendlichen anzusetzen“.
Die Stelle eines Pförtners im Michlstift ist laut Auskunft der Stadt Regensburg im Haushalt 2025 eingeplant. Abgeordneter Mistol will auch hier wissen, wie die Heimaufsicht diese neuerliche Verzögerung beurteilt.
Gegenüber unserer Redaktion hatte sich gezeigt, dass die Heimaufsicht offensichtlich nicht umfassend über die Situation im Michlstift informiert gewesen zu sein scheint. So teilte man uns beispielsweise mit, „dass der Zugang zu den jeweiligen Einrichtungen (…) nicht für jedermann möglich“ sei. Die Bereiche seien „für sich abgeschlossen – vergleichbar mit einer Wohnungstür“. Doch diese Beschreibung der Situation war zumindest bis zur Veröffentlichung unserer ersten Recherche so nicht zutreffend.
da loisl
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Das Rätsel, wie es zur Einsparung beim Sicherheitsdienst kam, lässt sich vieleicht so auflösen:
Jedes Direktorium bzw. Referat erhält ein Personalkosten- und ein Sachkostenbudget Stellt die Stadt Regensburg Personal ein, geht es zu Lasten des Personalkostenbudget, Dienstleistungen werden aus dem Sachkostenbudget bestritten. Will das Referat, dass zusätzliche Ausgaben über das Budget hinaus vom Konzern finanziert werden, muss es mit dem Personalreferat über eine Erhöhung des Personalkostenbudget verhandeln. Für das Schkostenbudget ist das Finanzreferat zuständig. Im Personalreferat liegt die Bearbeitung beim Organisationsamt. im im Finanzreferat bei der Kämmerei. Das Fachreferat muss nachweisen, dass die Ausgabe im vordringlichen Interesse des Konzerns ist und aus dem bereitgestellten Budget nicht bestritten werden kann und zwar auch nicht durch Einsparungen an anderer Stelle. Wie schwierig die Verhandlungen mit dem Organisationsamt sind, zeigen die vielen auf ein Jahr befristeten Beschäftigungsverhältnisse. Das Ergebnis der Verhandlungen werden der OB mitgeteilt und ggf. dem Personalausschuss des Stadtrats zur Beratung über den Personalhaushalt oder dem Ausschuss Finanzen und Beteiligungen zur Beratung über den Verwaltungshaushalt vorgelegt. Letztlich entscheidet der Stadtrat. Das Verfahren ähnelt der Aufstellung des Bundeshaushalts, worüber in den letzten Monaten viel geschrieben wurde.