04 Mrz2009
Die Abwrackprämie: Ein Strohfeuerchen, an dem sich alle wärmen
Endlich hat die Bundesregierung die ersehnte Erfolgsmeldung: Seit zehn Jahren wurden im Frühjahr nicht mehr so viele Autos verkauft wie 2009. Über 278.000 neue Pkws fanden im Februar ihre Käufer. Eigentlich müssten die Inhaber der Regensburger Autohäuser glücklich und zufrieden sein. Ebenso dürften die Autobauer und deren Zulieferer Freudensprüngen vollführen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Branche schätzt ihre Lage realistisch ein. Der große Abwärtstrend lässt sich durch die Prämie nur um wenige Monate aufschieben. Mit 1,5 Milliarden Euro dürfte diese Ad-Hoc-Aktion der Bundesregierung zu einem weiteren volkswirtschaftlichen Debakel werden.
Als am 1.Januar 2006 die Eigenheimzulage ersatzlos gestrichen wurde, freute sich die Bundesregierung über diesen gelungenen Subventionsabbau. Immerhin konnten pro Jahr zwischen zehn und zwölf Milliarden Euro eingespart werden. Doch diese Streichung traf vor allem die mittleren Einkommen. Ihre Neubauten sicherten über viele Jahre der angeschlagenen Bauwirtschaft die notwendigen Aufträge. Besonders diese Bürger und die Baubranche ist über die üppig fließenden Milliarden zur Rettung der Banken verbittert. Und nun: die Abwrackprämie.
Aktionismus bestimmt das Regierungshandwerk
Die Regierenden verfielen – wieder einmal – in ein wenig bewährtes Verhaltensmuster bei Krisen: blinder Aktionismus. Die Abwrackprämie ein Persilschein. Die 2.500 Euro sind an keine sinnvollen Bedingungen geknüpft (außer, dass das alte Auto fachmännisch entsorgt werden muss). Ob nun Spritfresser oder Abgasschleuder – es gibt keine Vorgaben. Viele der abgewrackten Autos sind zudem Zweitwagen. Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage mancher privaten Haushalte wären einige dieser Fahrzeuge ohnehin stillgelegt worden. Ein Spritschlucker weniger. Doch durch die wenig durchdachte Prämie rollen bald mehr Autos auf Deutschlands Straßen. Niemand scheint aus den hohen Spritpreisen des letzten Jahres etwas gelernt zu haben.
Deutschland verbraucht pro Tag 3.025.000 Barrel Öl. Es befindet sich damit weltweit auf Platz vier der Rohölverbraucher. Gebetsmühlenartig betonen Experten in den Medien immer wieder, dass die Treibstoffpreise nicht auf dem derzeit moderaten Niveau bleiben werden. Zum Vergleich: Im Sommer 2008 kostete ein Barrel Öl über 130 Dollar, heute sind es etwa 40 Dollar für dieselbe Menge. Bereits zur Jahresmitte hin ist mit einer Preiserhöhung an den Tankstellen zu rechnen. Durch die gesunkenen Rohölpreise investierten die Erdölproduzenten immer weniger in ihre Förderanlagen. Ein Absinken der Förderquote macht sich bereits jetzt bemerkbar. Spätestens wenn der Benzinpreis wieder die 1,30-Euro-Marke überschritten hat, wird mancher stolze Neuwagenbesitzer merken, wie unklug diese Investition war.
Und sogar die Wirtschaftsforschungsinstitute machen mit!
Derzeit vermittelt die Regierung in Berlin Zweckoptimismus: Alle müssen die Ärmel hochkrempeln und zum Jahreswechsel wird alles besser. In Deutschland und auf der ganzen Welt springt nach einem mageren Jahr wieder die Konjunktur an. Selbst die notorischen Pessimisten der Wirtschaftsforschungsinstitute suchen nun nach jedem konjunkturellen Strohhalm, um die Lage schön zu reden. Einzig der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, scherte aus dieser Phalanx aus. Er stellte fest, dass bei einem Aufschwung im Sommer 2009 die deutsche Wirtschaft mit einem Minus von fünf Prozentpunkten rechnen muss. In die 20-Uhr-Nachrichten schaffte er es damit nicht. Weder die Öffentlichkeit noch die Regierung wollte sich der Illusion berauben lassen, dass die derzeitige Konjunkturschwäche nur von kurzer Dauer sei. Konjunkturzyklen sind nicht vorhersehbar. Der Nobelpreis für deren nur halbwegs genaue Bestimmungen wartet immer noch auf seinen Empfänger.
Das größte Problem ist: Die Regierung hat mit der Abwrackprämie und dem Rettungspaket für die Banken ihr Pulver zum größten Teil verschossen. Die Schulden, die sie ihren Bürgern zumutet, wird die heutige Kindergartengeneration abtragen müssen. Dabei geht in den vorläufigen Kalkulationen niemand vom schlimmsten Szenario aus: Was passiert, wenn die Garantien des Staates für die Banken fällig werden? Bisher beruhigen die Politiker damit, dass es sich bei einem Großteil der 500 Milliarden Euro für angeschlagene Banken um Garantien, also kein reales Geld handelt. Wenn nur einen Teil der vorschnell gegebenen Garantien fällig wird, dann hat nicht nur der Bundesfinanzminister ein gewaltiges Problem.
Schulden machen mit OB Schaidinger
Ebenso verhält es sich mit dem Geld aus dem Konjunkturpaket, dass an die Kommunen fließt. Nun können manche Bürgermeister den Sparzwang endlich aus der Amtsstube jagen. Investitionen heißt das Gebot der Stunde. Längst fällige Renovierungsarbeiten lassen sich mit den zusätzlichen Geldern anpacken. Das Problem dabei ist nur: Die ansehnlichen Schuldenberge der Kommunen wachsen dadurch noch weiter an. In Regensburg stiegen die Schulden der Stadt während der Amtszeit von Hans Schaidinger von 143 auf 286 Millionen Euro an.
Von Schuldenabbau kann also keine Rede sein. Trotzdem wurde in all den Jahren, auch als die Gewerbesteuer üppig floss, munter investiert, selbst wenn diese Investitionen nur schwer finanzierbar waren. In einer Rede am 24. November 2005 führte das Stadtoberhaupt aus: „Es trifft zu, dass ein großer Teil dieser Investitionen nur mit neuen Schulden finanziert werden kann, weil die freie Spanne im Vermögenshaushalt zu gering ist. Ich glaube, es ist aber bemerkenswert hervorzuheben, dass die mögliche Neuverschuldung im allgemeinen Haushalt von immerhin 15,2 Millionen Euro im Jahr 2005 auf 12,3 Millionen. Euro in 2006 sinkt.“ Auch eine Erfolgsmeldung.
Erschwerend kommt in der momentanen Situation für Regensburg hinzu, dass viele der großen möglichen Gewerbesteuerzahler von der momentanen Krise besonders betroffen sind. Besonders die Autoindustrie und deren Zulieferer sind den gesamtwirtschaftlichen Schwankungen ausgesetzt. Das ist nichts Neues. Ebenso verhält es sich mit Teilen der Elektroindustrie. Das bisher zuverlässige Rückgrat, der Maschinenbau, verursacht durch seine Abhängigkeit von Exporten zusätzliche Belastungen. Regensburg und seinem Umland ergeht es wie der deutschen Volkswirtschaft: Das Geld wird immer knapper!
Wann sich die Krise verschärfen wird, ist eigentlich nur eine Frage der Zeit. An die Abwrackprämie wird sich dann keiner mehr erinnern. Am wenigsten Politiker, deren Gedächtnisleistung bekanntlich sehr kurz ist. Aber wenigstens hat der Schein des Strohfeuers Abwrackprämie die eher müde wirkende Bundeskanzlerin für kurze Zeit zum Glänzen gebracht.
Mündiger Bürger
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Schlage vor, ein Abwrackprämie für Ex-Bürgermeister eizuführen. Dann Brächte Betz keinen Stadtbau-Job mehr und Schaidinger und Weber könnten mit den Geldern Ihre Mitgliedsbeiträge an die Partei bezahlen.
Joachim Datko
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– Ich bin für eine massive “Ankurbelung” der Wirtschaft.
– Ich bin für Zweckoptimismus
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Zur Finanzpolitik des Oberbürgermeisters ein Leserbrief von mir aus dem Jahre 1996.
http://monopole.de/Regensburg-Verschuldung-1996.html
“Finanzpolitik: “Ein Hans im Glück””
maddin
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Der Pessimist hat immer recht, gell Herr Datko?
Deutschland Debatte » Berichte zur Lage der Nation (Lage März 2009)
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