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Interview

„Der Umgang mit den Tätern ist bis heute schwierig.“

Anfang der 1980er Jahre fand Dr. Hans Simon-Pelanda als Lehrkraft zusammen mit Schülern im Rahmen eines Geschichtsprojektes heraus, dass es in Stadtamhof mit dem Colosseum auch in Regensburg ein Außenlager des KZ Flossenbürg gegeben hatte. Den alljährliche Gedenkmarsch gestaltet der Ehrenvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft ehemaliges Konzentrationslager Flossenbürg e. V. seit vielen Jahren mit. Letzten Sonntag forderte er als Redner der Gedenkveranstaltung Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer auf, den Dachauplatz so umzugestalten, dass er als würdiger Erinnerungsort für die Opfer des Nationalsozialismus wahrnehmbar ist. Wir haben mit ihm über das Colosseum, Nazi-Bürgermeister Hans Herrmann und die Erinnerungskultur in Regensburg gesprochen.

Hans Simon-Pelanda war langjähriger Vorsitzender und ist nun Ehrenvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft ehemaliges Konzentrationslager Flossenbürg e. V. Foto: Archiv/Bothner

Herr Simon-Pelanda, Sie haben neulich in der Reihe Täter-Helfer-Trittbrettfahrer einen Aufsatz zu dem Regensburger Bürgermeister Hans Herrmann (BVP, CSU, NSDAP) veröffentlicht? Warum die erneute Beschäftigung mit Herrmann? Diese Diskussion ist doch mit der Umbenennung der nach ihm benannten Schule von 2015 eigentlich gelaufen.

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Ja, die Schule ist umbenannt, andere Ehrungen blieben erhalten. Aber schon die Form der Umbenennung fand ich ganz typisch für den Umgang in der Stadt Regensburg mit ihrer bis heute nur mühsam angenommenen Vergangenheit nach 1933. Es war und ist zuallererst ein schwieriger Umgang mit den Tätern. Als wir 1983 zu dem ersten Stadtführer [zusammen mit Peter Heigl: Regensburg 1933-1945 – Eine Andere Stadtführung; Anm. d. R.] gearbeitet haben, hatten wir schon das Credo, dass es nicht nur darum gehen kann, der Opfer zu gedenken, sie zu Recht in den Mittelpunkt zu stellen – und womöglich die Täter weitgehend durch Verschweigen zu schonen.

Inwieweit ist denn Hans Herrmann als Täter anzusprechen?

Ja, mein Begriff von Täter ist dabei ein weiter. Schließlich bin ich kein Strafverfolger und kein Staatsanwalt. Täter wird jemand, der sich bedenkenlos in den Dienst eines Systems stellt, dessen Ziele mitverfolgt. Meist werden Gründe des persönlichen Fortkommens oder die subalterne Stellung als Entschuldigung angeführt, eine Reflexion der Folgen für andere wird ausgeklammert. Täter ist für mich also nicht nur jemand, der mit dem Beil in der Hand loszieht und, um anderen zu schaden.

Diese Definition wäre zu wenig, zu eng. Sondern es kann durchaus jemand sein, der – wie es nach dem Krieg in der Argumentation auch immer auftauchte – nur seine Pflicht getan hat und (vorgeblich) nur Befehle erfüllt hat – und von den Folgen, zum Beispiel als eifriger Arisierer, bis hin zu Schaden an Leib und Leben auch nach der Befreiung in den Entnazifizierungsverfahren nichts wissen wollte.

Gibt es denn neue Erkenntnisse seit der Umbenennung, welche war Ihnen besonders wichtig?

Ja, als die verschiedenen Stadien Herrmanns und seine vielen Funktionen in den jeweiligen Zeiträumen als Zusammenhang vor mir lagen, schien es mir ein sehr lohnendes und auch sehr eindrückliches Zeugnis dafür, wie das damals „normale“ Leben einer Stadtgesellschaft auf Grundlagen basierte, die nicht durch den Wechsel eines Systems geändert werden müssen, auch wenn dieses mit breitester Zustimmung von einem demokratischen in ein diktatorisches und menschenverachtendes überführt wird.

Herrmann, der ja sicherlich nicht aus privilegierten Verhältnissen kommt, konnte in unterschiedlichen Systemen tatsächlich mit demselben großen persönlichen Ehrgeiz wirken. Wirken als einer, der das „Etwas-Werden“ mit einer persönlichen Spur versehen will, der zeigen will, da habe ich, der Hans Herrmann, gewirkt.


Kurzbiographie Hans Herrmann

Hans Herrmann wurde am 26. Januar 1889 in Regensburg geboren. Er studiert Jura und VWL, trat 1925 in Regensburg das Amt des 2. Bürgermeister (BVP) an. 1929 ernannte ihn der Stadtrat zum Bürgermeister auf Lebenszeit. Im NS-Regime 1933 verblieb er im Amt des 2. Bürgermeister, 1935 Eintritt NSDAP, ab 1936 div. NS-Mitgliedschaften u. a. Fördermitglied der SS. Im August 1945 von der Amerikanischen Militär-Regierung vom Dienst suspendiert.

Nach seiner „Entnazifizierung“ kam es im Juli 1948 auf Antrag der CSU zur „Wiederindienststellung und Ruhestandsversetzung“ Herrmanns. Von 1952 bis zu seinem Tod 1959 war er Regensburger Oberbürgermeister (CSU). 1954–1958 Landtagsabgeordneter (CSU) in München.

Mehr dazu unter anderem hier.


Können Sie das näher erläutern und ein Beispiel dafür geben?

Ein krasses Beispiel sind die sogenannten „Arisierungen“. Dabei ging er als rechtskundiger Bürgermeister an die Grenze, um für die Stadt das Optimale rauszuholen und hielt jüdische Mitbürger solange hin, bis man alle ihre Lebensgrundlagen zerstört hatte und manche das Deutsche Reich nicht einmal mehr verlassen konnten und später in den Vernichtungslagern ermordet wurden.

Sein Vorgehen als Bürgermeister, die Bereiche Wirtschaft, Verkehr, Wohnung optimal und ohne irgendeine Reflexion auf absehbare Folgen hin zu organisieren, bedeutet alle Auswirkungen seiner einzelnen Taten abzuschneiden. Dabei trifft er jeden Tag mit einen wirklich wüsten Nationalsozialisten, dem Oberbürgermeister Otto Schottenheim, zusammen und hält ihm den Rücken frei für seine Teilnahme am Krieg und seine rassistischen Ausfälle.

Dem NSDAP-Kreisleiter Weigert geht er wohl aus dem Weg, obwohl Herrmann in der Partei eine durchaus nicht unwichtige Stelle als Revisor und damit Einblick in den gesamten Personalbestand etc. hat. Herrmann konnte die Folgen seines Verwaltungshandelns offenbar ohne Weiteres von seiner täglichen Routine, der Leitung der Verwaltung von seinem Schreibtisch aus, trennen. In der Weimarer Zeit, im Nationalsozialismus und nach dem Krieg gibt er den pflichtbewussten Verwaltungsfachmann.

Anders gefragt, kann man denn von einem Täter im Bereich der Verwaltung sprechen?

Mir geht es um die fehlende Dimension, zu reflektieren, was tu ich als Verwaltungschef? Als solcher entschied er über Schicksale, er entschied über Strukturen –siehe die Ansiedlung der Messerschmittwerke – in der Stadt, über die Barackenunterkünfte der Zwangsarbeiterinnen und –arbeiter, sogar bei der Suche nach einem Lager für die KZ-Arbeitssklaven müsste sein Ressort zuständigkeitshalber beteiligt gewesen sein.


Veranstaltung

Am Montag, 8. Mai, spricht Simon-Pelanda um 19 Uhr in der Willi-Ulfig-Schule über den ehemaligen (Ober-)Bürgermeister Hans Herrmann: Karriere durch alle Systeme 1925 – 1933 – 1945.


Er war ein echt begabter und „erfolgreicher“ Technokrat, weil er es geschafft hat, in drei sehr unterschiedlichen Systemen seine vermeintlich gute Arbeit abzuliefern, die er nur aus der Verwaltungstätigkeit heraus versucht hat zu legitimieren. Und diese Selbstverständnis der Verwaltung garantierte, dass aus der Weimarer Republik so problemlos, letztendlich innerhalb weniger Monate, die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ begründet werden konnte.

Rechtskundiger Bürgermeister und SS-Unterstützer Hans Herrmann, 1942 im Foyer des Ostmarkmuseums anlässlich der Übernahme des Stadtmodells ins Museum. Foto: Bilddokumentation Stadt Regensburg

Auf der Ebene des gesellschaftlichen Umgangs miteinander korrespondiert dies einer Struktur , die scheinbar unideologisch ist, aber gerade deswegen so effektiv verschiedenste Gesellschaftsformationen, verschiedenste Ideologien bedienen und sogar befördern kann.

In der ersten Ausgabe der von der amerikanischen Militärregierung lizensierten Mittelbayerischen Zeitung hieß es im Oktober 1945 in einem Kommentar, man dürfe die Fehler nach dem Ersten Weltkrieg nicht wiederholen. Jetzt müssten alle Beamten, die sich im NS-Regime „in den Dienst der Beherrschung Deutschlands durch Gewalt“ gestellten hätten, von wichtigen Verwaltungsposten entfernt und davon ferngehalten werden. Herrmann kam 1952 als Oberbürgermeister zurück. Beging man die gleichen Fehler wieder?

Schon der erste Bundeskanzler verkündete öffentlich, dass er Verwaltungsfachleute nicht entfernen werde, „bloß weil“ sie dem NS-Regime willig gedient und dessen Gewaltherrschaft erst umgesetzt hätten. Man brauche deren Expertise, nicht einmal auf Globke als Staatssekretär konnte er verzichten, hatte der zwar die Nürnberger Rassegesetzte mitkommentiert, aber eben als hervorragender Verwaltungsjurist.

Nicht mehr tragbar waren nur die schlimmsten Verbrecher auf der obersten Ebene der Nazi-Partei, der Regierungsspitzen und natürlich der Kriegsverbrecher aus Wehrmacht und den Verfolgungsorganen. Aber auf der mittleren und unteren Verwaltungsebene der Herrmanns? Als Spruchkammern die Revisionen verhandelten – oft schon ohne alliierte Beteiligung, sogar bei deren Desinteresse – blieben fast nur noch „Unbelastete“ oder „Mitläufer“ übrig, die schlimmstenfalls 500 Reichsmark von ihren „Einnahmen“ während der zwölf Jahre abliefern mussten.

Bis auf die politische Spitze in den Kommunen – in Regensburg beispielsweise den damaligen Nazioberbürgermeister Schottenheim und den Kreisleiter Weigert – wurden die Funktionseliten der Verwaltung kaum belangt – siehe Herrmann. Und die schweigende Mehrheit ließ sich damit zufrieden stellen, dass wenige „Schuldige“ als wieder einmal neue Sündenböcke gefunden wurden – Motto: „Die Verantwortung lag nur bei Hitler und ein paar Zehntausend SS-ler, die haben uns das Volk verführt oder geknechtet, wir konnten gegen die barbarischen Nazis nichts ausrichten.“

Das spiegelt auch die Aussage wider, dass der Fehler mit der Beamtenschaft nicht wiederholt werden dürfe.

Haben Sie beim Aktenstudium eine Einlassung oder Aussage von Herrmann gefunden, in der er sich selbstkritisch und bedauernd über sein Handeln im NS-Regime geäußert hat?

(Lachend:) Ich habe zwar nicht danach gesucht, aber nicht einmal in der Stellungnahme von Werner Chrobak und Bernhard Löffler, in der sie ja das altbekannte Muster bemühen – Herrmann habe zwar schlimme Sachen gemacht, aber doch auch viel Positives in der Stadtentwicklung bewirkt – ist dergleichen zu finden.

Auch hinsichtlich der konkreten Beteiligung Herrmanns an der sogenannten „Arisierung“ blieben nach dem Krieg selbstkritische Äußerungen aus. Tatsächlich hatte er in diesem Zusammenhang dafür gesorgt, dass Freunde, Bekannte oder die Stadt Vorteile daraus zogen. Dass Herrmann nach dem Krieg außer Selbstmitleid und Selbstverteidigung irgendetwas von sich gegeben hätte, habe ich nicht gefunden.

Wie entwickelte sich Herrmanns Karriere, der schon 1948 für die CSU wieder im Stadtrat saß?

Herrmann wurde nach seiner Suspendierung durch die Militärregierung sofort Justiziar beim Bischof [im bischöflichen Ordinariat; a.d.R.], besaß weiter seine Immobilien. Sein Spruchkammerverfahren musste er halt überstehen, er war in der Stadtgesellschaft sofort wieder, nein, immer schon gesellschaftlich integriert, wenn man von Entfernung aus dem Dienst – nachdem er von Mai bis August 1945 zum Stadtoberhaupt ernannt worden war – durch die Militärregierung einmal absieht. Aus dem Spruchkammerverfahren, wo er zeitweise als Hauptbelasteter eingestuft wurde, haben ihn die Spitzen der Stadtgesellschaft gemeinsam rausgehauen. Bis hin zu Verfolgten des Naziregimes haben ihm viele einen Persilschein ausgestellt.

Kurzzeitig wurde Hans Herrmann von den Amerikanern als Leiter der Stadtverwaltung eingesetzt. Quelle: Stadtarchiv

Wen meinen Sie damit?

Karlheinz Esser, der als SPD-Stadtrat im KZ Dachau inhaftiert war.

Esser hat auch dem Direktor des NS-Ostmarkmuseums und NS-Kreiskulturwart Walter Boll einen Persilschein ausgestellt. Welches Interesse könnte der SPD-Mann Esser, ab Oktober 1945 Herausgeber der Mittelbayerischen Zeitung, gehabt haben, den suspendierten Nazibürgermeister Herrmann zu entlasten?

Nach dem Krieg soll Esser öfters sinngemäß geäußert haben: Wie soll ich mit meiner Zeitung in dieser Stadt je einen Fuß auf den Boden kriegen, wenn ich mich nicht auch mit denen arrangiere, die auch vor 1945 Einfluss in der Stadt hatten? Esser hatte ganz klar erkannt, dass deren Einfluss nicht durch die Befreiung durch eine ausländische Armee gebrochen war. In diesem Zusammenhang taucht übrigens auch das Argument auf, dass Regensburg als Widerstandsnest gegen die Nazis zu gelten habe. Das katholische Milieu und eine feste und sozial integrierte Stadtgesellschaft stünden dafür. Das gleiche Konstrukt von der widerständigen Stadtgesellschaft taucht auch bei Esser auf.

War es vielleicht eine taktische Entscheidung von Esser, eine realistische?

Da müsste man Esser selber noch fragen können, wie er das verstanden haben wollte. Sicher war auch Angst vor wirtschaftliche Nachteilen im Spiel; Esser hatte ein neues Unternehmen angefangen und er wusste um die Regensburger Machtstrukturen in Gesellschaft und Wirtschaft. Früher, in meiner Studentenzeit, wurde gekalauert, die Stadt Regensburg ist dreigeteilt: ein Drittel für den Bischof und die Kirche, ein Drittel dem Fürstenhaus und der Rest wird verteilt auf die anderen Hunderttausend. Das war ein sicher nicht falscher Spruch, der zumindest zeigte, wie die Einflusssphären verteilt liegen.

Die Umbenennung der Hans-Herrmann-Schule 2015 ging nur unter großen Widerständen. Wer hat denn die Erinnerung an den 1959 gestorbenen Herrmann so hochgehalten?

Vielleicht umgekehrt. Es gab in Regensburg, mindestens genau so schnell wie in anderen Städten, die Haltung: „Es muss mal endlich Ruhe sein!“ Interessierte Kreise konnten sich schon früh so äußern und fanden breiteste Zustimmung, wie die Wahlergebnisse für Herrmann 1952 und 1956 belegen.

Insofern hatte schon damals die Mehrheit der Stadtgesellschaft die NS-Diktatur als „nicht so schlimm“ eingestuft, zumal in Regensburg. Und schließlich konnte man durch die Leistungen aller beim Wiederaufbau die Verbrechen ein wenig „vergessen“ machen. Warum sollte man nach einem mehrheitlich rehabilitierten Verwaltungsfachmann nicht eine Schule benennen, die in seiner Amtszeit errichtet worden war?

Bei der Debatte um einen Namensgeber für die im Jahre 2012 fertiggestellte Prüfeninger Grundschule gab es die Initiative, diese nach dem NS-Verfolgten und Sozialdemokraten, Bürgermeister Hans Weber, zu benennen. Da wendete man das Argument „Jetzt ist‘s aber mal genug!“ gegen Hans Weber, die Schulleitung und Elternvertretung sprachen sich für den Theologen Sebastian Killermann aus, (obwohl dieser sich wie seine Professorenkollegen an der kirchlichen Hochschule öffentlich zu Hitler bekannte Anm. d. Red).

Warum tat sich die rot-grüne Stadtführung unter dem SPD-Bürgermeister Joachim Wolbergs ab 2014 so schwer mit der Umbenennung der Hans-Herrmann-Schule?

Ich habe während vieler der damaligen Diskussionen eine Angst gespürt, die den Beginn einer umfassenden Diskussion vermeiden wollte. Man befürchtete Auswirkungen und Untersuchungen dahin und dorthin – wie schon bei der Wiederentdeckung des KZ-Außenkommandos Colosseum in Stadtamhof, bei der von Andreas Angersdorfer untersuchten Auslöschung der Jüdischen Gemeinde Regensburg, oder dem Nachweis tausendfacher Zwangsarbeit, um nur die markantesten Beispiele anzuführen.

Eine offene Diskussion, wie hat sich die Stadt und ihre Verwaltung 1933 bis 1945 verhalten hat, wurde in Regensburg ja nie im Zusammenhang geführt. Es gab nie einen Konsens, wie damit umzugehen ist. Hinzu kommt, dass eine Stadtverwaltung ja immer etwas Konservierendes und Beharrendes, eine Struktur an sich hat. Muss eine entscheidende Teilstruktur verändert oder einer ihrer Protagonisten fallen gelassen werden, befürchtet man unabsehbare Auswirkungen bis zur Gefährdung des „Ganzen“.

Um noch einen Rückblick auf ihr eigenes Engagement zu werfen. Als Sie 1983 zum bereits erwähnten Büchlein, Die Andere Stadtführung – Regensburg 1933-1945, arbeiteten, was war das damalige Ziel, welchen Ansatz verfolgten Sie und Ihre Mitstreiter?

Die Formen des beginnenden Gedenkens an die NS-Verbrechen in Regensburg in den 70-er Jahren habe ich mit politisch Gleichgesinnten als „hilflosen Antifaschismus“ gekennzeichnet. Ernsthaft mit Fragen zu „Erinnern-Gedenken“ habe ich mich erst beschäftigt, nachdem ich über eine Schülerarbeit, die ich als (Hilfs-)Lehrer betreut habe, auf das bis dato nicht bekannte KZ-Außenkommando in der Gaststätte Colosseum gestoßen bin. Mir ist noch heute gut in Erinnerung, wie zwei weinende Schülerinnen von einer befragten und ebenso weinenden Zeitzeugin berichteten, die sich bedankte(!), dass endlich jemand komme, dem sie davon berichten könne, was sie vor dem Colosseum sechs Wochen lang, jeden Tag mit angesehen habe.

Damals war es anfangs schiere Ungläubigkeit meinerseits, bald drauf fast Wut auf eine Stadt und eine Gesellschaft, die wie ein Banner ihre historische Größe vor sich herschleppt, der historisch alles bekannt und bewusst ist. Entsetzen über eine Stadt, die es geschafft hatte, sich bis Mitte der 1980er Jahre mehr oder weniger als Widerstandsnest und Opfer der Nationalsozialisten darzustellen, in der es nie ein KZ gegeben haben konnte.

Um was genau ging es in dieser Schülerarbeit?

Es sollte eine Recherche zu Zwangsarbeit in Regensburg für den bundesweiten Schülerwettbewerb werden, den der Bundespräsident seit 50 Jahren auslobt. Eine der beteiligten Schülergruppe hatte dabei vermeintlich zwei Zwangsarbeiterlager in Stadtamhof entdeckt, eines eben in der Gastwirtschaft Colosseum und ein weiteres in der gegenüberliegenden Mälzerei.

Sie fanden heraus, dass die Zwangsarbeiter aus dem Colosseum damals gestreifte Anzüge trugen und jeden Morgen und Abend wegen ihrer lauten Holzschuhen zu hören waren, als sie über die Steinerne Brücke zum Arbeitseinsatz marschieren mussten. Schnell wurde uns klar, dass es sich bei den Gefangenen mit gestreiften Klamotten um KZ-Häftlinge handeln musste. Unglaublich. Niemand sprach davon, kein Historiker recherchierte dazu. Nicht nur die Bevölkerung von Stadtamhof, die ganze Stadt musste 400 mit Holzpantinen marschierende Gefangene tagtäglich auf der Steinernen Brücke gehört haben.

Gab es dazu auch Akten? Wo waren die ersten Funde?

Die ersten Hinweise ergaben sich aus den Listen der zentralen Suchstelle Bad Arolsen, wo ein Lager unter Stadtamhof gelistet wurde. Die Nachfrage winkte der damalige Stadtarchivar ab: Da war nichts, da gibt es nichts! Durch Zufall entdeckte ich in Akten des nahegelegenen Katharinenspitals – zu Vorgängen aus anderen Jahrhunderten – einzelne Aufstellungen zur „Verpflegung von KZ-Häftlingen“ nach der Befreiung. Wer sie erstellt hatte, blieb unklar.

Das „Colosseum“ um 1940. Foto: Stadt Regensburg

Das Außenlager Colosseum wurde Ende April 1945 evakuiert und die KZ-Häftlinge auf einen Todesmarsch Richtung Alpen geschickt, wenige überlebten. Gut zwei Dutzend von ihnen, Schwerkranke und Marschunfähige, blieben im Regensburger Klerikalseminar, wo ein Hilfslazarett eingerichtet wurde. Seit wann hatten Sie Kontakt zu Überlebenden des KZ-Außenkommandos Colosseum?

Der erste, mit dem ich persönlich gesprochen habe, war Hersch Solnik, im Jahr 1984. Solnik, beteiligte sich nach 1945 an der Gründung einer Jewish Community. Er war ein deutschsprechender polnischer Jude, ein Gefangener, der im April 1945, als „Lagerelektriker“ in besserer Verfassung die Kameraden im Klerikalseminar betreuen sollte.

Wann wurde der Häftlinge und Toten des KZ-Außenkommando zum ersten Mal gedacht? Wann wurden sie auf den seit vielen Jahren stattfindenden Gedenkmärschen thematisiert?

Schon Mitte der 1980er Jahre fanden direkt am historischen Ort kleine Gedenkveranstaltungen statt, unregelmäßig und öffentlich wenig wahrgenommen. Anfang der 1990er initiierte ich zusammen mit Andreas Angerstorfer und einer kleinen Unterstützerszene die Aufstellung eines Gedenksteins, der unter OB Christa Meier errichtet und vom Dombaumeister Richard Triebe gestaltet wurde. Er stand nicht am Ort der Verbrechen direkt, wurde klammheimlich auch zwei- oder dreimal versetzt, bevor er seinen derzeitigen Standort fand.

Mit unserer Publikation und dem Nachweis der Existenz eines Lagers inmitten des historischen Kerns von Stadtamhof und der 400 Gefangenen im Colosseum haben wir 1983 die Stadtgesellschaft aufgeschreckt. Zwar gab es schon ab etwa 1972 hauptsächlich von studentischen Gruppen organisierte antifaschistische Veranstaltungen um den 23. April am Dachauplatz und auch die katholische Kirche gedachte des toten Dompredigers meist mit einem Gottesdienst, aber mit uns wurden plötzlich viele Täterorte bekannt und das selbst gestrickte Narrativ der widerständigen Stadt geriet ins Wanken.

Bischof Buchberger, der vor 1933 unter anderem Sozialdemokraten, Juden und Freimauerer als Bedrohung der Kirche herbei schrieb, auf der Gedenkfeier für Domprediger Johann Maier am Dachauplatz 1950. Foto: Stadt Regensburg

Warum gerade am Dachauplatz?

Weil dort die damals bekannteste Widerstandsaktion, eine Frauendemonstration im April 1945 und die Ermordung des Dompredigers Johann Maier, sowie die von Josef Zirkl und in der nahem NSDAP-Kreisleitung die von Michael Lottner stattgefunden hat.

Die 1950 eingeweihte Gedenktafel für Josef Zirkl und Johann Maier am Dachauplatz. Foto: Stadt Regensburg

Seit 1950 befindet sich am Platz auch eine Gedenktafel an der Mauer eines angrenzenden Hauses, die daran erinnerte. Ich glaube, dass damals allgemein bewusst war, dass der Platz nicht nach der oberbayerischen Stadt Dachauer Platz hieß, sondern als Symbol für die größten Naziverbrechen nach dem dortigen ersten nationalsozialistischen Konzentrationslager als Dachauplatz zentraler Gedenkort der Stadt sein sollte.

Die konkreten Zusammenhänge sind nach Auskunft auch in der Stadtverwaltung nicht (mehr?) bekannt: Am 10. März 1946 erfolgte die Umbenennung des damaligen Moltkeplatzes in Dachauplatz per Bescheid des damaligen Oberbürgermeister Titze – wohl auf Druck der Überlebenden und der Amerikanischen Militärregierung. Am selben Tag wurde im Stadttheater zum Gedenken der Opfer der ersten Massenverhaftungen in Regensburg vom 10. März 1933 der „Tag der Opfer des Faschismus“ begangen.

Dachau galt als Synonym für die grausamste Verfolgungspraxis der Nazis. Der Name stand für die nationalsozialistischen Konzentrationslager. Das war von den Amerikanern ein bewusst gesetzter Punkt und darauf haben wir uns als Studenten, glaub ich, schon berufen. Anlässlich des Todes des Dompredigers Maier wurde dort jedenfalls demonstriert.

Aber auch das von katholischer Seite geprägte Narrativ, der Domprediger mit seinem Märtyrertod ist verantwortlich für die Rettung der Stadt vor der Zerstörung und Bombardierung am Kriegsende, wurde allgemein in Frage gestellt. Im Jahr 1975 hat die Stadt dann auf Initiative von katholischer Seite hin eine Gedenksäule errichten lassen, die an die drei NS-Opfer erinnert und wieder vom Steinmetz Richard Triebe gestaltet wurde.

Gedenksäule von Dombauhütten-Meister Triebe von 1975, mit Wappen von Bischof Buchberger. Foto: RW

Wie ist die heutige Situation am Dachauplatz, wird er von der Stadt als Gedenkort in Ehren gehalten?

Nein, es ist fast der verschlampteste Platz Regensburgs. Es ist offensiv gegen den Charakter des Platzes als Gedenkort für die NS-Opfer gehandelt worden. Zum Beispiel bei der Umgestaltung des alten, zuvor eher neutral gehaltenen Brunnens. Der damalige Kulturreferent, Herr Unger, entschied, das sei doch ein wunderbarer, in Regensburg „sonst kaum“ vorhandener Platz, wo man mal an die Römer erinnern könnte, also böten sich doch stilisierte römische Säulen an. So ist der jetzige komische Brunnen entstanden, der zudem ständig ausfällt.

„Der verschlampteste Platz von Regensburg.“ Simon-Pelanda über den Dachauplatz. Foto: as

Andere Vorschläge und Ideen, wie die des jetzigen Stadtrats Jakob Friedl, wurden abgeschmettert. Hinzu kommt, dass der Platz offenbar nie unter der Perspektive eines würdigen Gedenkorts der Stadt betrachtet wurde. Bis heute gibt es auch keinen Hinweis darauf, dass sich in der Nähe, am Gebäude der damaligen NSDAP-Kreisleitung, eine Gedenktafel für Michael Lottner befunden hat. Die Geschichte des Platzes ist weder sichtbar noch wird sie irgendwo erläutert.

Was wäre hinsichtlich eines würdigen Gedenkortes Dachauplatz denn denkbar oder wünschenswert?

Was ich mir vorstellen könnte, wäre, dass die Stadt einem Architekten, einem Künstler den Auftrag erteilt, den zentralen Gedenkort für Regensburg wieder sichtbar zu machen. Der Dachauplatz ist für die Naziherrschaft einer der symbolträchtigsten Plätze: direkt an ihm und in seiner Nähe das neue, in der NS-Zeit errichtete Rathaus, die ehemalige Parteizentrale, das Arbeitsamt, das nationalsozialistische Ostmarkmuseum und die Verfolgungszentralen, sprich Polizei und Gestapo. Alles ist dort gelegen. Meine Vision wäre, dass der Platz architektonisch und künstlerisch begutachtet und als Ganzes thematisch offen gestaltet wird. In diesem Zusammenhang könnte auch ein sozusagen authentischer Ort, der nicht genutzte, circa elf Meter lange Durchgang unter dem Sitzungssaal des Rathauses genutzt werden.

Dort wäre mit technischen Mitteln zum Beispiel auch eine Übersicht zu den Erinnerungsorten und ein digitales Lexikon zu Regensburg in der NS-Zeit sicher präsentiert werden, die immer wieder ins Spiel gebrachten Räume für Gruppenführungen und Nachbesprechungen könnte man vermutlich in einer der umliegenden Institutionen zeitweise zur Verfügung stellen.

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Kommentare (7)

  • Lenerl

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    Das ist sehr interessant, vielen Dank für das Berichten.
    Meine Tante, Jahrgang 1939, berichtete mir einst, dass sie immer noch von den „Zwangsarbeitern“ in meinem niederbayerischen Heimatdorf träumt, die dort, recht zentral im Ort und für alle Bürger sichtbar, eingesperrt waren. Nun habe ich zufällig letzte Woche aus einer anderen Quelle erfahren, dass die angeblichen Zwangsarbeiter dort wohl ebenfalls gestreifte Kleidung getragen haben.
    Durch eigene (eher unbeholfene) Recherchen und die geographische Lage meines Heimatortes habe ich die Vermutung, dass die Route der Todesmärsche nach Dachau, z.B. aus dem KZ- Aussenlager Saal/ Donau durch diesen Ort geführt haben müssen. Alle Chroniken des Ortes schweigen sich zu diesem Thema aber explizit aus.
    Ich bräuchte Tips, wie ich für weitere Recherchen vorgehen könnte. Wenn ihr mir da weiterhelfen könntet, wäre ich um eine Mail dankbar.

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  • Günther Herzig

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    Lenerl
    2. Mai 2023 um 09:34 | #
    Vielleicht weißnich was brauchbares!

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  • Daniela

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    Sehr interessant dieser Bericht. Vielen Dank dafür.
    Ich finde die Idee, den Dachauplatz als Erinnerungsstätte zu aktivieren, gut.
    Zum Ersten eben um an die Opfer zu erinnern und zum Zweiten auch mit der Vergangenheit “auf zu räumen”.
    Ich weiß nicht, wer schlimmer ist, der, der einen Schießbefehl ausführt, oder der der diesen gibt, oder, die, die bürokratisch Menschen eine Nummer geben, um diese Menschen ganz bürokratisch auf einen Transport in Konzentrationslager zu schicken. Ich denke, wenn wir beginnen vorbehaltlos auf zu arbeiten, was geschehen ist, haben wir die größte Chance, dass sich das nicht wiederholt.

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  • Mr. T.

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    Ein sehr beeindruckendes Interview! Danke dafür!
    Ich verstehe nicht, warum eine neue Stadtführung nie eine radikale Wende in der Erinnerungskultur eingeschlagen hat. Was hat da einen Wolbergs gehindert, dem man sicher viel vorwerfen kann, aber nicht, dass er auf dem rechten Auge nichts sieht? Man ist doch selber für nichts davon verantwortlich, weswegen es man unteer dem Deckel halten müsste. Außer den gleichen Versäumnissen der Vorgänger.

    Was ich noch weniger verstehe, ist, waru man es den “Mitläufern” immer noch so durchgehen lässt, dass sie ja nur mitgemacht haben, um nicht ihr Leben zu gefährden. Dabei waren sie es, die durch ihr Nichtstun erst so eine Situation entstehen ließen, die dann wirklich den Widerstand so gefährlich gemacht hat. Aus diesem Grund muss man auch heute wieder den Anfängen wehren und nicht dann das Mitlaufen beginnen, wenn der Widerstand wieder gefährlich wird.

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  • Günther Herzig

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    @lenerl
    ich kann tatsächlich behilflich sein. Ich recherchiere selbst in Bezug auf meine Heimatgemeinde Donaustauf (bis 1963). Wir müssten aber reden können. Ich kann beruflich bedingt nicht über alles reden, schon gar nicht in einem öffentlichen Medium.

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  • joey

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    @Lenerl
    es gibt viele gute Quellen.
    “gestreifte Kleidung” deutet auf KZ hin. Die jeweils näheren Gedenkstätten helfen bereitwillig bei der Recherche, Kontakt z.B. archiv@gedenkstaette-flossenbuerg.de

    Die SPD (Landtagsabgeordneter) kann auch eine Anlaufstelle sein, die ikg-straubing.de (Israelitische Kultusgemeinde Niederbayern), … zu militärischen Belangen (z.B. Flugplatzbau durch Zwangsarbeiter) auch das
    Zentrum für Militärgeschichte ms.bundeswehr.de/de

    Augenzeugen als einzige Quelle sind ein Problem, weil die Psyche solche Extremereignisse verfälschen kann. Deswegen widersprechen sich viele Augenzeugen direkt, ohne daß eine politische Absicht dahinter steckt. Sie können aber ein Anfangspunkt sein.

    Forschen Sie. Sie brauchen nur Mut zur Wahrheit. Eine Frage der Ehre.

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  • Ulrich Mors

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    Der Beitrag von Herrn Simon-Pelanda zur NS-Vergangenheit von Regensburg und den in dieser Zeit politisch bestimmenden Akteuren zeichnet sich durch gute Recherche und Objektivität aus. Bei der Wertung von menschlichem Verhalten bleiben Prägung durch gewachsene Verhältnisse, Zeitgeist und einhergehende Entwicklungen ausser Betracht. Das verwerfliche und verbrecherische Ergebnis bestimmt den Blick. Bei Wunsch
    auf Lehren daraus, erscheint solche Einstellung nicht zweckdienlich, da sie die Verhaftung von Menschen allgemein in Irrtümern sowie ihre Bestimmung durch geteilte Verhältnisse ignoriert. Gerade diesem Allgemeinverhalten muss Beachtung zur Vermeidung von Wiederholung geschenkt werden. Der Würdigung von Wiedergutmachung kommt dabei Bedeutung zu.

    Der Dachauplatz erschiene besonders geeignet zum mahnenden Gedenken an die NS-Zeit aufgrund von Bauten und Ereignissen. Doch dafür ist er nachhaltig gerstört durch Veränderung mit heute verengend bestimmenden Bauten und Verkehrsüberlastung. Fraglich erscheinen an sich Erinnerungsorte in Zentren des Lebens. Selbst die Stadt Dachau ist nicht glücklich mit ihrem Erbe und hätte lieber nur Erinnerung als Künstlerort.

    Die dramatischen Ereignisse um Verteidigung und Übergabe von Regensburg mit Verbrechen und Ende der NS-Zeit sowie der Rolle beteiligter Personen würde und wird wohl weiter diskutiert. Dabei fehlte es bisher an Grundkenntis und Beachtung der bestimmenden politisch-militärischen Struktur. Nach dem Attentat vom 20. Juli unterstellte Hitler das Ersatzheer der Wehrmacht dem Reichtümer SS Heinrich Himmler. Damit kamen die in Regensburg zahlreich und vielfältig stationierten Ersatverbände der Wehrmacht unter die Befehlsgewalt der SS. Im weiteren wurde die NSDAP mit der Verteidigung des Reichsgebietes beauftragt mit Zuständigkeiten der Gauleiter und Kreisleiter in Zusammenarbeit mit dem Ersatzherr. In diesem Zusammenspiel wurde der Volkssturm gebildet als wesentliche militärische Komponente. Die sich auflösenden Truppenteile von Wehrmacht und SS mussten sich, soweit überhaupt noch vorhanden, in diese Gegebenheiten integrieren. Für die behandelte Zeit und den Verlauf muss daher die Aufmerksamkeit stark dem Handeln von Personen von Partei und SS gelten. Schottenheim gewann in dieser Lage als hochrangiges SS-Mitglied sicher grosse Autorität, zumal er auch die zivile Autorität innehatte. Er übergab Regensburg und besiegelte die Erhaltung. Ein menschlich und politisch tief in verbrecherische Taten verstrickte Person mit einer die Zukunft von Regensburg eröffnenden Tat am Ende einer politischen Laufbahn. So vielgestaltig ist die Realität und sie sollte nicht verdrängt werden.
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