25 Mrz2008
Der Tod trägt Tattoo…
Gelungen: Das „Mozart-Requiem” feiert am Karfreitag eine erfolgreiche Wiederaufnahme.
Es war schon ein besonderes Gefühl am Karfreitag ins Theater zu gehen. Die Konkurrenz schlief nicht, man hätte meinen können unsere, an diesem Abend zu Recht ruhige Stadt teilte sich gegen 19 Uhr in zwei Teile. Die einen entschieden sich für die – dem Anlass des Feiertages angemessene – Veranstaltung und schlugen den Weg in Richtung Dreieinigkeitskirche ein, um die Johannespassion zu hören. Die anderen schlossen sich dem Strom in Richtung Bismarckplatz an und wollten Teil des später fast voll besetzten Stadttheaters sein.
Man wollte an diesem Tag einen schönen, auch anspruchsvollen Abend erleben und besorgte sich also noch schnell Karten fürs Theater. Mancher kannte den Tanzabend von Olaf Schmidt mit Ballett, Solisten, Chor und Orchester vielleicht schon von früher – aus einer vergangenen Spielzeit. Er sah sich das ganze mit veränderter Besetzung noch einmal an. Manch anderer hatte aber vielleicht von Bekannten und Freunden gehört oder noch recht positive Kritiken in Erinnerung und ist nun heilfroh noch einmal die Möglichkeit zu haben, diese beeindruckende Version des Requiems von Wolfgang Amadeus Mozart zu erleben.
Selbst für ein hochrangiges Ballettensemble ist es keine Leichtigkeit – kaum zwei Wochen nach der Premiere des großen, aufwendigen und sehr anspruchsvollen Ballettabends „Schwanensee” – gleich durchzustarten und ein Stück auf dem Spielplan zu haben, das nach einem Jahr Pause für vier Vorstellungen auf die Bühne kommt. Da ist zum einen die enorm beanspruchte Compagnie. Die kommt nicht nur bei Ballettabenden zum Einsatz, sondern – ganz nebenbei – auch in Musicals und Operetten, ist also durchweg fast ohne freie Tage engagiert.
Das heißt: An Tagen mit der „Gräfin Mariza“ oder „Brigadoon“ auf dem Spielplan kann Olaf Schmidt seine Truppe nicht ausgiebig trainieren und auf neue Stücke vorbereiten. Aber unter genau diesem Druck „musste“ die Ballettcompagnie nun das Mozart-Requiem wieder einstudieren. Eine Verneigung vor dieser Ausdauer, dieser Anstrengung, diesem Stress, diesem Durchhaltevermögen.
Ein weiteres Problem: Kein Ensemble bleibt stets das Gleiche. Neue Tänzer und Tänzerinnen müssen engagiert werden – so auch in Regensburg. Zum anderen wird eine Rolle von Olaf Schmidt selbst übernommen. Man spricht natürlich zumeist von einer Ensembleleistung – jeder einzelne Tänzer leistet seinen Beitrag. Beim Mozart-Requiem in Regensburg ist das auch zweifellos gelungen und zwar grandios. Trotzdem muss die Chemie stimmen, um als Gruppe zu arbeiten und zu „funktionieren”.
Man hat ja unter anderem Hebefiguren und Pas de deux zu tanzen. Die sind erfahrungsgemäß allein nicht zu bewerkstelligen. Man muss sich auf einen Partner erst ein- und dann verlassen. Die Compagnie im Mozart-Requiem zeigte einen geschlossenen Eindruck – nicht zuletzt durch die beispiellose Integration des Ballettchefs in das tanzende Ensemble.
Dass dieser Hindernislauf bis zur Wiederaufnahme-Premiere so gemeistert wurde, verdient höchsten Respekt. Regensburg kann stolz sein auf sein Ballett und auf Olaf Schmidt, der schon in der Vergangenheit mit einigen Choreografien das Regensburger Publikum buchstäblich von den Sitzen hat aufspringen lassen (so geschehen bei „Orlando-Zwei Biografien“ und „Endstation Tennessee“).
Auch Cornelia Brunn hat mit den Kostümen ansehnliche Arbeit geleistet: Höhepunkte dabei bilden fast bodenlange rote Röcke für Damen wie Herren des Ensembles und vielseitig einsetzbare Hemden der Herren, sowie passende Kleidung für das tanzende Seniorenehepaar. Auch die Bühne von Sascha Gratza ist der Inszenierung entgegengekommen. Die durchweg gute Leistung der Solisten, des Orchesters unter GMD Raoul Grüneis und des Opernchores hält natürlich nicht davon ab, während des Abends verstärkt auf die Tänzerinnen und Tänzer zu achten.
Fragwürdig ist bei denen – neben dem gelungenen schwarzen Kostüm des Todes (Wallace Jones), dessen Umhang während der Bewegungen durch die Luft schneidet – auch sein Tattoo am Nacken, welches nicht unbedingt passend erscheint, aber eben auch nicht unpassend.
Die Show stiehlt allen wieder einmal und das umso souveräner, die bezaubernde Sara Leimgruber. Mit fantastischen Kostümen zeigt sie sicher hohe Kunst und zieht die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich. Herausragende Leistungen zeigten zudem Fabian Moreira, Sandrine Cassini und Sandra Hasanovic.
Einige Besucher sahen das Stück bereits zum zweiten Mal. Auf die Frage, ob sie Unterschiede feststellen konnten, kam einige Male die Antwort, dass sie die früheren Ensemblemitglieder Julia Leidhold (die Regensburg bald wieder begrüßen darf) und Cassio de Oliveira (der ehemalige Tod) vermissten, der dem Tod ganz besonderes „Leben” eingehaucht hatte.
Viel hat am Karfreitag nicht gefehlt und Regensburg hätte Olaf Schmidt und seiner Compagnie, sowie den Solisten, dem Philharmonischen Orchester und dem Opernchor die Ehre erwiesen, die ihnen allen für eine meisterhafte Leistung – trotz vieler Probleme – gebührt und zwar mit „Standing Ovations“.
Von Hannes Eberhardt.