Der Postblock wird abgerissen
Die „Baugenossenschaft Regensburg“ bestätigt, dass ein Großteil des Gevierts im Stadtosten abgerissen und neu gebaut werden soll. Das sei auch eine Maßnahme, um die Existenz der 1899 gegründeten Genossenschaft mit ihren derzeit rund 520 Wohnungen langfristig zu sichern.
„Profitmaximierung?“, lautet der Betreff in der einen (anonymen) Mail, die wir erhalten. Der „Postblock“ sei größtenteils entmietet, schreibt uns eine andere Leserin. Das Geviert im Stadtosten von Regensburg – entlang der Graf-Zeppelin-, Furtmayr-, Graf-Spee- und Von-Reiner-Straße – solle größtenteils abgerissen werden. Und auch in zwei weiteren Zuschriften wird die Sorge geäußert, dass hier preisgünstiger Wohnraum verloren gehe. Susanne Becke kann zumindest ein Stück weit Entwarnung geben, wenngleich sie den bevorstehenden Abbruch eines Großteils der Gebäude bestätigt.
„Wir sind gezwungen, etwas zu machen.“
Becke sitzt im Vorstand der „Baugenossenschaft Regensburg Vermietungsgenossenschaft e.G.“, in deren Eigentum sich der Postblock befindet – es geht um insgesamt 99 Wohnungen. Bereits im Winter 2019 habe man die Mieter erstmals angeschrieben und vorab informiert, im Herbst 2020 habe man mit der Entmietung begonnen. Der geplante Abbruch von insgesamt elf und die Kernsanierung von vier weiteren Häusern im Postblock habe aber weder etwas mit einem Verkauf noch mit Profitmaximierung zu tun, sondern sei schlicht notwendig.
„Die Gebäude wurden zwischen 1929 und 1938 gebaut und sind mittlerweile baufällig“, so Becke. „Wir sind gezwungen, etwas zu machen.“ Die früheren Post- und Eisenbahnerwohnungen seien ursprünglich ohne Bad gebaut worden, vieles wurde nachgerüstet. Insbesondere diese Leitungen seien marode und würden immer wieder für Wasserschäden sorgen. Es gebe häufig Schimmelprobleme. „Und energetisch sind die Gebäude ohnehin eine Katastrophe.“ Zunächst habe man eine Sanierung der Gebäude geprüft. „Aber das wäre kostendeckend nicht möglich gewesen.“ Und so entschied man sich für den weitgehenden Abbruch und Neubau. Insgesamt etwa 26 Millionen wolle die Genossenschaft dafür investieren – mindestens 50 Prozent der Wohnungen sollen öffentlich gefördert sein. Durch Nachverdichtung wolle man im Anschluss auf 140 bis 170 statt der bisherigen 99 Wohnungen kommen. Man befinde sich da aber derzeit noch in Abstimmungen mit der Stadt Regensburg.
Bisherige Miete im Neubau nicht zu halten
Die 1899 gegründete Baugenossenschaft Regensburg liegt mit ihren rund 520 Wohnungen im Mittelfeld der Regensburger Genossenschaften. Größtenteils sind es ehemalige Post- und Eisenbahnerwohnungen, die man im Bestand hat und die zwischen 1904 und 1938 errichtet wurden, ein Grundstück wurde in den 60er und 70er Jahren bebaut. Die durchschnittliche Kaltmiete liegt laut Becke bei sechs Euro pro Quadratmeter.
Dieser Preis werde im Neubau nicht zu halten sein. Für diesen müsse man Stellplätze nachweisen und deshalb eine Tiefgarage bauen – unter anderem das treibe die Kosten nach oben. Derzeit kalkuliere man mit einer Kaltmiete von etwa elf Euro, um die notwendigen Investitionen refinanzieren zu können, so Becke. „Darunter geht es leider nicht.“ Der staatliche Zuschuss für die Bewohnerinnen und Bewohner der öffentlich geförderten EOF-Wohnungen biete für diese dennoch ein vergleichsweise kostengünstiges Nutzungsentgelt, für die Genossenschaft garantierten die elf Euro im Gegenzug genügend Einnahmen, um diese in den Erhalt und die Ausweitung des Wohnungsbestands zu investieren.
Problem Erbpacht
Eine solche Ausweitung des Bestands sei nämlich notwendig, um die Existenz der Genossenschaft langfristig zu sichern. „Nach den Erfahrungen im Verband ‘Wohnungswirtschaft Bayern’ gelten Genossenschaften mit einem Bestand von 800 Wohnungen oder mehr, als gesund genug, um dauerhaft die notwendigen Investitionen schultern zu können“, so Becke. Die Baugenossenschaft Regensburg stehe zudem vor dem Problem, dass die Erbpachtverträge für mehrere Grundstücke mit Genossenschaftswohnungen in de nächsten 25 Jahren auslaufen – zum Beispiel für die Eisenbahnerwohnungen am Eisbuckel.
Eigentümer dieser Grundstücke ist der Bund, der diese von seiner Tochter BEV (Bundeseisenbahnvermögen) verwalten und nach Ablauf der Erbpacht laut Bundeshaushaltsordnung verkaufen muss – zu ortsüblichen Konditionen. Eine immer wieder geforderte Änderung der Bundeshaushaltsverordnung, um diese Praxis zu ändern, steht bislang noch aus. Das hat auch Folgen für die Baugenossenschaft Regensburg.
„Der Verkehrswert des Grundstücks am Eisbuckel liegt derzeit bei 15, der geschätzte Bodenwert bei 21 Millionen“, konstatiert Susanne Becke. Zuviel für die Genossenschaft, um es aus eigener Kraft schultern zu können. Man befinde sich deshalb in Verhandlungen mit anderen Investoren, die die Grundstücke kaufen und dann wiederum als Erbpachtgeber fungieren könnten. Doch auch dafür braucht es entsprechende Mittel, die man aus eigener Kraft erwirtschaften muss. „Die Erweiterung des eigenen Wohnungsbestands ist dafür ein Mittel“, so Becke.
Frühere Bewohnerinnen und Bewohner des Postblocks werden bei der Vergabe frei werdender Wohnungen von der Genossenschaft bevorzugt behandelt. Becke: „Am Abriss und Neubau des Gevierts für leider nun mal kein Weg vorbei.“
JJ
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“Dieser Preis werde im Neubau nicht zu halten sein. Für diesen müsse man Stellplätze nachweisen und deshalb eine Tiefgarage bauen – unter anderem das treibe die Kosten nach oben.”
Hier gehört sich schnellstmöglichst eine Gesetzänderung her. Kann nicht sein, dass in urbanen Gebieten Stellplätze die Kosten so nach oben treiben, wo ohnehin die wenigsten ein eigenes PKW bräuchten. Für mich völlig unverständlich diese Bauvorschrift.
joey
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@JJ
es sind nicht nur die Stellplätze. Auf das Auto kann man aber billig schimpfen.
Ich bin vom Fach (Ingenieur)
Wir bauen in einem vorgeschrieben hohen Level. Energiesparen, barrierefrei, Legionellensicherheit, Fahrradplätze, Mülltrennen, Kinderwagen… alles das sind gute Sachen, aber alles zusammen bringt die Baupreise seit 20 Jahren steigend nach oben.
Daß eine Sanierung mehr kostet als Neubau glaube ich sofort. Andere Baugenossenschaften konnten ihre energetischen Sanierungen auch nur durch Verkauf von Immobilien stemmen. Irgendwie muß das bezahlt werden – und das ist am Ende immer der, der drin wohnt…. auch wenn bestimmte Politiker und Verbände immer wieder den Vermieter belasten wollen: das kommt bei den Genossenschaften aufs Gleiche raus.
joey
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@Günther Herzig
die Stellplätze werden über die BayBO und kommunale Satzungen geregelt. Das war bisher in Bayern mindestens 1,5 Stellplätze pro Wohnung, in Regensburg wie folgt:
https://www.regensburg.de/stadtrecht/233876/satzung-der-stadt-regensburg-zur-herstellung-und-abloesung-von-stellplaetzen-fuer-kraftfahrzeuge-und-fuer-fahrraeder-stellplatzsatzung-sts-vom-01-februar-2013.html
Die soeben neue BayBO macht noch mehr als bisher möglich, daß Kommunen Stellplätze in Ablöse wandeln, also eine Bausteuer für ÖPNV einführen, wobei keiner kontrolliert, wie das Geld dann verwurstet wird.
Es geht hier nicht um Stellplätze, die Kostenprobleme sind andere (siehe mein anderes post)
Piedro
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“Der staatliche Zuschuss für die Bewohnerinnen und Bewohner der öffentlich geförderten EOF-Wohnungen biete für diese dennoch ein vergleichsweise kostengünstiges Nutzungsentgelt, für die Genossenschaft garantierten die elf Euro im Gegenzug genügend Einnahmen, um diese in den Erhalt und die Ausweitung des Wohnungsbestands zu investieren.”
Interessant. Sozialwohnungen, die den Bezug von Alg2-Beziehern und Grundsicherungsempfängern de facto ausschließt. Neu gebaute Sozialwohnungen sind nach der in R geltenden Regelungen nicht “angemessen”, ein Einzug würde vom Jobcenter nicht genehmigt werden.
Für einen Alleinstehenden 50qm x 6,60 € = 330,00 €
Für zwei Familienmitglieder 65qm x 6,09 € = 395,85 €
Für drei Familienmitglieder 75qm x 5,99 € = 449,25 €
Für 4 Familienmitglieder 90qm x 6,02 € = 541,80 €
Da könnte man doch glatt auf die Idee kommen, dass die Berechnungsgrundlage auch nach der erfolgreichen Klage gegen die vorherige Regelung realitätsfern ist/sein soll, damit Betroffene auch weiterhin einen Teil der Miete vom üppigen Regelsatz leisten müssen, aus so verzichtbaren Anteilen wie Nahrung, Kleidung, Gesundheitsvorsorge. 2018 waren das durchschnittlich 79 Euro, ca. 1/5 des “Existenzminimums” eines Alleinstehenden. Nachgebessert wurde da nichts, aber ich gehe davon aus, dass die Mieten weiter gestiegen sind.
Ludwig Tahler
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Seit Jahren sind in diesen Blöcken etliche der Wohnungen leerstehend. Eine Sanierung ist sicherlich nicht erstrebenswert und für den Eigentümer zumutbar. Schade ist in diesen Fall allenfalls der Wegfall der Hofflächen durch die Nachverdichtung.
AnnaF
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Die 1,5 Stellplätze pro Wohnung müssten eigentlich so 1,8 … sein. In Regensburg hat ein Haushalt meist zwei Fahrzeuge, oft noch Motorrad dazu (wie viele Kfz sind in Rgbg zugelassen?). Wer öfter in dem Areal unterwegs ist, weiß, wie zugeparkt die Straßen dort sind. Das Umdenken, dass es auch mit weniger Autos geht, hat in der Autostadt Regensburg (BMW, Infineon, …) noch nicht eingesetzt. Kosten für Baumaterialien sind seit 20 Jahren was immens gestiegen, ein paar Ziegel (oder wohl eher Fertigbetonteile) braucht man da für dieses Areal schon. Ein Irrwitz ist der Grundstückspreis, da muss die Gesetzgebung ran (und die traut sich nicht an eine notwendige Entwertung von Immobilien ran, weniger wegen der “kleinen Häuslbesitzer“, sondern wegen vonovia, iz, gbs, wie sie alle heißen. Wärmedämmung (die zunehmend als Dämmung gegen die Wärme im Sommer konstruiert sein muss) kostet ein Schweinegeld, das alles treibt die Kosten nach oben, bis es dann mit 11 Euro/qm fast die doppelte Miete ist als vorher. Nachverdichtung ist in Rgbg der einzige Weg, Geschosszahl erhöhen, Parkplätze überbauen, Gewerbeflächen umwidmen (siehe altes T&T Gelände, Schenker-Areal, Zuckerfabrik, …). Die vergleichsweise großzügigen Grünflächen im Kasernenviertel müssen erhalten werden!