Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus für Regensburg!

Hallo. Schön, dass Sie hier lesen oder kommentieren. Fast noch mehr freuen würden wir uns, wenn Sie die Arbeit von regensburg-digital mit einem kleinen (gern auch größerem) Beitrag unterstützen. Wir finanzieren uns nämlich nur zu etwa einem Drittel über Werbeanzeigen. Und für die gibt es bei uns auch ausdrücklich keine zusätzliche Gegenleistung, etwa in Form von PR-Artikeln oder Native Advertising.

Mehr als zwei Drittel unseres Budgets stammt aus Spenden – regelmäßige Beiträge von etwa 300 Mitgliedern im Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.

Anders ausgedrückt: Wir bauen auf Sie – mündige Leserinnen und Leser, die uns freiwillig unterstützen. Seien Sie dabei – mit einem einmaligen oder regelmäßigen Beitrag. Herzlichen Dank.

Spenden Sie mit

Der Mut des Baulöwen

Thomas Dietlmeier und Moderator MdL Franz Rieger.

„Es ist mutig, wenn sich ein Bauträger selbst der Diskussion stellt”, merkt Armin Gugau an, ehe er Thomas Dietlmeier das Mikro übergibt. Die Regensburger CSU will Bürgernähe demonstrieren und hat den Boss der „Grünen Mitte”, Tochtergesellschaft des in Regensburg äußerst aktiven „Immobilienzentrum” in die Hubertushöhe eingeladen. Dietlmeier soll heute über die aktuelle Entwicklung in der Ganghofersiedlung informieren. Er sieht sich einem bis auf den letzten Platz gefüllten Saal gegenüber. Das Thema Ganghofersiedlung, deren lukrative „Revitalisierung” die Grüne Mitte übernommen hat, sorgt nach wie vor für Diskussionen. Reibungslos verläuft die Sanierung keineswegs und wie die Sozialstruktur am Ende aussehen wird, bleibt abzuwarten.

Gerne wird vom Glasscherbenviertel fabuliert, weil es hier günstigen Wonhraum gab, entsprechend auch die Bewohnerstruktur: Rentner, Familien, Arbeiter. Ein gewachsenes, fast dörfliches Viertel. Das wird die Ganghofersiedlung sicher nicht bleiben. Vor drei Jahren wurde damit begonnen, zu sanieren, abzureißen und neu zu bauen. Die damalige Kalkulation: Rund die Hälfte der angestammten Bewohner muss raus. Nun sind es offiziellen Verlautbarungen zufolge etwas weniger geworden. Der anfänglich breite Widerstand gegen die „Revitalisierung” ist mittlerweile vorbei, stellenweise der Resignation, aber auch Akzeptanz gewichen. Knapp 300 Gebäude – je zur Hälfte Ein- und Mehrfamilienhäuser – werden hier vermarktet. Jährlich werden 25 Millionen Euro in die Sanierung gesteckt, an der – neben der Grünen Mitte – auch die Immobilienunternehmen Eukia und die Winter-Hausbau GmbH beteiligt sind. Da muss auch etwas verkauft werden. Eigentumswohnung werden seit längerem im Internet zu 2.800 Euro pro Quadratmeter verkauft. Den bisherigen Mietern wurden ihre Häuschen zu Preisen zwischen 300.000 und 450.000 Euro (saniert) bzw. 220.000 Euro (unsaniert) angeboten. Ein allenfalls unwesentlicher Preisvorteil gegenüber Käufern von außerhalb.

WERBUNG

„Es geht leider nicht anders.”

An allen Ecken und Enden wird gebaut. Ein Zustand, den Dietlmeier vor der versammelten Bewohner- und Besitzerschar selbst als „manchmal nicht mehr tragbar” bezeichnet, aber: „Es geht leider nicht anders.” Auch Mietminderungen wegen Baulärm und Dreck sind nicht vorgesehen. Am Montag ist Dietlmeier sichtlich bemüht, um Vertrauen zu werben. Ein unkritisches PR-Filmchen wird vorgeführt.

Das „Misstrauen und die Angst, mit der man uns begegnet ist, hat sich nicht bestätigt”, sagt er etwas angespannt. Er freue sich besonders, dass „acht Mieter” ihr Häuschen gekauft hätten, fügt er noch an. Aktuell leben rund 3.000 Menschen im „Revitalisierungsgebiet”, Dietlmeier spricht von 1.385 Wohneinheiten. In drei Jahren will man – so der momentane Plan – mit allen Arbeiten fertig sein, erklärt der Unternehmer. Relativ schnell beendet er seinen Vortrag und stellt sich den Fragen. Es geht viel um Baulärm, der teils um fünf Uhr früh beginnt, Dreck, Abgase und den mangelnden Informationsfluss. Einem Mieter etwa wurden in Abwesenheit die Bäume im Garten umgesäbelt – ohne vorherige Ankündigung, bei einem anderen wurden Starkstromkabel im Garten verlegt, ohne ihn darüber zu informieren. Immer wieder gibt Dietlmeier den Kritikern recht, gelobt zum teil Besserung, erklärt zum teil, das man das nun mal nicht ändern könne. Ohnehin sei er – ob der unterschiedlichen Besitzverhältnisse im Quartier – nicht für alles juristisch verantwortlich.

„Dennoch kümmern wir uns aus freien Stücken darum.” Eine Frau, 76 Jahre, hat nach mehreren sanierungsbedingten Umzügen aus ihrem angestammten Häuschen noch immer nicht die zugesagte Wohnung erhalten. Eine Telefonodyssee durch die verschiedenen Gesellschaften und die Quartiersverwaltung führte zu nichts. Derzeit lebt sie notgedrungen bei ihrer Schwester in der Wohnung. „Alle sind am Telefon sehr nett, aber keiner kennt sich aus.”

„Verraten und verkauft”

Eine weitere Frau, 80 Jahre alt, ist in dem Viertel aufgewachsen. Dem Verkauf und der Sanierung des von ihr gemieteten Siedlerhäuschens wollte sie nicht im Weg stehen, dafür aber im Viertel eine Wohnung haben. „Das war vor drei Jahren und ich habe immer noch keine Wohnung bekommen. Ich fühle mich verraten und verkauft.” Dietlmeier schreibt mit. „Ich will nicht in Abrede stellen, dass das, was Sie sagen stimmt. Aber das ist keine böse Absicht.” Er will sich persönlich darum kümmern. „Wir haben am Anfang nicht genug sanierte Wohnungen, aber das wird sich mit der Zeit entspannen.” Schuld an vielen Verzögerungen seien auch die Behörden. Viktor Pfannenstiel lebt seit 61 Jahren in der Siedlung. „Wir zahlen die volle Miete für ein teilsaniertes Haus. Keller und Treppen sind in einem unvorstellbaren Zustand. Wer da von Top-Sanierung spricht, der lügt”, beklagt sich der 76jährige.

„Ich bin nicht Vertragspartner”

„Was soll ich dazu jetzt sagen?”, meint Dietlmeier nur. „Wenn sich jemand hier nach vorn stellt, ist er plötzlich an allem schuld.” Dabei könne er für solche Zustände nichts. „Verantwortlich ist der Eigentümer.” Das ist nicht die Grüne Mitte. Ähnlich fällt Dietlmeiers Antwort an den Käufer eines Hauses aus, der sich im Nachhinein mit völlig unerwarteten Zusatzkosten für eine Heizanlage konfrontiert sieht. „Sie haben das Gebäude zwar über die Grüne Mitte gekauft, aber nicht von mir, sondern von einer anderen Firma. Rechtlich gesehen geht mich das eigentlich nichts an. Ich bin nicht Vertragspartner.” Nur Vermittler. Nach zwei Stunden endet die Diskussion. Die abschließende Bemerkung aus dem Publikum – „Man darf froh sein, dass solche Leute in dieser Stadt überhaupt investieren. Das soll man bei der Wirtschaftskrise auch sehen” – wirkt dabei wie bestellt. Ein Draufzahlgeschäft ist dieses Projekt beileibe nicht, wenigstens für die Grüne Mitte.

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (10)

  • grace

    |

    …”aber das wird sich mit der Zeit entspannen”…
    Schon klar, bei so alten Menschen wird sich das mit der Zeit sicher entspannen.

    0
    0
  • Corelli

    |

    >>Auch Mietminderungen wegen Baulärm und Dreck sind nicht vorgesehen.

    Von der Immobilien-Mafia sind sie natürlich nicht vorgesehen, vom Gesetzgeber dagegen sehr wohl.

    0
    0
  • Spezl

    |

    “Die Regensburger CSU will Bürgernähe demonstrieren”. Dazu lädt man Baulöwen ein. Erst die Investoren zum Ostenturm, jetzt die Grüne Mitte. Wer kommt als nächstes? Bürgernähe ist das schon. Diese Herren sind schließlich auch Bürger…

    0
    0
  • otto reicher

    |

    Und wo warenSchaidinger, Hartl, Weber und Schlegl????????

    0
    0
  • Britt

    |

    schlegl war dort

    0
    0
  • Gmeiner

    |

    War wohl nix mit der Verkaufsveranstaltung… Die CSU sollte Verbandsmitglied beim RIng deutscher Makler werden…

    0
    0
  • Omnibusfahrer

    |

    @Gmeiner:
    Der Präsident ist doch einer mit Vornamen Hans. Der und sein Freund Schober leiten die Geschäftsführung!

    0
    0
  • immo-hai

    |

    Mal sehen was der feine Hr. Dietlmeier zu sagen hat, wenn die Regensburger Öffentlichkeit erfährt, das er mit seiner Firma Grundstücke von der Stadt weit unter deren eigentlichem Wert erworben hat, für die Erschließung fast haftungsfrei gestellt wurde und die Stadt sogar bis zu 90.000,- € noch für Aufwendungen bezahlt, die er als Bauträger eigentlich zu tragen hätte. Zuschlag erfolgte im Übrigen durch seine Äußerungen bzgl Vorkaufsrechte und in nicht-öffentlicher Sitzung des Stadtrats !!

    Der Schaden, der den Regensburgern hierbei entstanden ist, reicht weit über die 1 Mio Grenze hinaus.
    Wen es interessiert, der sollte mal einen Antrag an die Stadt Regensburg bzgl. des Verkaufs des alten Bauhofs am Unterer Wöhrd stellen.

    Und nun hofiert die Regensburger CSU auch noch einen, der sich am Stadtsäckel die Taschen voll macht…

    Mehr sog i net !!

    0
    0
  • Querleser

    |

    @immo-hai

    “Mal sehen was der feine Hr. Dietlmeier zu sagen hat, wenn die Regensburger Öffentlichkeit erfährt, das er mit seiner Firma Grundstücke von der Stadt weit unter deren eigentlichem Wert erworben hat, für die Erschließung fast haftungsfrei gestellt wurde und die Stadt sogar bis zu 90.000,- € noch für Aufwendungen bezahlt, die er als Bauträger eigentlich zu tragen hätte. Zuschlag erfolgte im Übrigen durch seine Äußerungen bzgl Vorkaufsrechte und in nicht-öffentlicher Sitzung des Stadtrats !! ”

    hat sie doch schon:
    http://www.regensburg-digital.de/filetgrundstuck-verschleudert/29012010/
    es ist der öffentlichkeit egal.

    0
    0
  • immo-hai

    |

    @ querleser,

    merci ! Scheint als muss man hier nochmals gezielt und den Finger in die Wunde legen.
    Wie heisst es bei Ludwig Thoma schon :
    Man muss sehen, was man tun kann

    0
    0

Kommentare sind deaktiviert

drin