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Eismond HandStrickWerk schließt

Der kuscheligste Laden Regensburgs macht dicht

Mit seiner großen Auswahl an Naturgarnen und viel Liebe zum Detail hat das „Eismond HandStrickWerk“ in der Glockengasse zwar keine großen Gewinne gemacht, sich aber auch überregional einen Ruf in Sachen Wolle erworben. Die Corona-Krise hat dem kleinen Laden jetzt den Garaus gemacht. Ende September machen die beiden Inhaberinnen zu.

Nach fast acht Jahren schließen Renate Piehorsch und Daniela Kager zum 26. September ihren kleinen Laden in der Glockengasse. Foto: as

„Man sieht das Material, man befühlt es und dann nimmt die Idee langsam Formen an. Das ist ein kreativer Prozess. Das braucht oft etwas Zeit.“ Wenn Daniela Kager und Renate Piehorsch über Wolle reden und über das Stricken, von den vielleicht 15 Händlern, die sie alle persönlich kennen und von den Schafen und Alpakas, von denen das Garn stammt, dann merkt man dass das „Eismond HandStrickWerk“ viel mehr ist als nur eine Geschäftsidee. Eismond ist ein alter Name für Januar, den kältesten Monat im Jahr, dann wenn man gerne auf eine Wollmütze zurückgreift. Und über ihre Leidenschaft für Wolle und das Stricken haben sich die beiden auch kennengelernt.

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„Wir sind zwei echte Ökotanten…“

„Renate war die einzige, über die ich an gute Wolle gekommen bin“, erzählt Kager. Und recht schnell habe man dann die Idee für einen Laden gehabt, anfangs noch in der Weingasse, dann etwas größer in der Glockengasse. „Wir hatten viel Ahnung von Wolle, aber wenig von Einzelhandel“, erzählt Kager. Aber auch wenn das Auskommen vor allem anfangs eher kärglich war, habe die Umsetzung des Projekts durchweg Freude gemacht.

Ein Bild aus besseren Tagen: Daniela Kager vor dem Eismond. Foto: Barth

„Nachhaltig klingt immer so ausgelutscht, aber wir haben immer sehr viel Wert darauf gelegt, das mit Leben zu füllen.“ Von vielleicht 15 Händlern beziehen die beiden ihre Wolle, die meisten in Deutschland, damit die Lieferwege nicht zu lang sind. Vernünftige Standards bei der Tierhaltung, beim Färben der Wolle und faire Bezahlung der Beschäftigten sind ihnen wichtig. Stammkunden haben Kager und Piehorsch in ganz Deutschland. „Es gibt nicht viele Läden wie unseren. Die meisten beziehen ihre Waren von den paar wenigen großen Händlern.“ Von der Stadt Regensburg wurden sie für ihre Umsicht bei Ökologie und fairem Handel auch schon ausgezeichnet. „Wir sind zwei echte Ökotanten“, erzählt Kager und lacht, während wir uns draußen vor dem kleinen Laden in der Glockengasse unterhalten.

„Danke für die schöne Zeit…“

Dabei ist der Anlass ein trauriger: Nach fast acht Jahren, während der sie und Piehorsch viel Zeit und Herzblut in das gemeinsame Projekt gesteckt und sich eine überregionale Stammkundschaft erarbeitet haben, sperren sie ihren Laden nach dem 26. September zu. „Wir sagen noch einmal DANKE von Herzen für die schöne Zeit und alles Gute für die Zukunft! Bleibt alle gesund und glücklich und strickt fleißig weiter“, schreiben die beiden zum Abschied auf ihrer Internetseite.

Das Eismond ist damit ein weiteres dieser kleinen Geschäfte, die den Charme der Regensburger Altstadt mit ausmachen und denen die Corona-Krise, der anfängliche Lockdown und die derzeit notwendigen Regeln den Garaus gemacht haben.

„Wenn Du selbständig bist, dann ist das einfach knallhart.“

Mit ihrem derzeitigen Hygienekonzept dürften die beiden Inhaberinnen jeweils nur einen Kunden bedienen. Tödlich für einen Laden, wo es um das Fühlen und das Stöbern zwischen all den bunten Wollknäueln geht und wo es ohnehin nur einen begrenzten Kreis von Menschen gibt, die bereit sind, für nachhaltig produziertes Naturgarn auch den entsprechenden Preis zu zahlen. Für eine Laden, der ohnehin nicht die großen Gewinne abwirft, der vor allem von der Leidenschaft seiner Inhaberinnen lebt und wo eine Beratung auch mal eine halbe Stunde dauern kann. „Schon im Sommer ist es schwierig, die Leute, so lange vor der Tür warten lassen zu müssen“, klagt Daniela Kager. „Im Winter geht das dann überhaupt nicht mehr.“

Die Notwendigkeit der Maßnahmen bezweifeln weder sie noch ihre Kollegin und Freundin. Kager ist Diplom-Biologin, Piehorsch arbeitet als Sporttherapeutin in einem Regensburger Krankenhaus. „Da ist man sensibilisiert“, so Kager. „Und so lange wir noch so wenig über das Virus wissen, sollte man eben lieber aufpassen. Das lässt sich in so einem kleinen Laden leider nicht wirklich umsetzen.“ Und am Ende helfe einem in so einer Situation keiner. „Wenn Du selbständig bist, dann ist das einfach knallhart. Entweder du schaffst es oder du schaffst es eben nicht.“ Der städtische Altstadtkümmerer habe bei der Frage nach Unterstützung nur auf die Soforthilfen von Land und Bund verweisen können. Sonst habe es nichts gegeben. „Aber das reicht einfach nicht.“

„Das ist doch besser als in mancher Ehe.“

Als Opfer fühlen sich die beiden Damen nicht. „Wir haben die Entscheidung zur Schließung noch getroffen, bevor wir uns in Schulden gestürzt haben.“ Und die Ersparnisse, die man am Anfang hineingesteckt habe, werde man „so zur Hälfte“ auch wieder zurückbekommen. „Immerhin haben wir uns in den acht Jahren nicht zerstritten“, lacht Piehorsch. „Das ist doch besser als in mancher Ehe.“

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Kommentare (8)

  • ottonormal

    |

    Kommentar gelöscht. Kein Getrolle.

  • Mona

    |

    Das ist super traurig und ein riesen Verlust für Regensburg. 1000 Dank für viele Stunden ausführliche Beratung und die ein oder andere Nothilfe, als ich mich ganz wild verstrickt hatte. ❤️

  • Mausi

    |

    Die fetten Jahre sind vorbei. Leider.

    Vielleicht kommt eine Sisha-Bar rein, wär auch cool und etwas zeitgemäßer.

  • Renate

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    Ob eine Shisha Bar in Zeiten von Corona so richtig zeitgemäß wäre? Naja…
    Cool wäre in jedem Fall, wenn das Bunte und die Vielfalt in Regensburg auch in den nicht so fetten Jahren erhalten bliebe.

  • Lolarossa

    |

    Ich fände es wichtig, einen zentral gelegenen, geschützten Raum für Nutzer intravenöser Drogen zu schaffen.

    Die Lage wäre gut, Parks und Bahnhof nicht zu weit weg.

  • Jonas Wihr

    |

    Oder ein Nagelstudio?

  • Lenzerl

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    Dass die beide zusperren, finde ich schade, aber notwendig. In schlechten Zeiten müssen Selbstständige auf sich schauen und bevor es in die Schulden geht, Hut ab vor Ihrem Realismus. Es kommen wieder bessere Zeiten auch für kleine Läden! Schade, dass es auch den Online-Shop nicht mehr geben wird. Ich hätte gedacht, dass ist immerhin eine Alternative, trägt sich aber wohl finanziell nicht …

  • highwayfloh

    |

    Hier zeigt sich leider auch, was “Online-Handel” zerstört, nicht nur “Corona”. Mir persönlich ist eine fachlich fundierte Beratung und ein entsprechender Ansprechpartner bei Problemen / Reklamationen “vor Ort” wichtiger als 20,– Euro Preisvorteil zum Onlinehandel, bei dem dann eine Reklamation mehr Zeit und Nerven kostet als es wert ist.

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