„Dafür haben wir nicht das Geld und es bringt gar nix.“ Regensburger REWAG beerdigt Ökostrom-Ziel
100 Prozent selbst erzeugter Ökostrom für alle Privat- und Gewerbekunden – diese länger verfolgte Strategie gibt die REWAG nun auf. Man brauche das Geld für die Modernisierung und den Ausbau von Strom- und Wärmenetzen.
Der Regensburger Energieversorger REWAG beerdigt ihre bisher verfolgte Strategie, bis zum Jahr 2035 alle ihre Privat- und Gewerbekunden mit selbst erzeugten grünen Strom zu versorgen. „Dieses Ziel haben wir aufgegeben“, so Vorstandschef Robert Greb bei einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Regensburger Stadtrat. Man werde in diesem Bereich nur noch sehr gezielt und in wesentlich kleinerem Maßstab investieren. Die Beteiligung an größeren Projekten – zum Beispiel Windparks – sei aber passé. „Dafür haben wir nicht das Geld und es bringt gar nix.“
Bereits jetzt versorge man (seit 2022) die Privat- und Gewerbekunden (nicht die Großkunden) zu 100 Prozent mit Ökostrom. 56 Prozent stammen Greb zufolge aus eigener Erzeugung, der Rest wird zugekauft, unter anderem aus den Uniper-Staustufen in Regensburg und Bad Abbach.
Neue Wind- oder Solarparks: „Die werden gebaut, egal, ob wir uns beteiligen oder nicht.“
Für entsprechende Großprojekte, die derzeit entstehen oder in Planung sind, gebe es genügend Interessenten. „Die werden gebaut, egal, ob wir uns beteiligen oder nicht“, so Greb. Die REWAG müsse sich stattdessen auf zwei andere Herausforderungen bei der Energiewende konzentrieren: Der Modernisierung und dem Ausbau des Stromnetzes – „das macht außer uns keiner“ – und dem Aufbau von Nahwärmenetzen in der Region.
Zudem müsse sich die zu knapp zwei Drittel in städtischer Hand befindliche REWAG darauf konzentrieren, als Zuschussgeberin für die defizitären Bäderbetriebe, Arenen für Fußball und Eishockey sowie den ÖPNV, „nachhaltige Renditen zu erwirtschaften“.
Greb folgte vor gut eineinhalb Jahren als Vorstandschef der REWAG auf den geschassten Torsten Briegel. Der war im März 2022 „mit sofortiger Wirkung“ vom Aufsichtsrat abberufen worden. Hintergrund waren sinkende Umsatzerlöse, für die man ihn dem Vernehmen nach verantwortlich gemacht und Briegel ein falsche Einkaufspolitik vorgeworfen hatte.
REWAG verlor viele Großkunden
Aus den bislang veröffentlichten Beteiligungsberichten der Stadt Regensburg lässt sich zumindest ablesen, dass die REWAG währen Briegels Amtszeit vor allem einen deutlichen Verlust bei den Großkunden hinnehmen musste. Zwischen 2019 und 2022 verlor man knapp 200 (von 1.527 auf 1.329) im Stromgeschäft mit entsprechenden Umsatzverlusten. Beim Gas sank die Zahl der Großkunden zwischen 2019 und 2022 von von 988 auf 859, der Gasabsatz in diesem Geschäftsbereich hat sich in diesem Zeitraum halbiert (auf 736 Millionen kWh).
Doch Greb hält sich bei seinem Bericht im Stadtrat nicht mit einem Blick in die Vergangenheit auf. Er spricht von jährlichen Investitionen um die 50 Millionen Euro im Jahr, das 500 Beschäftigten zählende Unternehmen auch künftig tätigen wolle. Möglich macht dies unter anderem eine neue Vereinbarung mit den Gesellschaftern Stadt und der E.ON-Tochter Bayernwerk, die rund 35 Prozent an der REWAG hält.
Auch dank städtischer Zuschüsse darf und kann der Energieversorger künftig einen größeren Anteil seiner Gewinne behalten, um so seine Eigenkapitalquote von derzeit 24 auf 27 Prozent zu erhöhen und dadurch bessere Konditionen für Kredite zu bekommen. „Damit stehen wir wieder auf einer sehr soliden Grundlage“, so Greb.
„Klimaschutz weiter zentraler Bestandteil der REWAG-Strategie“
Auch wenn man das Ziel von 100 Prozent selbsterzeugten Ökostroms aufgegeben habe, sei Klimaschutz weiter ein „zentraler Bestandteil der REWAG-Strategie“. Man sei mit der Modernisierung des Stromnetzes und dem Aufbau von Wärmenetzen aber nun vornehmlich „Ermöglicher der Energiewende“.
Derzeit läuft die Wärmeversorgung in Regensburg laut Greb zu lediglich acht bis neun Prozent über Nahwärmenetze. 75 bis 80 Prozent liefen bislang noch über Erdgas. Bis 2035 wolle die REWAG den Nahwärmeanteil auf 35 Prozent erhöhen.
Der Wunsch nach Unabhängigkeit
Auch wenn diese Ziele auf allfällige Zustimmung bei den Stadträten stoßen, gibt es auch Kritik daran, dass der Ausbau eigener Ökostromanlagen in größerem Stil nunmehr beerdigt wurde. „Wir schon das Ziel haben, in diese Richtung weiterzugehen“, sagt Stefan Christoph (Grüne). Damit könne Regensburg unabhängiger von den unsicheren Rahmenbedingungen und Versorgungsengpässen werden. Außerdem verbliebe auch eine entsprechende Wertschöpfung bei der REWAG und damit in der Region.
Ein Einwand, den Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer mit einem Vergleich zu kontern versucht. Autark zu sein, wäre sicher schön, meint sie. Aber: „Die Stadt Regensburg kann auch auf ihrer Fläche nicht alle Lebensmittel produzieren, die die Menschen hier verbrauchen und benötigen.“ Dazu brauche man das Umland, andere Flächen, andere Ländern. Und genau so sei das mit der Energie. Man werde nie den Strom, den Regensburg brauche, aus eigener Kraft erzeugen können.
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joey
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warum finanziert man Fußball nicht aus Steuermitteln? Ach, dann würde wohl zu viel transparent und am Ende noch demokratisch (anders) entschieden?
Kleinverdiener wohnen oft in schlechten Gebäuden und zahlen anteilsmäßig sehr viel “REWAG Steuer”. Das ist sozial ungerecht. Den Fußball sollen die zahlen, die da hin gehen, also ein privates Finanzierungsmodell.
Oder wären nicht Kulturkinos eher förderungswürdig? Vielleicht sind die Freikartenbezieher aus der Politik halt keine Filmfreunde.
Daniela
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Wann war doch gleich der immense Anstieg der Gaspreise? Pandemie? Ukraine Krieg? Nordstream 2?
Rewag verlor 200 Großkunden.
Das geschah doch nicht nur bei der Rewag, dass Großkunden absprangen, weil die Gaspreise explodierten.
Alles andere zur Energiewende bleibt ab zu warten. Nur schade, wenn man ehrgeizige Ziele frühzeitig ‘beerdigt ‘. ‘Autark wäre schon schön.’ Fast Autark auch!
(Zynisch) Aber vielleicht reicht ja die Erderwärmung und wir ernten Südfrüchte bei uns und müssen diese nicht mehr von sonst woher importieren.
Korrektur
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“Neue Winp- oder Solarparks”
Hat für das ‘d’ der Sturm zu stark geblasen? 😉
Stefan Aigner
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Danke.