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CSU lässt Regensburgs Sozialbürgermeisterin Freudenstein hängen: Bauausschuss zerpflückt Pläne für leerstehendes Hochhaus

Einhellige Ablehnung erfuhr ein Beschlussvorschlag von Sozialbürgermeisterin Astrid Freudenstein (CSU) im Bauausschuss des Stadtrats. Demnach sollten Obdachlosse vorübergehend in dem leerstehenden Hochhaus auf der ehemaligen Pionierkaserne untergebracht werden. Ein Frage kam immer wieder: Warum stand der Punkt überhaupt auf der Tagesordnung?

2020 kaufte die Stadt Regensburg das Hochhaus in der Daimlerstraße vom Bund. Foto: as

„Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es nur ein politisches Chaos gibt und nicht ein Chaos in der Verwaltung“, sagt Joachim Wolbergs. Und tatsächlich muss man sich die Frage stellen, was im Vorfeld der Sitzung des Bau-und Vergabeausschusses im Regensburger Stadtrat am vergangenen Dienstag eigentlich schief gelaufen ist.

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Einziger Punkt auf der öffentlichen Tagesordnung: Ein Beschlussvorschlag von Sozialbürgermeisterin Astrid Freudenstein, mit dem 1,5 Millionen Euro bereitgestellt werden sollen, um das leerstehende Hochhaus in der Daimlerstraße (ehemalige Pionierkaserne) in Teilen herzurichten und dort drei (von insgesamt sieben) Etagen vorübergehend – für fünf Jahre – als „Flexi-Haus“ für bis zu 46 Obdachlose zu nutzen. Ein Baustein des dezentralen Unterbringungskonzepts der Sozialbürgermeisterin. So der Gedanke.

Kritik an der Beratungsreihenfolge

Während die Stadträtinnen der CSU, Freudensteins Parteifreunde, während der gesamten Sitzung schweigen, kann sich niemand dafür erwärmen. Für deutliche Kritik sorgt vor allem die Beratungsreihenfolge der Vorlage. Denn eigentlich müsste zunächst der fachlich zuständige Sozialausschuss über das dahinter stehende Konzept beraten, ehe anschließend der Bauausschuss die entsprechenden Mittel bewilligt.

Selbst Bürgermeister Ludwig Artinger als Sitzungsleiter am Dienstag äußert darüber Verwunderung. „Aber ich lege die Tagesordnung nicht fest.“ Das macht die Oberbürgermeisterin. Und eigentlich, so die einhellige Einschätzung, kommen – abgesehen von Anträgen anderer Fraktionen – nur Verwaltungsvorschläge auf die Tagesordnung, denen die Oberbürgermeisterin auch zustimmt.

SPD: „Weder würdig, noch sinnvoll.“

Ob dem so ist, bleibt am Dienstag unklar. Doch die SPD-Fraktion von Gertrud Maltz-Schwarzfischer lässt kein gutes Haar an Freudensteins Vorschlag. Da ist zum einen die falsche Beratungsreihenfolge. Zum anderen sei das vorgelegte Konzept „nicht verständlich“ und die geplante Bauausführung „nicht hilfreich“, sagt Ausschusssprecher Klaus Rappert.

Der ursprüngliche Gedanke eines Flexi-Hauses sei ja gewesen, Menschen aus der Obdachlosenunterkunft in der Aussiger Straße dorthin zu verlegen. Doch das nun vorgelegte Konzept stelle für diese Menschen eine Verschlechterung dar.

Im Gegensatz zur Aussiger Straße gebe es keine eigenen Toiletten und Küchen, sondern nur gemeinschaftliche Sanitär- und Duschcontainer am Ende des Gangs, und es gebe auch nur Gemeinschaftsküchen. Für die Menschen mit oft schwierigen Biografien und vielfältigen Problemlagen sei ein solches Konzept „weder würdig, noch sinnvoll“, sagt Rappert. Die SPD werde dieses Konzept in sämtlichen Ausschüssen und im Stadtrat ablehnen.

Grüne: „Sehr abenteuerlich.“

Ähnlich argumentiert Wiebke Richter von den Grünen. Sie bezeichnet das Sanitärkonzept als „sehr abenteuerlich“, die geplante Aufteilung als ungeeignet und das Energiekonzept – geplant ist der Neubau einer externen Heizanlage – als „nicht nachhaltig“. Betrachte man, dass das Gebäude nur zu einem sehr geringen Teil genutzt werde, seien die Pläne auch sehr teuer, so Richter.

Und Grünen-Fraktionschef Daniel Gaittet merkt an, dass es nicht wirklich etwas mit Dezentralisierung zu tun habe, wenn im Südosten der Stadt Unterkunft an Unterkunft gereiht werde – sei es nun für Geflüchtete oder für Obdachlose. „Damit tun wir den Menschen dort keinen Gefallen.“

Sozialamtschef verteidigt Konzept zurückhaltend

Sozialamtschef Christoph Gailer verteidigt das Vorgehen des Sozialreferats eher zurückhaltend. Man sei eben schon seit 2021 auf der Suche nach geeigneten Liegenschaften. Ein Gesamtkonzept für das Gebäude sei aufgrund der zu hohen Kosten verworfen worden. Minimum sieben Millionen Euro hätte das gekostet. Er glaube, dass das jetzt vorgelegte Konzept eine Verbesserung zur Aussiger Straße sei. „Die Kapazitäten würden uns helfen.“

Die ungewöhnliche Beratungsreihenfolge sei von der Verwaltung vorgeschlagen worden, um das Ganze noch im Januar zu beschließen. Kommende Woche tagt nämlich der Sozialausschuss.

Brücke: „Keine sachgerechte Entscheidung möglich.“ 

Brücke-Fraktionschef Wolbergs hält das für vorgeschoben. Schließlich tage der Bauausschuss ohnehin alle zwei Wochen. Man hätte also nur fünf Tage verloren, wenn man nicht diese „erbärmliche Reihenfolge“ gewählt hätte. „Eigentlich hätten wir zugestimmt, aber so ist keine sachgerechte Entscheidung möglich.“

Die vier Stadträte der CSU fühlen sich offenbar nicht bemüßigt, das Vorgehen und Konzept ihrer Sozialbürgermeisterin zu verteidigen. Von Ellen Bogner, Kathrin Fuchshuber, Erich Tahedl und Ariane Weckerle gibt es keine Wortmeldung.

Friedl: Stadt ignoriert „wertvolle Studien“

Jakob Friedl (Ribisl) erinnert daran, dass es „wertvolle Studien“ der TU München dazu gebe, wie das Hochhaus genutzt werden könnte. Bereits im Sommer 2023 entwickelten neun Teams von Architekturstudentinnen verschiedene Konzepte, wie das Gebäude möglichst ressourcenschonend genutzt werden könnte (zum Bericht).

Das frühere Divisionsstabsgebäude auf der Pionierkaserne als Modell. Studentinnen der TU München haben bereits 2023 verschiedene Vorschläge für eine Nutzung erarbeitet. Foto: as

„All das wurde dem Stadtrat leider nie zur Kenntnis gebracht“, kritisiert Friedl. Doch es sei Aufgabe der Stadt, solche Studien entgegenzunehmen, wertzuschätzen und zu diskutieren. „Aber das will man offensichtlich nicht.“ Das werde einfach „weg ignoriert“. Jetzt ohne ein Gesamtkonzept dort Obdachlose unterzubringen, „während das Gebäude weiter von oben her zerbröselt“ komme „der Vernichtung von öffentlichem Eigentum“ gleich.

Kein Plan für das Gebäude: Stadt musste Verbilligung zurückzahlen

Die Stadt Regensburg hatte das seit 13 Jahren leerstehende frühere Divisionsgebäude 2020 vom Bund erworben. Ursprünglich sollte dort ein Verwaltungszentrum für den Stadtosten untergebracht werden. Doch die Pläne zerschlugen sich. Einen Nachlass von 350.000 Euro, der gemäß der Verbilligungsrichtlinie des Bundes gewährt wurde, musste die Stadt 2023 zurückzahlen.

Seitdem ist es vor allem Friedl, der sich für ein Gesamtkonzept für das Gebäude engagiert und teils scharfe Kritik an der Verwaltung übt, was ihm schon manche Standpauke der Oberbürgermeisterin einbrachte.

Das Schweigen der CSU

Ob Gertrud Maltz-Schwarfischer nun für oder gegen das Konzept ihrer Sozialbürgermeisterin ist, weiß am Dienstag niemand. „Ich gehe davon aus, dass nichts auf die Tagesordnung kommt, wenn die OB dagegen ist“, vermutet aber Ludwig Artinger. Am Ende wird der Beschlussvorschlag von der Tagesordnung genommen. Mit den Stimmen der CSU. Er soll zunächst im Sozialausschuss diskutiert werden.

Ob die CSU sich dort zu Wort meldet, oder sich, wie mittlerweile fast schon üblich, wegduckt und schweigt bei Themen, die für ihre Partei oder ihre Bürgermeisterin unangenehm sind, bleibt abzuwarten.

Nachtrag: Nach Veröffentlichung des Artikels hat sich die CSU-Fraktion bei uns gemeldet.

Man hätte selbstverständlich gerne etwas gesagt, doch die OB habe zwei noch ausstehende Wortmeldungen einfach gekappt und die Diskussion beendet. 

 

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Kommentare (2)

  • Manfred Martin

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    Die CSU ist seit ihrem Bestehen noch nie SOZIAL gewesen und das in allen politischen Ebenen von den Gemeinde bis zum Bundestag. Ob sie CHRISTLICHE ist wage ich auch zu bezweifeln. Das gleiche gilt üblich auch für die CDU. Die beiden Parteien betreiben machen seit ihrer Gründung eine Politik der Umverteilung von Unten nach Oben.
    Offensichtliche ist der CSU die Bayerische Verfassung nicht bekannt!
    BAYERISCHE VERFASSUNG

    Artikel 151
    (1) Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl, insbesonders der Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung der Lebenshaltung aller Volksschichten.
    (2) Innerhalb dieser Zwecke gilt Vertragsfreiheit nach Maßgabe der Gesetze. Die Freiheit der Entwicklung persönlicher Entschlußkraft und die Freiheit der selbständigen Betätigung des einzelnen in der Wirtschaft wird grundsätzlich anerkannt. Die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen findet ihre Grenze in der Rücksicht auf den Nächsten und auf die sittlichen Forderungen des Gemeinwohls. Gemeinschädliche und unsittliche Rechtsgeschäfte, insbesonders alle wirtschaftlichen Ausbeutungsverträge sind rechtswidrig und nichtig.

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  • Spartacus

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    @Manfred Martin

    Ganz zu Beginn der BRD würde ich widersprechen, da gab es sogar in der CSU Strömungen die ein sozialistisches Wirtschaftssystem präferiert haben. Deshalb enthält ja sowohl die bayerische wie auch die Bundesverfassung (GG) sozialistische Elemente, da zur Gründung der BRD eben noch bei weitem nicht feststand ob die BRD den Weg der Marktwirtschaft oder der Bedürfnisswirtschaft geht.
    Diesen progressiven, pluralistischen und partizipativen Wurzeln ist sich die CSU heute genauso wenig bewusst, wie warum der Freistaat eigentlich Freistaat heißt.

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