29 Sep2008
CSU: A scheene Leich!
Nun ist es amtlich. Die bayerischen Wähler haben genug von der Alleinherrschaft einer Partei. Der größte Gegner der CSU war sie selbst. Mit der Arroganz, welche nur vermeintlich Unbesiegbare an den Tag legen, überging sie sämtliche Skandale: Die verpulverten Milliarden bei der BayernLB? Keiner wusste was, keiner war es. Übergang zur Tagesordnung. Der bayerische Bürger musste für die defizitäre Bank aufkommen. Das Prestigeobjekt Nummer eins der Staatsregierung, der Transrapid, wird nicht realisiert. Wie sagte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber so schön: „Am Münchner Hauptbahnhof starten sie ihren Flug zehn Minuten.“ Mit dem Tandem Beckstein/Huber setzte die CSU auf ein Zitterduo, dem es an zwei existenziellen Dingen im Politikgeschäft fehlt: Charisma und Ideen. Die Wahrnehmung außerhalb des Freistaates von dem dynamischen Duo aus Bayern war denkbar gering. Weder Huber noch Beckstein konnten bundesweit punkten. Weder mit der geplanten Wiedereinführung der Pendlerpauschale, noch mit dem Lieblingsthema innere Sicherheit erregten sie die notwendige Aufmerksamkeit. Mit dem Ergebnis der Landtagswahl 2008 manifestierte sich was die CSU ist und immer war: Eine Regionalpartei.
Haderthauer? Eine Fußnote!
Freundliche Wahlunterstützung erhielten die Freien Wähler, Liberalen und Grünen von der CSU Generalsekretärin Christine Haderthauer. Zu deren wichtigsten Aufgaben gehörte eigentlich die Organisation eines Wahlkampfes. Nichts sagende Plakate und Flugblätter alleine waren offensichtlich zu wenig. Besonders wenn der Landesvater über eine eher limitierte Strahlkraft verfügt. Hinzu kamen rhetorische Ausrutscher der CSU Generalsekretärin und der Fauxpas mit den Wahlwerbungsbriefen in den unrichtigen Wahlkreisen. Die studierte Juristin Haderthauer dürfte sich nach dem Wahldebakeln eine neue Arbeit suchen müssen. Ihre Zeit als Generalsekretärin wird eine Fußnote in der CSU Parteigeschichte sein.
Doch nicht nur Sie schätzte die Lage vor der Landtagswahl unrichtig ein, Auch der bayerische Ministerpräsident Beckstein irrt sich, wenn er gebetsmühlenhaft in seinen Fernsehaussagen wiederholt.“ Die Wähler wünschen eine von der CSU geführte Landesregierung.“ Dieser Satz ist ein weiteres Indiz, wie resistent die CSU Granden gegen die Realität sind. Nun holten die Tatsachen die bayerische Staatspartei auf den harten Boden zurück. Wenn eine Partei von 60,7 Prozent innerhalb von nur fünf Jahren auf 43 Komma noch was abrutscht, gibt es nichts zu beschönigen.
Das neue Bayern braucht keine CSU
Den Abstieg der CSU hat die Partei selbst eingeleitet. Sie veränderte Bayern derart, dass eine CSU im modernen Freistaat immer entbehrlicher wurde. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung Bayerns lösten sich die Milieus auf. Die eher SPD wählenden Arbeiter der bayerischen Städte, nahmen stetig ab. Dafür kamen hoch qualifizierte Spezialisten aus anderen Teilen Deutschlands und dem Ausland in das prosperierende Bayern. In den letzten Jahrzehnten nahm auch die Zahl der Landwirte im Freistaat ab. Diese Klientel war über viele Wahlen ein Garant für die Erfolge der CSU. Von den Großstädten zogen immer mehr Anderswählende hinaus auf das flache Land. Eine Entwicklung, welche die CSU nicht bemerkte.
Nun rächte sich, dass Bayern de fakto ein Zentralstaat ist. München ist das Epizentrum der bayerischen Wirtschaft. Rundum ein „Speckgürtel“ mit aufstrebenden Gemeinden. Doch Regionen wie das oberfränkische Hof oder der bayerische Wald partizipierten bisher wenig vom wirtschaftlichen Aufschwung in Bayern. Im Gegenteil. Die Bevölkerung in Orten wie Bayerisch Eisenstein (Bayerischer Wald) geht weiterhin drastisch zurück. Bayern ist keine makellose Erfolgsstory. Lösungen hatte die CSU keine parat. Mit Alibiaktionen, wie der Verlagerung von Ämtern in die bayerische Provinz, fand keine nachhaltige Belebung der örtlichen Arbeitsmärkte statt. Doch damals stand ein wortgewandter Edmund Stoiber an der Spitze der CSU. Er konnte selbst derartige Fehlleistungen schön reden. Günther Beckstein und Erwin Huber verfügen über keine besonderen rhetorischen Gaben. Oft wirkte das Spitzenduo der CSU unbeholfen, ratlos und unkoordiniert. Derartigen Schwächen kamen beim Wahlvolk ungut an. Auch die Medien im Freistaat spielten nicht mehr wie gewohnt mit. Selbst der CSU wohl gesonnene Zeitungen, davon gibt es etliche im Freistaat, kamen nicht umhin, über Skandale wie den der Bayerischen Landesbank zu berichten.
Wie es im Freistaat politisch weiter geht ist noch offen. Der grandiose Wahlsieg von Edmund Stoiber vor fünf Jahren erwies sich als größte Hypothek. Für den Verlust der absoluten Mehrheit gibt es in der CSU offensichtlich keine Matrix. In den meisten Bundesländern und auch in der CDU herrscht Schadenfreude. Offen und versteckt. Der ehemals stolze bayerische Löwe CSU mutierte zum zahmen, harmlosen Papiertiger. Eine neue Situation nach 46 Jahren Alleinregierung. Das Ende der Landtagswahl, ist der Beginn der Grabenkämpfe in der CSU.
BIG EASY
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“Mia saan mia und mia saan die Mehrern”, das ist jetzt vorbei.
Der Abrutschen unter 50 % und die daraus resultierende Notwendigkeit, eine Koalition eingehen zu müssen ist insbesondere deshalb zu begrüßen, weil nunmehr auch Politiker aus einer anderen Partei Zugang zu den Archiven, oder sollte man besser “Leichenkammern” sagen, haben werden.