Bürgermeisterin und Stadt: Unterschiedliche Pläne für Weinweg
Die Stadt plant keine Nutzungsänderung der Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg. Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein schon. Sie möchte in der dortigen Anlage Obdachlose aus der Notwohnanlage in der Aussiger Straße unterbringen. Diese wiederum will sie so schnell wie möglich auflösen und auch nicht durch einen bereits vom Stadtrat beschlossenen Neubau, sondern durch dezentrale Objekte ersetzen.
„Derzeit gibt es seitens der Stadt keine Pläne oder Überlegungen, die gegen eine Weiterführung der Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg sprechen würden.“ Die Antwort von Stadtsprecherin Juliane von Roenne-Styra auf eine Anfrage unserer Redaktion ist knapp und deutlich. Und sie ist das Gegenteil davon, was sich Dr. Astrid Freudenstein (CSU) vorstellt.
Regierung will Unterkunft weiterbetreiben
Erst kürzlich hatte die Sozialbürgermeisterin den Vorschlag ins Spiel gebracht, den Mitte 2022 auslaufenden Mietvertrag für die Flüchtlingsunterkunft mit der Regierung der Oberpfalz nicht weiter zu verlängern. Die im Jahr 2015 für 100 Asylsuchende gebaute Containeranlage am Weinweg beherbergt derzeit 76 Personen. Davon sind aufgrund ihres Aufenthaltsstatus 47 Menschen prinzipiell auszugsberechtigt, zehn sind sogenannte Fehlbeleger – sie dürfen dort bleiben, weil sie keine Wohnung finden. Wenn es nach Freudenstein geht, sollen die geduldeten und anerkannten Flüchtlinge, die bisher dort (teilweise schon Jahre) untergebracht sind, in den regulären Wohnungsmarkt integriert werden.
Gegenüber unserer Redaktion betont die Bürgermeisterin zwar, dass es gerade für Personen mit lediglich einem Duldungsstatus nicht leicht sei, auf dem ohnehin angespannten Regensburger Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden, doch sei die Anlage am Weinweg als Auffanglager konzipiert und nicht als dauerhafte Wohneinrichtung. Die Regierung der Oberpfalz wiederum, die für die Verteilung und Versorgung von Geflüchteten zuständig ist, hat „grundsätzlich Interesse, die Gemeinschaftsunterkunft im Weinweg weiter zu betreiben“. Das teilt uns Sprecherin Kathrin Kammermeier mit. Doch Freudenstein hat andere Pläne.
Verhältnisse in der Aussiger Straße „inakzeptabel“
Wenn es nach der Bürgermeisterin geht, sollen in der Containeranlage Obdachlose unterkommen, die bisher in der städtischen Notwohnanlage in der Aussiger Straße untergebracht sind. In den 1952/53 errichteten vier Gebäuden befinden sich 74 Notwohnungen, in denen insgesamt etwa 130 Menschen (vorübergehend, aber teilweise auch schon länger) leben. Knapp die Hälfte sind Kinder. Die Wohnverhältnisse dort seien „inakzeptabel“, so Freudenstein. Besonders für Familien mit Kindern.
Scharfe Kritik an Freudensteins Plänen kam zunächst von der Bürgerinitiative Asyl. Die Initiative warf der Bürgermeisterin vor, Geflüchtete gegen Obdachlose auszuspielen. Seit „langem angekündigte Sanierungsplanungen“ (etwa in der Aussiger Straße) würden „verschleppt“. Statt mehr Räume zu schaffen, werde „der bestehende Raum künstlich verknappt,“ heißt es in einem Statement von letzter Woche. Geflüchtete würden keinen bezahlbaren Wohnraum finden, weshalb die Forderung nach einem schnellen Auszug aus der Anlage am Weinweg „populistisch“ sei.
Kein Geflüchteter soll auf die Straße gesetzt werden
Keiner der Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg soll auf die Straße gesetzt werden, meint Freudenstein dazu. Um den dort Untergebrachten eine angemessene dauerhafte Wohnung in Aussicht zu stellen, sei „eine Kraftanstrengung“ von Stadt, Stadtbau oder auch Genossenschaften gefragt. Als Sozialbürgermeisterin könnte sie die Container aber eben gut für Obdachlose aus der Aussiger Straße brauchen. Die Bedingungen am Weinweg seien um ein Vielfaches besser als die in der Notwohnanlage. Wenn überhaupt, dann solle man der Regierung nur noch für eine kurze Laufzeit (ein oder zwei Jahre) den Mietvertrag verlängern.
Die Tage der Notwohnanlage in der Aussiger Straße sind ohnehin gezählt. Weil die Häuser laut einer Machbarkeitsstudie nicht wirtschaftlich zu sanieren sind, sollen sie abgerissen werden. Der Stadtrat beschloss im Februar letztes Jahr einstimmig einen vergrößerten Neubau und beauftragte die Stadtbau GmbH mit der Durchführung. Die damalige Beschlussvorlage veranschlagte insgesamt etwa 23 Millionen Euro für Abriss und Neubau. Eventuelle Fördermittel des Freistaats müssen noch weiter geprüft werden.
Freudenstein will keinen Neubau in der Aussiger Straße
Entgegen dem Beschluss und obwohl auch der Koalitionsvertrag dies ausdrücklich vorsieht, hält Astrid Freudenstein das Vorhaben für sinnlos. Statt in einer teuren und zentralen großen Einrichtung möchte sie Wohnungslose in kleineren dezentralen Einheiten unterbringen. Dazu gehört etwa ein nicht näher definiertes Objekt im Stadtsüden oder eben die bisherige Gemeinschaftsunterkunft am Weinweg.
Die Bürgermeisterin kann sich auch vorstellen, diese Anlage in der Nutzung zu teilen. So könnte einer der beiden baulich getrennten „Riegel“ Obdachlose (Stadt) und einer Flüchtlinge (Regierung) beherbergen. „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg,“ so Freudenstein.
Eine nachhaltige Lösung ist aber auch das nicht. Die Bebauung am Weinweg ist ein Provisorium und nur als solches im Landschaftsschutzgebiet genehmigt. Das vorübergehend bebaute Gelände war früher ein Sportplatz und soll das, wenn es nach Freudenstein geht, langfristig auch wieder werden.
Was macht die Koalition?
Als mögliche Erweiterungsfläche für den angrenzenden Tennisverein RTK – die Stadt hielt das für eine denkbare Option – stünde sie erst in ein paar Jahren zur Verfügung. Denn eine etwaige kurzfristige Verlegung der Container an einen anderen Ort hält die auch für Sport zuständige Bürgermeisterin für unwirtschaftlich. Dem Verein aber dauere das zu lang. Der RTK hat zunächst laut Freudenstein Bauvoranfragen für einen kleinen Grünstreifen direkt an der bisherigen Tennishalle und für das benachbarte Gelände des Hockey- und Tennisclubs (RHTC) gestellt.
Wie das ausgeht, ist noch nicht absehbar. Bisher sind Freudensteins Vorschläge für den Weinweg und die Aussiger Straße Alleingänge, die in Verwaltung und Koalition nicht nur auf Zustimmung stoßen dürften.
Lena
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Wie sollen die Geflüchteten das gelebte Multikulti erfahren, wenn sie nicht auch den Westen von Regensburg kennenlernen?
Christoph Ecklinger
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Kommentar gelöscht. Bitte keine pauschalen Diffamierungen.
Kali
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Es ist eine seltsame Diskussion, die hier von der Sozialbürgermeisterin angestoßen bzw. losgetreten wird. Ich denke, dass Fr. Freudenstein von sehr falschen Annahmen ausgeht oder ausgehen will: Nach Art. 4 Aufnahmegesetz sind diejenigen Menschen auszugsberechtigt,bei denen die sog.„Identitätsklärung“ vorliegt. Die „Klärung der Identität“ bedeutet für viele Menschen dass sie enorme Gelder an Bestechungskosten aufbringen müssen,um von Staaten mit zweifelhafter Rechtsstaatlichkeit (z.B. Afghanistan) Papiere zu bekommen. Ergo die „Auszugsberechtigten“ (37 Menschen,ohne Fehlbeleger, die wegen erlaubten Aufenthalt ausziehen dürften,aber hier keine Wohnung finden ) müssen nun zur Erlaubnis für eine Wohnung ihre Verwandten entweder z.B. durch Taliban Gebiete schicken für ein Identitätsdokument oder in z.B. Somalia die Al Shabaab bestechen, um in einem „Failed State“-ohne Standesamtswesen etc an eine Identitätsklärung zu kommen, die Bayern nach Art.4 des Aufnahmegesetzes fordert, um aus Gemeinschaftsunterkünften ausziehen zu dürfen. Das dann alles als super Möglichkeit zu verkaufen ist schon eine Leistung. Ich glaube weder Obdachlose noch Geflüchtete leben gerne in Lagern. Ich frage mich was an dem vorgeschlagenen Deal von Fr. Freudenstein „dezentral“ ist. Lager bleibt Lager-egal wer es belegt… Und hier die desaströse -von der Stadt Regensburg verschuldete-Lage von Menschen ohne Wohnung gegen die von Menschen ohne Sicherheit ausspielen zu wollen ist schon ne harte Nummer… die Werte Union und die AFD wird so ne Diskussion freuen.
Bertl
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Frau Freudenstein ist für diese Zuständigkeit m.M. nach offensichtlich ungeeignet.
Madame
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Vor ca.ein paar Tagen war schon einmal ein ähnlicher Bericht über die notunterkünfte am weinweg. Inzwischen scheint fr dr.freudenstein wieder im Amt zu sein. Glaubt den diese bgm, dass sie diese Leute hin und herschieben kann, wie sie es will. Ein Lager anker Zentrum und Unterkünfte in der Prärie ist nicht toll für obdachlose und flüchtliche. Das ausmass sind lagerkoller und andre Ursachen. Was die grosse Politik nicht schafft , sollen die inländer jetzt in Ordnung bringen. Soviel Platz hat rgb auch nicht, um alle vernünftig unterzubringen. Es sollen keine ghettos entstehen. Multi kulti ist ansich was positives. Beide Seiten einwohner und neue könnten voneinander profitieren. Verschiedene Organisationen dass in Gang zu bringen, wäre gut. Aber es fehlt an vielem.
Rückendeckung für Freudenstein » Regensburg Digital
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[…] der Oberpfalz, die die Gemeinschaftsunterkunft betreibt, soll nicht mehr verlängert werden (unser Bericht). Es sei auch denkbar, einen der beiden Containerriegel für Geflüchtete zu verwenden und den […]