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Juso-Unterbezirkskonferenz

„Blicken spannenden Zeiten entgegen”

Am vergangenen Donnerstag wählten die Regensburger Jungsozialisten (Jusos) einen neuen Unterbezirksvorsitzenden. Der machte bereits deutlich, dass sich die Jusos auch in Zukunft aktiv in die Partei einbringen werden und forderte einen sozialen und ökologischen Wandel.

Der neue Vorstand der Jusos ist sich sicher: Die SPD ist eine wichtige soziale Stimme. (3.v.l. Bastian Käsbauer)

Den Kampfgeist seines Vorgängers habe der neugewählte Juso-Vorsitzende Bastian Käsbauer zwar noch nicht, dennoch sieht der Wenzenbacher Bürgermeister und SPD-Unterbezirksvorsitzende Sebastian Koch Käsbauer als sehr gute Wahl. Dieser trete nun in große Fußstapfen. „Nicht einmal ich bin so kampfeslustig wie der Heinrich und das will schon was heißen“, so die wohlwollenden Worte gegenüber Heinrich Kielhorn, der nach dreieinhalb Jahren sein Amt niederlegte. 2016 übernahm Kielhorn in “inmitten der Wirren um die Spendenaffäre das Amt“, resümiert Koch am Donnerstag bei der Jahreshauptversammlung der Jusos im Regensburger Gewerkschaftshaus.

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Dass die Jusos damals stets „klare Haltung“ bewiesen hätten und auch „immer wieder wichtige Anstöße bei politischen Themen setzten“, das verdiene Anerkennung und sei wichtig gewesen, sagt Koch, der selbst 2016 zum SPD-Unterbezirksvorsitzenden gewählt wurde. Kielhorn und ihn habe von Beginn an eine enge und gute Zusammenarbeit verbunden.

Die Jusos als Feindbild der Brücke?

Die Causa Wolbergs scheint man bei der SPD indessen noch nicht völlig bei Seite schieben zu können. Als Koch dem scheidenden Juso-Vorsitzenden einen Café-Gutschein überreicht, witzelt er: „Hier ein Gutschein im Wert von 9.999,99 Euro.“ Eine Anspielung auf die etlichen Bauträgerspenden, die im Zuge des Wahlkampfs 2014 knapp unterhalb der 10.000 Euro-Veröffentlichungsgrenze flossen.

Auch Kielhorn kommt in seiner kurzen Rede auf den ehemaligen Parteikollegen und früheren Oberbürgermeister zu sprechen. „Die Jusos sind offenbar ein besonderes Feindbild der Brücke und von Joachim Wolbergs, wie dessen zahlreiche Videobotschaften immer wieder zeigen.“ Doch aufgrund der starken Solidarität innerhalb der Jusos und der „Leidensfähigkeit des Verbandes“ habe man es am Ende gemeinsam gut durch diese Zeit geschafft.

„Werden euch immer wieder auf die Nerven gehen.“

Nun müssten endlich die drängenden gesellschaftlichen Fragen und Herausforderungen angegangenen werden, steckt der mit 100 Prozent der Stimmen gewählte Bastian Käsbauer sogleich die Rahmenbedingungen der künftigen Verbandsarbeit ab. „Wir werden euch vermutlich immer wieder auf die Nerven gehen“, sagt er mit einem Lächeln in Richtung der Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer, die ebenfalls zugegen ist. Ob die Gleichberechtigung der Frau, die durch die Corona-Krise einen herben Rückschlag erleide oder der Kampf für das Klima und gerechte Beschäftigungsbedingungen, die Themen seien vielfältig, betont Käsbauer.

„Der Wandel des Arbeitsmarktes kommt schneller und drastischer als wir das wahrhaben wollen”, sagt Bastian Käsbauer.

„Wir sehen was passiert, wenn wie bei Conti Arbeits- und Ausbildungsplätze wegfallen. Wir sehen was passiert, wenn für Studierende keine Arbeitsplätze vorhanden sind.“ Es brauche die SPD als starke soziale Stimme, um aus dieser „erneuten Krise eines entgleisten Kapitalismus rauszukommen“, glaubt Käsbauer, der auch in der Leitung des Ortsjugendausschusses der IG Metall ist. Die aktuelle Situation bei dem Autozulieferer Continental – hier sollen auch in Regensburg laut IG Metall 2.100 Stellen gestrichen werden – sei nur eines von vielen Beispielen. Denn mit BMW stünde ein weiteres wichtiges Unternehmen in der Region Regensburg vor ungewissen Zeiten.

„Der Wandel des Arbeitsmarktes kommt schneller und drastischer als wir das wahr haben wollen. Die ökologische Wende schaffen wir nicht, wenn wir den Leuten keine soziale Garantie versprechen können“, betont er und versichert: „Wir kämpfen für eine solidarische, feministische und ökologische Zukunft.“

Desaströse Lage der Partei

Käsbauers IG Metall-Engagement biete eine wichtige Grundlage für seine Juso-Arbeit, erklärt Koch zuvor. Auch er sieht Regensburg „spannenden Zeiten entgegen blickend“. „Kann gut sein, dass wir hier in eine Strukturkrise geraten werden. Da braucht es einen Juso-Vorsitzenden, der den Schulterschluss mit den Gewerkschaften schließen kann.“

Mit Blick auf die derzeitigen Umfragewerte der BayernSPD – diese liegen aktuell bei rund sieben Prozent – könne man in der Partei nicht zufrieden sein. „Die Kommunalwahlergebnisse waren insgesamt desaströs“, hält Koch fest und moniert den fehlgeschlagenen Generationenwechsel in den Parlamenten. Koch geht hart mit seiner Partei ins Gericht. „Auch hier in der Region hatten wir zwar durchaus eine junge Liste. Aber nur ich selbst habe es als Vertreter der Jusos in den Kreistag geschafft.“ Die Stadtratsfraktion der SPD habe zudem kein einziges neues Mitglied bekommen. „Das stimmt mich schon pessimistisch und es zeigt sich ein deutliches Problem.“ Denn gerade in einer Krise bräuchten Parteien junge Gesichter, die voranschreiten.

ÖPNV, erneuerbare Energien und soziale Transformation

Auch die Oberbürgermeisterin betont in ihrer Ansprache, dass trotz mancher Auseinandersetzung die Jusos doch immer eine außerordentlich aktive Rolle in der SPD gespielt hätten und „die Partei inhaltlich gut vorangebracht haben“. Das müsse auch künftig so bleiben.

Mit den anschließend beschlossenen Anträgen deuten die Jusos dann schon ein wenig an, wo aus ihrer Sicht in den kommenden Jahren die Reise hingehen soll. So wird ein sozial-ökologisches Programm verabschiedet. In diesem fordern die Jusos neben einem ÖPNV-Ausbau und konsequenter Umstellung auf erneuerbare Energien auch die Absicherung von Ausbildungsplätzen und Investitionen in eine soziale Transformation. Es sind keine neuen Ideen, vielmehr eine Bekräftigung des bereits eingeschlagenen Weges.

Einem Antrag der Jusos Regensburg-Land folgend soll zudem die geplante Stadtbahn bereits als Stadt-Umland-Bahn geplant werden und Regensburg näher an die umliegenden Gemeinden anschließen. Inwieweit die Anträge Wirkung entfallen können, hängt nun auch vom neuen Vorstand ab.

Zu Käsbauers Stellvertreterinnen wurden Kerstin Geller und Anna Gmeiner gewählt. Dem Unterbezirksvorstand gehören außerdem Elena Bauer, Marius Cramer und Alexander Roth an.

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Kommentare (12)

  • Mr. T.

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    Die Regensburger Jusos scheinen sehr progressiv und weit weg von Schröder’s kruder Version der SPD zu sein. Ich hoffe, sie können das nötige Korrektiv zur sehr konservativen (eher grauen statt roten) Stadtratsfraktion sein.

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  • Solitär

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    Der Kreisvetband der Grünen wählt einen neuen Vorstand, deren bisheriger Bundestagsabgeordneter wird bei der Votenvergabe für die nächste Bundestagswahl von der Basis ordentlich abgestraft und Regensburg Digital berichtet über den neuen Vorstand der Jusos (die Arbeitsgemeinschaft der unter 35 Jährigen innerhalb der vor sich hin siechenden 7 % Partei). Das nenne ich mal eine Message. Mir ist schon klar, dass es sich besser mit seinen Sozen-Mackern am Tresen saufen lässt, als mal einer Frau in einem Amt zuhören zu müssen. Aber macht es wenigstens nicht ganz so offensichtlich.

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  • Mathilde Vietze

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    Den Schaden, den Schröder der SPD zugefügt hat, werden auch die besten
    Jusos nicht begeben können.

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  • R.G.

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    @Solitär
    Sie haben gelesen, dass die Redaktion übersiedelt.
    Aigner war noch beim Prozess als “unser” Berichtserstatter.
    Bothner berichtet über die Jusos Wahl.

    Es kann nicht mal ein Aigner mit seinem Hintern auf allen Hochzeiten sitzen und zugleich umsiedeln.

    Lassen Sie sich etwas Zeit!

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  • R.G.

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    Unser Kind, schon groß: Mammi,Papi, was sind eingtlich Erwachsene?
    Ich: Was meist du, wer erwachsen ist, wie merkt man das ?
    Kind, denkt zuerst scharf nach, dann: Erwachsene sind Menschen, die beim Sitzen mit den Füßen bis auf den Boden glengen!
    (Anmerkung: Siehe Bild 1 auf dieser Seite!)

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  • Taxifahrer

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    Die Agenda 2019 war insgesamt gesehen richtig und wichtig fürs Land. Schlecht für die SPD. Keine Frage. Am Ende ist die Frage, was wichtiger ist.

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  • Piedro

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    @Taxifahrer
    Ja, es gibt Menschen die sich darüber freuen, dass die Agenda 2020 dem Land den größten Niedriglohnsektor Europas bescherte, was Hr. Schröder schon in seiner erhellenden Davoz-Rede als Errungenschaft pries. Aber, wie Sie sagen, am Ende steht die Frage was wichtiger ist.

    Die mit der Agenda geschaffene Sozialgerichtsbarkeit, als Ersatz für die bisher zuständigen Verwaltungsgerichte, sind längst über die Grenze des Machbaren hinaus belastet. Hier arbeiten mehr Richter auf Probe als in jedem anderen Justizbereich, und jeder hat eine vorgegebene Schlagzahl zu erfüllen, will er eine reguläre Anstellung erreichen. Die Wartezeit für einen Prozess, der Ansprüche der Grundsicherung betrifft, beträgt in einigen Regionen mehr als zwei Jahre.

    Die ausufernde Bürokratie des Hartz-System verschlingt zusätzlich Summen, die sich jeder Vorstellung entziehen. Dabei wird derart mies gearbeitet, dass schlampig ein Euphemismus wäre. Die interne Revision des Referates II-b der Agentur für Arbeit ergab, dass 100% aller geprüften Eingliederungsvereinbarungen “einer rechtlichen Prüfung nicht stand halten”. Trotzdem sind sie verbindlich, wenn sie unterschrieben werden, oder einem Verwaltungsakt nicht widersprochen wird. Die gesetzlichen Regelungen sind derart kompliziert, dass es den wenigsten Betroffenen möglich ist sie zu verstehen, geschweige denn den Rechtsweg zu erkennen und zu beschreiten. Dabei sind nachweislich etwa 50% aller Bescheide falsch, zum Nachteil bedürftiger Bürger.

    Hinzu kommt eine Maßnahmenindustrie, die an den Erfordernissen vorbei mit Abermillionen gespeist wird, was der Rechnungshof regelmäßig rügt.

    Gelder, die für die Förderung von Erwerbslosen vorgesehen sind, gehen inzwischen zu mindestens 50% in das Verwaltungsbudget über. Gleichzeitig werden diese Gelder regelmäßig beschnitten.

    Die anfängliche Schröder-Behauptung, niemand wolle das Arbeitslosengeld auf Sozialhilfeniveau senken, hat sich leider bewahrheitet. Durch die Rechentricks der Merkel-Regierungen liegt das Niveau längst unter der ehemaligen Sozialhilfe.

    Die Unterdeckung von Millionen Bedarfsgemeinschaften ist seit Jahrzehnten Realität, aus verschiedenen Gründen, etwa unzureichend berechneten Energiekosten, Zuzahlung zu “unangemessenen” Mieten, Sanktionen etc.

    Die Rechtsvereinfachungen, alle mit SPD-Beteiligung installiert, verweigern es Betroffenen (nur im Rechtsbereich des SGB!) nach einem Jahr fehlerhafte Bescheide prüfen zu lassen.

    Die kleingetricksten Regelsätze wirken sich auch auf die Lohnsteuer aus, weil sich der Steuerfreibetrag u.a. daran orientiert.

    Aber D-Land ist Exportweltmeister. DAS ist wichtiger als alles andere.

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  • Piedro

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    Nach dem Schichtwechsel an der Parteispitze gefiel sich diese mit dem Vorschlag, durch einen für arme Kinder bestimmten Betrag eine auskömmliche Grundsicherung für Kinder zu ermöglichen. Das ist an Heuchelei kaum noch zu überbieten. Der Arbeits- und der Finanzminister könnten gemeinsam mit einem Federstrich das Kindergeld im Alg2-Bezug anrechnungsfrei stellen. So sieht es das SGB vor. Aber daran denken diese “Sozialdemokraten” nicht eine Sekunde. Sobald einer von diesen Funktionären sich über soziale Gerechtigkeit auslässt müsste der Blitz einschlagen. DAS ist das Problem der SPD, nicht nur die Fehler der Schröderzeit, sondern die Heuchelei, diese Fehler korrigieren zu wollen, und sich gleichzeitig zu weigern, das wenigstens zu versuchen. Die Glaubwürdigkeit ist längst verspielt, trotzdem schafft diese Partei es noch sich weiter zu schaden. Wenigstens das ist bemerkenswert.

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  • Piedro

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    Die Heuchelei einer Frau Nahles gab dem Tagesspiegel Gelegenheit, in diesem Artikel einige Fakten zu transportieren.

    https://www.tagesspiegel.de/politik/spd-und-agenda-2010-wie-koennte-eine-reform-von-hartz-iv-aussehen/23624388.html

    Zum Beispiel zur Fälschung der “Arbeitslosentatistik”, in der schon die SPD meisterhaftes leistete, als Komplizen der CDU jedoch überwältigendes. Die meisten Bürger ahnen nicht mal im Ansatz, wie viele Mitbürger aus dieser Statistik rausgerechnet werden, dazu ist kein Trick zu billig.

    Wenig bekannt sind auch die regelmäßigen Rügen von EU und sogar der UN an D-Land, das Hartzsystem betreffend.

    https://www.google.com/search?client=opera&q=rüge+eu+uno+sozial&sourceid=opera&ie=UTF-8&oe=UTF-8

    Es gab mal eine Zeit, da hatte sich die SPD “Chancengleichheit” auf die Fahnen geschrieben. Seit zwei Jahrzehnten wirkt sie tatkräftig mit, alles in diese Richtung zu konterkarieren.

    Das kann man sogar in der Commedy-Postille “Vorwärts” nachlesen, im Jahr 2018: https://www.vorwaerts.de/artikel/keine-chancengleichheit-deutschen-schulen

    Schröder ist nicht Schuld am Niedergang der SPD, jahrzehntelange, anhaltende Politik gegen die eigenen Wähler ist der Grund.

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  • Taxifahrer

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    Wie war die Situation vor der Agenda 2010? Wie hoch war die Zahl der Arbeitslosen? War das System mit der Sozialhilfe gut?

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  • Piedro

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    @Taxifahrer
    “Wie war die Situation vor der Agenda 2010?”

    Eine sehr unpräzise Frage.
    Das Jahr 2000 weist 3 889 695 Erwerbslose aus, davon 1508 707 in den neuen Bundesländern.
    2019 waren es 2 266 720 Erwerbslose, in Ostdeutschland 543 661.
    Ein Vergleich ist allerdings kaum möglich, da die statistischen Grundlagen sich mehrfach geändert haben. Inzwischen wird die Statistik um jeden bereinigt, der krank geschrieben ist, an einer Maßnahme, etwa Bewerbungstraining, teil nimmt, oder an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (1-Euro-Job), alle Erwerbslosen, die über 58 Jahre und länger als ein Jahr arbeitslos sind. Auch nicht eingerechnet sind Erwerbslose, die häusliche Pflege leisten und deshalb weniger als 15 Wochenstunden arbeiten könnten. Rund gerechnet sind das 1 Mio Menschen. Damit entspricht die Anzahl der Arbeitslosen von 2019 in etwa dem von 2000. Also kein großer Unterschied, was das angeht.

    Ein großer Unterschied besteht bei den Anspruchsvoraussetzungen. Vor der Hartz-Agenda bestand ein längerer Anspruch auf Arbeitslosengeld, der sich aus den Beitragsjahren zur Arbeitslosenversicherung ergab. Nun endet der Anspruch auf Alg1 nach einem Jahr. Anspruch auf Alg2 hat nur, wer ein geringes “Schonvermögen” hat, in das zB auch die private Rentenversicherung eingerechnet wird, wenn kein expliziter Verwertungsausschluss vereinbart wurde. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen der Wert einer Immobilie oder eines Autos willkürlich so hoch angesetzt wurde, dass ein Anspruch auf Hilfe negiert werden konnte. Wer da sucht findet einiges, was die Gerichte beschäftigt hat.

    Ein großer Unterschied besteht bei gesonderten Bedarfen, die durch die Sozialhilfe gedeckt wurden, wenn sie entstanden, um Notsituationen zu lindern. Im SGB ist dergleichen nicht mehr oder nur noch als Darlehen vorgesehehn, was im Anschluss zu einer jahrelangen Unterdeckung von regelmäßig 10% des Regelsatzes führt. In der Sozialhilfe wurde die Stromrechnung bezahlt, bei Alg2 wird ein pauschaler Satz gewährt, der seit Jahren unter den realen Kosten liegt.

    Für die Allgemeinheit gibt es gravierende Unterschiede. Die Kosten für das System aus Arbeitslosengeld, -hilfe und Sozialhilfe lag weit unter denen des heutigen Bürokratiemonsters. Fördermaßnahmen hat das Arbeitsamt angeboten und organisiert, heute bedienen die JC eine ausufernde, schweineteure Dienstleister-Industrie mit Angeboten, deren Sinnhaftigkeit regelmäßig den Rechnungshof beschäftigt.

    Die vom Verwaltungsrecht abgetrennte Sozialgerichtsbarkeit verschlingt Summen, die sich nicht erheben lassen. Die Überforderung dieser Gerichte, hervorgerufen durch ein nie dagewesenes Ausmaß an Schlamperei, Inkompetenz und Behördenwillkür steigt Jahr um Jahr. Wie gesagt: ca 50% rechtswidrige Bescheide, 100% nicht rechtmäßiger, aber verbindlicher Verträge nach der internen Revision der Agentur für Arbeit – das unterscheidet sich alles sehr von den Zeiten vor der Agenda. Ebenso die Lohnentwicklung, das Verhältnis von Vollzeit- zu Teilzeit- und Minijobs. Mit der Agenda haben sich die Eigentumsverhältnisse massiv verschoben. Dann ist da natürlich noch der Steuerfreibetrag für Erwerbstätige, der vorher nicht durch getrickst klein gerechnete Regelsätze beeinflusst wurde.

    Um Ihnen mal einen Überblick über die Unterschiede zu geben. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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  • Piedro

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    Das Problem der SPD, was die Zeiten “spannend” macht, ist schlicht Glaubwürdigkeit. Diese lässt sich nicht generieren, in dem mit dem rosa Koalitionsfinger auf Schröder gezeigt wird. Dazu braucht es glaubwürdige Politik, und die gibt es nicht. Cum-ex wäre eine Gelegenheit gewesen, ein wenig Glaubwürdigkeit zu generieren, aber was tat man? Verschleppen, verzögern, beihelfen. Das Personal für die Ermittlung der Cum-ex-Raubzüge betrug einen Bruchteil dessen, was gegen Alg2-Bezieher wegen Minimalbeträgen ermittelt. Gleichzeitig hat man, als braves Koalitionsschoßhündchen, auf euorpäischer Ebene gegen alles gestimmt, was Regulative der Wirtschaft betraf, oder des Umweltschutzes, hier sogar gegen klare Vereinbarung im Koalitionsvertrag (Glyphosat). Da leistet man sich auch locker einen Minister, der mit einer Privatbank kungelt, damit sich ihre Cum-ex-Beute nicht hergeben muss, es reicht ja regelmäßig Floskeln raus zu hauen und ggf Erinnerungslücken zu bedauern. Das hat parteiübergreifend Tradition und verfestigt sich zunehmend. Warum auch nicht? Mehr als die eigenen Pfründe zu sichern ist eh nicht mehr drin.

    Im Parteiorgan “vorwärts” wird das hohe Lied der Partei gesungen. “Freiheit, soziale Gerechtigkeit und solidarisches Handeln waren schon immer die Grundwerte der Sozialdemokratie.” Das ist für viele eine Lachnummer. Überschrieben ist dieser Kommentar mit “Die SPD muss auf Werte statt auf Zielgruppen setzen”. Das ist beinahe noch lustiger. Die einstige Zielgruppe “Arbeiter” wird gegen “Werte” getauscht, die nicht mal im Ansatz erkennbar sind. (https://www.vorwaerts.de/artikel/zurueck-erfolg-spd-werte-statt-zielgruppen-setzen)
    Ja, wir leben in spannenden Zeiten, aber der weitere Abstieg der SPD dürfte schlicht zu erwarten sein. Da kann sich die Basis noch so sehr bemühen, aufrichtig und entschlossen, werteorientiert und unbeugsam. Das macht die Partei nicht mal ein bisschen glaubwürdiger. Immerhin: bei der nächsten Bundestagswahl wird sie als Koalitionspartner nicht mehr attraktiv sein, weil von den Grünen überholt. Ob es den “Sozialdemokraten” danach noch gelingt, sich als solche zu profilieren, glaube ich persönlich nicht, aber die Ministerriege wird schon wissen wie es weiter geht – mit der eigenen Karriere.

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