11 Feb2013
Baumrodungen: Wo bleibt die Transparenz, Herr Schaidinger?
Benedikt Suttner: „Ein runder Tisch ist dringend nötig!“
Regensburg. Nach den massiven Abholzungen entlang von Donau und Kanal versuchten die Stadtspitze und das Wasser- und Schifffahrtsamt am Freitag mittels einer Pressekonferenz die Wogen der Entrüstung in der Bevölkerung zu glätten. Zwar gebe es keine Alternativen, dennoch müsse die Informationspolitik der Ämter in Zukunft verbessert werden und gemeinsam mit den Bürgern an der Sicherung der Qualität des Naherholungsgebiets im Westen gearbeitet werden, so der Tenor von Wasser- und Schifffahrtsamt und Stadt.
ÖDP-Stadtrat Benedikt Suttner äußert aus mehreren Gründen große Zweifel an der Nachdrücklichkeit dieser Äußerungen:
1. Das Wasser- und Schifffahrtsamt kennt spätestens seit den von ihnen im September 2011 durchgeführten Abholzungen an der Badstraße zur Stabilisierung der dortigen Ufermauern die wachsamen Augen der Regensburger Bevölkerung. „Jetzt zu sagen, man habe nicht mit einer derart emotionalen öffentlichen Diskussion gerechnet, befremdet. Im Nachhinein sprechen die Verantwortlichen gerne in Schlagworten wie „Bürger mitnehmen“, „Kommunikation verbessern“ und „gemeinsam etwas neues gestalten“. Die Zeit ist allerdings reif für schnellstmögliche umfangreiche und offene Information der Öffentlichkeit.“, so Benedikt Suttner. Hätte man die Maßnahme frühzeitig und in ihrem vollen Ausmaß öffentlich gemacht, hätten andere mögliche Alternativen in Betracht gezogen werden können. Herr Diesler vom Wasser- und Schifffahrtsamt Regensburg bestätigt ja selbst, dass es immer mehrere Lösungen gibt, also die Rodungen nicht gänzlich alternativlos waren. Zwar wurden die Fachbehörden der Stadt (Tiefbauamt, Umweltamt, Gartenamt) sowie das Wasserwirtschaftsamt informiert. Doch Umweltverbände wie der Bund Naturschutz oder der Landesbund für Vogelschutz wurden wohl außen vor gelassen.
2. „Ich habe keine Lösung parat, die ich dem Bund hätte vorschlagen können.“ Mit diesen Worten versucht sich OB Hans Schaidinger aus der Verantwortung zu stehlen, obwohl er seit Oktober 2012 in die Planungen eingeweiht war. Benedikt Suttner: „Wieso zieht unser Oberbürgermeister in einem solchen Fall keine externen Experten der Umweltschutzverbände, wie beispielsweise des Bund Naturschutz oder des Landesbundes für Vogelschutz, hinzu? Wieso informiert er nicht einmal den Stadtrat, geschweige denn die Öffentlichkeit, um mögliche Alternativen auf den Tisch legen zu können? Wieso gab es erst vor zwei Tagen eine städtische Pressekonferenz zu diesem Thema, nachdem die Rodungen bereits fast vollständig abgeschlossen waren?“ Schließlich holt sich die Stadt bei jeder schwierigen Baukonstruktion Rat von Ingenieuren und prüft notfalls mittels Gutachten mögliche Alternativen. Geht es jedoch um Zielkonflikte mit dem Umweltschutz und städtischen Papieren zur Ufer-Fluss-Landschaft, wird dieser Rat anscheinend gar nicht erst eingeholt.
3. „Mit dieser Erfahrung jetzt muss ich sagen, da müssen wir wesentlich mehr machen, um die Bevölkerung mitzunehmen, um sie zu informieren, um vor die Bevölkerung zu treten und zu sagen: Das muss leider sein, aber wir können gemeinsam etwas neues gestalten!“ Diese Worte sprach Herr Diesler am Freitag in die Videokamera der MZ.
Ein Rückblick: Im September 2011 wurden ad hoc Bäume an der Badstraße gefällt, um die dortige Mauer vor dem Abrutsch zu sichern. Auch damals hieß es, nach diversen Protesten in der Öffentlichkeit, als Amt müsse man seine Informationspraxis verbessern. Bis heute sind die betroffenen Gehwege gesperrt und die Badstraße nur als Einbahnstraße befahrbar. Diese Beeinträchtigungen, so hieß es stets, seien für die Zeitdauer von zwei Jahren bis zum Ende der Sanierung anberaumt. Bis heute wurde mit der Sanierung noch nicht begonnen und eine entsprechende umfangreiche Information der Öffentlichkeit lässt weiter auf sich warten.
„… wir können gemeinsam etwas neues gestalten!“ (Herr Diesler am 08.02.13 im MZ-Videointerview): Bis heute wird nicht gesagt, wie viel Geld für Ausgleichsmaßnahmen für die jüngsten Rodungen an den Dämmen veranschlagt wird und wann diese Maßnahmen durchgeführt werden. Statt dessen wird auf den Naturschutzbeirat verwiesen, der sich im März mit der Sache befasse. (Nebenbei bemerkt: Über die geplanten Rodungen wurde der Beirat nicht informiert, geschweige denn um Rat und Stellungnahme gebeten.) Ein Konzept für die Sicherung der Qualität der Naherholungsgebiete im Westen in Kooperation mit der Bevölkerung sieht anders aus.
4. Wieso wurde am 06.Februar von der Stadt eine Pressemitteilung verschickt und auf der städtischen Homepage veröffentlicht, in der von 9 zu fällenden Bäumen im Rahmen der Sanierung des Rampenbauwerks zur Steinernen auf Höhe der Lieblstraße die Rede war. Diese wurden inzwischen (wohl schon am selben Tag) vom Stadtgartenamt gefällt. Inzwischen findet man diese Pressemitteilung auf der städtischen Homepage nur noch abgeändert, aber ebenso auf den 06. Februar terminiert, wieder. Von Baumfällungen ist hierbei keine Rede mehr. Statt dessen sprach OB Hans Schaidinger am Freitag, also zwei Tage später, davon, dass die Kommunikation der Aktionen des Wasser- und Schifffahrtsamtes im Vorfeld besser hätte kommuniziert werden müssen, das in Zukunft verbessert werden müsse und er die kritischen Reaktionen der Bürger verstehe. An die eigene Nase fasst er sich anscheinend nicht. Sonst wäre es nicht zu erklären, dass über die besagten neun Baumfällungen (unabhängig davon, ob sie vermeidbar oder unvermeidbar waren) der zuständige Stadtratsausschuss in der Beschlussvorlage vom Dezember 2012 nicht informiert wurde und statt dessen am Tag der Fällung per städtischer PM die Öffentlichkeit kurz davon in Kenntnis gesetzt wird, bevor ein paar Tage später die PM im Nachhinein abgeändert und von der Baumfällinformation „befreit“ wird.
ÖDP-Stadtrat Benedikt Suttner resümiert: „Die Zeit drängt. Ein runder Tisch zur Thematik Baumbestand im Stadtgebiet, wie von uns vor zwei Wochen gefordert, ist dringend nötig. Alle beteiligten Akteure, auch die Naturschutzverbände sollten gemeinsam Alternativlösungen im Vorfeld diskutieren und abwägen können und dadurch für weitgehende Transparenz der Entscheidungen sorgen.“
Zur Information: Der Stadt Regensburg liegt seit Anfang vergangener Woche eine schriftliche Anfrage der ÖDP-Stadtratsfraktion um Information über Baumfällungen und getätigte Ersatzpflanzungen im letzten Jahr vor.