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Der Unternehmer Karlheinz Götz hat sich nach langem Schweigen zu seiner fragwürdigen Doktorarbeit geäußert. Die Zusammenfassung: Auch wenn nichts in Ordnung ist, soll alles in Ordnung sein. Die Universität Oviedo scheint zusätzlich ein veritables Eigeninteresse daran zu haben, die Causa Götz zu den Akten zu legen. Wir haben uns mit der Verteidigungsrede von Herrn Götz beschäftigt.

Von Robert Werner und Stefan Aigner

Mit dem Doktortitel einen Lebenstraum erfüllt: der Unternehmer Karlheinz Götz (rechts, bei der Verleihung der Runtinger-Medaille der Stadt Regensburg). Foto: Archiv/ Liese

Mit dem Doktortitel einen Lebenstraum erfüllt: der Unternehmer Karlheinz Götz (rechts, bei der Verleihung der Runtinger-Medaille der Stadt Regensburg). Foto: Archiv/ Liese

Die Affäre um den fragwürdigen Doktortitel des Unternehmers Karlheinz Götz scheint beendet – zumindest, wenn es nach der Mittelbayerischen Zeitung ginge. Wie berichtet, enthält Götz’ Doktorarbeit nach Recherchen von Regensburg Digital zahlreiche Plagiate und genügt in vielerlei Hinsicht nicht den Standards, die an eine Promotion anzulegen sind. Das Urteil von Experten, die sich bislang zu Wort gemeldet haben, ist einhellig eindeutig: „Karikatur eines Themas“, „grenzenloser Stuss“, „schamlos und skandalös“.

„Alles in Ordnung“? Eine sehr subjektive Lesart

Nach langem Schweigen haben Karlheinz Götz und sein Rechtsanwalt Dr. Ralf Seidl nun am 6. Februar gegenüber der MZ erstmals Stellung genommen. Götz’ Alma Mater, die spanische Universität Oviedo, bestätigt im selben Bericht interne Recherchen, die einige „Zeit in Anspruch nähmen“, weil sie „sehr komplex und kompliziert“ seien. Einen Tag später bereits konnte die MZ vermelden, dass diese zeitaufwändigen Recherchen bereits abgeschlossen seien und Oviedo mitgeteilt habe, mit der Arbeit sei „alles in Ordnung“. Diese Lesart der Stellungnahme aus Oviedo ist indes sehr subjektiv.

Die eigentliche Arbeit von Götz wurde nämlich überhaupt keiner Prüfung unterzogen. In der knappen Stellungnahme, die José Antonio Bron, Präsident der Universität Oviedo, gegenüber den Medien abgegeben hat, wird lediglich auf die Promotionsprüfung eingegangen. Götz habe seine Doktorarbeit vor einer ordentlichen Prüfungskommission verteidigt, heißt es darin. Darüber hinaus gebe es in der Bibliothek von Oviedo, wie vorgeschrieben, eine deutsche und eine spanische Version von Götz’ Arbeit. Und insofern sei alles in Ordnung, „todo correcto“.

Insider: „Universitäten haben erhebliches Eigeninteresse“

Die Süddeutsche Zeitung hatte indes bereits nachgewiesen, dass eine spanische Version der Arbeit erst Ende Januar, also kurz vor der Stellungnahme, Eingang in die Bibliothek von Oviedo gefunden hatte.

“Universität de Oviedo”. 470 Seiten, Kunstleder, Goldrand und Siegel: Für die Nationalbibliothek ließ Götz sich etwas Besonderes einfallen.

Ein Insider aus Spanien, zu dem unsere Redaktion Kontakt hat, vermutet zudem ein erhebliches Eigeninteresse der Universität Oviedo, die Ungereimtheiten in Zusammenhang mit der Doktorabeit unter der Decke zu halten. „Die unbedeutenden Provinzuniversitäten Oviedo, die außerhalb eines Umkreises von 100 Kilometern kein Mensch kennt, versuchen, sich mit Internationalisierung zu schmücken – nach dem Motto: Wir sind so gut, dass sogar die Deutschen zu uns kommen, um hier zu studieren“, sagt er. Es gehe dabei, das zeigten auch andere Fälle, weniger um Geld, als um einen vermeintlichen Prestige-Gewinn für die Universität.

Ohne ordentliches Studium keine Promotion

Entsprechend bleiben selbst die wesentlichen Fragen zum Promotionsverfahren unbeantwortet. Hat Götz ein ordentliches Promotionsstudium absolviert, insbesondere die vorgeschalteten sogenannten „Cursos de doctorado“? Und wie oft und wie lange war er deshalb in Spanien?

Der Umfang solcher Kurse beträgt laut der Gewerkschaft Erziehung Wissenschaften (GEW) insgesamt nicht weniger als 320 Stunden. Ein ordentliches Promotionsstudium dauert fünf Jahre. Ohne diese Kurse und daran anschließende in Spanisch abgehaltene Prüfungen absolviert zu haben, darf man nicht zur Promotion. Doch weder von Götz noch aus Oviedo erfährt man dazu etwas. Götz versteift sich gegenüber der MZ lediglich darauf, dass er zum Zwecke der Verteidigung seiner Arbeit nach Oviedo geflogen sei und dass sein Sohn dies sogar gefilmt habe.

Ob Götz ein ordnungsgemäßes Promotionsstudium mit Vorkurs und Prüfungen tatsächlich absolviert hat, ist denn auch von zentraler Bedeutung. Denn nur dadurch hätte er die unerlässliche Voraussetzung für die deutsche Anerkennung des Doktortitels über das ANABIN-Verfahren erlangt. Und genau hier scheint es gravierende Unregelmäßigkeiten gegeben zu haben, die weiterhin einer Aufklärung harren. Bislang ist nach Einschätzung unserer Redaktion davon auszugehen, dass Götz seinen Doktor-Titel in Deutschland , wenn überhaupt, allenfalls mit einem Hinweis hätte führen dürften: „Dr. phil (Universität Oviedo)“.

Ein Zitat ist ein Zitat ist ein Zitat…

Auch darüber hinaus lohnt es, sich der Stellungnahme von Götz gegenüber der MZ im Detail zu widmen.

„Er habe nicht zitiert, ohne die Quelle zu nennen.“

MZ, 06.02.14

Mit dieser Feststellung hat Götz selbstverständlich recht, auch wenn es sich dabei um eine Nullaussage handelt, die auch lauten könnte: „Ich habe zitiert, wenn ich zitiert habe.“ Ein Zitat definiert sich durch Hervorhebung der entsprechenden Textstelle vermittels Anführungszeichen sowie durch die Angabe der entsprechenden Quellen. Und Götz zitiert häufig, sogar seitenlang. Dabei setzt er korrekt Anführungszeichen oben und unten und gibt dazu die Quelle an. Abzuschreiben, ohne dies kenntlich zu machen oder eine Quelle anzugeben hingegen wäre natürlich etwas anderes. Das nennt man Plagiat.

Ein Plagiat ist ein Plagiat

„Er habe nicht abgeschrieben, stellte der Unternehmer per Telefon aus Kanada der MZ gegenüber fest. (…) Was den Plagiats-Vorwurf angeht, so sind sich Götz und sein Anwalt ihrer Sache sicher. ‘Wir hätten nichts dagegen, wenn das überprüft wird. Aber wir rechnen nicht damit,’ sagte Seidl (sein Rechtsanwalt, Anm. d. Red.).“

MZ, 06.02.14

Diese Aussage von Götz ist entweder Ausdruck eines gravierenden Realitätsverlustes, oder schlicht gelogen. Wie Regensburg Digital mehrfach im Detail überprüft und nachgewiesen hat, hat Götz sich bei diversen Autoren des Handbuchs des Bayerischen Bildungswesens bedient und dies in keiner Weise kenntlich gemacht. So z.B. aus einem Aufsatz des emeritierten Professors Dr. Walter Fürnrohr, der die Arbeitsweise von Götz als „schamlos und skandalös“ bezeichnete. Ähnlich erging es den Autoren Margarete Oldenburg und Karl Ernst Maier, wie folgende Darstellung eindeutig bezeugt.

Zum Vergrößern anklicken. Zusammenstellung: Robert Werner

Zum Vergrößern anklicken. Zusammenstellung: Robert Werner

Und es gibt weitere Betroffene, deren Arbeiten Götz ausgeschlachtet hat. Dem Vernehmen nach prüft derzeit der Autor einer betroffenen Doktorarbeit, ob er gegen Götz urheberrechtlich vorgehen kann.

Der Unternehmer Götz hat ohne Kenntlichmachung passagenweise und zum Teil kapitelübergreifend abgeschrieben, dabei nur geringfügig umformuliert und die Forschungen anderer als eigene Gedankengänge ausgegeben. So definiert sich, auch laut mehrerer Gerichtsentscheidungen, ein Plagiat.

Aus ehrenwerten Motiven in Spanien promoviert?

„Gerade wegen der wirtschaftlichen Verknüpfungen mit heimischen Universitäten, die häufig Kunden des Götz’schen Gebäudereinigungsunternehmens sind und im Fall der Uni Regensburg auch Nutznießer der finanziellen Unterstützung des Stifters Götz, habe sich der damalige Firmenchef ja entschlossen, nicht in Regensburg oder einer Uni in der Nähe zu promovieren, erklärte Anwalt Seidl.“

MZ, 06.02.14

Dass Götz bei seinem Verlangen, den Doktorgrad zu erlangen, nicht von seinen unternehmerischen Verbindungen profitieren wollte, hört sich honorig an. Leider ist das, falls überhaupt, nur ein Teil der Wahrheit. In jedem Fall erscheint es etwas realitätsfern.

Die Ausbildung reicht nicht für eine deutsche Promotion

Seine Ausbildung zum Lehrer hat Götz Ende der 60er Jahre an der Pädagogischen Hochschule (PH) Regensburg abgeschlossen. In einem einschlägigen Pädagogik-Handbuch (Pädagogik aktuell. Lexikon pädagogischer Schlagworte und Begriffe, 3 Bände, hrsg. von Gerhard Wehle, Kösel-Verlag, München, 1973.) heißt es dazu:

„In Bayern sind die PH seit dem Lehrerbildungsgesetz von 1958 institutionell selbständige Einrichtungen der Universitäten und haben durch Gesetzesnovelle 1970 das Promotions- und Habilitationsrecht erhalten; zugleich wurde bestimmt, daß sie bis 1.8.1972 in die Landesuniversitäten einzugliedern sind.“

Kurz gesagt bedeutet das: Mit seiner Ausbildung hätte Götz an einer deutschen Universität überhaupt nicht promovieren dürfen. Dass die Qualität seiner in Oviedo angenommenen Doktorarbeit deutschen Standards ohnehin nicht genügt hätte, wie mehrere Professoren gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt haben, spielt dabei nur noch eine untergeordnete Rolle.

Götz redet nur mit der MZ

Unsere Redaktion hat Kontakt zu Götz’ Rechtsanwalt Dr. Ralf Seidl aufgenommen, und ihm vorab detaillierte Fragen zugestellt. Das daran anschließende längere Gespräch blieb allerdings ohne Ergebnis. Nachdem die Universität Oviedo die Akte geschlossen habe, sehe Karlheinz Götz keinen Anlass, sich weiter zu äußern, so Seidl. Und weil Herr Götz sich über das Vorgehen von Regensburg Digital wie auch der Süddeutschen Zeitung „unglaublich geärgert“ habe, sei die Mittelbayerische Zeitung ohnehin das einzige Medium, gegenüber dem er bereit sei, sich zu äußern.

Wer die Recherchen der MZ und deren Fazit betrachtet, mag ahnen, warum.

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