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Rettet die SPD das Asylrecht?

Asylmissbrauch von Staats wegen

„Asylmissbrauch – Was sind die Folgen?“ – ein etwas irreführender Veranstaltungs-Titel für das, was Mahmoud Al-Khatib sagen möchte: Das Asylrecht wird nach Meinung des Integrationsbeauftragten der Bayern-SPD von staatlichen Stellen missbraucht. Ein Vortrag von ihm in Regensburg erinnert sehr an eine Wahlkampfveranstaltung mit großen Versprechungen – das Publikum fragte sich, ob diese auch eingehalten werden können.
Kam selbst als Flüchtling nach Deutschland: Mahmoud Al-Khatib. Foto: Böhnlein

Kam selbst als Flüchtling nach Deutschland: Mahmoud Al-Khatib. Foto: Böhnlein

Der Jurist Mahmoud Al-Khatib war als Kind selbst Asylbewerber und ist nun seit Oktober 2012 Integrationsberater von Christian Ude. Dies will die Bayern-SPD auch als Zeichen dafür verstanden wissen, dass man sich verstärkt der Integrations- und Asylpolitik widmen werde. Al-Khatib hat das Eckpunktepapier der SPD zur Integrations- und Asylpolitik in Bayern mit erarbeitet. Das Thema soll ein Schwerpunkt im Landtagswahlkampf werden.

„Den Missbrauch begeht der Staat“

Über die Asylpolitik der SPD sprach Al-Khatib letzte Woche im gut gefüllten Leeren Beutel. „Asylmissbrauch – Was sind die Folgen?“ lautete die Frage des Vortrages, der von den Regensburger Jusos organisiert wurde. Das Schlagwort „Asylmissbrauch“ hört man sonst eher aus der rechten Ecke. Al-Khatib möchte die Bedeutung des Begriffs umkehren. Das verfassungsmäßige Asylrecht werde nicht durch die Flüchtlinge, sondern durch den Staat bzw. staatliche Institutionen missbraucht, sagt er. Al-Khatib nennt die aktuellen Zustände für Flüchtlinge in Deutschland menschenverachtend. Leben in „Gemeinschaftsunterkünften“, Arbeitsverbot, Beschränkung der Bewegungsfreiheit: Immer wieder führt das zu Selbstmorden, wie vor gut einem Jahr bei Mohamed Rahsepar in Würzburg. Die psychischen Folgen sind durch verschiedene Untersuchungen belegt. „Asylbewerber sind keine Sozialschmarotzer“, sagt Al-Khatib. Sie werden durch Arbeitsverbot zum Nichtstun gezwungen. Integration sei so fast unmöglich. Die SPD verspricht für den Fall eines Wahlsieges Verbesserungen.

Auch die SPD höhlte das Asylrecht aus

Das ursprünglich uneingeschränkte Asylrecht für politische Flüchtlinge wurde im Laufe der Zeit immer weiter eingeschränkt – endgültig nach den Pogromen in Rostock Lichtenhagen mit dem Asylkompromiss 1993. Al-Khatib gibt zu, dass die Zustimmung der SPD zu diesem Kompromiss damals ein großer Fehler war. Als er später gefragt wird, warum dieser Fehler nicht schon unter der Regierung von Gerhard Schröder als solcher erkannt und rückgängig gemacht wurde, bleibt Al-Khatib nur zu sagen, dass sich die Bayern-SPD jetzt dem Thema angenommen habe und dass ein Fehler erst schlimm sei, „wenn man ihn ein zweites Mal macht“. Die Anerkennung als Flüchtling wird seit dem Asylkompromiss fast unmöglich gemacht. Unter anderem durch die sogenannte sichere Dritt-Staaten-Regelung wird jeder pauschal abgelehnt, der durch einen anderen, als sicher geltenden Staat gekommen ist. Fluchtgründe werden in solchen Fällen nicht einmal geprüft. Daraus resultiert auch die niedrige Anerkennungsquote von 1,2 Prozent im vergangenen Jahr.

„Wenigstens aus Egoismus“

Die SPD trete für Gleichberechtigung und die Würde des Menschen ein, „unabhängig von seiner Leistung und wirtschaftlichen Nützlichkeit“, zitiert Al-Khatib zunächst das Hamburger Programm der SPD von 2007. Später allerdings stellt er doch darauf ab, wie nützlich die Einwanderer sein könnten: Er meint, man solle wenigstens aus Egoismus für bessere Bedingungen für Flüchtlinge eintreten. Unsere Gesellschaft überaltere, Fachkräfte fehlen: Diese Lücke könnten Einwanderer, egal ob Flüchtlinge oder andere Migranten, füllen. Bei der späteren Diskussion steht insbesondere dieser Punkt in der Kritik. Vermeintliche Nützlichkeit dürfe keine Rolle spielen, heißt es mehrfach. Unsere Gesellschaft solle ja auch alte und kranke Menschen unterstützen. Al-Khatib stimmt dem Publikum zu, bleibt aber bei seiner Argumentation. Nicht jeder sehe das so. Und wenn man manche sich nicht vom Argument „Menschlichkeit“ überzeugen ließen, dann vielleicht „aus Egoismus“.

Warum ist Sarrazin noch in der SPD?

Immer wieder wurde in Deutschland gegen Ausländer und speziell gegen Flüchtlinge gehetzt. Die Hetze sei immer dann besonders schlimm gewesen, wenn es besonders viele Asylbewerber gab, so Al-Khatib. So kam es Anfang der 90er Jahre zu den Anschlägen in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen. Am lautesten polemisiert und gehetzt hat in der Vergangenheit aber just ein SPD Mitglied. Auf die Frage aus dem Publikum, weshalb Thilo Sarrazin noch Mitglied in der SPD sei, kann Al-Khatib nur mit der üblichen Phrase antworten: Eine demokratische Partei müsse dies aushalten können. Ein Ausschluss sei irrelevant – die Partei müsse sich mit den „menschenverachtenden Thesen“ auseinandersetzen. Aber es wird nachgehakt: Sarrazin sei kein einfaches Mitglied. Unter anderem war er sieben Jahre Finanzsenator in Berlin. Weshalb habe er angesichts seiner bekannten Positionen derart aufsteigen können – in einer Partei, die sich laut eigener Aussage für Menschenwürde, Gleichberechtigung und für die Integration von Flüchtlingen einsetzt? Al-Khatibs Antwort bleibt knapp: damit müsse man sich auseinandersetzen. Mehr sagt er nicht.
Sozialbürgermeister Wolbergs möchte, dass Kommunen freiwillig zusätzliche Asylbewerber aufnehmen. Geht Regensburg mit gutem Beispiel voran? Foto: Böhnlein

Sozialbürgermeister Wolbergs möchte, dass Kommunen freiwillig zusätzliche Asylbewerber aufnehmen. Geht Regensburg mit gutem Beispiel voran? Foto: Böhnlein

Joachim Wolbergs, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Regensburg und hiesiger Sozialbürgermeister, möchte keine Diskussion um Kompetenzen führen sondern handeln. Große Worte in seiner kleinen Rede zum Schluss. Vorwürfe aus dem Publikum, die Stadt Regensburg würde nichts unternehmen, um die Situation der hier untergebrachten Flüchtlinge zu verbessern, weist Wolbergs entschieden zurück. Der Stadtrat habe sich schließlich mit Vorschlägen an den Bayerischen Städtetag gewandt um die Situation von Flüchtlinge zu verbessern. Wolbergs spricht von einem gemeinsamen Antrag von CSU und SPD aus dem Jahr 2009. Eine Resolution für die Abschaffung der Lagerpflicht hat er damals ausdrücklich nicht unterstützt.

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