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Vor dem Landgericht Regensburg fordert am Freitag ein Mann „Gerechtigkeit für Gustl Mollath“ und erhält viel Zuspruch. Wie groß der Skandal tatsächlich ist, muss sich indes erst zeigen. Fest steht allerdings: Die Zahl der Insassen in geschlossenen Psychiatrien steigt ebenso wie deren Verweildauer. Und nicht jeder Fall rückt so in den Fokus der Öffentlichkeit.
Helmut Nachtigall fordert: "Wiederaufnahmeverfahren sofort."

Helmut Nachtigall fordert: “Wiederaufnahmeverfahren sofort.”

Den Tag für seine Ein-Mann-Demo hat sich Helmut Nachtigall gut ausgesucht – wenn auch zufällig. Während Nachtigall mit einem großen Plakat vor dem Regensburger Landgericht steht und „Freiheit und Gerechtigkeit für Gustl Mollath“ fordert, wird in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung ein zentraler Punkt auseinandergenommen, mit dem Mollaths Gemeingefährlichkeit und seine daraus resultierende Unterbringung in der Psychiatrie begründet wird: seine vermeintliche Reifenstecherei. Das Landgericht Nürnberg hatte es 2006 als erwiesen angesehen, dass Mollath insgesamt 129 Autoreifen so perforiert haben soll, dass die Luft erst bei der Fahrt entwichen ist.

Darstellung „schlicht unwahr“

Die SZ schreibt dazu am Freitag:
„Der Regensburger Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl hat diesen Tatvorwurf in einem Entwurf für den Wiederaufnahmeantrag inzwischen regelrecht zerpflückt. Meindl kommt angesichts der Aktenlage zu der Bewertung: Für die Behauptung der besonders perfiden Art des Reifenzerstechens finde sich ‘nicht die geringste Stütze in der Beweisaufnahme’. Und sie entspreche auch nicht ‘den tatsächlichen Gegebenheiten’.“
Die Darstellung in dem Urteil von 2006 sei „schlicht unwahr“. Für Nachtigall, der sich seit zwei Jahren mit dem Fall Mollath beschäftigt, kommt dies nicht sonderlich überraschend. „Ich bin Laie, aber ich habe mich viel informiert und viel diskutiert. Es ist offensichtlich, dass hier gemauschelt wurde.“ Nicht Mollath, sondern Justizministerin Beate Merk sei es, die in die Psychiatrie gehöre.

Daumen hoch von Radlern, Busfahrern und der Polizei

Mit seiner Sicht der Dinge ist Nachtigall am Freitag nicht allein. Zwar stellt sich niemand länger zu dem 65jährigen, um mitzudemonstrieren, doch der nach oben gestreckte Daumen kommt von Bus-, Auto- und Radfahrern, die an ihm auf der Kumpfmühler Straße vorbei rauschen. Immer wieder bleiben Passanten stehen, um kurz mit Nachtigall zu plaudern. Selbst von Polizeibeamten aus einem Streifenwagen kommen zustimmende Gesten. Das spornt an. Am nächsten Dienstag und Donnerstag will Nachtigall wieder vor dem Gerichtsgebäude stehen. Für den aus Günzburg stammenden Nachtigall war das Buch von Wilhelm Schlötterer über die verbrecherischen Machenschaften eines Franz Josef Strauß („Macht und Missbrauch“) Anlass, sich intensiv mit dem Fall Mollath auseinanderzusetzen. Es hat sein Vertrauen in den Staat sichtlich erschüttert. „Oh mein schönes Bayernland. Wie tief bist Du seit Ministerpräsident Goppel doch gesunken?“, steht auf seinem Transparent. Gleich darunter: Werbung für das Schlötterer-Buch. Es ist, als ob ein generelles Misstrauen gegen die Justiz, gegen Gutachter („Schlechtachter“, schreibt Nachtigall auf seinem Transparent.), geschlossene Psychiatrie oder einfach „gegen die da oben“ im Fall Gustl Mollath zusammenläuft. Und nicht nur im Internet schießen die Verschwörungstheorien darüber ins Kraut, dass Mollath doch nur in der Psychiatrie gelandet sei, weil er unglaubliche Schwarzgeld-Geschäfte aufgedeckt habe. Wie groß der Skandal am Ende tatsächlich sein wird, wird das nun beantragte Wiederaufnahmeverfahren zeigen. So es denn stattfindet. In „wenigen Wochen“ will das Landgericht Regensburg über die Anträge der Staatsanwaltschaft und von Mollaths Verteidiger Gerhard Strate entscheiden.

Immer mehr Menschen landen in der Forensik

Was allerdings bislang noch nicht wirklich in den Fokus der Medien und der Öffentlichkeit gerät: Mollath ist nicht der erste und ganz bestimmt nicht der einzige Mensch, der möglicherweise zu Unrecht auf unbestimmte Zeit – sieben Jahre sind es mittlerweile – in der geschlossenen Psychiatrie gelandet ist. Allerdings hat nicht jeder das Glück, eine so breite Öffentlichkeit zu erreichen. Seit den 90ern hat die Zahl der Untergebrachten im sogenannten „Maßregelvollzug“ kontinuierlich erhöht. Statt Gefängnisstrafe mit fester Dauer wird wegen verminderter Schuldfähigkeit nach §63 die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie („Forensik“) angeordnet – und die kann dauern. 2012 saßen nach Angaben des statistischen Bundesamts zufolge fast 7.000 Menschen nach Straftaten in der Forensik. Und ebenso wie die Zahl der Insassen steigt auch deren Verweildauer – derzeit durchschnittlich sieben bis acht Jahre. Bayern gehört mit fast 2.400 Menschen in der Forensik zu den Spitzenreitern nach Nordrhein-Westfalen.

Ilona H.: Statt sechs Monaten Haft, Psychatrie für unbestimmte Zeit

Eine von ihnen ist etwa die Regensburgerin Ilona H.. Die heute 56jährige soll nach Überzeugung der Gerichte ihre Nachbarin zwei Mal mit einem Einkaufswagen im Supermarkt gerammt haben. Ausfluss eines Jahre währenden Nachbarschaftsstreits. Das Amtsgericht Regensburg verurteilte die arbeitslose Sozialpädagogin zunächst zu sechs Monaten Haft. Auf Basis eines in Teilen offenkundig fehlerhaften Gutachtens, das Ilona H. ein „paranoides Wahnsystem“ attestiert und sie als „gefährlich für die Allgemeinheit“ einstuft, verfügte schließlich das Landgericht Regensburg ihre Unterbringung in der Forensik (ein Bericht aus dem Jahr 2008). Dort sitzt sie seit mittlerweile sechs Jahren. Ohne Schuld- oder Krankheitseinsicht, anders ausgedrückt: ohne jeden Therapieerfolg. Und damit für unabsehbare Zeit, bei Kosten von rund 100.000 Euro pro Jahr.
65jähriger meldet Demo an

Protest vor Landgericht: „Gerechtigkeit für Gustl Mollath“

„Eigentlich bin ich gar kein so kritischer Mensch“, sagt Helmut Nachtigall. Und auch öffentliche Auftritte sind nicht so seine Sache. Trotzdem hat der 65jährige für den morgigen Freitag eine Kundgebung angemeldet – Motto: „Gerechtigkeit und Freiheit für Gustl Mollath“. Ab 10 Uhr will er vor dem Gerichtsgebäude an der Kumpfmühler Straße stehen.

Der öffentliche Raum ist nicht für jeden da

Kaufhof-Chef fordert: Neupfarrplatz soll punker-frei werden

In der Regensburger Altstadt ist viel Platz: für Auto-Ausstellungen, jedweden Werbestand, für Segways und Touristen-Rudel. Manche aber passen da nicht rein. Sie stören das Stadtbild und die Geschäfte. Der Galeria Kaufhof-Chef Ralf Kammermeier hat nun im Sicherheitsbeirat der Stadt gefordert, Punker vom Neupfarrplatz zu verbannen. Bürgermeister Gerhard Weber scheint bereits Vergrämungs-Methoden in petto zu haben.

Versuchter Mord durch Unterlassen?

„Es wäre besser, wenn er aus Siegenburg wegziehen könnte“

Es ist schwer zu begreifen: Der 22jährige Mann – nennen wir ihn Markus M., den ein Schläger-Trio 2012 durch Siegenburg geprügelt und anschließend der Kälte einer Februar-Nacht überlassen haben soll, muss weiter neben der Großmutter von zweien seiner Peiniger wohnen. Als ALG II-Empfänger und in seiner momentanen Verfassung ist es ihm derzeit kaum möglich, eine neue Wohnung zu finden. Weil die Miete zu hoch ist, wird sie zudem vom Amt nicht in voller Höhe übernommen.

Trio prügelt jungen Mann durch Siegenburg

„Die schwule Sau durchs Dorf getrieben“

Weil sie ihn für schwul hielten sollen drei junge Männer einen vierten verprügelt, getreten und unter Beschimpfungen durch den Ort getrieben und ihn schwer verletzt in der Kälte zurückgelassen haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen versuchten Mord durch Unterlassen vor. Beim Prozessauftakt am Freitag gab es viele Versionen der Wahrheit. Selbst das Opfer wirkte nicht glaubwürdig.

Gastbeitrag

Regensburger bei Blockupy-Demo: „Wir wurden in eine Falle gelockt“

Am Sonntag sollte in Frankfurt am Main die große Abschlussdemonstration der Blockupytage stattfinden. Geplant und auch gerichtlich genehmigt waren eine Blockade im Bankenviertel. Doch von den mindestens 7.000 Menschen, die an den kapitalismuskritischen Protesten teilnahmen, wurden unmittelbar nach Beginn etwa 900 durch die Polizei über mehrere Stunden eingekesselt. Mitglieder des Sozialistisch Demokratische Studentenverbands (SDS) Regensburg waren direkt im „Antikapitalistischen Block“ dabei. Wir veröffentlichen ihren (von der Redaktion leicht überarbeiteten) Bericht.

Stadt gibt Entwarnung unter Vorbehalt

Regensburg gegen Hochwasser: „Es steht sechs zu eins“ (Bericht und Video)

Hans Schaidinger gibt vorsichtige Entwarnung. Das Hochwasser scheint im Moment seinen höchsten Punkt erreicht zu haben. Der Einsatzstab lobt die Einstellung und Zusammenarbeit der betroffenen Anwohner. Die bleiben selbst in der völlig überfluteten Werftstraße gelassen und loben die Helfer.

Warten auf die Scheitelwelle

Hochwasser: Höchststand am Dienstag Vormittag

Am frühen Dienstag Morgen hielten die Dämme noch. Der Scheitelpunkt des Hochwassers wird nun am Vormittag erwartet. Trotz Katastrophenalarm besteht kein Grund zur Panik. Die herrscht aber bei den Betroffenen vor Ort ohnehin nicht. Alle Infos der Stadt Regensburg im Detail.

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