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Die Lehrerin Elly Maldaque – sie starb am 20. Juli 1930. Opfer einer inhumanen, intoleranten und gleichgültigen Regensburger Gesellschaft in der heraufdämmernden Nazizeit.	Foto: pmWarum Regensburg sich an den Tod von Elly Maldaque erinnern sollte Ein Opfer der Nazis war Elly Maldaque nicht. Aber Nazis – NSDAP-Mitglieder – bespitzelten die Lehrerin im Auftrag der Regensburger Polizei. Ermordet wurde Elly Maldaque nicht – vermutlich. Sie starb am 20. Juli 1930 mit nur 36 Jahren – in Zwangsjacke, unter Beruhigungsmitteln und zwangsernährt in der Irrenanstalt Karthaus. Ihr Vater – ein religiöser Fanatiker – und ein Amtsarzt, der sie nach einem Nervenzusammenbruch kurzerhand als „selbst- und gemeingefährlich” abstempelte, hatten für Maldaques Einlieferung gesorgt. Der Regensburger Arzt Dr. Corde, der sie dort sofort in die Abteilung für schwerste Fälle steckte und eine Kontaktsperre verhängte, hat ihr Sterben minutiös in bestem Bürokratendeutsch aufgezeichnet. Es dauerte neun Tage. Bis zu ihrer Einlieferung war Elly Maldaque allem Anschein nach körperlich völlig gesund gewesen. Nicht einmal einen Monat zuvor war sie, wenige Tage vor ihrer Verbeamtung, nach 17 Jahren als Lehrerin an der Von-der-Tann-Schule, gegen die Proteste von Eltern entlassen worden und stand – alleinstehend – völlig mittellos da. Ihre Entlassung verdankte sie dem Schulreferat Regensburg, das sich bei der Regierung dafür eingesetzt hatte, weil Elly Maldaque Menschen kannte, die Kommunisten waren. Grund genug, in eine „Bürokratie der Vernichtung” zu geraten, die ihrem Sterben gleichgültig zusah. Ein Vortrag von Evelin Rebentrost im Evangelischen Bildungswerk.
Gotthold Streitberger von der BI Asyl: „Der Bezug ist da.” Asylbewerber gehören heute zu den Opfern von Gleichgültigkeit.Evelin Rebentrost: „Gleichgültigkeit, Intoleranz und Inhumanität waren die Eckpfeiler für Elly Maldaques Tod.”	Fotos: Aigner
Die Maschinerie, in die Elly Maldaque geriet, gibt es auch noch heute Eine Hans-Herrmann-Schule hat Regensburg. Bei Elly Maldaque hat es bislang nicht einmal für eine Straße gereicht. Ein entsprechender Antrag der FDP-Stadträtin Elke Wollenschläger für das Neubau-Gebiet Burgweinting wurde 1985 von der CSU abgelehnt – Begründung: Elly Maldaque war ein Opfer, aber nicht bedeutend genug, um ihr eine Straße zu widmen. Bedeutend war dagegen Hans Herrmann. Der war nicht nur Oberbürgermeister Regensburgs in den 50ern, sondern auch Bürgermeister während der Nazizeit. Die Schule, an der Elly Maldaque 17 Jahre lang unterrichtete, ist nach General Ludwig von der Tann benannt – aktiv im 19. Jahrhundert. Auch bedeutend – damals. Initiativen, die Schule nach Elly Maldaque umzubenennen blieben erfolglos. Immerhin erinnert dort mittlerweile eine Gedenktafel an die Lehrerin, der ihr Interesse für die falsche politische Gesinnung zum Verhängnis wurde. Sie wurde von Nazis bespitzelt – im Auftrag der Polizei. Ihre Wohnung wurde durchsucht. Man fand nichts, kopierte aber ohne ihr Wissen Auszüge aus ihrem Tagebuch. Aus Überwachungsprotokollen und Auszügen privater, emotionaler und schwärmerischer Aufzeichnungen wurde eine vermeintliche „falsche” Gesinnung konstruiert. Es folgte die Entlassung im Juni 1930 mit Verlust aller Ansprüche. Einige Tage versuchte die 36jährige noch sich zu wehren und musste verarbeiten, das sie stand als Alleinstehende nun völlig mittellos war, zurück zu ihrem religionsfanatischen Vater ziehen musste und über Monate hinweg überwacht worden war. Grund genug, einen Nervenzusammenbruch zu erleiden. Grund genug, sie quasi für verrückt zu erklären? Für einen Regensburger Amtsarzt offenbar schon. Sie landete in Karthaus – der Irrenanstalt. Nach neun Tagen starb sie dort unter bis heute ungeklärten Umständen. Nicht Nazis, „Gleichgültigkeit, Intoleranz und Inhumanität” seien „die Eckpfeiler” des Todes von Elly Maldaque gewesen, so das Fazit von Evelin Rebentrost. Die Lehrerin am Gymnasium Neutraubling hat bereits vor geraumer Zeit zusammen mit Schülerinnen und Schülern ein Theaterstück inszeniert. Titel: „Elly Maldaque – eine Zerstörung”. Zerstört worden sei Elly Maldaque durch die Gleichgültigkeit und aktive Mitwirkung von Regensburgern, Behörden und Einzelpersonen. Die Regensburger Polizei, Dr. Corde von der Irrenanstalt Karthaus, einem Rechtsanwalt Weinmann, der sie wegen eines emotionalen Ausbruchs in seiner Kanzlei der Polizei übergab, einem Schulamt, das auf Basis von Gesinnungsschnüffelei die Entlassung von Elly Maldaque vorantrieb. „Sie war Regensburgerin und Regensburger haben ihr das angetan”, betont Evelin Rebentrost am Mittwochabend mehrfach. Doch nicht nur in ihren Augen ist das bedeutend genug, um Elly Maldaque ein würdiges Andenken zu gewähren. Auch die zahlreichen Anwesenden im vollen Saal des Evangelischen Bildungswerks sehen das so. Einige engagieren sich. Seit geraumer Zeit gibt es eine Initiative zur Umbenennung des Unitheaters in Elly-Maldaque-Theater – die stößt auf den Widerstand des Studentenwerks, trifft aber auch das Unverständnis der meisten Theatergruppen an der Uni und ist vielen Studenten bislang unbekannt. Über 500 Unterschriften für eine Umbenennung gibt es dennoch, doch das Sammeln läuft zäh. Von den Anwesenden im Bildungswerk gibt es größtenteils Zustimmung für die Aktion des Künstlers Kurt Raster. Fast noch mehr Anklang findet der Vorschlag, es doch noch einmal mit der Von-der-Tann-Schule zu versuchen. Immerhin haben sich die Mehrheiten im Stadtrat mittlerweile geändert. Vielleicht auch die Denkweise. „Jeder wird fragen, warum diese Schule so heißt.” So bliebe der Name Elly Maldaques ebenso im Gedächtnis wie ihr Schicksal, glaubt Evelin Rebentrost. Warum diese Erinnerung nicht nur als späte Wiedergutmachung an Elly Maldaque, „Bitte um Vergebung” nennt es Rebentrost, wichtig ist, sondern ganz aktuell, weiß Gotthold Streitberger. Er engagiert sich seit über 20 Jahren bei der BI Asyl für Flüchtlinge und erzählt vom Schicksal einer türkischen Familie – einer Mutter mit ihren beiden Söhnen. Asylbewerber. 2006 stand bei den dreien die Polizei in Begleitung eines Amtsarztes aus Neumarkt vor der Tür. Ein Sohn, der bereits zwei Selbstmordversuche unternommen hatte, wurde „wegsortiert”, so Streitberger. Die Mutter und der zweite Sohn seien in den Polizeibus gesteckt „gefesselt” zum Flughafen nach Düsseldorf gebracht worden. Die Frau fiel in Ohnmacht. „Transportfähig” befand der Amtsarzt. Sie verletzte sich kurz vor der Ankunft in Düsseldorf selbst. Der Amtsarzt verließ den Ort des Geschehens. Nur weil das Flugzeug nach Istanbul wegen der Wetterbedingungen nicht starten konnte, wurden Mutter und Sohn zurück nach Regensburg gebracht – ins Bezirksklinikum. Im Herbst 2007 stand der zweite Versuch zur Abschiebung an. Die Ärzte, von denen die türkische Frau während der zurückliegenden Zeit betreut worden war, sollten außen vor bleiben. Erneut wurde der Amtsarzt aus Neumarkt gerufen, um über ihre Transportfähigkeit zu befinden. Die Frau erlitt einen Zusammenbruch. Trotzdem: Es habe viel Mühe gekostet, um diesen Arzt zu verhindern. Streitberger: „Der Bezug zu heute ist da. Man muss nicht Nazi sein, um unmenschlich und gleichgültig zu handeln.” Eigentlich ein Grund, der bedeutend genug sein sollte, um an Elly Maldaque zu erinnern. Die Reihe des Evangelischen Bildungswerks zu Elly Maldaque wird am 4. April fortgesetzt.

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