Alle in einem Boot – das ist das Motto, unter dem heute Studierende, aber auch Lehrer, Schüler und Dozenten in Regensburg auf die Straße gingen, um gegen die aktuellen Kürzungspläne der schwarz-gelben Staatsregierung zu demonstrieren. Bis zu 7.000 sollen es nach Polizeiangaben gewesen sein.
Alle in einem Boot – dieses Motto gilt bereits seit mehreren Wochen. Selten war die Berichterstattung über die Studiproteste derart breit und wohlwollend. Unternehmen springen als Sponsoren in die Bresche, Solidaritätserklärungen der Regensburger Abgeordneten trudeln täglich in den Redaktionen ein. Alle in einem Boot – das scheint auch an der Uni Regensburg selbst zu gelten. Dort haben Rektor Thomas Strothotte und die Studis erst kürzlich den demonstrativen Schulterschluss vollzogen. Bei der Semester-Eröffnungsparty konnte Strothotte sich gar als „Superrektor“ feiern und auf den Schultern der Studis tragen lassen. Alle in einem Boot – dieses Bild setzt sich am Mittwoch fort. Wenigstens fast. Erneut wird Strothotte bejubelt, als er am Domplatz ans Mikro tritt und die dort von der Polizei gezählten 4.000 Demonstranten begrüßt. „Treffen Sie eine vernünftige Entscheidung“, sagt Strothotte an die Staatsregierung gerichtet. Allein der Uni Regensburg drohen im kommenden und übernächsten Jahr 3,7 Millionen Euro an Kürzungen. Dabei bewege man sich ohnehin nur auf dem Finanzniveau von 2004. „Seitdem ist die Uni um 1.500 Studierende gewachsen und wir hatte neun Prozent Inflation.“ Im kommenden Jahr drängt der doppelte Abiturjahrgang an die Hochschulen. „Wir können keinen Ausbau ohne Grundausstattung leisten“, ruft Strothotte und hält demonstrativ seinen Geldbeutel in die Luft. Doch noch sei nichts beschlossen, habe ihm der Wissenschaftsminister versichert. Im Dezember wird die Staatsregierung abschließend darüber beraten, ob die Kürzungen kommen werden. „Geben wir ihnen eine Chance, das bleiben zu lassen“, ruft Strothotte unter Applaus. „Alle in einem Boot“, dachte sich wohl auch der CSU-Landtagsabgeordnete Franz Rieger, der ebenfalls ans Mikro tritt. Mut bescheinigen ihm dafür fast alle übrigen Redner. Immerhin gehört Rieger zu denen, die für die Sparbeschlüsse verantwortlich sind. Daran ändert auch ein Dringlichkeitsantrag für mehr Studienplätze bei Abschaffung der Wehrpflicht, den Rieger mit 28 anderen Abgeordneten in der CSU-Fraktion eingebracht hat zunächst einmal nichts. Der Zuspruch der Studis bleibt denn auch mäßig – laute „Buh“-Rufe, „Lügenmaul“ oder „Heuchler“ schlagen Rieger entgegen. „Als die Opposition ihre Anträge gegen die Sparpläne gestellt hat, ist auch Ihre Hand unten geblieben“, erinnert Florian Eckert (Grüne). Margit Wild (SPD), die sich ebenso wie Tanja Schweiger (Freie Wähler) und Richard Heigl (Linke) mit den Studenten solidarisch erklärt, bezeichnet Riegers Auftritt als „dreist und unverschämt“. Ansonsten allfällige Einigkeit, Solidarität und Stolz darüber, dass Regensburg „Spitzenreiter“ bei den bayernweiten Demonstrationen war – in Würzburg gingen 3.500, in München 500 Demonstranten gegen die Sparpläne auf die Straße. Etwas Wasser in den Wein der Harmonie gießt der Student Sascha Collet, letzter Redner des Tages. „Alle in einem Boot – wer sind denn alle?“, fragt Collet, dem die aktuelle Forderung nach einem Stopp für die aktuellen Sparpläne nicht weit genug geht. „Bildungsproteste sind immer auch Krisenproteste.“ Er sitze in einem Boot mit Schülern, Lehrern, Arbeitslosen und allen, die unter der verfehlten Finanz- und Bildungspolitik in Land-, aber auch Bundestag zu leiden haben im selben Boot, so Collet. „Wer aber Studiengebühren gut findet und jetzt nur gegen diese Kürzungen auf die Straße geht, der ist nicht mein Freund und Partner.“ Eine Aussage, für den Collet ebenso viel Applaus erhält, wie zuvor Rektor Strothotte, auf den dieser Vorwurf unter anderem gemünzt sein dürfte.Autor Archiv
Kreuzbraves Haberfeldtreiben
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