„Ich habe Regensburg nicht geschadet“
Ein Oberbürgermeister umgeben von einem Rudel Journalisten: Wie jedes Jahr war der Besuch im Regensburger Presseclub für Hans Schaidinger ein Heimspiel – voll Charme, Späßchen und ein ab und an wenig Verdrehen der Tatsachen.
Für den einen ist es ein Kabelbaum, für den anderen das witzigste Ablenkungsmanöver der Welt: Hans Schaidinger referiert über Kultur. Fotos: as
„Ich habe immer die Wahrheit gesagt.“
„Ich habe niemandem Honig ums Maul geschmiert.“
„Ich habe Regensburg ganz bestimmt nicht geschadet.“
Es war der vorletzte Auftritt von Hans Schaidinger im Regensburger Presseclub. Zumindest in seiner Rolle als Oberbürgermeister. Und dem OB macht es sichtlich Spaß, sich seine Zeit mit den anwesenden Medienvertretern und Honoratioren zu vertreiben. Mal lässt er seinen Charme spielen, mal macht er ein Späßchen, mal schweigt er oder verdreht ein wenig die Wahrheit, ohne wirklich zu lügen. „Wir können gerne noch weitermachen. Ich habe Zeit“, sagt er, als nach über zwei Stunden die Neugier und der Jagdeifer des Journalistenrudels ermatten.
Dabei hätte er noch so viel zu sagen: Zu Studiengebühren (findet er gut), zur Gebietsreform, darüber wie der „vor Geld stinkende DFB“ die dritte Liga verkommen lässt und zu manch anderen Dingen, bei denen ein Oberbürgermeister zwar nichts zu entscheiden, aber durchaus eine Meinung hat. Das ist ebenso kurzweilig und amüsant wie belanglos.
Doch selbstverständlich geht es auch um Regensburger Themen und darum, was Hans Schaidinger in den zurückliegenden 17 Jahren seiner Oberbürgermeisterschaft richtig gemacht hat. Kurz gesagt: alles.
Ein paar Schlaglichter.
Hans Schaidinger über…
…ein neues Stadion
Das Fußballstadion, das nun gebaut werden soll, könnte es – wäre es nach Schaidinger gegangen – schon lange geben. „Ich bin derjenige, der 2001 gesagt hat, Regensburg braucht ein neues Stadion.“ Doch der Verein habe das nicht gewollt. Dennoch ließ Schaidinger in weiser Voraussicht schon mal die notwendigen Grundstücke kaufen und als er 2007 damit fertig war, sorgte er dafür, dass beim Jahn alles in Ordnung kam. Dass der SSV Jahn nun nicht mehr insolvent gehen kann, dass da endlich mal professionell gearbeitet wird und überhaupt „alles gerichtet“ ist – dafür „habe ich gesorgt“.
Nun kann – ab 2014 – gebaut werden und so „Fußball auch nördlich von München und östlich von Nürnberg zu einem wirtschaftlichen Thema machen und damit ermöglichen, dass es auch zu einem sportlichen wird“. Und wenn die Kirche nun demnächst eine Diskussion über Sinn und Unsinn eines Fußballstadions veranstalten wolle, dann meint er nur: „Gott sei Dank haben sich die Regensburger im Mittelalter nicht gefragt, ob sie einen Dom brauchen – sonst hätten wir nämlich keinen.“ Der ebenfalls anwesende Bischofssprecher Clemens Neck trägt’s mit Fassung. Auf Spekulationen, was aus dem „wertvollen Grundstück“ werden solle, auf dem sich das alte Stadion befindet, reagiert der OB empfindlich: Bereits seit drei Jahren sei klar, dass dort eine Schule entstünde (60 Prozent der Fläche) und einen Teil die Brauerei Bischofshof für notwendige Erweiterungen erhalte (15 Prozent). „Auf dem Rest der Fläche entstehen Wohnungen. Und die werden öffentlich ausgeschrieben.“
Nahmen Hans Schaidinger in die Zange: Ruth Stellmann und Josef Pöllmann.
…Kultur und so
Die Kirche im Dorf lassen solle man auch bei Kritik an der städtischen Kulturförderung. Keiner, der zu ihm komme und etwas beantrage, werde da einfach abgewiesen. Die Medien dürften aber nicht immer nur auf jene schauen, „die am lautesten schreien“, so Schaidinger. „Wir fördern jeden, der Förderung verdient.“ Der Kulturentwicklungsplan (KEP) sei ein leuchtendes Beispiel für Bürgerbeteiligung in diesem Bereich. Dann hält Schaidinger eine kleines buntes Teilchen in die Höhe, spricht von einem künstlerisch verfremdeten Blumenstrauß, outet diesen schließlich unter dem Gelächter der Anwesenden als Kabelbaum und wechselt ohne weiter behelligt zu werden das Thema – weg von der Kultur, hin zu einem Thema, das ihm mehr behagt: der Wirtschaft.
Dass die verantwortliche Mitarbeiterin für den KEP vor geraumer Zeit entnervt aus dem Kulturamt auf eine niedriger dotierte Stelle in einen anderen Bereich der Stadtverwaltung gewechselt ist, redet Schaidinger später auf Nachfrage klein. Dass es Probleme im Kulturamt – der städtischen Behörde mit der höchsten Personalfluktuation überhaupt – gebe, bestreitet er. Und dass die anfänglich enthusiastische Beteiligung am KEP mittlerweile Frustration und Kritik gewichen ist, weil unter Ägide des Kulturreferenten die Arbeitsgruppe Musik von Anfang privilegiert wurde, will der Oberbürgermeister nicht wahrhaben. Da sei alles mit rechten Dingen zugegangen. Da brauche sich niemand beschweren. Die Verzögerungen seien normal. In sechs Wochen werde man der Öffentlichkeit erste Ergebnisse vorlegen. Bislang hat man eine öffentliche Diskussion über den Kulturentwicklungsplan erfolgreich vermieden. Tatsächlich wurden Protokolle von Arbeits- und Planungsgruppen zum KEP nachträglich geändert, um die intensive einseitige Einflussnahme des eigentlich als unabhängig ausgegeben Kulturreferenten zu verschleiern.
…bezahlbaren Wohnraum
Wenn man in andere Städte schaue, dann sehe man, so Schaidinger: „Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist keine spezifisches Regensburger Thema.“ Das sei eben der Fluch der wirtschaftlichen Prosperität. Und man dürfe diese Diskussion auch nicht falsch führen, so der OB. Eine Kontroverse bringe nichts. Das Thema sei vielschichtig, kompliziert und auf allen Ebenen müsse etwas verbessert werden. Da seien alle gefordert und letztlich müssten doch alle an einem Strang ziehen. Er deutet vieles an, führt wenig aus und gibt zu verstehen: Ich weiß, was ich mache und das ist richtig. Regensburg könne da eh kaum was machen. „Das eignet sich nicht für populistische Debatten.“
…die CSU
Dass Hans Schaidinger Christian Schlegl für den besten OB-Kandidaten hält, den die CSU kriegen kann, ist nun wirklich nichts Neues. Das hat er bereits vor einem Jahr im Presseclub verkündet und er wiederholt es auch dieses Mal. „Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“, so der OB. Und Schlegl schmeckt in den Augen des Oberbürgermeisters nun mal am leckersten. Ob die CSU „diesen relativ einfachen Gedanken so einfach denken kann“, wisse er nicht. Das schmerze, aber da könne man nicht viel machen. Überhaupt die Regensburger CSU: Da verweist Schaidinger auf den Ursprung der Spaltung in zwei verfeindete Lager im Jahr 2007. Die Zeit, in der die „guten Schwarzen“ gegen die „bösen Braunen“ in ihren eigenen Reihen vorgegangen sein wollen. Diese Lesart verbreitete seinerzeit Hans Schaidiger und dies publizierte auch das Gros der Medien. Undifferenziert. Unhinterfragt. Einseitig. Dass diesem plötzlichen Antifaschismus in der CSU ein Machtkampf zugrunde lag, dass die Vorwürfe der so genannten „Rechtslastigkeit“ seit über zehn Jahren bekannt waren und die CSU in den 90ern noch in trauter Eintracht die Zeitung „Die Woche“ erfolglos verklagt hatte, weil diese braunen Saufpartys der JU und manch anderes öffentlich gemacht hatte, interessiert Schaidinger nicht. Damals wie heute. Dass die schließlich als „böse Braune“ aus der Partei geschiedenen Thomas Fürst und Gero Kollmer – um die populärsten zu nennen – bis 2007 nicht bekämpft, sondern sogar gefördert und mit guten Listenplätzen bedacht wurden, wird auch am Donnerstag von niemandem hinterfragt. Und wenn Schaidinger am Ende erklärt, man solle doch mal genauer über den CSU-OB-Kandidaten-Favoriten Jürgen Linhardt recherchieren und auf Fragen nach dem „Warum“ und „Worüber“ keine Antwort gibt, dann ist das nichts anderes als der Versuch eine Kampagne anzuzetteln, ohne sich selbst die Hände schmutzig zu machen oder Position zu beziehen.
…Politiker und Demokratie
Ein „leidenschaftlicher Kommunalpolitiker“ sei er, sagt Schaidinger. Und die Regensburger könnten sich bis zum letzten Tag seiner Amtszeit darauf verlassen, dass „ich unerbittlich für meine Stadt kämpfe“. Täglich von sechs bis 23 Uhr, wie er mehrfach erwähnt. Ehrlich und sachlich sei er immer gewesen, nicht immer populär und schon gar nicht populistisch. Das sei auch nicht die Aufgabe eines Politikers, sondern: „Richtige Entscheidungen populär zu machen.“ Er habe ein „altes griechisches Verständnis“ von Demokratie: Wer Entscheidungen treffe, müsse dafür legitimiert sein, diese Entscheidung anschließend auch verantworten und das sei nirgends so gut verwirklicht wie im Kommunalen. „Da stimmt jeder Stadtrat namentlich ab.“ Und spätestens bei der nächsten Wahl müsse er die Konsequenzen dafür tragen. Apropos Wahl: Da sollten sich mal alle nicht so sicher sein, wer nächster Oberbürgermeister werde, denn auch wenn „Joachim Wolbergs schon seit vier Jahren Wahlkampf macht“ und mittlerweile als konkurrenzloser Favorit gelte, solle man sich überlegen, dass 1995 wohl noch niemand gedacht habe, dass der Oberbürgerbürgermeister ein Jahr später Hans Schaidinger heißen würde.