Aus dem Redaktionstagebuch (5/18)
Stell Dir vor, es ist Bürgerbeteiligung und keiner kriegt es mit: Dass fast 40 Prozent nie etwas von dem Beteiligungsprozess zur Neugestaltung des Areals rund um den Bahnhof gehört haben, ist wohl das bemerkenswerte Ergebnis der Bürgerbefragung.
Irgendwie scheint es in Regensburg einfach zu schön zu sein, um sich für die Niederungen kommunaler Politik zu interessieren. Man jammert erst, wenn die Baugrube ausgehoben ist. Am Mittwoch hat die Stadt alle Zahlen zur umstrittenen Fragebogen-Aktion vorgelegt. Und mal so gesagt: Es war nicht alles schlecht.
Außerdem im Tagebuch: Crowdfunding fürs „Füllgut“, Crowfunding für uns – und ein erboster Kommentator.
Bürgerbefragung bringt tatsächlich Ergebnisse
Drei Monate nach Abschluss der viel kritisierten Bürgerbefragung zur Neugestaltung des Areals zwischen Hauptbahnhof und Maxstraße präsentierte die Stadtspitze am heutigen Mittwoch die Ergebnisse bei einer (von viel Eigenlob begleiteten) Pressekonferenz. Und tatsächlich – obwohl die Fragen den Regensburgern nur wenig Entscheidungsmöglichkeiten bei den drei Großprojekten Busbahnhof, Stadtbahn und – natürlich – RKK ließen, gibt es doch einige interessante Erkenntnisse.
Zum Ersten: Trotz breit angelegter städtischer Werbekampagne, mehrerer öffentlicher Ideenwerkstätten und Berichterstattung in allen Regensburger Medien erfuhren knapp 40 Prozent der Regensburger erst von der Möglichkeit der Beteiligung, als der an alle Haushalte verschickte Fragebogen in ihrem Briefkasten lag. Ein Ergebnis, das in vielerlei Hinsicht nachdenklich stimmt. Interessieren sich die Regensburger so wenig für ihre Stadt? Haben die hiesigen Medien so wenig Reichweite? Wie kann man die Leute dann überhaupt noch erreichen? Immerhin gibt dieses Ergebnis der Fragebogen-Aktion – aller Kritik zum Trotz – eine gewisse Berechtigung.
Zum Zweiten: 73 Prozent der Regensburger halten es für „wichtig“ oder „sehr wichtig“ dem Bus-, Rad- und Fußgängerverkehr rund um den Bahnhof Vorrang vor dem Pkw-Verkehr zu geben und diesen einzuschränken. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie oft in dieser Stadt gemosert wird, weil man nicht quer durch die Altstadt fahren und direkt vor der Galeria Kaufhof parken kann.
Drittens: Das Kultur- und Kongresszentrum bleibt ein Reizthema. Auf immerhin fast 750 Fragebögen gab es dazu Anmerkungen oder es wurden separate Schreiben zum RKK beigelegt. Neben den Anmerkungen zur Gestaltung der Fragebögen – hier gab es über 800 Zuschriften an die Stadt – war der Komplex „Stadthalle“ damit der Punkt, bei dem sich die meisten Bürgerinnen und Bürger zusätzliche Mühe gemacht haben, um der Stadt etwas mitzuteilen. Insgesamt erhielt die Stadt über 4.500 Anmerkungen, Kommentare und Zuschriften in Zusammenhang mit der Befragung.
Viertens: 13 Bürgerinnen und Bürger haben der Stadt Regensburg über die Satire-Postkarten von „Touristifikation Regensburg“ entweder ihre Zustimmung, erweiterte Zustimmung oder vollumfängliche Zustimmung zu einem RKK signalisiert – wie auch immer man das deuten mag.
Fünftens: Die Stadt sieht die Ergebnisse der Befragung als Auftrag für weitere Planungen. Und auch wenn man den Aussagen bei der Pressekonferenz „nichts priorisieren“ wolle, wurde auch klar: Bevor nicht der Zentrale Omnibusbahnhof fertig geplant ist, wird auch in Sachen RKK nichts voran gehen. Ungeachtet dessen soll der Stadtrat am 22. Februar beschließen, nun endgültig einen auf 99 Jahre laufenden Erbpachtvertrag für das Areal des Wirsing-Baus am Ernst-Reuter-Platz abzuschließen, um dort irgendwann das Kultur- und Kongresszentrum zu errichten.
Die Präsentation der Ergebnisse durch die Stadt Regensburg gibt es hier als PDF zum Download.
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Crowdfunding für das „Füllgut“
Ein gutes Jahr gab es das „Füllgut“ in der Alten Manggasse in Regensburg: Vom Deo über das Müsli bis hin zur Zahnpasta konnte man sich hier unverpacktes in mitgebrachte (oder dort erhältliche) Behältnisse abfüllen lassen, um so Verpackungsmüll zu vermeiden. Precycling nennt man das. Nun schließt der Inhaber – aus persönlichen Gründen, wie es heißt. Die Regensburgerin Jasmin Simmel will das nicht hinnehmen, das „Füllgut“ retten und selbst weiter betreiben. Auf der Plattform „Startnext“ hat sie eine Crowfunding-Kampagne ins Leben gerufen, um die notwendigen 25.000 Euro zusammenbekommen, die ihr für die Ablöse fehlen. Hier gilt alles oder nichts: Wenn die Summe zusammenkommt, wird abgebucht und ausgezahlt, ansonsten ist die Kampagne gescheitert. Unten ein Video, mit dem Jasmin Simmel für ihr Vorhaben wirbt – hier geht es zur Crowdfunding-Seite. Der Countdown läuft noch 19 Tage.
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Kommentare
Kaum schreibt man über eine Moschee zieht das neue Kommentatoren an, wie Motten das Licht, schnell geht es um Flüchtlinge im Allgemeinen, die AfD und die Islamisierung des Abendlands. Der Ton wird rauer und irgendwann muss man eingreifen. Wir lassen da ja Einiges zu – so lange es nicht offenkundiger Schwachsinn oder eindeutig unwahr, beleidigend, rassistisch oder strafrechtlich relevant ist. Schließlich herrscht ja Meinungsfreiheit – innerhalb gewisser Grenzen, die das Gesetz oder normale Umgangsformen eben so vorgeben. Die Grenzen sind immer mal fließend, aber irgendwann wird eben gelöscht.
Ein Kommentator, der schon geraume Zeit hart an der Grenze entlang gesurft ist, und den wir schließlich nicht mehr freischalten, schreibt uns erbost wegen unserer „Zensur“ an. Mit freiem Journalismus habe unser Forum nichts zu tun. Stimmt schon: das sind die Kommentare. Wir sollten doch einen neutralen Moderator beschäftigen. Dann könnten wir unsere Zugriffe locker binnen kürzester Zeit verfünffachen. Was er damit meint, finden wir durch den Hinweis eines Lesers heraus. Der erzürnte Kommentator schreibt auch regelmäßig unter den Artikeln der Hetzseite „Politically Incorrect“. Unter anderem meint er dort, man solle abgeschobene Asylbewerber doch unter der Tragfläche eines Flugzeugs festschnallen und sie überm Mittelmeer ausklinken.
Sorry – so „neutral“ sind wir leider nicht, auf die Klicks, die „Politically Incorrect“ mit solchen Schwachköpfen für sich erzeugt, können wir gerne verzichten und was den Vorwurf der „Zensur“ betrifft: Wir sind nicht der Staat, das Internet ist groß und auf unserem Blog haben wir das Hausrecht.
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Förderverein
Apropos Crowdfunding und Meinungsfreiheit. regensburg-digital finanziert sich zu über 60 Prozent über Leserinnen und Leser, die freiwillig regelmäßig oder einmalig Spenden an unseren „Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt“ überweisen. Dieses Budget bestimmt auch unseren Output und um mal ganz unbescheiden zu sein – dafür, dass wir hier monatlich nur eine mittlere vierstellige Summe umsetzen, mit der wir all das finanzieren, ist unser Angebot nicht schlecht. Wir bezahlen sogar immer pünktlich alle unsere Rechnungen – im Gegensatz zu dem Veranstalter und Hobby-Verleger Peter Kittel, der in seinem Werbeblättchen gern über dieses Spendenmodell herzieht. Langer Rede kurzer Sinn – hier ist die Kontonummer:
Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14750900000000063363
BIC: GENODEF1R01
Wir bedanken uns für jedwede Unterstützung.
eingeborener
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Was mir fehlt, ist ein Kommentar zum Kommentar von Eckl im Wobla 7.2., indem er unter der Überschrift “warum gerade bei uns ?” zur Demonstration von Kurden gegen die türkische Invasion in Afrin meint, die Kurden sollten doch in der Türkei ihre Konflikte mit den Türken lösen. Zynischer geht’s nimmer: sich in der Türkei beim demonstrieren von der Polizei zusammen schlagen und einsperren lassen ? Oder gleich im afrin von türkischen panzern, geliefert von der BRD, totschiessen lassen? Für Dr Ecklhaft kein Problem, Hauptsache er hat seine Art Frieden hier.
Schmarrn hoch drei
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Die Bürger der Südstadt werden durch diese Massnahmen (RKK usw) von der Innenstadt abgehängt.
Giesinger
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Zitat vom Chef:
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“Der Ton wird rauer und irgendwann muss man eingreifen. Wir lassen da ja Einiges zu – so lange es nicht offenkundiger Schwachsinn oder eindeutig unwahr, beleidigend, rassistisch oder strafrechtlich relevant ist. Schließlich herrscht ja Meinungsfreiheit – innerhalb gewisser Grenzen, die das Gesetz oder normale Umgangsformen eben so vorgeben. Die Grenzen sind immer mal fließend, aber irgendwann wird eben gelöscht.
Ein Kommentator, der schon geraume Zeit hart an der Grenze entlang gesurft ist, und den wir schließlich nicht mehr freischalten, schreibt uns erbost wegen unserer „Zensur“ an. Mit freiem Journalismus habe unser Forum nichts zu tun. Stimmt schon: das sind die Kommentare. Wir sollten doch einen neutralen Moderator beschäftigen. Dann könnten wir…”
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Frage an den Chef:
Darf man wissen, wer der Kommentator ist bzw. war?