Angeklagter versetzt Richterin und fährt mit Geschädigter in Urlaub
Am Donnerstag blieb die Anklagebank neben dem Verteidiger leer. Denn anstatt vor dem Amtsgericht Regensburg zu erscheinen, befand sich der Beschuldigte auf dem Weg in den Urlaub – zusammen mit seinem mutmaßlichen Opfer.
Normalerweise sei er in solchen Fällen eher humorlos, sagt Staatsanwalt Konstantin Voges. Doch hier mache er einmal eine Ausnahme und verzichte darauf, den Angeklagten beim nächsten Mal von Beamten vorführen zu lassen. Das sei ja vermutlich eh nur eine „Eskortierung pro forma“ und die Beamten hätten sicherlich besseres zu tun, vermutet Voges.
Vorwurf: Räuberische Erpressung
Es ist Donnerstagvormittag. Im Sitzungssaal 102 des Regensburger Justizgebäudes hat soeben Amtsrichterin Andrea Costa Platz genommen. Neben ihr die beiden Schöffen und die Schriftführerin. Voges ist in Vertretung der Anklage anwesend. Ihm gegenüber mit leicht schmunzelndem Gesicht sitzt Rechtsanwalt Johannes Büttner. Alles ist bereitet, um das Strafverfahren gegen einen Regensburger zu beginnen. Wäre da nicht der leere Platz neben dem Rechtsanwalt. Denn wo kein Angeklagter, da auch kein ordentliches Verfahren.
Eigentlich hätte sich der Mann aus Tegernheim unter anderem wegen des Vorwurfs der räuberischen Erpressung verantworten und bestenfalls seine Sicht zu den Vorfällen zwischen Juni und August letzten Jahres schildern sollen. Der Geschädigten soll er damals wiederholt gedroht haben. Auch eine falsche Unterstellung über den ökonomischen Zustand des Unternehmens der Frau steht im Raum.
Gemeinsamer Urlaub statt Prozess
In jenem Unternehmen, in dem der Mann wohl selbst zeitweise angestellt war und in dem es im Juni dann, in der Chronologie der Anklageschrift, erstmals zwischen den beiden gekracht haben soll. Kurzzeitig soll der Ende 30-Jährige sogar ein Firmenfahrzeug beschlagnahmt haben.
Doch die genauen Hintergründe zu den einzelnen Vorwürfen – darunter auch Beleidigungen gegen Polizisten – und wie die beiden wieder zueinander gefunden haben, bleiben am Donnerstag erst einmal unbekannt. Denn der Angeklagte und sein mutmaßliches Opfer befinden sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Weg in den gemeinsamen Urlaub.
Angeklagter wohnt jetzt beim Opfer
Allzu erfreut über diesen nicht ganz alltäglichen Vorfall wirkt die Richterin nicht. Fast ein wenig entschuldigend erklärt Büttner, er habe seinen Mandanten erst am Abend zuvor endlich erreicht, um ihn eigentlich nur noch einmal an den Termin tags darauf zu erinnern. „Er erklärte mir dann, dass er keine Vorladung erhalten hat.“
Schon die Zustellung der Anklage hatte sich laut der Richterin schwierig gestaltet. An der angegebenen Wohnadresse konnte der Angeklagte Anfang des Jahres nicht mehr angetroffen werden. Er war da bereits wieder bei der Geschädigten eingezogen.
„Einfach nur verbummelt“
Wo genau diesmal aber die Vorladung hängen geblieben ist, kann Büttner Donnerstagvormittag auch nicht erklären. Er zeigt sich allerdings überzeugt, dass sein Mandant den Termin tatsächlich „einfach nur verbummelt“ habe und sich dem Verfahren keinesfalls entziehen wolle. „Der ist halt jetzt gerade irgendwo im Urlaub und deshalb nicht da.“ Eine polizeiliche Vorführung sei daher nicht geboten. Auch Richterin Costa will noch einmal Gnade walten lassen, erlegt dem Abwesenden aber die Kosten des Verfahrens auf.
Wo genau das glückliche Paar die gemeinsamen Urlaubsstunden verbringt, das ist nicht bekannt. Das Verfahren wird nun demnächst neu angesetzt werden.
Daniela
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Klingt irgendwie nach’Rosenkrieg’….
Nichts desto trotz, ärgerlich für alle, die beteiligt waren und zum Termin erschienen sind.
Christian
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“Fahrzeug beschlagnahmt” klingt lustig
Fabian
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Mir fehlt bei dem Artikel irgendwie Kontext.
Wenn ich die dargelegten Fakten betrachte, sieht das für mich nach so einem Fall aus, bei dem ein mutmaßlicher Täter über Gewalt (phys./psych.) den Gehorsam des mutmaßlichen Opfers erzwingt.
Falls dem nicht so ist, würde ich das gerne im Text wiederfinden. Ist ja immerhin ein Offizialdelikt.