19 Okt2012
Kult-Kneipe vor dem Aus
Alte Filmbühne: Lässt die Uni sich noch umstimmen?
Der Pachtvertrag mit der Alten Filmbühne soll nach dem Willen der Universitätsleitung nicht verlängert werden. Das wäre das Aus für eine 30 Jahre alte Institution. Doch mittlerweile gibt es eine breite Welle der Solidarität – auch von den Studierenden.
Ende September machte Stadtrat Jürgen Huber (Grüne) öffentlich , dass die Alte Filmbühne im universitätseigenen „Haus der Begegnung“ keinen neuen Pachtvertrag bekommen und im Februar schließen soll. Das Aus für eine 30 Jahre alte Institution, in der man noch Musik abseits von MTV, Viva und Gong FM hören kann, wo man sich aufhalten kann, ohne zu konsumieren und wo das Bier noch zu einem erschwinglichen Preis zu bekommen ist.
Karin Griesbeck hat die Filmbühne vor 30 Jahren mit vier Kompagnons in der Engelburgergasse gegründet. 1995 zog man ins „Haus der Begegnung“. Und seitdem finden hier nicht nur Fachschaftsfeste, Feiern von Austauschstudenten oder Poetry Slams statt. Hier haben auch spätere Größen wie die Gebrüder Teichmann ihre ersten Gehversuche gewagt.
Schon vor einem dreiviertel Jahr hat Griesbeck einen langen Brief an Uni-Kanzler Dr. Christian Blomeyer geschrieben und Angebote unterbreitet, wie man das Pachtverhältnis denn doch noch verlängern könnte – ein besserer Schallschutz, höhere Pacht, die Beteiligung der Filmbühne an Umbaumaßnahmen. „Eine Antwort haben wir nicht bekommen“, sagt Griesbeck. Stattdessen kam die Kündigung. „Anscheinend will Herr Blomeyer nicht mit uns reden.“
„Der Vertrag läuft ganz regulär zum 16. Februar aus“, sagt Universitätssprecher Alexander Schlaak. Das sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Das Gebäude werde nun saniert. Und danach ist laut Schlaak eines klar: „Ein gastronomischer Betrieb ist definitiv ausgeschlossen.“ Da gebe es auch keinen Gesprächsbedarf mit Filmbühnen-Chefin Karin Griesbeck. Der Pachtvertrag laufe mit einer Brauerei Thurn und Taxis. Und da habe man bereits alles Notwendige besprochen. „Wir wollen für unsere Gäste im Haus eine optimale Infrastruktur bereitstellen“, so Schlaak.
Doch warum will die Universität partout keine Verlängerung des Pachtvertrags und verzichtet damit jährlich auf einen mittleren fünfstelligen Betrag?
Über Beschwerden wegen Lärm – in den etwa 20 Wohnungen darüber sind Gastdozenten untergebracht – ist auch Schlaak „nichts Nennenswertes“ bekannt. Zahlreiche Veranstaltungen in der Filmbühne werden von Studierenden organisiert und veranstaltet. Und die Universität selbst weiß nicht einmal, was sie in dem 180 Quadratmeter großem Gewölbe unterbringen will. „Das müssen wir erst abklären“, so Schlaak. Vielleicht ein Cip-Pool, vielleicht Tagungsräume, vielleicht ein Fahrradkeller – irgendwas, bloß keine Kneipe.
Die Diskussion um die Alte Filmbühne ist mittlerweile allerdings zu weit mehr geworden als einem Zwiegespräch zwischen Pächter und Verpächter. In zahlreichen Lokalen liegt eine Petition für den Erhalt der Alten Filmbühne aus – weit über 2.000 Unterschriften sind schon zusammengekommen. Aus Mexiko haben sich die Gebrüder Teichmann mit einem offenem Brief an die drei Bürgermeister zu Wort gemeldet und an sie appelliert, sich für den Erhalt der Filmbühne einzusetzen.
Geld spielt offenbar keine Rolle. „Wo sollte die Filmbühne also sein, wenn nicht im “Haus der Begegnung”, dessen Träger die Universität Regensburg ist? Wer einmal in diesem Kellergewölbe war, der weiß: Hier kann nichts anderes sein. Wir wünschen uns sehr, dass endlich auch ein politisches Bewusstsein dafür entsteht, welch wichtige Funktion kulturelle Orte, wie die Filmbühne, für die Gesellschaft haben. Studieren alleine macht niemanden schlau. Und ohne inspirierende Orte für junge Menschen, wird es in einer Stadt auch keinen kreativen Nachwuchs geben.“ Aus dem Brief der Gebrüder TeichmannUnd am vergangenen Mittwoch haben sich nun auch die Studierenden in die Diskussion eingeschaltet. In einer Sitzung des Konvents wurde die Universitätsleitung einstimmig aufgefordert, den Pachtvertrag mit der Alten Filmbühne nicht zu beenden und zu erklären, wie das Ganze wirtschaftlich zu rechtfertigen sei.
„Der Studentische Konvent der Universität spricht sich für den Erhalt dieser Institution des studentischen Lebens in Regensburg aus. Eine Schließung und anderweitige Nutzung des Lokals bedeutet einen unwiederbringlichen Verlust für den Charakter der Stadt Regensburg als Studentenstadt. Es geht nicht an, dass die Universitätsleitung einerseits ein studentisches Gemeingefühl – etwa durch Alumniprogramme, Erstsemestermessen und Zeugnisverleihungen – fördern will, andererseits aber etablierte Orte des studentischen Lebens schließt.“ Aus dem Beschluss des studentischen KonventsDie Universitätsleitung muss zu diesem Antrag lediglich Stellung nehmen. Ihre Entscheidung ändern muss sie nicht. Die Frage bleibt aber doch, ob bei einem universitätseigenem „Haus der Begegnung“ die Meinung der Studenten so einfach unter den Tisch gekehrt werden kann.
Anka
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” Es geht nicht an, dass die Universitätsleitung einerseits ein studentisches Gemeingefühl – etwa durch Alumniprogramme, Erstsemestermessen und Zeugnisverleihungen – fördern will, andererseits aber etablierte Orte des studentischen Lebens schließt”
INTERESSANT: wieviele Mitglieder haben diese Alumniprogramme denn wirklich!?! Wir sind nicht in Amerika, wo eine gewachsene Alumnikultur besteht. Die Filmbühne dagegen ist ein wichtiger Bestandteil und ein sinnerfülltes, etabliertes Gegengewicht zu Gastroketten und und Farblosigkeit. Sie ist die Institution der Begegnung, die im gleichnamigen Haus eigentlich interessiert. Das heißt für mich: wir werden immer weniger Regensburg, dafür mehr…ja, was eigentlich? Und als nächstes? Reißen wir den Dom ein und bauen eine Autobahn drüber!
Der Barbier aus Sevilla
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Also ich kenne viele liebe Regensburger_innen, die wissen, wie man universitäre Gebäude besetzt. Und die Getränkeversorgung wär dort sicherlich hervorragend :)
Im Ernst: Ich appelliere an die Regensburger_innen, auf die Barrikaden zu gehen! Petitionen, Demos, Pressearbeit, Besetzung oder noch besser (kein Witz) einen ‘Shit-in’ veranstalten! Der ist ganz legal und leicht durchführbar.
Siehe: Alinsky, Saul D.: Call Me a Radical. Organizing und Empowerment. Politische Schriften. Göttingen 2011, S. 170f.
Lärmproblem gibts offensichtlich keins, ökonomisch machts auch keinen Sinn… Was soll das dann?
Die Studierenden stellen die weit größte Gruppe der Uni und sollten sich das nicht gefallen lassen.
Malte von Trossingen
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Ach du meine Güte! Regensburgs arme Wirte! Filmbühnen-Chefin Karin Griesbeck kann einem wirklich Leid tun. Neue Filmbühne mit Freisitzen, Theater-Café, Verpächterin der Heimat … Der Wegfall der Alten Filmbühne wird sie schon nicht zur Hartz-IV-Empfängerin werden lassen.
Bernd Lauert
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Als ich 1995 die Filmbühne das erste Mal besuchte war klar, hier will ich immert wieder hin. Kurze Zeit später entdeckte ich ein Graffito “Rettet die Filmbühne”. Schon damals fürchtete ich das es wohl noch einen zweiten Schicksalsschlag geben würde. Nun ist es leider soweit.
Aber: Nein, wir Regensburger brauchen die Filmbühne. Ein Lokal was seit nunmehr 30 Jahren besteht…das muss ein Original bleiben und es gehörtz zu Regensburg dazu.
Mein Musikgeschmack wurde, wie der von vielen Anderen auch, dort immer bestens bedient. Wo kommt es sonst vor das man sogar mit dem Keeper mal eine Runde kickern kann?
Wo wird spontan mal getanzt obwohl es keine Disco ist?
Was die Uni mit den Gewölben sonst anstellen will ist mir schleierhaft.
Das Haus der Begegnung wird um eine Begegnungsstätte ärmer, nämlich die im Untergeschoss.
Auch ist das Publikum ja, sagen wir so, auf Begegnung aus die man in den Massenabfertigungs-Diskos ala Funpark wo man sich zumj unterhalten auch noch anschreien muss, nicht bekommt. Ebenso auch die durchgestylten und klinisch weiss reinen Cafes sind für alternatives Publikum einfach nicht geeignet.
Also, man nennt sich Begegnungsstätte und nimmt uns die Möglichkeit dazu. Solle alles nichts helfen wünschen ich dem Filmbühnenteam einen besseren Pächter auf das wir dann die neue Location gepflegt einweihen können und auf unsere geliebte “Alte” nicht verzichten müssen!
Bernd Lauert
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@Malte.
Ich glaube Fr. Griesbeck gehts weniger ums Geld…das hat die Neue und die Alte in 30 Jahren schon eingespielt das die ganze Mannschaft bis zur Rente und darüber hinaus leben kann.
Warum auch nicht? Seis gegönnt.
Vielmehr ist der Umzug ein Problem da das Flair verloren geht was die Gäste und Fr. Friesbeck mögen. Wäre ich der Wirt wäre es ein Teil von mir. Klingt komisch, ist aber so.
Hammer Raphael
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Lass die Finger von meiner Alten!!
Der Barbier aus Sevilla
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Liebe Redaktion,
ich finde ihr solltet Sexismus zensieren!
Und ja, ich bin mir über die Tragweite dieser Forderung im Klaren.
norbert e. wirner
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das ohm darf nicht sterben. es ist die emotionale basis einer generation. meiner generation.
alle warteten jahrelang auf godot. kam zwar nie, aber:
das darf nie, nicht und nimmer umsonst gewesen sein!
was warteten wir….!
gibt es einen fond, in den man spenden kann?
es geht doch im prinzip nur um geld, oder?
ein engagement der 80iger-erwachenden. meine generation. unsere.
muss doch gehen.
habemusmamam
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Längst vergessen, dass die Alte Filmbühne mit ihrem Umzug das Mizurb vertrieb? Redet nicht von 30 Jahre Filmbühne, allenfalls von den 17!
Heinz
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Die Regensburger Altstadt wird zu einer Ruhezone für Rentner und Münchner Schickeria umgebaut. Überall die gleichen langweiligen, überteuerten Cafés, wo man mit seinem weißen Hemd und rotem Schal rumhockt und sich den flanierenden anderen Hochnasenspacken zeigen möchte.
Richtig schade und ekelig.
Die Uni soll EINEN einzigen sinnvollen Grund sagen, wieso der Vertrag nicht verlängert wird. Geld? Fr. Griesbeck würde zahlen. Lärmschutz? Heutzutage alles machbar. Man könnte auch 5 Türsteher davorstellen die für 100% Ruhe sorgen. Fahrradkeller? Geräteschuppen? Viel Spaß beim Treppen hochschleppen!
Ich hoffe die Regensburger werden der Uni eins scheissen, im wahrsten Sinne des Wortes! Vor die Tür des Direktors am besten
Sabrina
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@Malte: aber schonmal überlegt, dass die Besitzer der “Heimat” dann vielleicht Hartz IV Empfänger werden? Gedanken zu Ende denken schadet nicht…
Zum Kotzen...
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Das nun auch nicht, die werden woanders als Bar weiter machen o.ä.
Das Argument ist insofern ungünstig, da es wieder Wasser auf die Mühlen derer gibt, die darin nur die Angst von Wirten vor finanziellen Schwierigkeiten sehen (Von der Redaktion gelöscht.).
Und darum geht es überhaupt nicht! – Die Betreiber der Heimat werden keinen Ort mehr finden, an dem sie wie bsiher Konzerte veranstalten können.
Gute, wichtige Konzerte – Orsons, Agent Side Grinder, Bratze, Fotos, Lali Puna, We Have Band, Ollie Schulz, undundund – da waren schon viele von der “Underground-Presse” gehypte Acts dabei, die man dort zum letzten Mal in familiärer Atmosphäre für kleinen Eintritt sehen konnte, bevor man dann nächstes Jahr in ner Halle in München 25 Euro Eintritt gelöhnt hat.
Wo sollen die in R. sonst spielen? – In der Mälze? – nicht ernsthaft, oder?
Nix gegen die Mälze, bin dort auch gerne, aber die Ausrichtung ist einfach eine andere, passt dort nicht so.
Gilt auch für die Nachwuchsbands – die haben dort 1x pro Woche ne Plattform, müssen sich um nix kümmern ausser zu spielen, können Eintritt frei machen oder selbst einsacken, die Heimat stellt die Technik, verdient nur an Getränken.
Ein Traum, wenn ich das mit meiner alten Band vergleiche, wo gab’s sowas schon? – in der Mälze konnte man den Keller mieten, vor kanpp 20 Jahren für 1 Mark/Gast, kamen nur 20, dann nur 20 Mark…
die Zeiten sind aber lang vorbei, inzwischen löhnt man dort Saalmiete, die sich keine Nachwuchsband mehr leisten kann – trotz der Subventionen.
hier ebenso: Wo sollen diese Bands in Zukunft auftreten..? Im Lederer vielleicht noch, aber das ist von Größe/Lage/Ausstattung nicht vergleichbar.
Mal ganz abgesehen davon, wie schade es um die Alte Filmbühne wäre, dazu haben ja schon andere genug geschrieben, da kann ich mich nur anschließen.
„Restaurant, veganisches!“ | Regensburg Digital
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[…] oder eine „Kultkneipe“ aus dem angestammten Gebäuden raus oder gar schließen muss. Das war bei der Alten Filmbühne so, die aber umzog und in den früheren Räumen der Heimat eine neue Bleibe fand. Selbiges geschah bei […]