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Seit 9. Oktober

31 Tage „Hausarrest“: Schwerstkranke Regensburgerin bekommt seit Wochen keinen neuen Rollstuhl

22 Jahre lang war Isolde Kern Krankenschwester und hat sich um kranke Menschen gekümmert. Nun ist die 72-Jährige selbst auf Hilfe angewiesen, doch scheinen sowohl ihre Krankenkasse wie auch ein Sanitätshaus eher gemächlich mit alledem umzugehen. Seit dem 9. Oktober wartet die MS-Patientin auf eine Reparatur oder Ersatz für ihren defekten Rollstuhl.

Vor der Wohnungstür von Frau Kern steht seit Wochen nur ein defekter Rollstuhl. Foto: as

In den über fünf Wochen, die sich Isolde Kern in ihrer kleinen Wohnung im „Hausarrest“ befindet, geht es der 72-Jährigen jeden Tag ein kleines bisschen schlechter. Zwar lacht sie auch mal, als wir uns miteinander unterhalten, aber wenn sie allein ist und ihre vier Wände nicht verlassen kann, dann weint sie auch oft und die Schmerzen und Versteifungen in ihrem Körper nehmen, weil sie auch nicht zur Krankengymnastik kann, langsam, aber sicher immer mehr zu.

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Vor 13 Jahren erkrankte die Frau, die früher Halbmarathons lief und sich, wenn sie mal Ärger hatte, ihren Frust von der Seele lief und radelte, an Multipler Sklerose. Seit 2017 ist sie auf einen elektrischen Rollstuhl angewiesen. Ohne den kommt sie mit ihrem Rollator gerade mal bis zur Gartentür. Doch dieser Rollstuhl, der schon seit Februar im wieder Zicken machte, gab am 9. Oktober endgültig den Geist auf. Seitdem wartet Isolde Kern vergeblich darauf, dass ihre Krankenkasse, die DAK, und das von dieser damit beauftragte Sanitätshaus Reiss für Ersatz sorgen und damit ihren „Hausarrest“, so bezeichnet sie ihre Situation, beenden.

„Ich habe mich in meinem Leben noch nie so hilflos und gedemütigt gefühlt.“

In einer Nachricht an eine Freundin schreibt die Frau, die 40 Jahre lang gearbeitet hat, 22 davon als Krankenschwester: „Die Einschränkungen während Corona waren im Vergleich dazu gar nichts. Ich habe mich in meinem Leben noch nie so hilflos und gedemütigt gefühlt.“

In einem stichpunktartigen Tagebuch, auf das wir uns im Folgenden beziehen, hat Isolde Kern, deren Namen wir geändert haben, die vielen Telefonate und Schriftwechsel per WhatsApp festgehalten, die sie seitdem und auch schon zuvor mit Krankenkasse und Sanitätshaus geführt hat. Es ist gespickt mit Ausflüchten, halbherzigen Entschuldigungen und falschen Versprechungen. Manchmal, so steht es in Frau Kerns Aufzeichnungen, legt man ihr in der Reiss-Hotline einfach auf.

Ohne Rollstuhl kann sie die Wohnung nicht verlassen.

Sie sei halt „auch nicht einfach“ habe ihr jemand in einer Selbsthilfegruppe mal gesagt, wo man solche Situationen anscheinend kennt. „Aber wie soll ich denn reagieren, wenn es den Verantwortlichen ziemlich egal zu sein scheint, dass ich mir nicht einmal selbst etwas zum Essen kaufen kann?“, sagt Frau Kern. Einmal sei ihr am Telefon gesagt wordern, sie solle sich doch an eine kirchliche Einrichtung wenden. Die würden so etwas machen.

Sie solle Schmutz aus dem Akkuaufnahmegerät des Rollstuhls „mit einem Pinsel oder Tuch“ entfernen, heißt es anfänglich. Das bringt keinen Erfolg. Dann meldet sich mehrere Tage erst einmal niemand. Das erste Wochenende Arrest. Dann wird sie angerufen. Der Werkstattleiter beim Sanitätshaus sei gerade in Urlaub, heißt es. Er werde sich Anfang nächster Woche melden. Als Frau Kern um einen Leihrollstuhl bittet, sagt man ihr in der Hotline zu, das „weiterzuleiten“. Doch ein solcher Leihrollstuhl kommt nicht. Der Arrest dauert mittlerweile acht Tage.

Ein Ersatzrollstuhl geht bereits an der Gartentür kaputt.

Isolde Kern ruft bei der DAK an, landet auch dort in der Hotline. Als sie endlich jemanden an der Strippe hat, wird ihr mitgeteilt, dass sich in ihrer Akte keinerlei Notiz zu dem Sachverhalt befinde. Jedenfalls habe er darauf keinen Zugriff, sagt ihr Gesprächspartner. Man werde sich aber mit einem anderen Unternehmen in Verbindung setzen, um einen Kostenvoranschlag für einen neuen Rollstuhl einzuholen, wird versprochen.

Am 18. Oktober, Freitag, dann ein Anruf vom Sanitätshaus Reiss. Der Werkstattleiter sei kommenden Montag wieder da. Er werde vorbeikommen, den defekten Rolli abholen und Ersatz mitbringen. Die DAK meldet sich in dieser Woche nicht mehr. Frau Kern muss die mittlerweile sechste Einheit ihrer Krankengymnastik absagen.

Montag, zwölf Tage nach dem Defekt, kommt ein Ersatzrollstuhl. Endlich. Mit dem kommt Isolde Kern dann gerade mal bis zur Gartentür, ehe auf dem Display ein Fehlercode rot aufleuchtet. Wieder zurück in die Wohnung. Die Firma Reiss bekommt per WhatsApp Fotos von dem Fehlercode. Frau Kern muss weiter daheim bleiben.

Vergebliche Anrufe in der Reiss-Hotline

Zwischendrin eine WhatsApp-Nachricht von der Reiss-Hotline: „Freut mich, dass das mit dem Rollstuhl geklappt hat!“ Es scheint so, als wisse eine Hand nicht, was die andere tut. „Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll“, sagt Frau Kern. „Ich hab mich regelrecht verarscht gefühlt.“ Am 14. Tag in Arrest muss die 72-Jährige den Termin für die Krankengymnastikeinheiten sieben und acht absagen. „Ich bin maßlos enttäuscht und fühle mich hilflos, gedemütigt, verletzt und gekränkt“, schreibt sie in ihr Tagebuch. „Dieses Verhalten – vom Sanitätshaus wie auch von der DAK – ist erniedrigend und menschenunwürdig.“

Sie ruft gleich am frühen Morgen wieder einmal beim Sanitätshaus Reiss an, fragt, wann der reparierte Rolli endlich kommt und versucht, ihre Situation klar zu machen. Dort teilt ihr die Dame am Telefon mit, dass sie das an die zuständige Fachabteilung weiterleiten werde. Eine weitere Rückmeldung bekommt Frau Kern an diesem Tag nicht mehr.

Bei einem weiteren Anruf am Morgen des nächsten Tages wird Isolde Kern mitgeteilt, dass sich der Werkstattleiter im Außendienst befinde und die Fachabteilung nicht zu erreichen sei. Die Dame am Telefon wünscht der Betroffenen, die nun den 15. Tag in Folge ihre Wohnung nicht verlassen kann, „einen schönen Tag“.

Beim defekten Rollstuhl: Alle Daten einer anderen Betroffenen

Vor der Wohnungstür steht derweil der defekte Rollstuhl. In einer Plastiktüte mit Reiss-Aufdruck, wo Kabel und Zubehör verstaut sind, findet Frau Kern ein Blatt mit sämtlichen Daten einer anderen Betroffenen, das man anscheinend dort vergessen hat.

Dann am 25. Oktober, wieder Freitag, ein Hoffnungsschimmer. Die DAK Münster ruft an. Ob sich der andere Anbieter schon gemeldet habe? Der sollte sie schon vor einer Woche mit einem neuen Faltrollstuhl versorgen. Hat er aber nicht – und sich bislang auch nicht gemeldet.

In der Tüte am Rollstuhl wurde das Datenblatt einer anderen Nutzerin vergessen. Foto: as

Frau Kern telefoniert in iher Verzweiflung mit verschiedenen anderen Sanitätshäusern. Das eine hat keinen Vertrag mit der DAK, kann und darf also nicht tätig werde. Das andere verspricht, am Montag einen Leihrollstuhl gegen 500 Euro Kaution zu liefern. Das Wochenende verbringt Frau Kern erneut im Arrest. Am Montag muss sie wieder ihre Krankengymnastik absagen.

Ein Rollstuhl würde 5.000 Euro kosten.

Sie ruft bei Reiss an. „Ich verzichte auf ihren Service“, sagt sie nach 19 Tagen des Wartens auf einen funktionierenden Rollstuhl. Dann ein Gespräch mit der Hotline der DAK und der Bitte, das andere Sanitätshaus zu beauftragen. Doch von diesem Unternehmen heißt es nun, dass das so wie am Freitag besprochen doch nicht funktioniere. Der Leihrollstuhl sei nun doch nicht verfügbar. Außerdem müsse erst der andere, defekte Rollstuhl von Reiss gecheckt werden, sagt das andere Sanitätshaus.

Der Auftrag geht also in Abstimmung mit der DAK wieder zurück Reiss, ein Unternehmen, das auf seiner Homepage damit wirbt, „seit über 50 Jahren (…) ein Inbegriff für fachkundige Betreuung“ zu sein. Während ihrer weiteren Tage im Arrest recherchiert Isolde Kern, was so ein Rollstuhl kosten würde. Monatliche Leihgebühr knapp 450 Euro pro Monat, Kaufpreise ab knapp 5.000. Doch für beides fehlt der schwerstkranken Rentnerin das Geld.

Versprochener Rollstuhl kommt wieder einmal nicht.

„Groß in Urlaub fahren kann ich nicht“, erzählt sie, als wir sie besuchen. Aber sie sei zum Beispiel immer gern mit dem Zug nach München gefahren. Dort könne man sich einiges anschauen und sie habe das, so oft es ging, versucht. „Ich weiß ja nicht, wie lange das noch geht.“ Schließlich gehe es bei ihr mit MS stetig bergab. Dass sie nun über Wochen nicht zur Krankengymnastik gekommen sei, mache all das nicht besser.

Eigentlich sollte heute, es ist der 7. November, nach 29 Tagen ein funktionsfähiger Rollstuhl kommen. Wir warten gemeinsam. Irgendwann ruft Frau Kern bei Reiss an – mal wieder. Dort erreicht die Dame am Telefon niemanden vom Außendienst. Sie wisse auch nicht, ob heute jemand komme. Spoiler: Es kommt auch niemand.

Bei Reiss will am erst „eingehend prüfen“

Noch am selben Tag schickt der Autor dieser Zeilen eine Anfrage an das Sanitätshaus Reiss und die DAK mit der Bitte um rasche Stellungnahme bis Freitagnachmittag – knapp 27 Stunden Zeit. Die Betroffene hat lange genug gewartet. Flankierend zu den Fragen und einer Schweigepflichtentbindung von Frau Kern steht in der Mail an Reiss der Satz:

„Ich will, um keine Missverständnisse entstehen zu lassen, und auch aus Gründen der Transparenz nicht verhehlen, dass ich Ihren Umgang mit einer Schwerstkranken nach den mir aktuell vorliegenden Informationen für skandalös halte.“

Dass die Mail angekommen ist, lassen wir uns bei Reiss telefonisch bestätigen, von der DAK erhalten wir eine förmliche Eingangsbestätigung. Tags darauf erhalten wir eine Mail von der Assistentin der Reiss-Geschäftsführung, die wir hier vollständig, mit anonymisierten Namen, wiedergeben:

„Sehr geehrter Herr Aigner,

man sollte mit einem Urteil zu einem Sachverhalt immer warten, bis man beide bzw. alle beteiligten Seiten gehört hat.
Diese Objektivität höre ich aus Ihrer E-Mail leider nicht heraus.
Eine Anfrage mit Fristsetzung einer Antwort binnen 24h ist zudem – nennen wir es mal – sportlich.

Die zuständige Bereichsleitung Frau XXX, die den benannten Fall kennt, befindet sich diese Woche im Urlaub.
Ich werde Ihre E-Mail an Frau XXX weiterleiten.
Nach eingehender Prüfung des gesamten Sachverhalts werden wir Frau Kern eine Rückmeldung zu kommen lassen.“

DAK erfuhr erstmals am 14. Oktober von der Sache

Die DAK antwortet hingegen inhaltlich. Auch diese Antwort geben wir vollständig wieder:

„Wir haben am 14.10.24 erstmalig durch unsere Versicherte Frau Isolde Kern die Information ihres defekten Rollstuhles bekommen und uns umgehend darum gekümmert.

Im Austausch mit dem Leistungspartner soll wohl ein nicht pfleglicher Umgang mit dem Rollstuhl ursächlich für den Defekt sein. In den darauffolgenden regelmäßigen Gesprächen mit der Kundin sind wir ihren wechselnden Wünschen im Bezug der Leistungspartnerwahl nachgekommen.

Am 28.10.24 teilte uns Frau Kern mit, dass sie nun doch beim Leistungspartner Reiss schlussendlich bleiben möchte. Den darauffolgenden Kostenvoranschlag haben wir am 31.10.24 bewilligt. Aufgrund fehlender Ersatzteile, die erst bestellt werden mussten, laut Firma Reiss, kann erst heute mit der Reparatur begonnen werden. Wir sind in ständigem Austausch mit der Kundin und versuchen ihr bestmöglich zu helfen, damit sie schnell wieder mobil wird.

Von Ihrem Hinweis bezüglich dem Datenblatt des Ersatzrollstuhls hören wir zum ersten Mal. Sie haben recht, es ist datenschutzrechtlich bedenklich. Das darf nicht passieren. Wir danken Ihnen für diesen Hinweis und gehen diesem sofort nach. Da es sich bei diesem Hilfsmittel nicht um ein Eigentum der DAK-Gesundheit handelt, nehmen wir diesbezüglich umgehend wieder Kontakt mit dem entsprechenden Leistungserbringer auf.“

Frau Kern erhält am Freitag zwei Anrufe. Die DAK habe ihr mitgeteilt, dass nun die Ersatzteile für den defekten Rollstuhl da seien, erzählt sie. Ein Außendienstmitarbeiter von Reiss meldet sich. Das mit dem neuen Rollstuhl klappe heute auf keinen Fall mehr, schildert Frau Kern. Es sei ja bald Wochenende. Aber am Montag. Da komme er bestimmt. Wieder einmal.

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Kommentare (15)

  • El

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    Ist das nicht unterlassene Hilfeleistung?

    Nicht genug, dass die Frau ihre Wohnung nicht verlassen kann; dass sie die notwendige Krankengymnastik nicht wahrnehmen kann, ist übel.

    Die Frau hat jahrzehntelang Krankenkassenbeiträge gezahlt und hat ein Anrecht auf ordnungsgemäße Versorgung mit Hilfsmitteln; stattdessen wird sie wie eine Bittstellerin abgewiesen und gedemütigt.

    Das Sanitätshaus scheint zu florieren; unter “Join our Team” werden etliche neue Angestellte & Azubis gesucht…….. https://www.reiss.info/stellenanzeigen

    Vielleicht ist bei der Umstellung vom alteingeführten Familienunternehmen zur Neuzeit einfach irgendwas auf der Strecke geblieben ….

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  • Schröck Hans

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    @El
    Ein Sanitätshaus muß nicht florieren, wenn neue Angestellte gesucht werden. Habe beruflich in besagter Branche jahrelang zu tun gehabt und sage nur soviel: früher hieß es mal “Reiss/Zimmermann” , seit ein paar Jahren nur noch “Reiss” und “Zimmermann” – die Facharbeiter in diesem Metier sind aber eher weniger geworden und suchen sich mittlerweile den Arbeitgeber aus. So wie man in den Woid hineinschreit . . .
    Bezüglich der Krankengymnastik verstehe ich nicht ganz, warum die Patientin bei der Praxis, in der sie offensichtlich schon seit Längerem in Behandlung war, nicht die Möglichkeit angeboten bekam, ihr mit sporadischen Hausbesuchen aus der Patsche zu helfen. Eine ärztliche Verordnung über “6 x Krankengymnastik mit Hausbesuch” müsste bei gutem Willen auch trotz Deckelung noch drin sein.
    Aber, daß der Reiss jetzt nicht einmal mehr einen funktionierenden Leihrollstuhl zur Verfügung hat: auwehzwick!

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  • Daniela

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    Man versteht den Vorgang an mancher Stelle nicht.

    1. Die Krankenkasse hätte schon dahingehend beratend Unterstützung bieten können, die zweifelsfrei erforderliche Physiotherapie, in Rücksprache mit HA und Patientin, als Hausbesuche für eine bestimmte Zeit zu veranlassen.

    2. Selbst, wenn ein normaler Rollstuhl ausgeliehen hätte werden können, hätte die Patientin möglicherweise ohne Begleitung das Haus nicht verlassen können. Auch hier hätte man ggf. vorübergehend Kostenzusage für einen Krankentransport zur und von der Physiotherapie geben können.

    3. Die Firma Reiss scheint hier völlig überfordert mit der erforderlichen ununterbrochenen Versorgung. Da sollten wohl die Vertragspartner DAK und Reiss sich nochmals in Vernehmen setzen.

    ..’Im Austausch mit dem Leistungspartner soll wohl ein nicht pfleglicher Umgang mit dem Rollstuhl ursächlich für den Defekt sein.’…
    Was ich davon halten soll, weiß ich nun auch nicht so recht. Die Patientin selbst sei schuld am Defekt? Erwarte Reiss, dass eine MS-Erkrankte den E-Rolli täglich putze? Auweih-Auweih…. Das ist schon fast zum fremdschämen.

    Verehrte Beteiligte von Krankenkasse und Sanitätsfirma. Die Selbstständigkeit Ihrer Versicherten/Kundin sollte so lange wie möglich erhalten werden, umso immobiler ein Mensch wird, desto kostenintensive wird die Versorgung. Zudem kommen evtl. noch Nebenerkrankungen, wegen Verlustes der sozialen Kontakte und der Selbstständigkeit. Und nach 31 Tagen in ‘ausschließlich häuslicher Umgebung ‘ würde bei jedem langsam ‘ Lagerkoller’ entstehen.

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  • Luck

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    Da ich keine Zeit dafür habe, nur über den heißen Brei zu reden: Kann man das Problem damit beheben, dass man finanziell hilft?
    Wenn ja, dann geht es nur noch um die Höhe und die Art und Weise der Abwicklung.

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  • da_Moartl

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    Es ist schon bitter, wenn ein Mensch, der jahrzehntelang andere gepflegt und versorgt hat, auf so grausame Weise die Systematik unserer Kranken- und Pflegekassen am eigenen Leib erfahren muss. Aus eigener Erfahrung in meinem Umfeld weiß ich: Solange du nicht mindestens Pflegegrad 3 hast, brauchst du gar nicht erst kommen mit Krankentransport oder ähnlichem. Menschen mit Pflegegrad 1 und in vielen Bereichen auch noch Pflegegrad 2 werden von den Kranken- und Pflegekassen behandelt, als wären sie noch vollkommen mobil. Wer dann nicht Angehörige oder sehr gute und opferbereite Freunde und Bekannte hat, “fällt hinten runter” in unserem System. Aber das ist politisch so gewollt. Weder über eine vielleicht notwendige Erhöhung der Krankenkassenbeiträge mag man reden – und erst recht nicht über Vorstandsgehälter sowie die Zersplitterung der Krankenkassenlandschaft in Deutschland.

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  • Luck

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    @ da Moartl:

    was politisch so gewollt ist, basiert letztendlich auf Zwängen, welche materiell bei entsprechender Organisation überwindbar wären, aber aufgrund ideologischer Gefangenschaft überhaupt nicht in den Dunstkreis einer ernsthaften Diskussion gelangen.

    Es ist mittlerweile mehr als eine Dekade her, dass ein Wolfgang Schäuble gegenüber dem damaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis äußerte, man könne sich den Sozialstaat nicht mehr leisten.
    Das war für den Juristen Schäuble, welcher aus einem Elternhaus mit einem ökonomischen Background stammte, eine bittere “Erkenntnis”.
    Erkenntnis habe ich deshalb in Anführungszeichen gesetzt, weil diese relativ zum intellektuellen Horizont Schäubles betrachtet werden muss.
    Dabei hat er auf neoklassischer Grundlage sogar Recht.
    Aber dieses Rechthaben ist auf Kreisklassen-Niveau angesiedelt. Angies Begrifflichkeit von der “marktkonformen Demokratie” übrigens auch.
    Etwas höher, sogar etwas viel höher, kann man die Positionen eines Heiner Flassbecks verorten. Da gibt es Spielräume, welche der Geist eines Wolfgang Schäubles nie betreten hat und derjenige einer Angela Merkel wohl nie betreten wird. Jedenfalls nicht ohne entscheidende Hilfestellung von außen.
    Und auch der große linke “Randbereich” mit seinen großen Schattierungen scheint trotz mehr als nur anmerkender Hilfestellung dazu (noch) nicht in der Lage zu sein. Und das, obwohl deren großer Karl einen ganz klaren Gedanken formuliert hat, den man so verinnerlichen könnte, dass dies dazu führen würde, in der Champions League grundlegender Analyse aufzusteigen. Und nur dort können die wirklich wichtigen Fragen hinreichend erörtert und dazu auch noch relative Antworten erarbeitet werden.
    Aber in dieser Liga spielt auch kein Elon Musk.
    Und auch kein Butterwegge. Denn dieser ist auf Geld der Superreichen angewiesen. Warum?
    Syntax-Mängel kann man bei abgerichteten Absolventen frisch von der Uni, durchaus auch mit Doktorgrad und nicht nur mit einem Master ausgestattet, verständlich verzeihen.
    Bei Personen mit jahrzehntelanger Erfahrung im akademischen Bereich und ohne Scheuklappenzwang verschwindet dieses Verständnis tendenziell.

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  • Daniela

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    @Luck
    10. November 2024 um 06:14 | #

    Ich schätze Ihre Kommentare sehr, aber diesen, warum so verkompliziert?

    Tatsache ist, die Töpfe leer, die Ansprüche daraus werden größer, demografische Entwicklung, globale Anforderungen, Mindestlohnsektor….

    Erst Heraustrennung von Pflegeversorgung aus der Krankenversicherung, was ja indirekt schon eine Beitragserhöhung darstellte.

    Alles half nur bedingt und kurzfristig.

    Mal ehrlich, will man die jetzige Form der Versicherungen beibehalten, kommt man um gravierende Beitragserhöhung nicht herum, oder man nimmt Leistungsansprüche heraus.
    Oder, man streicht die Beitragsbemessungsobergrenze bei den GKV. Oder man verkauft, wie bei den PKV Leisungspakete.

    Egal, was kommt, keinen wird es passen.

    Eigentlich ist das System den jetzigen nationalen Rahmenbedingungen nicht gewachsen. Es bleibt ohne grundlegende Reform nur Beiträge hoch und Leistungen runter. Oder man verstaatlicht die gesamten Versicherungen zu einer großen Kranken- und Pflegeversicherung und sichert die Grundversorgung. Schafft große medizinische und pflegerische Versorgungszentren, statt kleiner kostenintensiver Versorgungseinheiten. Keine privat- wirtschaftlichen Verknüpfungen mehr. Dazu noch Bürokratieabbau und Verwaltungsabbau.

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  • Luck

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    Liebe Daniela,

    mit meinem 2. Beitrag wollte ich nur Anmerkungen für substanzielle und systemkonforme Lösungsansätze machen. Dass dies kompliziert ist und nur im Kontext verstanden werden kann, stelle ich dabei sicher nicht in Abrede. Sehr wohl aber, dass es einfache Lösungen gibt, die im Denkraum des Üblichen angesiedelt sind.
    Aber systemkonform meint dabei nicht, die bestehenden Regelwerke unhinterfragt zu lassen und sich damit bestehende Freiräume durch Nichtnutzung selbst zu verbauen. Innerhalb des Regelwerks und des herrschenden Ideologieraums gibt es keine nachhaltigen Lösungen und Lösungen auf Zeit nur mit schweren Widerständen und damit weniger wahrscheinlichen Realisierungsmöglichkeiten.

    Um meine Zeilen zu begreifen, gilt es zuerst zur Kenntnis zu nehmen, was sich hinter dem Begriff “neoklassische Grundlage” funktional verbirgt.
    Denn auch Sie haben Ihre Lösungsansätze aus diesem Raum geholt und wissen wohl daher selbst um die Schwierigkeit, diese in welchem Ausmaß auch immer in die Tat umzusetzen.
    Dass man dabei Arbeitskraft möglich effektiv nutzt und nicht für bürokratische Schikanen verschleudert, sollte dabei selbstverständlich sein und nicht zur Disposition stehen müssen.

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  • Fritz

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    Dieser Artikel beschreibt was jeden Tag vielen Menschen widerfährt. Kann mir kein Essen kaufen..interessiert keinen. keiner traut sich das Gesundheitswesen von Grund auf neu zu reformieren, weil kostet zu viel und bedarf einiger Phantasie und auch Mut. MDK ,KV und DRGs usw. abschaffen. Menschen zu verwalten anstatt ihnen mit gebührender Achtung zu begegnen…mit mehr als unsinnigen Vorschriften ( es gibt im Gesundheitswesen kaum noch Personal) zuzumüllen, was die Arbeit unglaublich erschwert. Bei Hilfsmitteln usw. bezahlen die Kassen nur das billigste. Rächt sich sehr schnell, da ständig defekt…würde sich mal jemand die Mühe machen und alles durchrechnen..Es könnten Millionen gespart werden. Und…schaut doch mal zu euren Nachbarn..Vielleicht können wir uns auch gegenseitig helfen.

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  • Daniela

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    @Luck
    10. November 2024 um 15:53 | #

    Lieber Luck

    Wer bis jetzt nicht erfasst hat, dass bei erwartet höherer Quantität, möglichst substantiell gesicherter Qualität in der Pflege-und Krankenversorgung, strukturelle Veränderungen in Versorgung und Leistung erforderlich werden, eine Veränderung des Systems erfordernd, der ist blind.
    Nur wer traut sich auf politischer Ebene dieses heiße Eisen anzufassen und es offen zu kommunizieren? Käme es nicht eines ‘politischen Selbstmordes’ gleich, würde man sich offen gg. die bestehenden Lobbys und deren Verdienstbasis auszusprechen?

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  • El

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    Zu der Idee, dass die Frau ja eben mal das Rezept für Physiotherapie hätte auf Hausbesuche umstellen können:

    Wenn das Rezept schon mal ausgestellt ist, werden die Ärzte das vermutlich nicht machen.

    Auch ist die Beantragung von Transportfahrten bei der AOK ein längeres Procedere ….

    Da ich bis vor kurzem längere Zeit mit der Betreuung eines schwerstkranken Mannes betraut gewesen bin, habe ich das Gesundheitssystem und seine Unmöglichkeiten hautnah und von “innen” erleben müssen.

    Die gesundheitliche Situation kann sich – wie oben geschildert – sehr schnell mal ändern. Da ist schnelle und unbürokratische Hilfe angesagt; Krankenkassen, Versorgungsamt, Pflegekassen, offenbar auch Sanitätshäuser etc. reagieren mit erheblicher Verzögerung und Bockigkeit.

    Eigentlich müsste für solche “Notfälle” eine Art “Relaisstation” installiert werden; ein oder zwei Angestellte, die sich solcher Situationen per Hausbesuch annehmen und sich kümmern. Unkonventionelle Lösungen anbieten können, so dass eine Versicherte sich nicht erst an einen Journalisten wenden muss.

    @ Daniela, Sie schreiben:
    “Mal ehrlich, will man die jetzige Form der Versicherungen beibehalten, kommt man um gravierende Beitragserhöhung nicht herum, oder man nimmt Leistungsansprüche heraus.”

    Wissen Sie, was Chemotherapien gg. Krebs kosten?
    Ich habe heute morgen mal gegoogelt und fand, dass so ein Krebspatient locker 100 000 Euro und mehr pro Jahr an Umsatz bringt.

    Der behandelnde Onkologe hat zu dem Mann, den ich begleitet habe, im Rahmen einer Immuntherapie (wird auch während einer Krebsbehandlung verschrieben) mal gesagt, dass eine Behandlung , also EINE EINZIGE INFUSION 15 000 Euro kostet.

    Da scheint etwas ganz massiv aus dem Ruder gelaufen zu sein — denn was bekommen die PatientenInnen da in ihre Adern? Pures Gold vielleicht?

    In diesem Bericht wird näher auf die Zusammenhänge eingegangen:
    https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/krebs-medikamente-apotheke-100.html

    Mir scheint, dass da “hinter der Bühne” mal gründlich durchgekehrt werden muss, damit diejenigen, die sich an diesen Therapien in einem Ausmaß bereichern, das jeden Rahmen sprengt, wieder realistischen Boden unter den Füssen bekommen und derart “veruntreute” Gelder in andere Bereiche fließen können — zB. eben für ad-hoc-Hilfen, wenn gesundheitliche Notfälle wie in der berichteten Geschichte.

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  • Fidi

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    Nunmehr 33 Tage “Hausarrest”:
    Das ist Misshandlung, Freiheitsberaubung, schreit nach Entschädigung für Isolde Kern. Keine selbständige Lebensführung möglich, Abhängigkeit von Fremdhilfe, Kraft- und nervenzehrend, führt körperlich und mental an die Grenze, abgewiesen und gedemütigt wie eine Bittstellerin. Eingesperrt sein, auf Kontakte, Licht, Luft, Sonne, Wind verzichten müssen macht depressiv, hilflos, niedergeschlagen. Kleine spontane Freuden wie z.B. ein Eis, Kuchen und Kaffee nicht geniessen können – es gibt keine Möglichkeit die Situation selbst zu bestimmen. Inklusion ist ein Menschenrecht und bedeutet dass jeder Mensch die Möglichkeit haben soll, sich gleichberechtigt an der Gesellschaft zu beteiligen.

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  • Guri_01

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    Ich hatte mit einem anderen Regensburger “Sanitäts”-Haus eine ähnliche Erfahrung:
    Mein dort gekaufter (teurer) Rollator hatte einen Fabrikationsdefekt. Die Leute des “Sanitäts”-Hauses waren sehr freundlich, doch ich musste denen und die selbst dann der Geschäftsleitung unablässig auf den Nähten knieen, bis dann nach 7 Wochen erzwungener Immobilität der Rollator endlich umgetauscht worden ist. Der Krüppel ist wohl nur als zahlender Kunde von Interesse.

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  • Fidi

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    Hallo Guri, das ist übel, unerträglich. Eine Schande in unserem reichen Deutschland. Wie viele ähnliche Fälle gibt es noch von denen man garnicht erfährt?

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  • Mark

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    Nun, die Dunkelziffer der geschädigten Hilfsmittelempfänger ist sicher sehr groß. Kann das aus eigener Erfahrung nur bestätigen. Mein Schriftverkehr mit einem Sanitäshaus füllt mehrere Leitzordner. Unverschämte und diskriminierende Äußerungen, fehlerhafte Reparaturen und Installation der Hilfsmittel, Mitteilungen und Falschlieferungen, aber auch merkwürdige Rechnungen. Man musste froh sein, nicht barsch angeschnauzt zu werden, wenn man dort (berechtigte) Reklamationen vorgebracht hat. Da wird dann dem Pflegebedürftigen schon mal zum Pflegebett auch eine neue und zu kleine Matratze geliefert, mit dem Hinweis, dass man als zu Pflegenden auch bei der Kasse abrechnen kann, obwohl diese ausdrücklich nicht bestellt wurde, da die bisherige und fast neue orthopädische genau die passenden Maße hatte. Selbstverständlich teilte die Kasse mit, dass es keine Kassenleistung sei. Das Highlight war aber der Eigenkauf einer so genannten Uplift Sitzhilfe (Sitzkissen für einen Sessel mit Aufstehhilfe und Federung) und Lieferung. Geliefert wurde aber mit einem LKW ein nicht bestellter Kran zur Umsetzung der Behinderten in die Badewanne. Der Lieferant beschädigte die komplette Kiesauffahrt, da er vom Sanitätshaus alleine und ohne weitere Hilfskraft diesen ausliefern und in den 2. Stock schleppen sollte. Die Lieferanten bitten dann die behinderten Kunden, bzw. deren Angehörige ihnen beim Transport der sehr schweren Hilfsmittel (ohne Aufzug) in die Wohnung zu helfen und hatten einiges über deren Nöte zu erzählen. Bei einem Badewannenlifter wollte ein Sanitätshaus mir trotz Hinweis auf die Rechts- und Sachlage für neue 4 Saugnäpfe (Halterungen) errinnerlich über 80 Euro abknüpfen, da es angeblich eine Eigenleistung sei. War natürlich eine Kassenleistung (Wartung) und selbst dann war der angebliche Preis ein Mondpreis, man versuchte sich dann auf einen Computerfehler herauszureden.

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