15 Okt.2014
Marihuana-Plantage bei Regenstauf
Perfekter Schuldiger freigesprochen
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Marihuana-Plantage bei Regenstauf: Aus Angst, im Ernstfall zu spät zu kommen, erntete die Polizei das Feld selbst ab. Symbolfoto: Polizei/ Archiv
Eine schwierige Biographie
Der angeklagte Herbert G. (Name geändert) hat bislang kein leichtes Leben hinter sich. Er wuchs als eines von acht Geschwistern auf. Als G. zwölf Jahre alt war erhängte sich sein Vater, nachdem er die Mutter so schwer verprügelt hatte, das er glaubte, sie sei tot. Wenig später kam G.s Bruder bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Der damals Zwölfjährige war als erster an der Unfallstelle und fand ihn. Auch das spätere Leben des gelernten Maurers verlief alles andere als geregelt. Eine gescheiterte Ehe, insgesamt fünf Kinder, immer wieder Kontakt und Probleme mit dem Jugendamt. Die Richterin verliest eine Reihe von Vorstrafen, die G. auf dem Kerbholz hat: kleine Diebstähle („zwei Hämmer im Wert von zehn Euro“, „zwei Stallhasen im Wert von 45 Euro“), Beleidigungen, alles stets unter Alkoholeinfluss, mehrere Trunkenheitsfahrten. Wegen eines Unfalls unter Alkohol verbrachte G. mehrere Monate im Knast, später war er wegen seines Alkoholismus fast zwei Jahre im Bezirksklinikum. Auch wenn die letzte Vorstrafe bereits zwölf Jahre zurückliegt und auch, wenn er bislang nie in Zusammenhang mit illegalen Drogen auffiel, muss G. den Ermittlern der Kripo wie der ideale Schuldige vorgekommen sein, als sie ihn 2012 auf einem Foto wiedererkannten.Zweieinhalb Kilo Marihuana von minderer Qualität
Zufällig hatte der Pächter eines Waldes bei Regenstauf im Mai desselben Jahres in einem Unterholz eine Hanfplantage entdeckt: 95 Pflanzen und ein kleiner Unterstand für Werkzeug an einem Platz abseits der frequentierten Wanderwege. Zwei Monate später erst installierte die Polizei dort eine Kamera, wartete ab und tatsächlich: Auf drei Fotos, die geschossen wurden, war ein Mann zu erkennen. Wie sich später herausstellte, war das Herbert G.. Obwohl die Ermittler ursprünglich abwarten wollten, bis das Feld abgeerntet wird, um den Plantagenbetreiber auf frischer Tat zu ertappen, wurde der Einsatz vorzeitig abgebrochen. Aus Angst, dann nicht schnell genug mit genügend Beamten vor Ort sein zu können, aber auch, weil das installierte Alarmierungssystem nicht richtig funktionierte, erntete die Polizei das Feld selbst ab. Zweieinhalb Kilo Marihuana von minderer Qualität wurden am Ende sichergestellt. Bei G. wurde eine Hausdurchsuchung angeordnet.Sieben Stunden Hausdurchsuchung: ein Gramm Tabakgemisch
Sieben Stunden stellten Beamte dann die Wohnung von G. und seiner Familie auf den Kopf, ohne etwas zu finden. G. selbst schließlich wies sie auf einen Beutel hin, den ein Bekannter liegen gelassen habe. Darin befand sich – es wurde nie gewogen oder genauer untersucht – etwa ein Gramm eines Gras-Tabak-Gemischs. Spätestens jetzt waren sich die Kripo-Beamten sicher, ihren Mann zu haben. Von einer „erdrückenden Beweislage“ war die Rede, als Herbert G. 2013 wegen des „Betreibens einer Cannabis-Outdoor-Plantage seit Mai 2012“ angeklagt und am Ende auch verurteilt wurde.