Wann kommt der Kurswechsel bei der Stadtbau?
Die Mieten bei der Stadtbau GmbH stiegen in den letzten fünf Jahren mehr als doppelt so stark wie im Regensburger Durchschnitt. Es wird Zeit für die angekündigte Neuausrichtung.
Während des Wahlkampfs war sie einer der Kristallisationspunkte, wenn über den Mangel an bezahlbarem Wohnraum in Regensburg diskutiert wurde: die Stadtbau GmbH. Wie geht die städtische Tochter mit ihren Mietern um? Wie hoch fallen Mieterhöhungen nach Modernisierungsmaßnahmen aus? Welche Kosten werden in welchem Maß auf die Mieter umgelegt? Wie wirkt sich die Preispolitik der Regensburger Wohnbaugesellschaft auf die Mietentwicklung insgesamt, etwa im Mietspiegel, aus?
Die SPD legte sich mehrfach mit Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker an. Deren Fraktionschef Norbert Hartl etwa bezeichnete Mieterhöhungen der Stadtbau in der Humboldtstraße als „moralisch äußerst zweifelhaft“.
Im Vorfeld der Stichwahl zwischen Joachim Wolbergs und seinem CSU-Konkurrenten Christian Schlegl verteilte die SPD Postkarten an Stadtbau-Mieter, die eine Reihe an Versprechen enthielten. Unter anderem sollte es städtische Gelder für den Bau preisgünstiger Wohnungen geben. Die Praxis, den Mietern nach Sanierungen neue Mietverträge zu geben, sollte beendet, Mieterhöhungen sollten begrenzt werden. „Eine Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und die SPD Fraktion werden Garanten für eine mieterfreundliche, soziale Stadtbau GmbH sein“, heißt es am Ende des von Norbert Hartl unterzeichneten Anschreibens.
Wann soll hier nun etwas geschehen? Ist vielleicht schon etwas geschehen? Im Interview mit unserer Redaktion hatte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs Mitte September eingeräumt, dass die Veränderungen bei der städtischen Tochter noch in Arbeit seien:
„Da gibt es noch nichts Konkretes. Ich hatte jetzt so viel mit anderen Dingen zu tun, dass ich mich mit dem Thema Stadtbau noch nicht intensiver beschäftigt habe. Der Stadtbau-Geschäftsführer weiß, dass wir in der Ausrichtung etwas anders werden wollen. Wir wollen das Unternehmen wieder davon wegholen, irgendeinen Player der Immobilienwirtschaft zu sein. Das Profil muss sozialer werden. Substantiell kann ich dazu zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht mehr sagen.“
Handlungsbedarf besteht in jedem Fall – nicht nur, was den Neubau von bezahlbarem Wohnraum betrifft, sondern auch dessen Erhaltung. Wirft man einen Blick in den aktuellen Geschäftsbericht der Stadtbau GmbH fallen nämlich die überdurchschnittlichen Mietsteigerungen auf.
Stadtbau: Mehr als doppelt so starke Mietsteigerungen
Während die durchschnittliche Kaltmiete laut Regensburger Mietspiegel zwischen 2008 und 2013 um 9,5 Prozent (von 6,19 auf 6,78 Euro pro Quadratmeter) gestiegen ist, erhöhte sich die Durchschnittsmiete in einer Stadtbau-Wohnung um fast 23 Prozent (von 4,62 auf 5,68 Euro). Kurz gesagt stiegen also die Mieten bei der Stadtbau in diesen fünf Jahren mehr als doppelt so stark wie im – laut Mietspiegel erfassten – Regensburger Durchschnitt.
Das ist umso bemerkenswerter, weil Stadtbau in ihrem Geschäftsbericht eine Durchschnittsmiete ausweist, die nicht unterscheidet zwischen Wohnungen mit Sozialbindung und jenen, die bereits aus dieser Bindung herausgefallen sind.
Ein Geschäftsbericht mit begrenzter Aussagekraft
Was bedeutet das?
Von den rund 6.500 Stadtbau-Wohnungen unterliegen etwa ein Drittel einer Sozialbindung. Mieterhöhungen sind hier nur in sehr begrenztem Rahmen möglich. Im Gegensatz zu den nicht gebundenen Wohnungen, wo in der Vergangenheit bis zu 20 Prozent Steigerung binnen drei Jahren möglich waren, bei Neuvermietungen sogar noch mehr.
Die durchschnittliche Stadtbau-Miete bei den nicht gebundenen Wohnungen – zwei Drittel des Gesamtbestandes – dürfte also um einiges höher liegen als die im Geschäftsbericht ausgewiesenen 5,68 Euro pro Quadratmeter.
Folgen für den Mietspiegel
Auswirkungen hat das auch auf den Mietspiegel. Sozial gebundenen Wohnungen dürfen bei dessen Erstellung nicht herangezogen werden. Nur frei finanzierte/ nicht (mehr) gebundene Wohnungen fließen in die Statistik ein. Deren Durchschnittsmiete ist dem Geschäftsbericht zwar nicht zu entnehmen, aber dass sie die Mietspiegel-Miete eher heben darf als sicher angenommen werden.
Joachim Becker begründete die rasante Steigerung der Stadtbau-Mieten in der Vergangenheit damit, dass sich der Wohnungsbestand verändert habe. Man habe andere, bessere Wohnungen hinzubekommen, manches abgestoßen. „Das ist keine reine Preissteigerung.“ Darüber hinaus habe die Stadtbau stark in den Bestand investiert. Das hört sich positiv an. Überspitzt ausgedrückt aber bleibt im Ergebnis: Es wurde preisgünstiger Wohnraum vernichtet. Dazu passt auch, dass die Stadtbau ihre Mieterlöse 2013 im Vergleich zum Vorjahr um 1,4 Millionen Euro steigern konnte.
Ein Geschäftsführer setzt politische Vorgaben um
Das alles kann man der neuen Stadtregierung nicht wirklich vorwerfen, auch nicht dem Geschäftsführer eines städtischen Wohnungsbauunternehmens, der umsetzt, was ihm politisch vorgegeben wird. Interessant wird es aber sein, zu beobachten, wie die Stadtbau nun bei Modernisierungen und Sanierungen ihrer Wohnungen vorgehen wird.
Gehören Neu- statt Altverträge der Vergangenheit an? Werden Modernisierungen künftig nicht mehr bis zur Grenze des gesetzlich Möglichen auf die Mieter umgelegt? Geht der Erhalt von preisgünstigem Wohnraum bei der Stadtbau künftig vor der Wert- und Attraktivitätssteigerung des Immobilienportfolios?
Es wird Zeit, dass die neue Stadtregierung, insbesondere die SPD-Fraktion, langsam etwas Konkretes vorlegt zur angekündigten Neuausrichtung der Stadtbau. Ausgiebig Wahlkampf damit gemacht hat man ja auch.