Freispruch wider Willen: Mollath will nun doch aussagen
Die Kluft zwischen Gustl Mollath und seinen Rechtsanwälten hat sich weiter vertieft: Am Montag lehnte das Landgericht einen neuerlichen Antrag ab, Gerhard Strate und Johannes Rauwald von ihrem Mandat zu entbinden. Am Ende kündigte Mollath an, nun doch aussagen zu wollen.
„Jetzt gerade signalisiert sich, dass ich unter Umständen eine andere Rechtsberatung gebrauchen könnte. Ich hoffe nicht“, sagt Gustl Mollath zu Beginn des 14. Verhandlungstages. Bereits kurz zuvor ist es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen ihm und Gerhard Strate gekommen. Und nun, während Strate mit versteinerter Miene und hochrotem Kopf ins Leere starrt, verliest Mollath einen professionell formulierten Antrag, in dem er das Gericht bittet, die Beweisaufnahme noch nicht zu schließen.
Er müsse sich mit seinen Verteidigern darüber beraten, ob die von ihm vorgeschlagenen 27 Beweisanträge überhaupt den formalen Voraussetzungen genügen. Bisher wisse er das „mangels Rücksprache“ nicht. Doch seit Wochen gebe es von Strates Seite „keine Bereitschaft, in ein vernünftiges Gespräch zu kommen“. Er wolle tatsächlich freigesprochen werden und „nicht nur in rechtlicher Hinsicht, weil es heißt: im Zweifel für den Angeklagten“, sagt der 57jährige.
„Es ist offenkundig, dass hier weitere Berater im Hintergrund tätig sind.“
Man weiß nicht, wie oft Mollath und sein Verteidiger darüber gesprochen haben, dass es eine komplette Aufarbeitung seines Schicksals vor Gericht nicht geben kann, geschweige denn einen Freispruch nach Wunsch. Spätestens am Montag aber ist die Zeit des miteinander Redens vorbei.
Denn nun wird auch Strate deutlich. Seit über einem Jahr vertritt der Hamburger Mollath kostenlos. Bei der Verhandlung kommt auch zur Sprache: Das Geld für die Hotelunterbringung Mollaths in Regensburg hat ebenfalls Strate vorgestreckt. Was sein Mandant sage sei „einfach falsch“. Am Wochenende habe „genügend Gelegenheit“ bestanden, miteinander zu sprechen. Mollath habe seine Handynummer und er selbst habe sogar versucht, ihn anzurufen. „Es ist offenkundig, dass hier weitere Berater im Hintergrund tätig sind“, so Strate weiter. Mollath solle doch endlich Ross und Reiter nennen.
Namen fallen nicht. Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass Strate unter anderem den „Macht und Missbrauch“-Autor Wilhelm Schlötterer als Spiritus Rector hinter Mollaths eigenwilliger Verteidigungsstrategie wittert. Auf dem Blog der Juristin Gabriele Wolff hat Strate sich erst vor kurzem über „die kleine Gruppe der Maulhelden, die sich lautstark über Twitter und anderweitig verbreiten“ mockiert. Ein Unterstützer Mollaths hatte bereits vergangene Woche gegenüber unserer Redaktion erklärt, dass er die Auseinandersetzung zwischen Mollath und Strate „via Twitter etwas befeuert“ habe.
„Beweisanträge von Mollath sind Mist“
Er habe Mollath erklärt, warum seine Beweisanträge „Mist sind“, fährt Strate fort. Und hier vor Gericht habe alles auf einen Freispruch hingedeutet, der Mollath „volle Rehabilitation gebracht“ hätte. „Ich kann keinen Mandanten vertreten, der über seine Verteidiger offen Lügen verbreitet“, platzt es wenig später aus ihm heraus. „Das geht mir nicht nur gegen den Strich, sondern gegen meine Ehre. Es besteht keinerlei Vertrauensbasis mehr.“ Erneut bittet Strate, von dem Mandat entbunden zu werden (Sein Kollege Johannes Rauwald schließt sich – erneut – diesen Ausführungen an.).
Doch auch am Montag ist diesem Ansinnen kein Erfolg beschieden. Hatte das Gericht nach der Mandatsniederlegung vergangene Woche noch damit reagiert, Strate und Rauwald zu Pflichtverteidigern zu bestellen, so verkündet Richterin Elke Escher am Montag nach knapp einstündiger Beratung: Die beiden bleiben Mollaths Pflichtverteidiger. Sie sehe weder eine grobe Pflichtverletzung noch ein gestörtes Vertrauensverhältnis.
Zeugen-Vorschläge: Psychiater, Bekannte, Steuerfahnder und Politiker
Die nun folgende Verlesung von Urkunden tritt fast etwas in den Hintergrund. Da ist der Revisionsbericht der Hypovereinsbank, wo Mollaths Ex-Frau gearbeitet hat, in dem es unter anderem heißt:
„Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt. (…)
Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen interne Richtlinien und externe Vorschriften (u.a. Abgabenordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandelsgesetz) anzulasten.
Die Mitarbeiter, insbesondere Frau M. haben wenig dazu beigetragen, die gegen sie und die Bank erhobenen Vorwürfe zu entkräften. Sie haben durch unkooperatives Verhalten und das teilweise Zurückhalten von Informationen die Recherchen erschwert und in die Länge gezogen. Sachverhalte wurden meist erst nach Vorlegen von Belegen etc. zugegeben.“
Einen „krankhaften Wahn“ können die Verfasser des Revisionsberichts bei Mollath nicht ausmachen. Zwar seien seine Formulierungen „etwas diffus“, doch er besitze „zweifellos Insiderwissen“.
Anschließend bittet Strate das Gericht, die von Mollath vorgebrachten „Beweisanregungen“ verlesen zu dürfen. „Herr Mollath soll nicht den Eindruck bekommen, dass hier etwas unter den Tisch gekehrt wird.“ Zu den vorgeschlagenen Zeugen gehören mehrere frühere Arbeitskollegen von Mollaths Ex-Frau; einige hatte Strate bereits als Zeugen beantragt. Es folgen Psychiater und gemeinsame Bekannte des Ehepaars, aber auch Wilhelm Schlötterer, Steuerfahnder, Nürnberger Stadträte und die Landtagsabgeordnete Inge Aures, SPD-Sprecherin im Mollath-Untersuchungsausschuss.
Behauptungen zu Geldverschiebung “als wahr anzunehmen”
Später, nach einer weiteren Pause, verkündet Richterin Elke Escher, dass zum Revisionsbericht der Hypovereinsbank und den Geldverschiebereien keine Zeugen geladen werden müssten. Mollaths Behauptungen zu den entsprechenden, bereits von Strate gestellten Beweisanträgen seien zu seinen Gunsten “als wahr anzunehmen”.
Ein weiterer Schritt auf Mollaths Weg zum Freispruch. Er hat nun angekündigt, selbst aussagen zu wollen. Die Sitzung wird am 8. August fortgesetzt.