Brandanschlag auf das Wahrzeichen der Ostdeutschen Galerie
In der vergangenen Nacht haben Unbekannte die Säulen am Portal der Ostdeutschen Galerie in Brand gesetzt – ein Werk der Künstlerin Magdalena Jetelová. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs hat für die Tat „nur Abscheu übrig“.
Von David Liese
Das Entsetzen ist bei allen Beteiligten groß. Oberbürgermeister Joachim Wolbergs spricht davon, dass ein „Wahrzeichen“ zerstört wurde. Wolfgang Schörnig, Rechtsreferent der Stadt und Vorstandsvorsitzender des Kunstforums Ostdeutsche Galerie, nennt es „vorsätzliche kriminelle Energie“. Für Museumsdirektorin Agnes Tieze ist ein „politischer Hintergrund“ der Tat klar.
Am späten Mittwochabend wurden die roten Säulen am Eingang der Ostdeutschen Galerie in Regensburg durch einen Brandanschlag schwer beschädigt – man muss wohl von einem Totalschaden des Kunstwerks ausgehen. Auch an der Eingangstür des Museums wurde dem Anschein nach mit einem Brandsatz hantiert, hier waren der oder die Täter jedoch glücklicherweise erfolglos.
Totalschaden am Kunstwerk
Im Tageslicht zeigen sich die verheerenden Spuren des Anschlags deutlich. Alle vier der kippenden Säulen sind stark verrußt, ihre Oberfläche ist stellenweise komplett zerstört. Und das, obwohl es sich bei den verwendeten Materialien um schwer entflammbare Stoffe sowie mit speziellem Brandschutzmittel behandeltes Holz handelt. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass sich das Feuer nicht weiter ins Innere der Säulen fressen konnte.
Ebenfalls ein Glücksfall war es, dass Passanten, die das Feuer um kurz nach 23 Uhr bemerkt hatten, unverzüglich die Polizei verständigten. Ihnen dankt Joachim Wolbergs während der Pressekonferenz ausdrücklich. „Wir werden natürlich alles wiederherstellen“, sagt er. Dennoch zeigt er sich bestürzt. „Das war kein Dummer-Jungen-Streich, dafür habe ich nur Empörung und Abscheu übrig.“
Wolbergs: „Eine andere Überwachungsmaschinerie aufziehen“
Bei den Säulen handelt es sich um ein Kunstwerk der tschechischen Bildhauerin und Fotografin Magdalena Jetelová. Sie hatte es im Jahr 2006 anlässlich der Verleihung des Lovis-Corinth-Preises an sie geschaffen und der Ostdeutschen Galerie verkauft. Der Wert liegt im mittleren fünfstelligen Bereich. Die kippenden, roten Säulen spielten mit der Idee, die revolutionären Umwälzungen in vielen Ländern zum neuen Jahrtausend zu thematisieren, erklärt Agnes Tieze. Man versuche derzeit, die Künstlerin zu erreichen und sie über den Angriff auf ihr Werk zu unterrichten.
Schon vor sechs Monaten waren die Säulen das Ziel von Schmierereien gewesen. Die habe man aber gut wieder entfernen können, erinnert sich Schörnig. Es habe sich um „diese durchgestrichenen ,A’s” gehandelt, „die man häufig in der Altstadt findet”. Einen Zusammenhang zwischen dem Graffiti von damals und dem Brandanschlag vermutet er nicht. Schließlich handle es sich um zwei völlig unterschiedliche Maßstäbe.
Was der Anschlag für die Zukunft bedeute, ist noch nicht klar. Normalerweise sei es für die Galerie keine besondere Sache, Kunstwerke im Freien auszustellen, so Tieze. Joachim Wolbergs will künftig „eine andere Überwachungsmaschinerie aufziehen“. Das finde er schade, aber: „Offensichtlich sind nicht mal mehr Kunstwerke im öffentlichen Raum sicher.“ Eine Kamera für das Eingangsportal wird der erste Schritt sein, den das Museum unternimmt.
Politisches Motiv liegt zumindest nahe
Auch auf die Museumsarbeit soll der Anschlag Auswirkungen haben. Agnes Tieze sieht den Anlass indirekt als „Aufforderung an uns, unsere Arbeit noch einmal zu verstärken” und den Stiftungsauftrag stärker in den Vordergrund zu stellen. Die Galerie widmet sich der Bewahrung des Kunsterbes „der ehemals deutsch geprägten Kulturräume im östlichen Europa”.
Tieze, Schörnig und Wolbergs sind sich darüber einig, dass ein politisches Motiv der Brandstiftung zumindest naheliegt. Die Ostdeutsche Galerie sei „ein Zeichen der Aussöhnung“, so der Oberbürgermeister. „Wer glaubt, er könne Aussöhnung kaputt machen, hat sich geschnitten“, macht Wolbergs klar. Pikant: Am Donnerstagabend wird die Ausstellung „Heimat“ eröffnet. Sie zeigt zeitgenössische osteuropäische Fotografien. Museumsdirektorin Tieze vermutet, dass „ganz gezielt in unserem Ausstellungskalender gesucht“ wurde, um ein symbolträchtiges Datum zu finden, das dem Anschlag obendrein zusätzliches öffentliches Interesse sichere.
Polizei hält sich bedeckt – „Ermittlungen in alle Richtungen”
Die Regensburger Polizei hält sich derweil noch stark bedeckt. Man gehe von vorsätzlicher Brandstiftung aus, sagt uns Polizeisprecher Albert Brück am Nachmittag. Es seien eindeutig Brandsätze verwendet worden. Woraus diese bestanden und was als Brandbeschleuniger herhielt, weiß man derzeit noch nicht. Auch bei der Vermutung einer politischen Motivation ist Brück vorsichtig – konkrete Hinweise darauf gebe es im Moment jedenfalls noch nicht. Man ermittle aber in alle Richtungen. Der Staatsschutz sei derzeit nicht involviert.