Kohle nur für Katholiken
Mit drei Millionen Euro wird der Katholikentag in Regensburg bezuschusst. Für den zeitgleich stattfindenden Humanistentag wurde ein ungleich geringere Förderung abgelehnt. Begründung: Keine Relevanz.
Hostien und Messwein bis zum Abwinken, Weihrauch-Sit-Ins und Live-Exorzismen, Blutwunder und Reliquien-Auktionen – gut, das ist jetzt leicht übertrieben, festzuhalten bleibt aber: Von Mittwoch an steht Regensburg ganz im Zeichen des 99. Katholikentages. Hier beweist das „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK) dem Rest der Welt, wie weltoffen und diskussionsfreudig Katholizismus doch sein kann.
Mit mindestens 30.000 Besuchern rechnen die Organisatoren, darunter Polit-Prominenz wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Joachim Gauck. Nahezu alle Veranstaltungsräume Regensburgs sind denn auch mit Veranstaltungen oder Herberg suchenden Pilgern belegt, Schule und Hochschulvorlesungen fallen aus.
Mutig, mutig: Zwei Veranstaltungen zum Thema Missbrauch
Weit über 1.000 Veranstaltungen stehen im 600 Seiten starken Programm und auch Kritisches wird nicht ausgespart: Das Thema sexueller Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche findet sich dort sogar zwei Mal – und weil man bei einem Katholikentag ja vor allem nach vorne schaut, beschäftigt man sich dabei dezidiert nicht mit der Vergangenheit.
Seit Wochen rührt die Mittelbayerische Zeitung unter Überschriften wie „Katholikentag zieht Region magisch an“, „Katholikentag rockt Regensburg“ oder „Der Katholikentag auf dem Smartphone“ bereits die Webetrommel für das Großereignis. Und „für Sparfüchse“ verweist die MZ unter der Schlagzeile „Völlig gratis auf das Kirchenfest“ unter anderem auf den „kostenlosen Abschlussgottesdienst, der“, man höre und staune, „ähnlich prominent besetzt ist wie die Eröffnungsmesse“. Die ist übrigens auch kostenlos.
Einstimmig beschlossen: Stadt gibt 700.000 Euro
Freilich kann nicht alles umsonst sein – 79 Euro kostet die Dauerkarte. Aber auch das ist nicht wirklich teuer, wenn man bedenkt, dass das ZdK mit Kosten von derzeit 8,5 Millionen Euro rechnet, von denen die öffentliche Hand nicht einmal die Hälfte übernimmt. Lediglich drei Millionen Euro übernehmen der Freistaat (1,5 Millionen) und der Bund (400.000) sowie Stadt (700.000) und Landkreis (300.000). Anders ausgedrückt: Jeder Besucher wird mit lediglich 100 Euro bezuschusst. Sicherheitshalber haben die Bischöfe deshalb bereits zur Katholikentags-Kollekte aufgerufen und um „großzügige Spenden“ gebeten.
Der Regensburger Stadtrat bewilligte die Förderung dieses Großereignisses im Dezember 2012 übrigens einstimmig.
Keine Geld für Konfessionslose
Weniger großzügig verfuhren Stadt und Freistaat hingegen mit dem „Bund für Geistesfreiheit“ (bfg). Der veranstaltet zeitgleich zum Katholikentag einen „Humanistentag“ für Konfessionslose und Katholikentagsflüchtlinge. Diese Veranstaltung ist zwar ungleich kleiner – der bfg-Vorsitzende Erwin Schmid rechnet mit gerade mal 2.000 Besuchern, erscheint aber angesichts von fast einem Drittel nicht-christlichen Regensburgern – Tendenz steigend – und desselben Trends bayern- und bundesweit durchaus von einer gewissen Berechtigung.
Der Förderantrag des bfg aber – man beantragte eine Unterstützung von 37.500 Euro – schaffte es nicht einmal in den Regensburger Stadtrat. „Leider ist es mir nicht möglich, Ihren Antrag näher zu bearbeiten, da eine Antragsstellung für den Haushalt 2014 längst verfristet ist“, ließ Oberbürgermeister Hans Schaidinger namens der Stadt Regensburg den bfg in einem nicht einmal zehnzeiligen Schreiben wissen. Nochmaliges Nachhaken bei ihm oder bei seinem Nachfolger Joachim Wolbergs blieben ohne Reaktion.
Keine wirtschaftliche Relevanz
Das Bayerische Kultusministerium begründet seine Ablehnung eines Zuschusses auf immerhin neun Seiten. Einerseits ist von „haushaltsrechtlichen Gründen“ die Rede, andererseits davon, dass auch „der verfassungsrechtliche Gleichheitssatz keine Bezuschussung des Freistaats gebietet“.
Mit Weltanschauung habe das Ganze übrigens überhaupt nichts zu tun, so das Ministerium. Kurz zusammengefasst habe der Humanistentag im Gegensatz zum Katholikentag einfach nicht dieselbe gesellschaftliche, kulturelle und vor allem wirtschaftliche Relevanz. Wörtlich heißt es in dem ministeriellen Schreiben:
„Bei einer Teilnehmerzahl am Humanistentag 2014 von ca. 2.000 Personen sind auch keine wirtschaftlichen Auswirkungen zu erwarten, die mit denen des Katholikentages 2014 auch nur annähernd vergleichbar wären.“
Mehr Infos
Zum Programm des Humanistentages geht es hier. Veranstaltungsorte sind unter anderem die Gaststätte Arberhütte (Arberstraße 15), das soziokulturelle Zentrum L.E.D.E.R.E.R. und das bfg-Zentrum in der Hemauer Straße.