Ordnungsamt verhängt Todesurteil für H5
Um ihre Konzerthalle zu retten, gingen die Macher der H5 sogar einen Pakt mit der CSU ein. Gebracht hat das nichts. Das Ordnungsamt hat ein weiteres Konzert verboten. Nimmt man den Bescheid wörtlich, bräuchte es wohl einen Neubau der Halle.
Was war das nicht für ein schöner Termin, damals im August 2013. Führende CSU-Granden – darunter der (damalige) Oberbürgermeister und der (damalige) OB-Kandidat, ein Baulöwe und ein Disco-Mogul setzen sich mit einem kleinen, nicht-kommerziellen Verein an einen Tisch, um ein Problem aus der Welt zu schaffen. Sie wollten „politische Gestaltungskraft“ beweisen (Christian Schlegl), das „große Potenzial für die Regensburger Eventkultur“ (nochmal Schlegl) heben und „ein schnelles Genehmigungsverfahren für die dringend benötigten Räume (…) durchführen“ (Hans Schaidinger).
Der Deal: Günstige Miete, Umbau in Eigenregie
Bei jenen Räumen handelt es sich um die H5, eine kleine Halle im Stadtosten Regensburgs, am Rande der ehemaligen Zuckerfabrik. Die „Scants of Grace e.V.“, bekannt durch das Jahninselfest, hatten die Halle von Eigentümer Martin Schmack gepachtet, um dort nicht-kommerzielle Konzerte und Veranstaltungen aufzuziehen. Die Miete ist günstig. Im Gegenzug musste sich der Verein um Umbauten und ähnliches in Eigenregie kümmern.
So weit so gut. Mehrere Konzerte fanden statt. Drei an der Zahl wurden vom Ordnungsamt der Stadt im Rahmen von Einzelgenehmigungen problemlos erlaubt. Dann übergab dessen Chef Alfred Santfort urplötzlich an das Bauordnungsamt.
Das Bauordnungsamt indes kann keine Einzelgenehmigungen erteilen, es entscheidet allein über eine komplette Nutzungsänderung. Diese wäre dauerhaft, einklagbar und entsprechend streng ist das Verfahren. Ein vernünftiger Bauantrag müsse her, ehe die Party weitergehen könne, hieß es nun.
Die CSU macht auf Subkultur
Es folgte ein Aufschrei aus der Regensburger (Sub)kultur-Szene. Und ebenso prompt, es mag am bevorstehenden Wahlkampf gelegen haben, kam eine Reaktion der Stadt bzw. der CSU.
Als Beweis, dass niemand etwas gegen das Projekt habe, man es im Gegenteil, sogar unterstütze, gab es eben jenen Termin mit Hans Schaidinger und Christian Schlegl. Sobald alle Unterlagen vorlägen, werde man die Scants of Grace dabei unterstützen, einen wasserdichten Bauantrag einzureichen, versprach der damalige Oberbürgermeister. Und als Beweis, dass auch kleine, nicht-kommerzielle Vereine gut mit der CSU zusammenarbeiten können und dass Schaidinger und Schlegl eigentlich auch ganz cool sind, ließen sich dessen Vorstände noch schön mit Schaidinger und seinem Wunschnachfolger abfotografieren und für eine CSU-Pressemitteilung verwursten.
Doch der Pakt mit der CSU hat nichts gebracht.
Seit jenem Termin hat – zumindest offiziell – keine Veranstaltung mehr in der H5 stattgefunden.
Es gebe nach wie vor keinen vollständigen Bauantrag, hieß es zuletzt immer wieder als Begründung von den Ordnungsbehörden der Stadt. Dieser Antrag muss nach dem Willen des Bauordnungsamts nicht nur für die H5, sondern für den gesamten Hallenkomplex, zu dem diese gehört, eingereicht werden.
Gefordert: Ein Bauantrag für 8.000 Quadratmeter
Zum Vergleich: Inklusive Neben- und Abstellräumen ist die H5 knapp 400 Quadratmeter groß, der gesamte Komplex hat die 20fache Größe. Zum größten Teil sind diese 8.000 Quadratmeter als Lagerflächen vermietet, auf die 1.000 Quadratmeter große H1 hat der – ebenfalls beim CSU-Fotoshooting anwesende – Suite15-Macher Sascha Almahmoud ein Auge geworfen. Und der Bauantrag für diese Gesamtfläche könne, so die Auskunft des Bauordnungsamts, „wegen diverser fehlender Unterlagen und Nachweise (…) derzeit nicht weiterbearbeitet werden“.
Zuständig für den Bauantrag wäre der Eigentümer der Hallen. Der, Martin Schmack, räumt auf Nachfrage ein, dass noch die schriftliche Mitteilung an die Stadt fehle, dass man in Besitz aller Flächen und die verkehrliche Erschließung damit geregelt sei. Ansonsten sei der Antrag vollständig, so Schmack.
Und so blieb und bleibt die H5 eine Konzerthalle in Wartestellung. Die „Scants of Grace“ meldeten sich – während des Wahlkampfs – nicht mehr öffentlich zu Wort, um an das oberbürgermeisterliche Versprechen zu erinnern.
Auch Wolbergs-Intervention half nichts
Erst im April unternahm der Verein einen Versuch, nach vorne zu preschen, doch noch einmal ein Konzert anzumelden und auf ein Entgegenkommen der Stadt in Form einer Einzelgenehmigung zu hoffen. Dieses Ansinnen ist am heutigen Freitag gescheitert. Die Ordnungsbehörden haben die Veranstaltung aufgrund von Sicherheitsbedenken verboten.
Wie aus Kreisen der Stadtverwaltung zu erfahren ist, ließ sich Ordnungsamtschef Alfred Santfort auch durch eine Intervention von Oberbürgermeister Joachim Wolbergs nicht von dieser Entscheidung abbringen.
Eine wesentliche Begründung: „In der Veranstaltungshalle befinden sich massive Brandlasten.“ Dadurch bestünde für die Besucher Gefahr für Leib und Leben, heißt es in dem Bescheid des Regensburger Ordnungsamtes mehrfach.
Gefahr für Leib und Leben – nach dem dritten Konzert
Wenn das tatsächlich der Fall ist, die Gefahr also derart dramatisch, wie im Bescheid dargestellt, muss man sich die Frage stellen, weshalb das Ordnungsamt zuvor drei Konzerte genehmigt hatte. Der Antrag für die jetzt verbotene Veranstaltung sah nicht anders aus, als bei den vorhergehenden Konzerten. Ebenso die eingereichte Skizze zur Aufteilung der Räumlichkeiten.
Hatte man bei den vorherigen Genehmigungen im Ordnungsamt einen Fehler gemacht? Gar verantwortungslos entschieden? Selbstverständlich nicht.
Bei der Begehung habe man „neue Einbauten“ festgestellt, heißt es dazu auf Nachfrage bei der städtischen Pressestelle. Diese würden die Brandgefahr erheblich erhöhen.
Florian Gmeiner von den Scants of Grace zeigt sich über diese Aussage verwundert. „Wir haben seit dem ersten Konzert nichts Wesentliches verändert“, sagt er. „Nur die Wände waren damals noch nicht weiß gestrichen.“ Auch im Bescheid selbst – für den das Ordnungsamt übrigens geschlagene fünf Wochen brauchte, um erst zum Veranstaltungsdatum zu bescheiden – sind diese neuen Einbauten lediglich eines von vielen Argumenten für das Verbot, bei dessen Lektüre man Angst davor bekommen möchte, überhaupt in die Nähe der Halle zu kommen.
Geforderte Baumaßnahmen: Dach, Wände, Lüftung etc.
Generell seien „umfangreiche baulichen Maßnahmen“ notwendig, um die „Gefahr für Gesundheit und Leben der Besucher“ zu beheben, heißt dort. Diese Maßnahmen betreffen laut Bescheid unter anderem das Dach und die Wände. Es fehlen, laut Bescheid, Lüftungsanlage und Rauchabzugsanlagen. Diverse Gutachten werden angemahnt. Überspitzt formuliert dürfte es billiger kommen, eine neue Halle zu bauen statt all diese Auflagen zu erfüllen, die bei drei genehmigten Konzerten ebensowenig eine Rolle gespielt hatten wie die „Gefahr für Gesundheit und Leben der Besucher“.
Damit steht die Konzerthalle wohl vor dem Aus. Denn es dürfte unwahrscheinlich sein, dass der Eigentümer oder die Stadt das Ganze bezahlen.
Und so bleibt am Ende ein schöner Termin mit einem schönen Foto, der weder den Scants of Grace für ihre Halle noch der CSU im Wahlkampf etwas gebracht hat. Und es bleibt die Erkenntnis, dass alle „politische Gestaltungskraft“ und jedweder Ruf nach „dringend benötigten Räumen“ nicht über der Macht städtischer Behörden zu stehen scheint, die mal genehmigen und mal das Todesurteil für ein Projekt aussprechen und sich damit dem Verdacht der Willkür aussetzen.