„Klamauk ohne Ende“
Erster Schlagabtausch im Regensburger Stadtrat. Eine kurzfristig vorgelegte Änderung der Geschäftsordnung verärgert die CSU. Der Rest des Stadtrats watschte die einstigen Machthaber ob ihrer Einwände zum Teil genüsslich ab.
Eineinhalb Stunden. So lange darf ein Stadtrat schon mal diskutieren, wenn es 22 Tagesordnungspunkte abzuarbeiten gilt. Wenn davon aber knapp 80 Minuten auf einen Punkt entfallen, ist das schon etwas anderes.
Neue Geschäftsordnung nach Dünninger-Wechsel
Am Donnerstag kam im Regensburger Stadtrat zum ersten Schlagabtausch zwischen der neuen Koalition auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite. Opposition ist vielleicht etwas übertrieben – im Wesentlichen war es eine Auseinandersetzung zwischen der CSU und dem Rest des Stadtrats.
Anlass war eine Änderungsantrag zur 14 Tage alten Geschäftsordnung. Anstelle von 14 sollen künftig 16 Stadträte in den einzelnen Fachausschüssen sitzen.
Der Hintergrund: Mit dem letzte Woche vollzogenem Wechsel von Ex-ÖDP-Ex-CSB-Stadtrat Dr. Eberhard Dünninger zur CSU-Fraktion steht dieser ein Ausschusssitz mehr zu. Das wäre bei 14 Sitzen entweder zu Lasten des Koalitionsmitglieds FDP gegangen, die ihren Platz verloren hätte. Falls die FDP mit Piratin Tina Lorenz eine Ausschussgemeinschaft gebildet hätte, hätten die Linken in die Röhre gekuckt. Um das zu verhindern, tüftelte die Koalition, unter Mitwirkung der Linken, übers Wochenende die Änderung der Geschäftsordnung aus, die es am Donnerstag als Tischvorlage gab.
Das stinkt wiederum der CSU, die sich nicht ausreichend informiert sieht. Von „Bauerntricks“, sprach der CSU-Kreisvorsitzende Dr. Franz Rieger. Fraktionschef Hermann Vanino kritisiert das Ganze als „sonderbar“ und im Widerspruch zu der Ankündigung, dass im Stadtrat künftig ein neuer Stil herrschen solle. Offiziell seien er und seine Fraktion nicht über den Inhalt des Änderungsantrags informiert worden. Es gebe hier nur eine Tischvorlage. Das sei nicht in Einklang mit der Geschäftsordnung zu bringen und deshalb müsse das Ganze vertagt werden. Ebenso verlangte Vanino, eine weitere Tischvorlage zu Straßenerhaltungsmaßnahmen zu vertagen und zunächst in die Ausschüsse zu verweisen.
Linke und Grüne watschen CSU
Was dann folgte, dürfte für die CSU eine durchaus demütigende Erfahrung gewesen sein. Zunächst setzte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs den Punkt zur Straßenerneuerung – wie von Vanino gewünscht – ab, nicht ohne den Hinweis, dass jetzt eben die CSU dafür verantwortlich sei, dass „sich alles um einen Monat verzögert“.
Anschließend begann das große Abwatschen. Erwartbar war sicher, dass SPD-Fraktionschef Norbert Hartl austeilen würde („Klamauk ohne Ende“, „Künstlich aufgebauschtes Zeug“, „18 Jahre lang hat es hier ständig Tischvorlagen gegeben“). Vielleicht hatten Vanino und Rieger auch noch damit gerechnet, dass Rechtsreferent Dr. Wolfgang Schörnig den juristischen Ausführungen Vaninos widersprechen würde (Mit Ladung und Tagesordnung ist alles in Ordnung.).
Aber dass sich jene Partei, die für sich in Anspruch nimmt, 18 Jahre lang erfolgreich die Geschicke dieser Stadt geleitet zu haben vom Grünen Jürgen Mistol (mit Blick auf den abgesetzten Straßenerhalt) „destruktives Verhaltens“ vorhalten lassen musste; dass auch noch Richard Spieß, als Linker offiziell zur Opposition gehörig, sekundierte und den CSU-Stadträten erklärte, dass „Sie hier die ersten sind, die dafür sorgen, dass nichts vorwärts geht“, ging dann vermutlich etwas zu weit. Lediglich ÖDP-Fraktionschef Benedikt Suttner mahnte an, dass man doch künftig versuchen solle, alle Kräfte im Stadtrat frühzeitig einzubinden, etwa durch Einberufung des Ältestenrats.
Warum der Wechsel zum einstigen „Erzfeind“?
Es gehe doch um etwas völlig Banales, so Wolbergs in seinem Schlusswort vor der Abstimmung. Alle – auch die CSU – seien sich zu Beginn der neuen Stadtratsperiode einig gewesen, dass alle Fraktionen in den Ausschüssen vertreten sein sollten. Mit dem Wechsel von Dünninger zur CSU wäre dies nicht mehr der Fall gewesen. Da habe man die Geschäftsordnung eben ändern müssen. Und dass es am Ende eine Tischvorlage geworden sei, habe terminliche Gründe. Dünningers Wechsel sei ja erst am Freitag offiziell bestätigt worden. Dieser müsse sich im Übrigen, „zumindest moralisch“, die Frage stellen, wie er es seinen Wählern erkläre, dass der zunächst bei der CSB kandidiert habe und nun zu deren Erzfeind wechsle. Das schien überzeugend zu sein. Am Ende stimmte auch die ÖDP der Änderung zu.
Ebenfalls bitter: Bei der anschließenden Abstimmung ermahnte Wolbergs die CSU-Stadträte mehrfach, dass doch alle die Hand heben sollten, wenn sie dagegen seien. Es sei ja sonst nicht klar, ob es sich nur um Teile der CSU oder die gesamte Fraktion handle. „Das weiß man ja bei Ihnen nicht immer so genau.“
Kontroverse über Sitzordnung
Übrigens: Bereits in Kürze wird sich der Ältestenrat zum ersten Mal treffen. Am 4. Juni sollen alle im Stadtrat vertretenen Gruppierungen dazu eingeladen werden, sich auf eine neue Sitzordnung zu einigen.