„Tu felix Ratisbona“
Erste Sitzung des neuen Stadtrats unter Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Jürgen Huber wurden mit satten Mehrheiten zum Bürgermeister gewählt. Alle Parteien loben den Koalitionsvertrag. Insbesondere die CSU will darauf achten, dass er eingehalten wird.
„Passen Sie auf Herr Dr. Rieger. Ich erklär Ihnen das mal. Und der Herr Daminger wird es Ihnen dann noch ausrechnen und schriftlich mitteilen.“ Verkehrte Welt im Regensburger Stadtrat. Früher war es ein Steckenpferd von Oberbürgermeister Hans Schaidinger, Stadträte der Opposition mal mit harschen Worten abzukanzeln, mal ihnen in ironisch-verständnisvollem Ton ihr (mal tatsächliches, mal vermeintliches) Unwissen vorzuhalten. Unterstützt wurde er dabei von der geballten Verwaltungskompetenz.
Bei der ersten Sitzung unter Leitung von Joachim Wolbergs ist es am Donnerstag CSU-Stadtrat Dr. Franz Rieger, dem leicht ironisches Verständnis zuteil wird, als er gegen die zwei neu geschaffenen Referate für Umwelt einerseits sowie Bildung, Sport und Freizeit andererseits argumentiert. Zu teuer sei das, meint Rieger. Wolbergs widerspricht und hat Finanzreferent Dieter Daminger an seiner Seite.
Und spätestens als zunächst Richard Spieß (Linke) und Benedikt Suttner (ödp), beide Opposition, die neuen Ressort-Zuschnitte der Koalition vehement gegen die CSU-Kritik verteidigen und anschließend nur die CSU-Fraktion und CSB-Stadtrat Dr. Eberhard Dünninger dagegen stimmen, merkt man, dass sich die Welt im Regensburger Stadtrat ein wenig verändert hat.
Wirkliche Überraschungen gab es am Donnerstag keine. Nach der Vereidigung der neuen Stadtratsmitglieder wurden die beiden Bürgermeister gewählt. Und sowohl Gertrud Maltz-Schwarzfischer (SPD) wie auch Jürgen Huber (Grüne) erhielten mit 35 bzw. 36 von 50 Stimmen Ergebnisse, die man – auch wenn die Wahl geheim war – als Zustimmung der kompletten Koalition (29 Stimmen) wie auch der Opposition – Linke (2), ÖDP (3), CSB (1) – abseits der CSU interpretieren könnte.
Lob von Linken und ÖDP
Alles andere wäre nach den Antrittsreden der Fraktionsvorsitzenden auch eine Überraschung gewesen. Nicht nur die Koalitionäre Norbert Hartl (SPD), Margit Kunc (Grüne), Ludwig Artinger (Freie Wähler) und Horst Meierhofer (FDP) sangen ein Hohelied auf die neue Ära, die nun im Stadtrat anbrechen werde.
Auch Richard Spieß (Linke) und Benedikt Suttner (ÖDP) waren – mit ein paar wenigen Abstrichen – voll des Lobes. Die „’Mia san mia und schreibn uns uns’-Politik“ der CSU sei vorbei, so Spieß, der zwar dezidiert die Oppositionsrolle der Linken betonte, aber gleichzeitig ankündigte, dass er „alles tun werde, um dieser Koalition zum Erfolg zu verhelfen“.
Suttner hingegen betonte, dass es in einem Stadtrat keine Opposition gebe, es sich um ein Kollegialorgan handle und er in diesem Sinne auch darauf hoffe, dass hier jeder gute Antrag eine „Mehrheit der Vernunft“ finden werde. Die Koalitionäre sollten sich „nicht hinter dem Koalitionsvertrag verstecken“.
Vanino: „Wir werden auf die Einhaltung des Koalitionsvertrags achten“
Einerseits fatalistisch, andererseits etwas bissig war hingegen die Antrittsrede von CSU-Fraktionschef Hermann Vanino, die er unter das mehrfach betonte Motto „Tu felix Ratisbona“, Du glückliches Regensburg, stellte.
Etwas spöttisch nahm er die „Regenbogen-Koalition“ aufs Korn und wünschte gutes Gelingen. Nicht ohne den Unterton eines möglichen Scheiterns. Und recht hat Vanino durchaus, wenn er anmerkt, dass insbesondere die Grünen ein paar Kröten schlucken mussten. Auch wenn sie nämlich einen Bürgermeister mit eigenem Umweltreferat bekommen und zusätzlich einige Punkte im Koalitionsvertrag grüne Handschrift tragen, ist die Anmerkung von Margit Kunc („Wir Grüne mussten uns nicht verbiegen.“) eine recht großzügige Interpretation der Tatsachen.
Die Zustimmung zu einem Kultur- und Kongresszentrum am Ernst-Reuter-Platz ist eine völlige Kehrtwende. Vergessen ist der Standort Unterer Wöhrd. Da hilft auch die Zusicherung nichts, dass man die Baumasse verringern werde (kein Hotel) und versuche, den Baumbestand so weit als möglich zu erhalten bzw. auszugleichen.
Vaninos zweites Beispiel, die Zustimmung im Koalitionsvertrag zur Sallerner Regenbrücke, ist indes nicht nur für die Grünen eine Kröte. Sie entspricht weder der bislang nach außen kommunizierten Haltung der Freien Wähler, noch jener der FDP, noch weiter Teil der SPD. Lediglich Piratin Tina Lorenz kann sich darauf zurückziehen, dass ihre Partei zu diesem Thema noch keine Position formuliert hatte.
Vorbehaltlose Zustimmung zu diesem – im Stadtnorden äußerst umstrittenem Projekt – gab es in der Vergangenheit ausschließlich von der CSU.
Seine Fraktion, das betonte Vanino, hätte dem Koalitionsvertrag auch in weiten Teilen zugestimmt und könne nicht verstehen, weshalb die Verhandlungen „grundlos abgebrochen wurden“. Jedenfalls werde man nun darauf achten, dass nicht „durch taktische Tricksereien auf Zeit gespielt“ und dieser Vertrag auch eingehalten werde.
Wenn man dazu die Zustimmung aller anderen Parteien im Stadtrat nimmt, und die sich auch künftig Zeit nehmen, um der CSU Dinge zu erklären, kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen. Tu felix Ratisbona.