Das Dr.-Gerd-Müller-Wiki
Zu den Plagiatsvorwürfen gegen Entwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) gibt es seit kurzem ein anonymes Blog. Dort finden sich zwar peinliche Fehler, ob es aber reicht, um die Vorwürfe zu erhärten, ist höchst fraglich.
Der Vorwurf sorgte vergangene Woche für breites mediales Echo: Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller (CSU) soll bei seiner Dissertation abgeschrieben haben. Der Nürnberger Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder hatte eine entsprechende Pressemitteilung abgesetzt. Darin sprach er zwar nicht explizit von Plagiat, sondern wies eher süffisant auf „handwerkliche Fehler“ hin, aber schnell verselbständigte sich die Nachricht. An der Universität Regensburg, wo Müller 1987 zum Thema „Die Junge Union Bayern und ihr Beitrag zur politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“ promoviert hat, wurde nach Nachfragen von Journalisten der Ombudsmann für wissenschaftliches Fehlverhalten eingeschaltet. Der Minister selbst ließ über eine Sprecherin erklären, dass die Vorwürfe „nicht nachvollziehbar“ seien und er die Prüfung begrüße.
Zitierfehler und falsche Quellenangaben
Seit dem heutigen Dienstag gibt es nun ein Wiki, dass sich mit der Doktorarbeit von Gerd Müller beschäftigt und was bislang dort zu lesen ist, bestätigt zwar nicht unbedingt den Plagiatsvorwurf, zeigt aber doch, dass Müller es mit Fußnoten, Quellenangaben und allgemeinen Zitierregeln nicht sonderlich genau genommen hat.
Bereits ab der ersten Seite weisen die anonymen Ersteller der Seite www.handwerklichefehler.mooo.com Müller immer wieder Zitierfehler nach. An mehreren Stellen sind die angegebenen Quellen schlicht falsch. All das mag peinlich sein. Um eine Plagiatsvorwurf bei der 400 Seiten dicken Müller-Arbeit zu untermauern, reicht es wohl kaum. Zumindest bislang.
Schlampig ja, Plagiat eher nein
Entsprechendes sagt uns auch der emeritierte Professor Alf Mintzel. Der Soziologe und Politikwissenschaftler hat mehrere maßgebliche Werke zur Geschichte der CSU verfasst. Allein seine Dissertation umfasst 800 Druckseiten. Mintzel hat unter anderem sämtliche Akten der CSU von 1945 bis 48 gesichtet und in einer eigenen Dokumentation veröffentlicht.
Er hat auszugsweise einen Blick in die Müller-Arbeit geworfen, wo auch auf seinen Forschungen zurückgegriffen wird. „Das Zitieren wird sehr schlampig gehandhabt“, so Mintzels Fazit. Das mindere selbstverständlich die Qualität der Arbeit. Es stelle sich die Frage, wie schwer das bei der Korrektur gewichtet worden sei. „Zum Teil wird das ja an den Universitäten nicht einmal richtig gelehrt.“
Darüber hinaus spricht Mintzel von „Quasi-Diebstählen“. „Müller zitiert aus meinem Zitat die Quelle und tut so, als habe er diese Quellenarbeit geleistet“. So etwas könne man freilich nur schwer nachweisen. Es handle sich durchweg um Grauzonen, innerhalb derer sich Müller bewege.
„Man müsste die Arbeit akribisch durchsehen, um den Plagiatsvorwurf zu untermauern.“ Vorerst sei er nicht davon überzeugt, dass dieser zu halten sei. „Unabhängig von der Qualität dieser Arbeit.“