„Verarsche“ am Nibelungen-Areal
„Bezahlbarer Wohnraum: Ein leeres Versprechen?“ Zu diesem Vortrag laden am Dienstag (11. März) Michael Kroll und Jürgen Huber von den Grünen insAlumneum. Wir haben mit dem Architekten Kroll vorab gesprochen. Kroll ist im Vorstand der Baugenossenschaft NaBau.
Herr Kroll, Sie haben Ihren Vortrag übertitelt mit „Bezahlbarer Wohnraum: Ein leeres Versprechen?“ Wie kommen Sie darauf? Wenn es ein Wahlversprechen von fast allen Parteien gibt, dann ist es doch der bezahlbare Wohnraum.
Wenn von bezahlbarem Wohnraum geredet wird, dann geht es dabei ja in erster Linie um bezahlbare Mieten. Aber jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen, dass man angesichts der momentanen Grundstückspreise, aber auch der Zinsen nicht zu einem Quadratmeterpreis von acht Euro oder niedriger bauen kann. Einem Bauträger, der Eigentumswohnungen vermarktet, ist das egal. Der kann diese Wohnungen zur Zeit für 5.000 Euro und mehr pro Quadratmeter verkaufen, aber eine Wohnbaugesellschaft, die ihre Wohnungen selbst vermietet und bewirtschaftet, tut sich da schwer. Es werden ja auch kaum Mietwohnungen gebaut. Das wird auch von der Stadt nicht gefördert. Es ist doch keine städtische Wohnungsbaupolitik, wenn ich eine eigene Flächen von sieben Hektar wie am Alten Schlachthof an einen Investor verkaufe, oder? Das sind sieben Hektar, auf denen keine einzige Mietwohnung entstehen wird. So entstehen Schlafstädte, Siedlungen zur Aufbewahrung von Menschen.
„Das Regensburger Modell gibt es nicht“
Aber wenn Sie sagen, man kann nicht günstig bauen, wird es schwierig. Was müsste man denn machen, um den Mietwohnungsbau anzukurbeln?
Von der Stadt ist zum Thema Wohnen in den letzten Jahren zwar ein Haufen Papier produziert worden, aber speziell was das Thema Mietwohnungen anbelangt, gibt es dazu keinerlei Konzept. Der Einzige, der dazu in letzter Zeit etwas Vernünftiges gesagt hat, ist Stadtbauchef Joachim Becker. Im Geschäftsbericht der Stadtbau schreibt er: „Die Ankurbelung des sozialen Mietwohnungsbaus reicht nicht aus. Sie muss um eine Wohnbauförderung für die Mitte ergänzt werden.“
Hier bräuchte es ähnlich wie beim sozialen Wohnungsbau ein vernünftiges Konzept mit kommunalen Förderprogrammen, Darlehensmodellen und so weiter. Hier bräuchte es einen Dreiklang zwischen Stadt, Land und Bund. Und hier müssten verschiedene Akteure an einen Tisch geholt werden. Im Moment werden die meisten Grundstücke an Bauträger vergeben. Und auf der anderen Seite gibt es die Stadtbau, die einerseits als Prügelknabe und andererseits als Notnagel herhalten soll. Aber ein Unternehmen kann nicht allein für den bezahlbaren Wohnraum in einer Stadt sorgen. Dazu braucht es ein größeres Konzept. Und das sehe ich nicht.
Aber es gibt doch das „Regensburger Modell“, das jetzt auf dem Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne umgesetzt werden soll.
Das „Regensburger Modell“ gibt es nicht. Das ist nur ein Wahlkampfthema der CSU. Es gibt dazu keinen Stadtratsbeschluss oder ein Konzept der Verwaltung.
„Faktisch wurde zum Höchstpreis vergeben“
Nun ja. Auf dem Areal wurden laut Stadt die Grundstücke nicht zum Höchstpreis, sondern nach Konzept vergeben. Das ist doch etwas Neues.
Das ist ein totaler Witz. Faktisch werden die Grundstücke auf dem Kasernen-Areal nach Höchstpreis vergeben. Dazu ist es übrigens interessant, dass sich 100 Euro Kaufpreis pro mit etwa 30 Cent pro Quadratmeter in der Miete niederschlagen. Bei der Vergabe auf dem Areal gab es drei Kriterien: Das Preisangebot wird mit 60 Prozent bewertet, der Realisierungszeitraum mit 15 Prozent und das ökologische Konzept mit 25. Beim Preis haben größere Bauträger sowieso die Nase vorn, eine schnell Fertigstellung liegt in deren Interesse und die 25 Prozent Ökologie fallen bei einer Ausschreibung, die einen Energiestandard von KfW40 empfiehlt dann kaum noch ins Gewicht. Wenn es wirklich um das Konzept ginge, dann hätte man eine Vergabe zum Festpreis gemacht und anschließend ausschließlich das Konzept nach den Kriterien bewertet, die der Stadt wichtig sind. Aber wirkliche städtebauliche Maßnahmen waren in dieser Ausschreibung überhaupt nicht enthalten.
„Das ist nicht günstig. Das ist Verarsche.“
Doch zumindest sollen dort, laut städtischen Pressemitteilungen, neben Eigentumswohnungen auch günstige Mietwohnungen entstehen. Das ist doch was.
Günstige Miete ist Definitionssache. Die in den Verkaufsunterlagen festgelegte Mietgrenze liegt derzeit bei 8,85 Euro pro Quadratmeter. Das bezieht sich aber auf das Jahr 2014. Bis die Wohnungen fertig sind, wird diese Miete auf bis zu 9,20 Euro gestiegen sein. Das ist nicht günstig, sondern ein marktüblicher Preis. Für diese Wohnungen gilt auch nur zehn Jahre ein Aufteilungsverbot. Danach können sie einzeln oder als Paket verkauft werden. Zusätzlich handelt es sich bei der Miete auf dem Areal um eine Index-Miete. Diese Miete passt sich automatisch dem Lebenshaltungskostenindex an. Das bedeutet eine jährliche Mietsteigerung. Das ist nicht günstig. Das ist Verarsche.
Was würden Sie dann vorschlagen, um für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen?
Man muss sich von dem Begriff bezahlbarer Wohnraum lösen und über lebenswerte Quartiere reden. Wohnungen zu bauen, die sich Leute leisten können, wäre die Pflicht. Die Stadt hätte da Möglichkeiten, um Einfluss zu nehmen. Zum Beispiel über Bebauungspläne, über Vergabekriterien über Förderprogramme. Die Kür kommt da noch obendrauf: eine integrierte Stadtteilplanung mit öffentlichem Nahverkehr, Energiekonzept, Sozialraumplanung usw.. Dann müsste man sehen, welche Akteure sich da wiederfinden. Das können Bauträger sein, aber auch kleine Baugemeinschaften, Genossenschaften oder Wohnungsbauvereine. So dass da ein lebendiger Mix entsteht, der eine neue Qualität entwickelt. Im Moment laufen doch viele Vergaben völlig intransparent und werden völlig grundlos in nichtöffentlicher Sitzung behandelt. Hier müssen die Leute viel mehr miteinbezogen werden, es muss mehr öffentlich diskutiert werden und der Stadtrat muss auch mal wieder zu einem Gremium werden, in dem Arbeitssitzungen stattfinden und wo nicht nur Vorschläge der Verwaltung abgenickt werden.
Bezahlbarer Wohnraum: Ein leeres Versprechen?
Vortrag und Diskussion
Dienstag, 11. März, 19.30
Ort: Luthersaal, Alumneum, Am Ölberg 2