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Archiv für 25. Januar 2014

OB-Kandidat Christian Schlegl im Interview

Das sind ja ganz neue Töne, Herr Schlegl…

Erst dick, jetzt rank und schlank. Erst der Draufhauer, jetzt der Bürgerversteher. Erst die Hassfigur der CSU, jetzt deren OB-Kandidat. Man reibt sich verwundert die Augen, angesichts der Metamorphose von Christian Schlegl (Ein Porträt aus dem Jahr 2012). Ganz hat der das draufhauen allerdings nicht verlernt. Jetzt trifft es vor allem die SPD und deren Spitzenkandidaten Joachim Wolbergs. „Der soll sich entschuldigen und zwar flott“, sagt Schlegl. Wofür Wolbergs das tun soll, was es mit den Schleglschen Visionen und „rechtsradikalen Gesten“ auf sich hat, darüber haben wir mit ihm gesprochen.

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Christian SchleglHerr Schlegl, vor einem Jahr etwa sah es noch so aus, als würden Sie bei der Kommunalwahl keine Rolle spielen. Jetzt schießen Sie als „Der kann’s“-Kandidat einer urplötzlich befriedeten CSU fast täglich neue Visionen medienwirksam in die Öffentlichkeit: Brücke über die Donau, Tunnel unter der Altstadt, 10.000 Wohnungen. Für manche wirkt das so visionär, als ob Sie LSD genommen hätten. Ihr SPD-Konkurrent Joachim Wolbergs hat Sie am Mittwoch in der Mittelbayerischen Zeitung bereits der Lüge bezichtigt. Setzen Sie bei Ihrem Wahlkampf auf die Taktik: Hauptsache in den Medien?

Die SPD kann einfach nicht damit umgehen, dass sich die CSU fünf Sekunden vor zwölf geeinigt hat. Die hatten anscheinend den ganzen Wahlkampf darauf ausgelegt, dass die CSU zerstritten ist. Und es überrascht mich schon sehr, wie inhaltsleer die auftreten. Aber das ist deren Sache. Die Themen, die ich jetzt in der Öffentlichkeit platziere sind teilweise schon sehr große Entwürfe. Aber das ist auch das, was man von einem Oberbürgermeister erwartet. Dass Joachim Wolbergs behauptet hat, ich würde die Wähler belügen, ist aber starker Tobak. Dazu eine klare Ansage: Entweder er sagt möglichst schnell, wo ich gelogen haben soll oder er entschuldigt sich und zwar flott.

Es ging wohl um Ihren Vorschlag, die Regensburger Altstadt für Busse zu untertunneln.

Dann möchte ich möchte mal sehen, wo ich die Wähler da angelogen habe. Ich habe gesagt: Ich hätte gern eine Machbarkeitsstudie. Ich habe gesagt: Wenn die Machbarkeit gegeben ist, möchte ich die Finanzierbarkeit prüfen und wenn wir all das haben, möchte ich die Bürger dazu befragen. Was soll daran gelogen sein? Wolbergs’ Aussage ist eine klare Überschreitung der roten Linie. Ich kann nicht lügen, weil ich überhaupt keine Behauptung aufgestellt habe, die falsch sein kann.

Aber warum kommt der Vorschlag für den Tunnel gerade jetzt, im Wahlkampf? Die Idee ist 30 Jahre alt und wurde unter Oberbürgermeister Friedrich Viehbacher 1983 schon einmal untersucht.

Das stimmt. Das habe ich auch erwähnt, als ich meine Idee vorgestellt habe. Allerdings wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass es schon eine Machbarkeitsstudie gibt, die laut Reinhard Hetzenecker vom RVV sogar grundsätzlich bestätigt, dass ein solcher Tunnel möglich ist. Das will ich jetzt genauer untersuchen lassen. Und: Alle anderen, die mich jetzt verteufeln oder sich lustig machen, haben keinen anderen Vorschlag, wie man die Altstadt und die Achse Thundorfer-Keplerstraße vom Busverkehr befreien kann.

Das sind ganz neue Töne. Als Günther Riepl vorgeschlagen hat, die Diskussion um die Ersatztrasse durch den Bau eines Tunnels zu lösen, waren es Sie und die CSU, die ihn verteufelt und sich lustig gemacht haben.

Die Riepl-Röhre war nur einspurig konzipiert und eine zweispurige Lösung wäre zu teuer gewesen.

Von der CSU als zu teuer und unrealistisch verdammt: Die Riepl-Röhre unter der Donau. Das Modell am Grieser Spitz wurde auf Druck von Hans Schaidinger entfernt.

Von der CSU als zu teuer und unrealistisch verdammt: Die Riepl-Röhre unter der Donau. Das Modell am Grieser Spitz wurde auf Druck von Hans Schaidinger entfernt.

Das Argument zählt ja wohl nicht. Sie schätzen zur Zeit, dass Ihre Tunnellösung 200 Millionen Euro kosten könnte. Auch wenn Zuschüsse von 140 Millionen fließen würden, wie ebenfalls von Ihnen geschätzt, blieben immer noch 60 Millionen Euro übrig. Da könnte man auch sagen, das ist zu teuer. Das ist kein objektives Kriterium, sondern eine politische Frage.

Die viel wichtigere Argumentation war, dass man dort, wo der Riepl-Tunnel geplant war, am Grieser Spitz keine Verbindung braucht. Die braucht man im Westen, um die Thundorfer und Keplerstraße zu entlasten.

„Man muss sich auch mal selbst auf den Prüfstand stellen.“

Gut. Das mag sein. Aber wenn man einen Tunnel durch die Altstadt bauen kann, dann funktioniert das auch unter der Donau, egal ob im Osten oder im Westen. Wenn Sie also Ihren Tunnel bauen, wird es dann auch eine Riepl-Röhre unter der Donau geben?

Jetzt möchte ich erst einmal das Ganze für die Altstadt prüfen lassen. Bis das geklärt ist, bin ich bei einem Tunnel unter der Donau noch zurückhaltend, auch wenn es eine interessante Idee ist. Das wäre dann aber nicht die Riepl-Lösung, sondern im Prinzip die Erweiterung meiner Lösung.

Wenn aber Günther Riepl dann sagt: „Jetzt macht die CSU meine Lösung.“ Und wenn er dann zustimmt – meinetwegen. Die SPD hat ja auch das Stadion gebaut und die Freien Wähler haben das Kultur- und Kongresszentrum erfunden. Jeder soll seine Freude haben, wenn das dazu beiträgt, dass wir bei Großprojekten weniger Streit haben. Der Schlüssel, um in einer Stadtgesellschaft breitere Akzeptanz zu bekommen, ist, dass man noch viel, viel mehr miteinander redet. Das ist ein Punkt, wo ich einräume, dass wir als CSU in der Vergangenheit wirklich Fehler gemacht haben.

Das wird ja immer besser, Herr Schlegl. Sie reden zur Zeit ständig über Bürgerbeteiligung, davon, dass man andere einbinden muss. Dass man sich andere Ideen anhören soll und nicht jeden gleich als Deppen abkanzeln oder verteufeln soll. Das ist eine völlig andere Linie, als man Sie in der Vergangenheit von der CSU, aber auch von Ihnen gewohnt war.

Irgendwann muss man auch sich selber auf den Prüfstand stellen und fragen, ob man immer richtig gehandelt hat. Ich bin der letzte, der sagt: Ich habe keine Fehler gemacht. Mein Haudrauf-Image stammt aus meiner Zeit als Fraktionsvorsitzender. Da muss man Positionen auch härter vertreten. Aber als Stadtoberhaupt muss man ein Oberbürgermeister für alle sein. Und was meine Authentizität anbelangt, bin ich verlässlich. Ich höre mir jede Meinung an, erwarte aber im Gegenzug, dass akzeptiert wird, wenn ich einen andere Meinung habe.

An mir kann man sich reiben. Mit mir kann man manchen Strauß ausfechten, aber man weiß am Schluss bei mir immer, woran man ist. Das ist etwas, worin ich mich von meinem SPD-Mitbewerber völlig unterscheide. Sie werden bei mir selten Themen finden, wo ich umgefallen bin oder wo ich drei Jahre später, „weil ich dazu gelernt habe“, wie immer die Standardargumentation von Herrn Wolbergs lautet, eine völlig andere Meinung habe. So eine Aussage bedeutet doch, dass er sich seine Meinung damals überhaupt nicht überlegt hat, sondern sie nur hatte, weil es damals besser angekommen ist. Ich habe selten etwas so oder so entschieden oder gesagt, nur damit ich gut dastehe. Das Thema Tunnel hat ja auch keine Welle der Begeisterung ausgelöst.

„Mein Plan mit 10.000 Wohnungen ist realistisch.“

Begeisterung lösen Sie vielleicht mit Ihrer Forderung nach „10.000 Wohnungen“ aus, die man derzeit überall auf Plakaten lesen kann. SPD-Fraktionschef Norbert Hartl hat dazu gesagt, dass ihm Fachleute bescheinigen würden, dass er spinnt, wenn er 10.000 Wohnungen binnen sechs Jahren versprechen würde.

Ich hätte mich auch hinstellen können und es so machen können wie Wolbergs. Der plakatiert „Mehr Wohnungen“. Ich habe mir das genau angeschaut und meine Zahl ist fundiert. Wir haben jedes Jahr einen Zuzug von 1.500 Menschen nach Regensburg. In einer Wohnung leben durchschnittlich 1,5 Personen. Das heißt, ich brauche allein 1.000 Wohnungen im Jahr, um diese Leute überhaupt unterzubringen. Dann muss ich noch etwas tun, damit sich der überhitzte Markt entspannt. Dafür will ich 10.000 Wohnungen.

Dann sagt Wolbergs: „Wir brauchen keine 10.000 Wohnungen. Die Stadtverwaltung hat bis 2025 nur 7.500 gefordert.“ Was ist denn das für eine Position? Wir brauchen bis 2020 eine Entspannung am Markt, weil wir sonst die ganze positive Entwicklung der Stadt aufs Spiel setzen. Wenn sie hier keine Wohnung bekommen, gehen die Fachleute, die jetzt immer knapper werden, nämlich woanders hin.

Was die Verwaltung sagt ist also falsch?

Nein. Aber als Oberbürgermeister muss ich doch der Motor sein und auch mal sagen, das reicht uns nicht. Was ich fordere, ist machbar. Und ich habe ein klares Konzept, wo und wie die Wohnungen entstehen sollen. Ganz im Gegensatz zu Joachim Wolbergs. Der will die Stadtbau in den nächsten sechs Jahren mit 60 Millionen Euro ausstatten, sagt aber nicht wofür.

Zum Beispiel für mehr sozialen Wohnungsbau. Sie haben in Ihrem Konzept für die Stadtbau 1.000 Wohnungen bis 2020 eingeplant. Wo das Geld dafür herkommen soll, sagen Sie nicht. Wenn die SPD jetzt vorschlägt, der städtischen Tochter jährlich zehn Millionen zu geben, soll das aber nach Ihrer Logik schlecht sein. Dabei scheint die Stadtbau durchaus Geldbedarf zu haben. Sie agiert nämlich im Moment wie ein ganz normaler Bauträger oder Vermieter – vorgeblich, weil sie Geld für Neubauten braucht.

Das kann ich nicht bestätigen. Bei der Nibelungenkaserne etwa haben wir die Stadtbau ganz klar verpflichtet, Wohnungen zu bauen, die im Mietspiegel liegen. Das wird nicht jeder Investor machen.

Aber zurück zu Ihrer Frage: Natürlich kann ich Geld bei der Stadtbau einsetzen, aber ich muss auch sagen, wofür. Kollege Wolbergs sagt mit keinem Wort, was er mit den 60 Millionen bei der Stadtbau machen will. Ich weiß auch, warum. Die Stadtbau wird laut ihrem aktuellen Geschäftsplan jetzt schon 800 Wohnungen bis 2020 bauen. Dafür hat sie auch schon die Grundstücke anvisiert oder in Besitz. Dafür will sie 80 Millionen einsetzen und das schafft sie aus der eigenen Ertragslage. Ich möchte aus den 800 Wohnungen 1.000 machen. 25 Prozent mehr. Das ist realistisch, da habe ich bei den Kasernen schon ein paar Ideen. Das krieg ich hin.

Wolbergs’ 60 Millionen wären aber 600 Wohnungen mehr, oder? Dafür hat er kein Grundstück. Er sagt nicht, wie das funktionieren soll. Außerdem bringen 600 zusätzliche Wohnungen keine Entspannung am sozialen Mietmarkt. Da bräuchte es viel mehr.

Wegen seiner Mietpolitik immer wieder in der Kritik: Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker. Foto: Archiv/ Mirwald

Wegen seiner Mietpolitik immer wieder in der Kritik: Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker. Foto: Archiv/ Mirwald

Nach Ihren Vorstellungen soll die Stadtbau also 25 Prozent mehr Wohnungen bauen als derzeit geplant. Woher soll denn das Geld dafür kommen? Wenn Geschäftsführer Joachim Becker wegen mancher Mieterhöhungen in die Kritik gerät, verteidigt er sich unter anderem mit dem Argument, dass er Geld brauche, um den Wohnungsbau aus eigener Kraft schultern zu können. Mit demselben Argument hat die Stadtbau in der Vergangenheit auch einige Immobilien in der Altstadt verkauft. Soll das so weiter gehen?

Durch den Verkauf von Immobilien, die nicht zur Stadtbau passen, wurde Geld für Neubauten hereingeholt. Das würde ich fortsetzen. Der Weg hat funktioniert. Die Stadtbau musste deshalb keine einzige Mieterhöhung machen.

Das wäre zu diskutieren. Geschäftsführer Becker rechtfertigt, wie schon erwähnt, seine Mieterhöhungen mit Geldbedarf. Und es gibt ganz konkrete Beispiel für fragwürdige Mieterhöhungen. Als Mietpreisbremse für Regensburg angekündigt wurde, hat die Stadtbau kurz zuvor noch hunderte Mieterhöhungen verschickt. Es gibt zahlreiche Fälle von Mieterhöhungen, die nach übereinstimmender Aussagen der Mietervertreter nicht im Einklang mit dem Mietspiegel stehen. Das sind doch alles Belege dafür, dass es nicht so funktioniert, wie Sie behaupten.

Das Geld aus den Mieterhöhungen braucht er doch nicht für den Wohnungsbau. Er muss natürlich seinen Laden wirtschaftlich führen, aber…

Ich sag es mal anders: Ich sitze derzeit nicht im Aufsichtsrat der Stadtbau. Aber wenn ich als Oberbürgermeister Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtbau wäre und so etwas wird an mich herangetragen wie diese Mieterhöhungen, dann werde ich dem nachgehen und das abstellen, falls es so sein sollte. Ich möchte nicht, dass die Stadtbau als unsozialer Vermieter dasteht.

„Schaidingers Generation ist nicht meine Generation“

Man hat schon gemerkt, dass Sie sich jetzt verstärkt auch das Thema soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen schreiben, das eigentlich die SPD für sich abonniert hat. Ist das nur ein weiteres Beispiel für den „Copy&Paste-Schlegl“, als der Sie auch von den Grünen bezeichnet werden?

Den „Copy&Paste“-Schlegl hat Norbert Hartl erfunden.

Mag sein. Aber die Grünen haben es aufgegriffen, seit Sie im Wahlkampf Ökologie derart in den Vordergrund stellen. Sie wollen sich zum Beispiel verstärkt für die Radfahrer einsetzen. Verbände wie der ADFC haben in der Vergangenheit kaum ein gutes Haar an der Politik von Hans Schaidinger und der CSU gelassen. Die REWAG soll plötzlich 40 Prozent mehr Eigenstrom produzieren und ökologischer ausgerichtet werden. Diese Schwerpunktsetzung war unter dem jetzigen Oberbürgermeister auch nie ein Thema. Da legen Sie eine 180-Grad-Wende hin.

Aber keine 180-Grad-Wende von Christian Schlegl. Das ist recherchierbar. In meinen Haushaltsreden werden Sie immer eine klare ökologische Ausrichtung finden. Jede Generation hat ihre Themen. Deshalb habe ich auch überhaupt kein Problem mit der Linie von Hans Schaidinger in der Vergangenheit. Seine Generation hatte die Aufgabe, Arbeitsplätze ranzuschaffen und für wohlstandsstärkende Maßnahmen zu sorgen.

Jetzt kommt eine andere Generation zum Zug. Die, zu der auch ich gehöre. Und wir sind alle mit einem starken ökologischen Bewusstsein aufgewachsen, egal ob schwarz, rot, gelb oder grün. Wir haben als CSU den Anspruch, dass die Themen, die in der Gesellschaft diskutiert werden, von uns als Partei mit automatischem Regierungsanspruch aufgegriffen werden. Und da ist der Schwerpunkt unserer Generation nunmal Ökologie.

Früher ein Herz und eine Seele: Christian Schlegl und Hans Schaidinger. Foto: Archiv/ Staudinger

Früher ein Herz und eine Seele: Christian Schlegl und Hans Schaidinger. Foto: Archiv/ Staudinger

Ein anderes Thema. In den letzten Jahren wurde auf Initiative der SPD viel Zeit und Energie in die Arbeit für einen Sozialbericht gesteckt. Herausgekommen ist bis zur Wahl aber nichts Handfestes. Der Stadtrat hat nicht einmal über die Ergebnisse diskutiert. Das war eine schöne Wahlkampfhilfe vom Oberbürgermeister für Sie, oder?

Das ist eine Legende, die von der SPD verbreitet wird, um von ihrer eigenen Unfähigkeit abzulenken. Der Sozialbericht war im Juni fertig. Dann ist ein halbes Jahr nichts passiert. Dann bekommen wir im Koalitionsausschuss den gleichen Bericht nochmal vorgelegt, mit ein paar grünen, gelben und roten Ampeln dahinter und das sollte dann der Maßnahmenkatalog sein. Von einem Projektleiter, und als solcher hat sich Joachim Wolbergs beim Sozialbericht inszeniert, erwarte ich, dass er konkrete Vorschläge dazu vorlegt, was gemacht wird oder nicht. Das hat er nicht Wolbergs nicht getan und deshalb war das Papier noch nicht entscheidungsreif.

Es hätte aber nichts dagegen gesprochen, diesen Katalog im Stadtrat vorzulegen, oder? Zwischenberichte gibt es in anderen Bereichen viele.

Wer hat denn verhindert, dass es vorgelegt wird?

Joachim Wolbergs sagt, dass Bürgermeister Gerhard Weber, Oberbürgermeister Hans Schaidinger und sein Vertrauter Maximilian Mittermaier die Vorlage für den Stadtrat nicht mitgezeichnet hätten und dass sie deshalb nicht auf die Tagesordnung gekommen sei.

Und warum kommt er dann nicht auf die Idee, nochmal ein paar Schleifen zu drehen und zu diskutieren, um die Leute zu überzeugen? Wie will Wolbergs denn die Stadtverwaltung führen, wenn er bei dieser Sache, die ihm so wichtig ist, nicht solange diskutiert und Kompromisse sucht, bis er etwas vorlegen kann? Wer wäre denn sein Koalitionspartner, wenn er Oberbürgermeister wird? Vielleicht braucht er dann ja wieder dieselben Leute. Glauben Sie, dass wir ihm dann alles durchgehen ließen? Ich erwarte von einem Sozialbürgermeister, dass er sich mit dem Thema so lange befasst, bis er eine entscheidungsreife Vorlage hat. Wenn er das nicht zustande bringt, können Schaidinger und Weber nichts dafür.

„Wie sich die SPD beim Stadtpass verhält, ist der Gipfel.“

Auch über die erste Sammlung von Maßnahmen hätte man im Stadtrat diskutieren können. Es gibt keinen Grund, das nicht zu tun oder dafür zu sorgen, dass das nicht passiert.

Dann diskutiert der Stadtrat und es kommt nichts dabei heraus. Glauben Sie nicht, dass die Bürger auch darüber frustriert sind? Ein Stadtrat ist nicht nur da, um zu debattieren, sondern zu entscheiden. Und etwas vorzulegen, über das man tatsächlich abstimmen kann, liegt in der Verantwortung des Sozialreferenten, also von Herrn Wolbergs.

Besonders glücklich sind die Bürger mit dem momentanen Ablauf aber auch nicht. Zum Stadtpass ist jetzt ein Bürgerbegehren am Start.

Das ist doch eine sehr elegante Lösung, oder? Wenn es dafür Zustimmung gibt, wird der Stadtpass eingeführt und dann werden auch endlich die Kosten geprüft, die das mit sich bringen wird. Wie sich die SPD jetzt dazu verhält, ist wirklich der Gipfel. Niemand hat Wolbergs in der laufenden Regierungszeit gezwungen, die Linie des RVV zu übernehmen und sich gegen ein Sozialticket zu stellen. Schlegl und Schaidinger haben ihn nicht mit Waffengewalt dazu gebracht, das zu tun. Das war seine eigene Meinung und Haltung.

Er hätte doch sagen können: Wir prüfen die genauen Kosten. Das wurde nicht gemacht. Durchsetzungsstärke ist da das Thema. Jetzt schreibt sich die SPD das Sozialticket wieder mal ins Wahlprogramm und für alles andere werden plötzlich Schaidinger und Weber verantwortlich gemacht. Das SPD will damit doch nur davon ablenken, dass sie entscheidungsschwach ist.

Tarif für städtische Beschäftigte? „Da bin ich nicht so intensiv drin.“

Dann war die SPD vermutlich auch dafür verantwortlich, dass die Beschäftigten der städtischen Töchter im Allgemeinen und im Bürgerheim Kumpfmühl im Speziellen nicht nach Tarif bezahlt werden, oder? Da hat die CSU gar nichts damit zu tun, oder?

Ich habe mit Roman Huber (Geschäftsführer des Bürgerheims Kumpfmühl, Anm. d. Red.) vereinbart, dass ich die Zahlen sehen möchte. Natürlich bin ich für eine gerechte Bezahlung, aber die Frage ist, wie sich das auf die Beiträge auswirkt, die die Heimbewohner oder deren Angehörige bezahlen müssen.

Wer soll dann überhaupt noch nach Tarif zahlen soll, wenn sich schon eine Kommune davor drückt?

Der Vertrag in Kumpfmühl hat sehr viele Einzelspezifika, die nicht nur zum Nachteil der Mitarbeiter dort sind. Aber ich bin im Moment in dem Thema noch nicht intensiv drin. Ich habe ein hohes Interesse daran, dass die Mitarbeiter bei der Stadt gerecht bezahlt werden. Ich entziehe mich dieser Diskussion nicht. Aber beim Bürgerheim Kumpfmühl habe ich bisher noch nicht die Information, dass Abhilfe notwendig wäre. Das Thema will ich aber auf jeden Fall am Ende der nächsten Amtsperiode vom Tisch haben. Dazu werde ich auch mit den Beschäftigten dort sprechen.

„Das Vorgehen gegen Thomas Fürst war eine Sache, von der ich überzeugt bin.“

Reden wir doch mal über den Beginn der letzten Wahlperiode oder besser den Wahlkampf 2008. Sie sind damals mehrere ehemalige Parteifreunde mit dem Vorwurf „Rechtslastigeit“ losgeworden, insbesondere Thomas Fürst. War das nicht etwas heuchlerisch? Ging es nicht eher darum, sich eines parteiinternen Konkurrenten zu entledigen?

Nein. So war das nicht.

Wie war es denn dann? Sie waren ja bei den braunen Saufpartys in den 90ern, die ihm unter anderem vorgeworfen wurden, dabei. Das haben Sie ja – 2008 – auch öffentlich eingeräumt.

Ich kann nicht mehr tun, als das, was ich immer getan habe: Offen zu sagen, dass ich da Fehler gemacht habe. Im Gegensatz zu vielen anderen, die dabei waren und dann gesagt haben, sie könnten sich an nichts erinnern, habe ich das offen angesprochen.

In der Süddeutschen Zeitung haben Sie davon gesprochen, dass sie „nicht ausschließen“ könnten, „rechtsradikale Gesten gemacht zu haben“. Eine witzige Formulierung. Man könnte auch sagen: „Ich hab den Hitlergruß gezeigt.“

Das kann man natürlich hinterfragen, aber trotzdem hat dieser Satz in der Süddeutschen für ein großes Hallo gesorgt. Da haben viele gesagt: „Du bist aber ganz schön mutig.“ Und das haben die nicht positiv gemeint. Ich glaube, dass es richtig war, mich dazu zu bekennen.

Zur Causa Fürst im Wahlkampf: Da war es sicher so, dass bei diesem Streit Menschen mit unter die Räder gekommen sind, die es nicht verdient haben. Zum Beispiel Michael Lehner (JU-Vorsitzender, Anm. d. Red.). Das bedauere ich. Bei ihm bin ich felsenfest davon überzeugt, dass da keine rechtsradikale Gesinnung da ist.

Bei Fürst war das für mich eine Sache, von der ich überzeugt bin. Gerade, weil ich dabei war. Das hatte nichts mit Machtkampf zu tun. Wenn andere das Thema genutzt haben, weil sie sich davon einen persönlichen oder politischen Vorteil erhofft hatten, dann mag das so sein.

Zum Beispiel beim Oberbürgermeister? Der hat sich ja besonders engagiert.

Hans Schaidinger kennt meine Geschichte sehr genau und deshalb kann ich das, was Sie annehmen, nicht bestätigen. Außerdem möchte ich schon anmerken, dass ich selbst mit meiner Vergangenheit an die Öffentlichkeit gegangen bin. Ich habe damit meine politische Karriere wohl eher gefährdet als befördert. Deswegen würde ich mich freuen, wenn man mir zugesteht, dass ich mich ernsthaft und ehrlich distanziert habe. Im Stadtrat haben wir eine unglaubliche Bandbreite: Und dort hat mich von der ödp bis zu den Linken niemand wegen meiner Vergangenheit diskreditiert. Das sind diejenigen, die den Zugang zu allen Informationen haben und diejenigen, die – gerade im Wahlkampf – ein politisches Interesse daran haben könnten, das aufzuwärmen. Dass das keiner tut, sollte auch zeigen, dass man dort nicht den Eindruck hat, ich würde irgendeiner braunen Gesinnung anhängen.

Die SPD ist nur ein „strategischer Partner“

Sie haben die anderen Parteien im Stadtrat angesprochen. Wer wäre Ihr bevorzugter Koalitionspartner nach einer gewonnenen Wahl? Wieder die SPD Oder haben Sie andere Optionen? Vielleicht sogar mit zwei Kleinen anstelle der SPD?

Ich möchte mir meinen Koalitionspartner aussuchen können, mit dem ich möglichst viele CSU-Inhalte umsetzen kann. Der Schwanz soll schließlich nicht mit dem Hund wedeln. Und eines sag ich gleich: Bevor die SPD stärkste Fraktion dieser Stadt wird, wie es Herr Wolbergs jetzt gerade als Ziel ausgibt, hab ich meinen Tunnel fertig. Ich bin überzeugt davon, dass wir stärkste Fraktion werden, aber dass es für eine absolute Mehrheit wohl nicht reichen wird.

Weil ich eine stabile Mehrheit haben möchte, ist die SPD natürlich ein strategischer Partner. Aber es gibt Schnittmengen mit den Grünen, ganz klare Schnittmengen mit den Freien Wählern und Schnittmengen mit der FDP. Zwei Koalitionspartner wären ein sehr schwierige Option: Da muss man sich mit den Vorstellungen von zwei Partnern auseinandersetzen. Vor allem wird es der Verteilung der Bürgermeister-Posten schwierig. Wir werden als stärkste Fraktion den zweiten Bürgermeister beanspruchen und alles andere hängt von den Vorstellungen des Koalitionspartners ab.

Aber auch wenn wir eine Koalition brauchen und wollen, um Entscheidungen fällen zu können, müssen wir auch eine Antwort auf die Frage finden, wie wir darüber hinaus besser im Stadtrat zusammenarbeiten. In Regensburg gibt es, auch verursacht durch die CSU, einen Bedarf für mehr Konsens im Stadtrat. Und da muss man vielleicht manchmal öfter versuchen, andere einzubinden und nochmal zu reden.

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