„Vorzeige-Unternehmer“ gegen „Parasiten“
Wenn Regensburger Putzkönige städtische Ehren erhalten, dann ist das sogar in Franken interessant. Im Rahmen unserer heute beginnenden Kooperation mit Radio-Z Nürnberg beschäftigen wir uns erneut mit der Runtinger-Medaille für den Unternehmer Karlheinz Götz. Flankierend zu dem Radio-Beitrag haben wir dieses Mal einen längeren Artikel zu Götzens Wirken in einem Nürnberger Altenheim verfasst. Derzeit haben wir mit den Kolleginnen und Kollegen von Radio Z geplant, im Zwei-Wochen-Rhythmus über interessanten Themen aus Regensburg zu plaudern. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit.
„Im vorliegenden Fall ist es angebracht, klar Kante zu zeigen: Regensburg braucht mehr Unternehmer wie Karlheinz Götz – und weniger Linke-Stadträte, die demokratische Entscheidungen torpedieren, Regensburger Persönlichkeiten anprangern und städtische Auszeichnungen beschädigen.“
Marianne Sperb, Mittelbayerische Zeitung am 15.11.2013
Gift und Galle hat Marianne Sperb gespuckt. Dass zwei Stadträte – Richard Spieß und Irmgard Freihoffer – es gewagt hatten, Kritik an den städtischen Ehren (Runtinger-Medaille) für den „Vorzeige-Unternehmer“ (Joachim Wolbergs, SPD) zu üben, mochte der Redakteurin gar nicht gefallen.
15.000 Arbeitsplätze habe der Putzkolonnen-Mogul geschaffen, „satte Summen“ zahle er alljährlich „in das Steuersäckel“, „die Liste seiner Ehrenämter und Auszeichnungen füllt locker eine halbe MZ-Seite“ und: „Der Unternehmer leitet – nur mal so als Beispiel – zwei, bis vor kurzem sogar drei Altenheime ehrenamtlich.“
Einstellung gegen 180.000 Mark
Nun wollen wir mal außer Acht lassen, dass Karlheinz Götz allein die AOK Regensburg um über 500.000 Mark an Sozialbeiträgen geprellt haben soll. Lassen wir außer Acht, dass er sich schließlich nach langen Verhandlungen mit der AOK auf eine Zahlung 425.000 Mark einigte. Lassen wir außer Acht, dass Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und eine darauf fußende Anklage nach fast vier Jahre währenden Ermittlungen und Richter-Wechsel schließlich eingestellt wurde. Und lassen wir außer Acht, dass es eine Einstellung zweiter Klasse war: Götz zahlte dafür 180.000 Mark Geldauflage an die Staatskasse.
Lassen wir ebenfalls außer Acht, dass die damals noch existierende – übrigens im MZ-Verlag erschienene – „Woche“ diesen Umstand 1989 folgendermaßen kommentierte:
„Den Vorwurf, dass die Regensburger Justiz mit zweierlei Maß mißt, wird sie schwerlich entkräften können. (…) Der Fall Götz ist kein Ruhmesblatt für die Regensburger Justiz, dafür aber ein bedenkliches Zeichen für die mangelnde Rechtspflegekultur, die dazu beiträgt, das Rechtsbewusstsein weiter zu schwächen.“
Lassen wir all das außer Acht. Es ist schließlich – auch wenn Karlheinz Götz ausdrücklich für sein Lebenswerk von der Stadt ausgezeichnet wurde – doch viel zu lange her.
Und lassen wir außer Acht, dass das Unternehmen Götz nicht der Gebäudereinigerinnung angehört, nur Mindestlohn und nicht Tarif zahlt und dass der zuständige Gewerkschaftssekretär Götz als einen „der wenig zimperlichen“ der Branche bezeichnet.
Zermürbungskrieg gegen Beschäftigte
Beschäftigen wir uns lieber mit den „zwei, bis vor kurzem sogar drei“ Altenheimen, die Karlheinz Götz leitet. Ehrenamtlich, laut MZ. Vor allem mit jenem dritten. Es befindet sich in Nürnberg und ist das St. Elisabeth Alten- und Pflegeheim. Mit über 200 Beschäftigten und mehr als 300 Plätzen ist es eines der größten in der Stadt. Als Träger fungierten dort bis 2010 vornehmlich in Regensburg sitzende Laienmitglieder des katholische „Deutschen Ordens“, an ihrer Spitze: der „Marianer-Ritter“ und „Deutschherrenmeister“ Karlheinz Götz.
Und das „ehrenamtliche Engagement“ (MZ), das Götz in St. Elisabeth bis vor kurzem an den Tag legte, sorgte nicht nur für breite Berichterstattung in den Nürnberger Medien (zum Beispiel hier), sondern brachte dem katholisch wie politisch gut vernetzten Herrn Götz sogar ein eigenes Kapitel im „Kirchenhasser-Brevier“ des Kölner Journalisten Ulrich Schauen. Ein Auszug:
„Bei einer Zusammenkunft der Belegschaft von St. Elisabeth schrie er nach Darstellung von Anwesenden ganz unfromm die Schwestern und Pfleger zusammen und drohte einem Mitarbeitervertreter, der eine Ansprache vorbereitet hatte, mit einem Polizeieinsatz, wenn er den Saal nicht verlässt.“
Mit dem Argument „wirtschaftliche Notlage“ versuchten die Deutschordensbrüder mit Götz an der Spitze ab 2006, in dem Heim Löhne zu drücken und die Arbeitsbedingungen drastisch zu verschlechtern. Als die die Mitarbeitervertretung (MAV), wie der Betriebsrat in solch kirchlichen Unternehmen heißt, im Einklang mit dem kirchlichen Arbeitsrecht forderte, diese Notlage offen zu legen, weigerte sich Götz und startete einen Zermürbungskrieg gegen die Beschäftigten.
Mitarbeitervertreter sind „Parasiten“
Es wurde mit Kündigungen und Betriebsauslagerungen gedroht. Abfindungen zahle man „aus der Portokasse“, hieß es großspurig. Für die MAV setzte es Schikanen und Beschimpfungen. Diese seien, so Götz, „Parasiten“.
Technisches Equipment aus dem MAV-Büro wurde entfernt. Die offiziellen E-Mail-Accounts der Mitarbeitervertreter wurden deaktiviert. Mehr als ein Dutzend Verfahren gab es vor kirchlichen Arbeitsgerichten – fast immer bekam die MAV recht. Und fast ebenso oft wurden die Urteile von der Geschäftsführung unter Ägide von Deutschordens-Ritter Götz ignoriert.
Schließlich wurde vom Deutschen Orden gar bestritten, dass es sich bei dem Altenheim um eine kirchliche Einrichtung handeln würde und man sich deshalb auch nicht ans kirchliche Arbeitsrecht zu halten habe. Ungeachtet dessen wurde just mit diesem kirchlichen Profil, der 20jährigen Assoziation mit der Caritas und der darauf fußenden „christlichen Nächstenliebe“ nach außen Werbung gemacht.
„Verunsicherung und Angstverbreitung“
Von dieser Nächstenliebe bekamen die Beschäftigten indes recht wenig zu spüren. Drei Jahre währten die Auseinandersetzungen, in denen Götz als federführender Person versuchte, diese weichzukochen. „Verunsicherung und Angstverbreitung scheinen seit Jahren die Einrichtungskultur zu prägen“, heißt es in einer detaillierten Chronologie, die unserer Redaktion vorliegt.
Hilferufe der MAV an den zuständigen Bischof Gregor Maria Hanke blieben unbeantwortet. Das mag daran liegen, dass er und Götz über den Cartellverband katholischer Studentenverbindungen bruderschaftlich miteinander verbunden sind. Götz ist gleich in mehreren solchen Verbindungen Mitglied, in Regensburg in der „Rupertia“.
Nach 20 Jahren kein kirchlicher Arbeitgeber mehr
Das oberste kirchliche Arbeitsgericht entschied schließlich völlig überraschend im Jahr 2009: Das St. Elisabeth Alten- und Pflegeheim ist keine kirchliche Einrichtung. Damit gelte das kirchliche Arbeitsrecht nicht. Der MAV wurde durch das Urteil die Legitimation entzogen.
Die Geschäftsführung reagierte prompt und legte den Beschäftigten neue Arbeitsverträge vor. Unter anderem sollten Urlaubsgeld, Schichtzulage und Aufzahlung auf das Krankengeld gestrichen, das Weihnachtsgeld um 20 Prozent gekürzt und die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich auf 40 Stunden erhöht werden. Daneben sollten weitere Zuschläge, Aufstiegsmöglichkeiten und Urlaubstage wegfallen. Als die Beschäftigten daraufhin die Wahl eines weltlichen Betriebsrats vorbereiteten, stieß der Deutsche Orden schließlich im Jahr 2010 das Heim ab.
„Was er sich hier im Namen der Kirche geleistet hat, ist beschämend.“
Zwischenzeitlich gehört es einem privaten Betreiber. Da gebe es zwar, das sagen uns mehrere Pflegekräfte des St. Elisabeth Alten- und Pflegeheims, sicher immer mal etwas zu kritisieren. „Mit dem Kreuzzug, den der Deutsche Orden unter Federführung von Herrn Götz gegen uns geführt hat, ist das aber nicht zu vergleichen. Der Mann hat hier nur ausgesaugt. Was er sich hier im Namen der Kirche geleistet hat, ist beschämend.“
„Auszeichnungen und Preise sind wie Hämorrhoiden. Früher oder später bekommt sie jedes Arschloch“. Billy Wilder