Öffentliche Schulen contra Privatschulen – so lautet vorgeblich ein Konflikthema, das derzeit innerhalb der Rathaus-Koalition schwelt und öffentlich ausgetragen wird. Aber die Fronten verlaufen nicht klar entlang der Parteilinien und der Überraschungskandidat der SPD appelliert an den OB, die SPD-Fraktion zu beruhigen…
Dagegen, dafür, dafür: Gerhard Weber, Hans Schaidinger und Joachim Wolbergs zur Nutzung des alten Von Müller Gymnasiums. Foto: Archiv
Christian Schlegl (CSU) ist dafür. Joachim Wolbergs (SPD) auch. Dafür ist Gerhard Weber (CSU) dagegen und mit ihm die SPD-Fraktion, während wiederum die CSU-Fraktion – außer Weber – dafür ist. Wenn Hans Schaidinger am heutigen Nachmittag im städtischen Grundstücksausschuss ein, so nennt er es, „Kompromisspapier“ zur Nutzung des alten Von-Müller-Gymnasiums vorlegt, dann ist es ungewiss, wie diese Abstimmung ausgehen wird. Vordergründig geht es dabei um die Auseinandersetzung Privatschule contra öffentliche Schule und die ist nun als Wahlkampfthema mitten ins Herz der Rathaus-Koalition gedonnert. Und bereits jetzt werfen sich CSU und SPD gegenseitig vor, ein Thema „auf dem Rücken der Kinder“ auszutragen.
Worum geht es?
Privatschulen ohne Raum
Insbesondere auf Betreiben der örtlichen Wirtschaft und mit rund einer Million Euro an Unterstützung wurde im vergangenen Jahr die „Regensburg International School“ (RIS) gegründet – eine Privatschule unter dem Dach einer GmbH, gedacht für die Kinder von Fachkräften aus dem Ausland, die oft nur für ein paar Jahre in Regensburg leben und arbeiten. Das Angebot geht von der Grundschule bis zur Hochschulreife. Bereits jetzt hat die RIS einen Teil des alten Von-Müller-Gymnasiums gemietet. Und nun braucht man auch die letzten noch verbliebenen Räume.
Der Grund: Nahezu zeitgleich zur RIS wurde auch Swiss International School (SIS) gegründet. Selbes Ziel, anderer Bestreiber (ebenfalls eine GmbH) und eine etwas andere Ausrichtung. Beide Schulen haben derzeit etwa 60 Schüler. Zu wenig, um auf Dauer existieren zu können.
Deshalb gab es den Entschluss, beide Schulen so weit möglich zusammenzulegen – und dazu braucht man eben den verbliebenen Raum im VMG.
Grundschüler ohne Raum
Hier kommt man mit der Grundschule Königswiesen ins Gehege. Die soll – mit Schwerpunkt auf die Jahre 2015/ 16 – saniert werden Das VMG war eigentlich als Ausweichquartier gedacht. Für beides – RIS/ SIS und Grundschule – aber reicht der Platz nicht. Deshalb werden Schüler vorübergehend auch in Containern untergebracht werden müssen.
Welche wann und wie lange – darüber streitet man sich in der Koalition vermittels Pressemitteilungen, in denen jede Seite für sich beansprucht, sich für die Suche nach der „besten Lösung“ und das „Wohl der Kinder“ einzusetzen, während man dies zeitgleich dem jeweils anderem abspricht und ihn der billigen Wahlkämpferei zeiht.
Dagegen, dafür und jeder auf der Seite der Kinder: Die Fraktionschefs Norbert Hartl (SPD) und Christian Schlegl (CSU). Foto: Archiv
Die Reibereien scheinen derart weitreichend zu sein, dass Oberbürgermeister Hans Schaidinger am Mittwoch – zwei Stunden vor der nichtöffentlichen Sitzung in der über die Vermietung an die RIS/ SIS entschieden werden soll – kurzfristig zur Pressekonferenz lud, seinen „Kompromissvorschlag“ für eine „faire Aufteilung“ präsentierte und die etwas chaotische Stimmungslage innerhalb der Koalition schilderte (siehe oben).
Lob für Wolbergs und Kritik für die SPD…
Demnach sollen der RIS/ SIS die zusätzlichen Räume im VMG vermietet werden Zeitgleich verpflichtet sich die SIS, Räume vorübergehend freizugeben und in Container-Lösungen umziehen, falls die Stadt diese Räume während der Sanierung der Grundschule Königswiesen benötigen sollte. Deren Schüler sollen in dieser Phase auf jeden Fall auf dem Gelände des VMG untergebracht werden, notfalls eben auch in Containern. Irgendwo hin pendeln, wie dies etwa von SPD-Fraktionschef Norbert Hartl zuletzt öffentlich befürchtet wurde, müsse niemand.
Mehrfach habe man das Thema im Koalitionsausschuss besprochen, zuletzt am Montag – er selbst sei in einigen Punkten auf die SPD-Fraktion zugegangen, so Schaidinger, aber von dort sei bislang keine Kompromissbereitschaft gekommen. „Die knobeln noch.“
Insbesondere Norbert Hartl hatte zuletzt gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung gegen eine Lösung zugunsten der RIS/ SIS gewettert. „So kann man den Wirtschaftsstandort Regensburg auch schlecht reden“, kontert darauf der OB am Mittwoch. Und fast schon etwas genüsslich bedankte er sich anschließend mehrfach bei Joachim Wolbergs, der im Verbund mit Christian Schlegl für das „Schaidinger-Papier“ geworben habe, allerdings bislang ohne Erfolg. Die SPD-Fraktion wünsche eine Vertagung, so der OB, der dies aber ablehnt.
OB: Entscheidung muss jetzt fallen
„Das Thema ist jetzt entscheidungsreif.“ Bis August benötige die RIS/ SIS eine verbindliche Zusage für die Räumlichkeiten, um die Genehmigung von der Schulaufsichtsbehörde zu bekommen. Seine Lösung biete einen Umgang zwischen Privat- und öffentlichen Schulen „auf Augenhöhe“.
Bat den Oberbürgermeister, “aufklärerisch” in die SPD-Fraktion zu wirken: Michael Staab, Personalchef bei Conti und als “Coup” gehandelter Stadtratskandidat der SPD. Foto: Archiv/ as
Mit als Anlass für sein Vorpreschen sei auch ein Schreiben, das unter anderem von BMW, Krones, Continental und anderen Unternehmen gekommen sei und in dem er angesichts der kritischen Äußerungen zur RIS/ SIS von Hartl, aber auch der Freien Wähler in der Vergangenheit, „auf die Entscheider beruhigend und aufklärerisch“ einzuwirken. Maßgeblicher Verfasser des Briefes ist Michael Staab. Der ist nicht nur Personalchef von Continental, sondern auch einer der Spitzenkandidaten der SPD für die anstehende Kommunalwahl im nächsten Jahr.
Eine Entscheidung in der Frage wird am frühen Mittwochabend erwartet. Ob sich eine Ablehnung seines Vorschlags durch die SPD negativ auf die Koalition auswirken oder gar zu deren Bruch führen wird, wollte Schaidinger nicht beurteilen. „Dann weiß ich nicht, was ist.“
Der Neonazi Marcel Finzelberg will unserer Redaktion verbieten lassen, über seinen Gewaltausbruch bei einem Aufmarsch in Regensburg zu berichten. Wir haben es abgelehnt, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und behalten uns nun selbst juristische Schritte gegen Finzelberg vor.