Es war eine Veranstaltung wie aus dem Bilderbuch. Bei seiner Nominierung zum OB-Kandidaten der SPD erhielt Joachim Wolbergs 69 von 70 Stimmen. Auch ansonsten scheint die von ihm engagierte Werbeagentur ganze Arbeit geleistet zu haben. Kein Wunder: Sie berät auch Christian Ude.
Wasser für den Kandidaten: Joachim Wolbergs bei seiner Vorstellungsrede. Fotos: as
Mit seinem neuen Elektroauto ist Joachim Wolbergs am Sonntag vor dem Best Western Hotel vorgefahren. Dort, wo auch Öl-Scheichs absteigen, wenn sie Regensburg einen Besuch abstatten, findet sie statt: seine Nominierung zum Oberbürgermeister-Kandidaten.
Udes Werbeagentur für Wolbergs
Die Delegierten, 75 an der Zahl, sind heute vollzählig erschienen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Im Hintergrund sitzen Frau und Tochter, Partei- und sonstige -freunde aus Stadt und Land, um ihre Unterstützung zu bekunden. Und anstelle der zum Teil dilettantisch anmutenden Plakate beim letzten Kommunalwahlkampf zieren Wolbergs’ Elektroauto, den Eingangsbereich und den Saal, in dem die Kür des SPD-Hoffnungsträgers stattfinden soll, professionell gemachte Fotos und neue Slogans. „Mit voller Kraft und Leidenschaft“, schreit es von den Plakatwänden. „Der kniet sich rein“, steht unter dem Foto eines hantel-stemmenden Wolbergs mit breitem Lächeln auf dem Gesicht.
„PlatzlZwei“ scheint ganze Arbeit geleistet zu haben. So heißt die österreichische Werbeagentur, die Wolbergs und sein Strategieteam für den Wahlkampf engagiert haben. Keine Unbekannten – sie kümmern sich auch um den von der SPD angestrebten Einzug von Christian Ude als neuer Ministerpräsident ins Maximilianeum und während deren Kreativdirektor Klaus Moser im vergangenen Jahr gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt hatte, dass das „Produkt Ude“ „nicht verbesserbar“ sei, scheint man beim „Produkt Wolbergs“ bereits erste Verbesserungen erreicht zu haben.
Die einstige parteiinterne Gegnerin Margit Wild: gezähmt und zur wohlwollend-kämpferischen Unterstützerin geworden. „Ich bin jemand, der zur Kenntnis nimmt, dass Dinge sich ändern“, erklärt sie lächelnd. Intern habe man gestritten, aber nach außen „zeigen wir uns ordentlich geschlossen, weil wir ein festes Ziel vor Augen haben und das schweißt uns zusammen.“
Dieses Ziel heißt: ein Oberbürgermeister Joachim Wolbergs 2014, „WM 2014 – Wolli macht’s“, zitiert Wild ihren SPD-Genossen Christoph Maltz. Das strahlt aus. Die Delegierten zeigen sich geschlossen, mit wohlwollender Mimik und ebensolchen Worten. Mehrfach ist von einer „historischen Chance“ die Rede – auch bei ehemaligen Wolbergs-Gegnern. Am Ende wird er 69 von 70 abgegebenen Stimmen erhalten. Keine Nein-Stimme, eine Enthaltung.
“Du kannst es.” Margit Wild über Wolbergs.
Norbert Hartl, Fraktionschef und Ausputzer für den OB-Kandidaten, präsentiert sich am Sonntag fast ein wenig zahm, schwärmt von Wolbergs Beliebtheit, Bescheidenheit und Integrität, dessen Frau und den „bezaubernden Kindern“. Er verweist – üblich routiniert und selbstbewusst – auf die Leistungsbilanz der SPD in der Koalition und schließt – etwas heiser – mit einem „Es lohnt sich dafür zu kämpfen“. Unterbrochen werden alle Reden immer wieder von Applaus. Nicht unbedingt frenetisch, dafür häufig, diszipliniert und aus allen Ecken des Raumes kommend.
Ein Überflieger auf Ochsentour
Alt-Oberbürgermeisterin Christa Meier, nicht immer als beste Freundin des Hoffnungsträgers bekannt, wurde der Öffentlichkeit kürzlich als Wahlkampfleiterin präsentiert. Ihrer Rede über den Schülersprecher Wolbergs, der sich von Anfang an „mit ernsthaftem Interesse“ für die von ihr verschickten Landtagsprotokolle interessiert, und auf diesem Weg „Feuer für die Sozialdemokratie gefangen“ habe, hört sich wie eine Liebeserklärung an. „Er hat die Ochsentour gemacht. Und solche Leute braucht eine Partei, nicht nur Überflieger. Aber ein Überflieger ist er auch“, meint sie und lächelt verschmitzt. Mit „Mundfunk statt Rundfunk“ müssten nun alle SPD-Mitglieder diese „großartige Chance gemeinsam ergreifen“.
Wolbergs, der während der Nominierungsreden der drei lächelnd zugehört hat, manchmal mit geschlossenen Augen wie ein Sonnenbadender, nimmt sich anschließend über eine Stunde Zeit. Seine zentrale Botschaft: Wirtschaftlich läuft unter ihm als Oberbürgermeister alles weiter so gut wie bisher, wenn nicht sogar besser und innovativer. Außerdem soll es künftig sozialer und gerechter zugehen. Es ist für jeden was dabei. Allgemeinplätze mischen sich mit konkreten Versprechungen. An denen wird Wolbergs sich im Falle eines Wahlsiegs messen lassen müssen.
In allen städtischen Tochtergesellschaften soll unter einem Oberbürgermeister Wolbergs nach Tarif gezahlt werden („Ist doch logisch.“), die städtische Sing- und Musikschule werde so viel Personal bekommen, dass es keine Wartelisten mehr gebe (Ist doch logisch!“).
Ein „Haus der kleinen Forscher“ will Wolbergs am geplanten TechCampus auf dem Gelände der ehemaligen Nibelungenkaserne bauen lassen und sowohl mit Hochschulen wie auch Uniklinikum will er stärker Zusammenarbeiten – vor allem wirtschaftlich („Logisch.“). Doch auch die Geisteswissenschaften müssten zu ihrem Recht kommen. Applaus. Laut.
Nazi-Demos, Alkoholverbot, Wohnungsbau…
Die Routen von Nazi-Demos wird ein Oberbürgermeister Wolbergs er veröffentlichen („Ist doch logisch.“). Ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen lehnt er ab und die freie Kulturszene soll stärker gefördert werden. „Vielen Künstlern ist alles zu geleckt. Wir müssen wieder etwas zulassen.“ Applaus.
Die 20-Prozent-Quote beim sozialen Wohnungsbau werde künftig konsequent umgesetzt und – falls nötig – werde man Geld für die Stadtbau in die Hand nehmen, damit diese ihre Bautätigkeit verstärken könne.
Verweist Wolbergs auf Vergangenes nimmt er die Erfolge für die SPD in Anspruch. seinen sozialen Anspruch unterstreicht er mit Anekdoten über Gespräche mit Straßenreinigern oder dem Fall eines Jungen, den man mittels der – von ihm forcierten – Schulsozialarbeit vor seinem prügelnden Vater gerettet habe. Das alles trägt er zwar leidenschaftlich und enthusiastisch vor, doch ohne die manchmal mitschwingende Aggressivität, die man sonst bei Reden von ihm kennt.
Alle Stimmkarten gehen nach oben: Ein häufiges Bild am Sonntag.
Der OB-Kandidat Wolbergs präsentiert sich kompetent, zupackend, uneigennützig. „Er kniet sich rein.“ „Mit Kraft und voller Leidenschaft.“
Er sei eitel. Klar. Er strebe auch nach Macht. Logisch. In der Politik ganz normal. Doch vor allem wolle er eines: „Etwas von dem zurückgeben, was ich von der Gesellschaft bekommen habe.“
Dann Applaus, Standing Ovations, die Wolbergs rasch unterbricht – bei diesem Spiel würden die Medienvertreter ja nur gucken, wer wie lang klatscht.
Auf die Frage von Margit Wild („Die muss ich jetzt stellen.“), ob denn noch jemand tatsächlich Fragen oder Anmerkungen habe, ob wirklich eine Aussprache nötig sei, bleiben die Hände natürlich unten.
Dann wird gewählt, es folgt ein Ergebnis für Wolbergs „wie ich es nie hatte“. Es werden Blumensträuße überreicht, Fotos geschossen. Die Gratulanten defilieren, um Wolbergs die Hand zu schütteln. Dann geht’s nach Hause oder zur Freizeit. Für die Delegierten, nicht für Wolbergs. Der muss noch zur Eröffnung der Tiertafel, dann zu einem 100. Geburtstag.