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Archiv für 2012

Haushalts-Vorgeplänkel im Verwaltungs- und Finanzausschuss

Da müssen wir mal drüber reden… Oder nicht?

Warum muss man über einen Haushalt eigentlich debattieren? Diese verwegene Frage warf Ludwig Artinger im Verwaltungs- und Finanzausschuss auf. In den anderen Parteien ließ man sich davon nicht groß irritieren und diskutierte munter drauf los. Eine Feststellung diesseits und abseits von Sachfragen: Im Haushalts-Prozedere gibt man sich gerne traditionell.

Anträge stellen? “Papierverschwendung.” Diskutieren? Zeitverschwendung. Ludwig Artinger (Freie Wähler). Foto: Archiv/ Staudinger

Wann diskutiert man über den städtischen Haushalt? Geht es nach Ludwig Artinger, offenbar gar nicht. Darüber, dass in der großen Haushaltssitzung am morgigen Donnerstag traditionell keine Debatte stattfindet, herrscht Einigkeit. Aber wann dann? Traditionell wird in der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses diskutiert, was auch Stadträte bestätigen; doch das scheint an Artinger vorbeigegangen zu sein. Der wunderte sich nämlich ausgiebig darüber, warum Margit Kunc (Grüne), Richard Spieß (Linke) und Jürgen Pätz (FDP) auf einmal den Haushalt kommentieren müssen. Er – Artinger – hätte ja den Mund gehalten, weil ohnehin schon alles ausdiskutiert sei und man die Dinge jetzt dann also „zum zweiten, dritten, fünften Mal“ durchkauen würde.

Grünen-Anträge “Papierverschwendung”?

Auf Unverständnis stieß nicht nur die Debatte an sich, sondern auch das Verhalten der Grünen. Die haben – wie jedes Jahr – Anträge verteilt, weil sie mit dem Haushalt nicht einverstanden sind. In Sachen Haushalt setzt man halt auf Tradition, nur die Freien Wähler scheinen da unerwünscht progressiv zu sein. Und Sitzungsleiter und Bürgermeister Gerhard Weber macht da auch noch fröhlich mit und verteilt „Fleißbildchen“ an die Grünen für ihre zahlreichen Änderungsanträge. Weber hatte den Grünen vorher seine „Hochachtung“ dafür ausgedrückt, dass sie 13 Anträge eingereicht hatten. Deren Inhalt in groben Zügen: vorgezogene Baumaßnahmen, beispielsweise Schul- und Sportplatzsanierungen, mehr Geld für den ÖPNV und die Ablehnung von „Leuchtturmprojekten“ wie der Klenzebrücke und dem RKK. Dabei sei das doch nur „Papierverschwendung“, sagt Artinger. Traditions- und erwartungsgemäß ging kein einziger Antrag durch.

Ironischer Weber, spitzfindiger Spieß und die “Knackpunkte des Haushalts”

Den ansonsten traditionell grundsoliden Bürgermeister Weber lockte ein spitzfindiger Richard Spieß aus der Reserve und rang ihm, dem sonst so ernsthaften Sitzungsleiter, sogar schockierende Ironie ab. Die „Knackpunkte des Haushalts“ habe Spieß da getroffen. Spieß hatte sich tatsächlich durch den ganzen Haushalt gequält und sich ein paar Posten herausgepickt, die ihm fraglich erschienen.

“Knackpunkte des Haushalts”. Nervige Nachfragen von Richard Spieß. Foto: Archiv/ Staudinger

Den Eifer des Richard Spieß, sich durch über 1.000 Seiten zu rackern, tat Weber noch verächtlich ab: „Man muss nicht über 1.000 Seiten lesen, man muss nur wissen, wo man hinschaut“. Trotzdem: Bei seinen Lesestunden hat Spieß beispielsweise entdeckt, dass es für eine Stelle im Fraktionsbüro der CSU 700 Euro gibt. Zuschüsse für die Telekommunikation an einem Heimarbeitsplatz, wie Weber aufklärt. Der implizite Vorwurf, dass sich die CSU am städtischen Haushalt bereichern würde, wurde ausgeräumt. Das von Spieß bemerkte Minus von 0,3 Millionen Euro bei den Konzessionseinnahmen erklärte Weber mit anderen Verträgen mit Sondernutzern, verdoppelte Einnahmen durch Altpapier mit schwankenden Preisen, verdoppelte Gerichtskosten mit zunehmenden Anwaltsberatungen wegen komplizierter EU-Vergabeverfahren und eines langwierigen Prozesses gegen eine Spielhallennutzung. Insgesamt sieht Spieß den Haushalt und das Investitionsprogramm etwas skeptisch. Das sei für eine rosige Zukunft gemacht, aber ob die auch so rosig bleibe? Regensburg sei gut bei den Einnahmen, aber auch bei den Ausgaben. Da hätte man mal lieber mehr Geld in den Schuldenabbau investiert. Sparen statt Investitionen? Und das von einem Linken? Mit dieser Haltung teilt Spieß jedenfalls eine Position, die letztes Jahr auch schon FDP-Fraktionsvorsitzender Horst Meierhofer vertreten hatte.

Fachmännisches Lob von Jürgen Pätz

So weit, so gut. Jürgen Pätz, ehemaliger Stadtkämmerer, könnte auch einer der Kandidaten sein, die sich den Haushalt komplett reingezogen haben. Oder er ist einer von denen, die einfach wissen, wo sie hinschauen müssen. Er beglückte den Ausschuss mit Fachvorträgen, aus denen des Öfteren Lob hervorblitzte und kündigte an, dass die FDP dem Haushalt zustimmen werde. Denn bei einem Investitionsprogramm von 474 Millionen Euro sei es nicht so wichtig, dass man nicht hundertprozentig hinter jedem einzelnen Projekt stehe, wenn man in der Gesamtheit zufrieden sei.

Rundum zufriedener Ex-Kämmerer: Dr. Jürgen Pätz. Foto: Archiv

Traditionsbruch bei der ÖDP

Für die ÖDP scheint der Haushalt nicht zustimmungswürdig zu sein. Das Stadion hinterlasse jetzt schon Kreditspuren.  Näheres erfährt man dann am Donnerstag, wenn erstmals Benedikt Suttner in die Fußstapfen von Eberhard Dünninger steigt und die Haushaltsrede der ÖDP halten wird. Da haben wir ihn also doch. Den Traditionsbruch im Haushalts-Prozedere. Wie das wohl enden mag? Die Auflösung gibt es morgen ab 14 Uhr großen Showdown im Plenum.
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