Der Begriff “Advent” bezeichnet nicht nur die Vorweihnachtszeit. Auch ein US-amerikanischer Private-Equity-Fond trägt diesen Namen. Aktuell plant Advent die Übernahme des Kosmetik-Riesen Douglas. Unternehmen wie dieses gelten ja zumindest in kapitalismuskritischen Kreisen gerne als “Heuschrecken”. Als biblische Plage wird der Stadtrats-Adventskalender hoffentlich nicht wahrgenommen. Aber Kosmetik gibt’s auch nicht wirklich. Deshalb gibt es heute in der Rubrik “Stadträte ungeschminkt”: Thomas Burger und Eberhard Dünninger.
Thomas Burger, der George Clooney aus dem Stadtsüden
Thomas Burger, SPD-Stadtrat seit 2002, kann man guten Gewissens als den Retter der Stadtratskoalition bezeichnen. Ohne die Stimme des 42-Jährigen wäre Klemens Unger nicht mehr Kulturreferent, ohne ihn hätte es die Liaison aus CSU und SPD vor gut zwei Jahren wohl ziemlich brutal zerlegt. Doch ganz freiwillig hatte sich Burger nicht in die Rolle des Retters begeben. Bei der desaströs knappen Wiederwahl von Unger lag Burger eigentlich im Krankenhaus, fehlte mit ärztlicher Entschuldigung. Bürgermeister Joachim Wolbergs höchstpersönlich karrte ihn mit Leistenbruch und Leichenblässe aus dem Krankenhaus ins Neue Rathaus, aus genehmigten 15 Minuten Pause wurden 45 Minuten. Und obwohl Burger für die geheime Wahl Beobachtern zufolge keine direkte Unterstützung seiner Fraktionskollegen brauchte, zweifeln vor allem Unger-Gegner nach wie vor die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens und Burgers Zurechnungsfähigkeit zu diesem Zeitpunkt an.
Aber was soll’s, solche politischen Kleinkriege verblassen doch, wenn der eigene Ortsverein feststellt, dass man der unbekannte Zwillingsbruder von George Clooney sein muss! Ein härterer Schlag ins Hollywood-Gesicht dürfte da das Scheitern bei der Aufstellung der Bundestagskandidaten gewesen sein. Redlich hat er sich bemüht, Humor und Überzeugung in die Waagschale geworfen, doch Charly Söllner hat ihn aus dem Rennen geschlagen. Die immateriellen Fliehkräfte im politischen Raum hat der promovierte Physiker wohl falsch berechnet.
Eberhard Dünninger, der Professorale
Es soll bereits verschiedentlich (vornehmlich weibliche) Redakteure gegeben haben, die sich beim Aufkreuzen von Eberhard Dünninger ins hinterste Eck verdrückt haben oder unter den Schreibtisch gekrochen sind und mit flachem, leisem Atem gewartet haben, bis ein Kollege oder die Redaktionssekretärin den spontanen Besuch oberflächlich zufriedengestellt und wieder hinausbegleitet haben. Das liegt nicht daran, dass Eberhard Dünninger ein unangenehmer Mensch wäre. Im Gegenteil, er hat vollendete Umgangsformen, ist überdurchschnittlich gebildet und immer auf Freundlichkeit bedacht. Das Problem ist nur: Taucht Dünninger auf, ist es mit dem Arbeitseifer vorbei. Wahlweise mit der Mittagspause. Gespräche mit dem Professor a. D. dauern nur selten weniger als eine Stunde; die Relevanz mag für ihn auf der Hand liegen, der Journalist hingegen ist manchmal von schlichterem Gemüt und erkennt nicht immer sofort die Bedeutung der gefühlt meterdicken Ordner mit Geschichten aus der Familienhistorie des ÖDP-Stadtrats.
Da bleibt dem Stadtratsältesten (Jahrgang 1934) fast nichts anderes übrig, als im größeren Stil auf Fang zu gehen und sich Willige zu suchen, die ihn auf einer seiner zahlreichen höchst spezialisierten Stadtführungen begleiten. Das gipfelte schließlich darin, dass er schon Gewinnspiele ausrief, bei denen der Hauptgewinn eine Stadtführung mit Dünninger war. Wobei… Möglicherweise war der Höhepunkt des Selbstmarketings à la Dünninger auch die Leih-Opa-Aktion. Für Eltern, die wieder einmal ungestört – bleiben wir in Dünningers Welt – in die Bücherei, ins Museum, einen VHS-Kurs über die Nachkriegs-Papierproduktion… gehen wollen, quasi die ideale Gelegenheit, den Nachwuchs zu parken. Problematisch dürfte daran nur gewesen sein, dass die Kinder danach Fragen gestellt haben dürften, die für die Eltern unbeantwortbar scheinen müssen: Mama, warum darf ich nicht auf die Gedenkveranstaltung von der VVN gehen? Papa, können wir daheim auch eine Informationsfreiheitssatzung verabschieden? Ich finde die Entscheidungsprozesse des Fernsehverbots immer so intransparent!
Als Wikipedia vermeldete, bei Eberhard Dünninger handle es sich um einen „deutschen Politiker“, griff der ehemalige Generaldirektor der Bayerischen Staatlichen Bibliotheken in gewohnter Bescheidenheit in die Tasten und informierte die Presse darüber, dass er mitnichten als „deutscher Politiker“ bezeichnet werden möchte, diesem Anspruch würde er nicht gerecht. Jemand fasste sich ein Herz und entsprach seinem Wunsch, allenfalls als „Regensburg Lokalpolitiker“ geführt zu werden. So ist also der Wahrheit und der Bescheidenheit gleichermaßen Genüge getan und trotzdem weiß nun jeder, dass es Eberhard Dünninger sogar zu einem Wikipedia-Artikel gebracht hat.