Weicheier statt Gotteskrieger? Eine Ehrenrettung für die Piusbrüder
„Einen weltanschaulich neutralen Staat, wie er heute allenthalben propagiert wird, kann es nicht geben. Nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die Gemeinschaften und den Staat gilt mit Bezug auf unseren Herrn Jesus Christus: ‘Wer nicht für mich ist, ist gegen mich’.“ Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft Deutschland, Januar 2010
„Deo gratias“. Just am Heiligabend hatte die Pius-Bruderschaft zu Zaitzkofen (Landkreis Regensburg) Grund, zu jubilieren. In einem Rechtsstreit mit der Mittelbayerischen Zeitung hatten die Piusbrüder gegen einen deutlichen Kommentar von Fritz Winter („Die bösen Brüder“) geklagt, den man eigentlich nur unterschreiben kann. Doch während das Landgericht Regensburg die erzkatholischen Gotteskrieger noch abblitzen ließ, fällte das Oberlandesgericht Nürnberg ein recht bemerkenswertes Urteil. Es verdonnerte die MZ zu einer Gegendarstellung, in der die Piusbrüder behaupten durften, dass sie:
- nicht verfassungsfeindlich seien
- keinen katholischen Gottesstaat anstreben würden
- weder die Frauen noch deren Rechte unterdrücken würden
- sich von jeder Form des Antisemitismus distanziert hätten
Freilich sagt eine erfolgreich erwirkte Gegendarstellung nichts über den Wahrheitsgehalt der darin enthaltenen Aussagen aus. Aspekte wie „Wahrheit“, „Unwahrheit“ oder „Rechtswidrigkeit“ des Textes, gegen den sich eine Gegendarstellung wendet, spielen bei Gerichtsentscheidungen keine Rolle. Der unbedarfte Leser, auf der Suche nach Halt im rechten Glauben, könnte nun aber tatsächlich meinen, dass die sonst als Speerspitzen des fundamentalistischen Katholizismus geltenden Piusbrüder plötzlich auch nichts anderes mehr sind als die von ihnen sonst gern kritisierten Weichei-Katholiken – liberal, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau, frei von antisemitischen Tendenzen, tolerant und weltoffen gegenüber anderen Religionen und Lebensformen. Derlei Befürchtungen sind indessen unbegründet. Denn auch wenn die Piusbrüder nach dem Eklat um ihren (über 20 Jahre nach seinen ersten Ausfällen ausgeschlossenen) Holocaustleugner-Bischof Williamson gezwungen waren, Kreide zu fressen, darf der begeisterte Anhänger sich sicher sein, dass allen Gegendarstellungen zum Trotz gewisse Grundsätze und Ansichten in der Piusbruderschaft ihren Platz haben. Wahlrecht für jedermann? Religions- und Meinungsfreiheit? Gleichberechtigung? Homosexualität? Das Recht auf körperliche Unversehrtheit? Kein Antisemitismus? Alles im Sinne der Bruderschaft? Doch lassen wir die Piusbrüder selbst ihre Ehre retten:
Über Frauen:
„Wir brauchen heute Männer, die Männer sein wollen, Frauen, die Frauen sind und Frau sein wollen, das heißt Gehilfin des Mannes und Mutter der Kinder.“ Franz Schmidberger Deutschland-Chef der Piusbrüder, Dezember 2008.
„Es gibt nämlich in Deutschland ein grundsätzliches Problem. Es heißt ‘Individualismus’ und ist eine Männerkrankheit. Darum können alle Frauen sich bei der Lektüre dieses Beitrages zurücklehnen und sagen: Das betrifft mich nicht.“ Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft Deutschland, Juli 2009.
Über Religions- und Meinungsfreiheit:
„Da es nur eine wahre, von Gott gestiftete Religion gibt, verbietet sie (die christliche Gesellschaftsordnung, Anm. d. Red.) falsche Religionen und Kulte oder duldet diese allenfalls nach den Grundsätzen der Klugheit, ohne ihnen jemals ein Naturrecht auf Existenz zuzugestehen.“ Franz Schmidberger, „Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung“ 2007
„Nur die Wahrheit hat ein (Natur-)Recht, der Irrtum nie und nirgends. So ist die Ablehnung der Religionsfreiheit im oben angegebenen Sinn ein machtvoller Schutz für die Seelen (…). Hand in Hand mit der Religionsfreiheit geht die Verkündigung einer grenzenlosen Gewissens- und schrankenlosen Meinungsfreiheit (…). Wir fordern, dass Pornographie, Abtreibung, ja jedes öffentliche Laster gesetzlich verboten und die Übertretung dieser Gesetze entsprechend geahndet wird. Denn der von der Erbsünde gekennzeichnete Mensch bedarf der Schranken der Strafgesetze.“ Schmidberger, Zeitbomben des II. Vatikanischen Konzils, überarbeitete Version 2008.
Über das Wahlrecht:
„Die Gewalt in Staat und Gesellschaft geht nicht vom Volk (…) aus, sondern von Gott.“ Franz Schmidberger, „Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung“ 2007.
„Entspricht der heutige Grundsatz ‘jeder Wahlberechtigte hat ein und dieselbe Stimme’ (one man one vote) wirklich der Naturordnung? Ein Familienvater hat mehr Verantwortung und normalerweise auch eine tiefere Einsicht in das Wohl der Gesellschaft als sein eben volljährig gewordener Sohn; ein Unternehmer mit tausend Angestellten trägt mehr Verantwortung als sein jüngster Lehrling. Würde nicht ein wesentlich auf die Familienoberhäupter abgestütztes Wahlrecht der Familie als Zelle der Gesellschaft eine ganz andere Stellung verleihen?“ Franz Schmidberger, „Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung“ 2007.
Über Menschenrechte:
„Wegen des Abfalls vom Glauben, der in Rom herrscht, müssen wir mit ansehen, wie die Seelen in Massen der Hölle zustreben? Der Atheismus beruht auf der Erklärung der Menschenrechte. Die Staaten, die sich seither zu diesem offiziellen Atheismus bekennen, befinden sich in Todsünde.“ Erzbischof Marcel Lefebvre, 1990.
„Die Todesstrafe für Schwerverbrecher (Mord, Drogenhandel) trägt diesen rächenden Charakter in sich und führt viele Schuldige nach dem Zeugnis von Gefängnisseelsorgern zur Bekehrung. Sie ist darüber hinaus ein wichtiges Mittel der Abschreckung.“ Schmidberger, „Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung“, 2007.
Über Homosexualität:
„Es gibt ein Sprichwort, das man den Pazifisten entgegenhielt, die riefen: ‘Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin’. Die Antwort darauf war einfach: ‘Dann kommt der Krieg zu dir!’ Liebe Väter und Männer, ihr könnt schon zu Hause bleiben und sagen: Herr Pater, diese perverse Veranstaltung (der Christopher Street Day, Anm. d. Red.) tu ich mir nicht an. Als frommer Mensch muss ich so etwas nicht erleben. Aber dann musst du auch wissen, lieber Vater, dass die Homosexualität zu Dir kommen wird. Zu deinen Kindern. In deine Schule. (…) Weil Du nicht gekämpft hast, als man noch kämpfen konnte.“ Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft, Juli 2009.
Eine christliche Gesellschaftsordnung „verbannt (…) Gotteslästerung, Homosexualität und Pornographie aus dem öffentlichen Leben; sie bestraft die Abtreibung und verwirft die Euthanasie wie die Drogen. Auch schließt sie Freimaurerlogen und verbietet Geheimgesellschaften.“ Schmidberger, „Grundsätze einer christlichen Gesellschaftsordnung“, 2007.
Über Juden:
„Der Antichrist wird jüdisch sein. Weil die Juden Jesus Christus abgelehnt haben, warten sie weiter auf den Messias. Der Teufel wird nicht versäumen, von ihrer Blindheit Gebrauch zu machen, um sie dem Antichristen unter ihnen unterzuschieben. Christus, den sie zurückwiesen, ist die Wahrheit. Somit wird sich der Fluch des heiligen Paulus den Juden zuwenden.“ Piusbruder Emmanuel Herkel, September 2003
„Damit sind aber die Juden unserer Tage nicht nur unsere älteren Brüder im Glauben, wie der Papst bei seinem Synagogenbesuch in Rom 1986 behauptete; sie sind viel mehr des Gottesmordes mitschuldig, so lange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren. (…) Wir sehen mit Trauer Papst Johannes Paul II. und nun auch Papst Benedikt XVI. In eine jüdische Synagoge gehen. Wir sehen mit Trauer Johannes Paul II. Die verschiedenen Weltreligionen zum gemeinsamen Gebet um den Frieden rufen.“ Franz Schmidberger, „Zeitbomben des II. Vatikanischen Konzils“, überarbeitete Version 2008. „Einmal wird die Barmherzigkeit Gottes auch über den Starrsinn und die Blindheit des jüdischen Volkes triumphieren.“ Mitteilungsblatt der Piusbruderschaft, Februar 2009.
Gottes Soldaten:
„Wo der Krieg gegen Gott und seine Kinder tobt, dürfen seine Soldaten nicht schlafen! Nach dem berühmten Wort Pius’ X. ist die ganze Macht der Bösen in der Schwäche der Guten begründet. Darum ist es die Aufgabe der aufrichtigen Katholiken, mit ganzem Einsatz ihre Kirche zu verteidigen, die freimaurerische Ideologie zu brandmarken und insbesondere einen heiligen Lebenswandel anzustreben, da dieser Kampf zwischen Himmel und Hölle vor allem mit übernatürlichen Waffen ausgefochten werden muss.“ Piusbruder Stefan Frey, September 2012
P.S.: Bundesregierung und Verfassungsschutz halten eine Überwachung der Piusbruderschaft übrigens für unnötig.