Im mittlerweile vierten Aufguss der Erfolgsreihe „Paranormal Activity” versuchen die Macher von Neuem, das Kinopublikum durch allerlei Spuk vor der häuslichen Webcam zu schocken – doch das ist mittlerweile sensibilisiert genug, um sich nicht in die Pfanne hauen zu lassen.
Als 2007 der erste „Paranormal Activity” in die Kinos kam, war das Staunen groß: Der bis dato völlig unerfahrene Filmemacher Oren Peli hatte es geschafft, dem Genre des Found-Footage, also aus pseudorealen Filmaufnahmen zusammengeschnittene Spiel- oder Dokumentarfilme, unerwartet frischen Wind einzuhauchen. Der mit nur 15000 Dollar Budget gedrehte Horrorfilm zeigte mit beeindruckender Intensität die Aufnahmen einer einfachen Kamera, mit der ein junges Paar übernatürliche Ereignisse in seiner Wohnung einfangen will. Nachdem der Film ein internationaler Kassenschlager wurde, tat man, was man in Hollywood immer tut: Man begann, die Dollarnoten aus dem Stoff zu massieren, indem man aufwändiger produzierte Fortsetzungen ins Rennen schickte.
Erst vergangenes Jahr zeigte „Paranormal Activity 3“, dass Pelis Prinzip ohne Weiteres noch in seiner Effektivität steigerbar ist. Im bislang erfolgreichsten und innovativsten Teil der Reihe trug er den Grusel in eine neue Familie und ließ ihn von einem Hochzeitsfilmer mit verschiedenen Digitalkameras im ganzen Haus einfangen. Das Rezept war mittlerweile bewährt: Über 90% der Filmlaufzeit passiert auf den unscharfen, grieseligen Bildern rein gar nichts. Wenige Details, Spiele mit der Physik oder plötzlich durchs Bild huschende Schatten reichen aus, um den Zuschauern einen Schauer über den Rücken zu treiben.
Die Geisterbahn zuhause – Gruselwusel statt Heimlichkeit
Der Grund, weshalb die „Paranormal Activity”-Filme funktionieren, ist so simpel wie genial; sie kratzen am wohligsten und vermeintlich sichersten Ort jedes Einzelnen, seinem Zuhause. Sich wenigstens in den eigenen vier Wänden ganz „daheim” zu fühlen, gilt nicht umsonst in vielen Rechtsparadigmen als hohes Gut („Unverletzlichkeit der Wohnung”). „Paranormal Activity” setzt genau hier an: Die Filme verletzen das Gefühl der Geborgenheit in seinem Innersten, indem sie uns zeigen, dass wir nirgendwo sicher sind vor dem Unbekannten, das uns jagt und zur Strecke bringen will.
Kann dieses Erfolgsprinzip der Serie nun auch im vierten Teil des Franchises für volle Kinosäle sorgen? Wohl schon, ja. Kann der Film das Unbehagen im Zuschauer weiter steigern als seine Vorgänger? Die Antwort ist eindeutig: Nein.
Mr. Poltergeist, please kill this teenager
Das liegt vor allem daran, dass „Paranormal Activity 4″ gleich mehrere gravierende Fehler macht, die den Anfang vom Ende der Reihe bedeuten könnten. Erstens: Protagonisten – und damit ganz oben auf der Liste potentieller Opfer des Poltergeists – sind diesmal die beiden Teenager Alex (Kathryn Newton) und Ben (Matt Shively). Triebgesteuerte Pubertierende in einem amerikanischen Gehobenen-Mittelklasse-Vororts-Szenario: Da schrillen beim geneigten Kinogänger schon sämtliche Alarmglocken. Und in der Tat: Wenn Alex durch das nächtliche Haus schleicht, immer begleitet von der Kamera ihres Iphones bzw. Macbooks (hervorzuheben ist ein kongeniales Product Placement von der Marke mit dem angebissenen Apfel), schwebt über ihrem Kopf förmlich eine Neonschrift: „Please kill me, Mr. Poltergeist!” Nicht nur einmal überschreitet der Film die Schwelle zum Klischee weniger vorsichtig, als dass er mit angezogenen Beinen und lauthals “Attacke” brüllend hineinspringt. Denn wer ist der geheimnisvolle Fremde, von dem die Bedrohung auszugehen scheint? Richtig: Ein sich seltsam verhaltendes, schweigendes Nachbarskind mit Topfschnitt. Wem hier noch nicht die Zunge bis in den Popcorneimer hängt, ist wirklich hartgesotten.
Kichern statt Schocken
Schließlich schafft es das Sequel dann noch nicht einmal, seine eigentlich zu erwartenden Stärken in ähnlich intensiver Form auszuspielen wie in den vorhergehenden Filmen. Die Schocks sind deutlich weniger innovativ und verpuffen häufig eher als vorhersehbare Gags. Überhaupt scheint sich „Paranormal Activity 4″ weniger ernst zu nehmen – an vielen Stellen wirkt der Film wie eine Parodie, die man vielleicht in einem der „Scary Movies“ erwarten würde. Nette Ideen wie das Integrieren des Bewegungssensors einer Spielekonsole, der den ganzen Raum mit Trackingpunkten überzieht und so jede Regung des Geistes sichtbar macht, bleiben zu harmlos, um wirklich begeistern zu können. Und was das sonst so furiose Finale angeht: Bis der Zuschauer die wenigen CGI-Fratzen im herumwackelnden Bild überhaupt richtig ausgemacht hat, läuft schon der Abspann.
Alles in allem bleibt „Paranormal Activity 4“ weit hinter den hochgesteckten Erwartungen zurück. Der gute Erfolg an der Kinokasse dürfte noch auf den starken dritten Teil zurückzuführen sein. Die Tatsache, dass schon nach dem ersten Wochenende die Besucherzahlen einbrechen, spricht dennoch für sich. Insgesamt ist die Reihe eben doch eine Geisterbahnfahrt: Nachdem man zum vierten Mal eingestiegen ist, hat man für all die „Buhs!“ und „Huschs!“ nur noch ein müdes Gähnen übrig.