Mit einem Riesenfussball reisten die Regensburger Jakob Schmid und Franz Berzel 1932/ 33 kreuz und quer durch Deutschland – wir veröffentlichen das Tagebuch der beiden Ballonauten.Von Planitz ab am 22. Juni 32 mittags 11 Uhr.Brauchten nur eine Stunde fahren und waren in Zwickau, holte mir gleich die Genehmigung zum Aufstellen unseres Balles. Habe die Genehmigung ohne weiteres bekommen, so leicht ist es ja nicht. Man hat allerhand zu laufen, da wird man von einer Tür zur anderen geschickt, es ist halt in Deutschland der Amtsschimmel recht groß.Wurden im Palast Kaffee vom Besitzer eingeladen, eine fabelhafte Sache, da ist alles beisammen in einem Haus, Kaffe, Kino, Kabarett u.s.w. hat uns ganz gut gefallen. Die Stadt selbst ist ganz unterminiert, ist halt eine Bergwerks-Stadt, so auch ihr Äusseres, eine richtige Kohlenstadt. Behörden und Sportvereine waren sehr nett zu uns. Die Arbeitslosigkeit wirkt sich natürlich überall aus. Im Gasthaus Stadt-Straßburg schlugen wir unser Quartier auf. Ich besuchte auch den in Zwickau sehr bekannten Ferdinand Henkler, ist Glöckner gewesen von der Marienkirche. Da der Turm nicht mehr ganz gut ist, ist er auch nicht mehr droben und wurde aus diesem Grunde pensioniert. Ich lies mir seinen Lebenslauf erzählen, und sagte folgendes aus:„Ich wurde 1850 in Zwickau auf dem Turm der Marienkirche geboren, mein Vater war 25 Jahre Glöckner. Als ich 1871 vom französischen Krieg nach hause kam trat ich die Stelle meines Vaters an. So war ich Glöckner von 1871 bis 1923. Bin jetzt 83 Jahre alt und lebe zufrieden mit meiner Pension. Leider kann ich meine Behausung seit einem Jahr nicht mehr verlassen, da meine Füße mich nicht mehr tragen. Ich erwarte alle Tage meine Sterbestunde, was soll ich noch auf dieser Welt. Da ist alles so anders geworden, ich passe nicht in eine moderne Zeit.“Als ich nachfragte: „Was hat die Kirche schon alles erlebt?“ erzählte er weiter: „Die Marienkirche wurde erbaut 1110. Sie brannte durch Blitzschläge und den 30 jährigen Krieg 4 x ab, das letzte mal im Jahr 1650.“ Als ich Abschied nahm wünschte er mir alles Gute mit unserer Weiterreise. Da sieht man wieder, hier steckt noch ein alter guter deutscher Kern in ihm. Dieser Mann wäre lieber auf seinem Turm gestorben, als sich anzupassen auf diesen modernen Rummel.